Machen Sie da weiter und lassen Sie nicht alles nur aus reinem Machtwillen hinten runterfallen. – Vielen Dank.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 19/178 an den Sozial- und Gleichstellungsausschuss zu? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist einstimmig so geschehen.
Wir kommen dann zu Punkt 23 der Tagesordnung, Drucksache 19/93, Antrag der SPD-Fraktion: Qualität der Pflege sichern: Flächendeckende Versorgung Hamburgs mit Pflegestützpunkten gut vorbereiten – Runder Tisch "Pflegestützpunkte" für die Vorbereitung erforderlich.
[Antrag der Fraktion der SPD: Qualität der Pflege sichern: Flächendeckende Versorgung Hamburgs mit Pflegestützpunkten gut vorbereiten – Runder Tisch "Pflegestützpunkte" für die Vorbereitung erforderlich – Drs 19/93 –]
Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Sozial- und Gleichstellungsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? Herr Kienscherf, bitte.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist ein Thema, bei dem die Emotionen nicht allzu hoch kochen sollten. Aber es ist ein wichtiges Thema und ich möchte eingangs festhalten, dass wir es als gutes Signal empfinden,
dass Sie diesen Antrag an den Sozialausschuss mit überweisen, Herr Hesse, und wir dort dann darüber beraten können.
Worum geht es? Sie wissen alle, dass in dieser Stadt rund 41 000 pflegebedürftige Menschen leben. Sie leben in stationären Einrichtungen, sie leben aber vor allen Dingen zu Hause und werden insbesondere durch ihre Angehörigen ambulant gepflegt. Wer einmal selber in der Lage war, einen Angehörigen pflegen zu dürfen beziehungsweise zu müssen, der weiß, welche Last auf einem liegt und was damit verbunden ist.
Wir Sozialdemokraten, aber auch insgesamt das Haus zollen diesen Menschen großen Respekt. Das kann man hier auch einmal deutlich machen.
Wer zu Hause diese Pflege für seine Angehörigen organisiert, hat aber auch immer feststellen müssen, dass es äußerst kompliziert war, Pflege zu organisieren. Es lag nicht unbedingt daran, dass es zu wenig Hilfsangebote in dieser Stadt gibt – das haben wir in anderen Bereichen auch –, sondern dass es einfach daran fehlt, relativ schnell einen Überblick zu bekommen, welche Hilfen es gibt, dass es unterschiedliche Zuständigkeiten gibt, an die man sich wenden muss. Das ist besonders in Fällen, wo es darum geht, möglichst schnell Pflege bereitzustellen, äußerst schwierig und hinderlich und sehr zeitaufwendig für die Angehörigen.
Von daher war es richtig – das haben wir immer unterstützt und Sie sicherlich auch –, dass viele Experten und Betroffene gefordert haben, dass sich im Bereich der Organisation der Pflege für die Angehörigen und die Betroffenen etwas tun muss. Deswegen ist es auch gut, dass es im Rahmen der Pflegereform, die wir auf Bundesebene gerade erlebt haben, nicht nur darum ging, zum einen den Leistungskatalog weiter zu entwickeln, dass wir nicht nur dafür gesorgt haben, eine Dynamisierung der Leistungsentgelte hinzubekommen, sondern dass wir ein ganz neues Instrument geschaffen haben. Dieses neue Instrument sind die Pflegestützpunkte, die dazu beitragen können, Pflege besser für Angehörige und Betroffene zu organisieren; wir Sozialdemokraten begrüßen das ausdrücklich.
Meine Damen und Herren! Es herrscht ein hoher Geräuschpegel im Parlament, sodass es sehr schwierig ist, dem Redner folgen zu können. Ich bitte Sie, entweder die Gespräche einzustellen oder außerhalb des Plenarsaals zu führen. Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Wenn wir hier zum Thema Pflege diskutieren und sagen, dass wir es als ein positives Signal empfinden, dass wir das
Thema auch weiterhin im Sozialausschuss diskutieren können, dann weiß ich nicht, warum Sie jetzt versuchen, hier eine Schärfe hineinzubringen. Wir haben das unsererseits beim Thema Pflege nicht getan, nicht in dieser Debatte und wir werden es auch weiterhin nicht tun.
Wir freuen uns, dass dieses Instrument auf Bundesebene geschaffen worden ist. Herr Krüger, das kann man dann auch einmal sagen, wenn Sie schon die Vorlage geben, dass wir es ausdrücklich bedauern, dass sich CDU und CSU lange geweigert haben, diesen Schritt zu gehen und dass es letztendlich auch CDU und CSU auf Bundesebene waren, die dafür gesorgt haben, dass die Fördermittel, die für diese Pflegestützpunkte in Höhe von 80 Millionen Euro bereitstehen, um 20 Millionen Euro auf 60 Millionen Euro gekürzt worden sind und dass zum anderen letztendlich auch eine bundeseinheitliche Regelung abgelehnt worden ist. Das war im Sinne der Betroffenen kein guter Weg, Herr Krüger. Deswegen sagen wir Sozialdemokraten – das kann ich noch einmal so sagen, dann sage ich SPD-Fraktion, wenn Sie damit keine Schwierigkeiten haben –, dass es nun gilt, dieses Instrument, das wir da geschaffen haben, auf Landesebene umzusetzen. Da wird es darauf ankommen, nicht neue Bürokratie zu schaffen, wie das der eine oder andere von CDU/CSU befürchtet hat, sondern auf Bewährtem aufzubauen. Dass es Bewährtes gibt, zeigt die erfolgreiche Anmeldung des Pilotprojektes aus Hamburg beim Bund, da ist nämlich das Hamburger Pflegetelefon angemeldet worden. Das Hamburger Pflegetelefon berät heute schon zentral Pflegebedürftige und Angehörige und ist auch ein gutes Beispiel dafür, was man Gutes in dieser Stadt machen kann, wenn man eine aktive Rolle als Sozialsenatorin spielen will. Eingerichtet wurde es 1999 von Sozialsenatorin Roth. Wir bedanken uns noch einmal recht herzlich für diese wunderbare Einrichtung.
Es wird darum gehen, dass wir das, was auch im Koalitionsvertrag enthalten ist – und was wir durchaus anerkennen, Frau Gregersen –, nämlich dass sich Hamburg im Gegensatz zu einigen anderen CDU-Ländern dafür ausspricht, entsprechend Pflegestützpunkte einzurichten, dass dieser Absichtserklärung letztendlich Taten folgen. Wir müssen einen breiten Prozess einleiten. Wir müssen letztendlich all diejenigen beteiligen, die davon betroffen sind. Sie wissen, dass die Pflegestützpunkte wohnortnah, das heißt im Stadtteil, eine gute Beratung organisieren sollen, dass sie aber auch Pflege koordinieren sollen, dass sie soziale Netze schaffen und das Ehrenamt einbinden sollen. Das sind sehr komplexe Aufgaben. Da gilt es, auf vorhandene Strukturen zuzugehen oder sie aufzugreifen. Da gilt es, alle zu beteiligen, denn diese Reform und diese neuen Instrumente, die wir dort ein
setzen, werden die Pflege nachhaltig und auch langfristig beeinflussen. Von daher unser Antrag, dass wir sagen, wir sollten deutlich machen, dass wir das System der Pflegestützpunkte wollen – ich denke, das wollen Sie von der CDU und der GAL auch –, aber wir wollen einen transparenten Prozess und eine zügige Umsetzung, damit wir schnell dazu kommen, dass wir wohnortnah eine gute Beratung und eine gute Qualität der Pflege haben und dass wir letztendlich ein flächendeckendes Netz hinbekommen. Dafür setzen wir uns ein und würden uns freuen, wenn wir das im Sozialausschuss fortsetzen können. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist natürlich sehr erfreulich, dass das Interesse der SPD-Fraktion an diesem Thema so groß ist. Es ist nicht nur einer Ihrer ersten Anträge in dieser Wahlperiode, nein, er ist auch gleich von allen Abgeordneten unterschrieben worden. Das lässt mich hoffen, dass gesundheitspolitische Fragen oder auch das Thema Pflege bei Ihnen in Zukunft eine gewisse Bedeutung gewinnen wird.
In der Tat ist Hilfe für Pflegebedürftige ein wichtiges Thema. Bundesweit werden zurzeit jährlich etwa 200 Millionen Euro allein für die ambulante oder stationäre Pflege von Demenzkranken aufgewandt. Die Tendenz ist weiter steigend. Die Betreuung und Pflege älterer Menschen und insbesondere Altersdementer wird sicherlich eine der großen sozialpolitischen Herausforderungen der Zukunft sein.
Der Hamburger Koalitionsvertrag trägt dem Rechnung. Ein Blick hinein hätte Ihren Antrag überflüssig gemacht. Die Bundesmittel werden – Sie haben ihn hoffentlich gelesen – vollständig abgerufen werden. Es sind dezentrale Standorte vorgesehen. Selbstverständlich braucht man dafür ein fachliches Konzept, das erarbeitet werden wird. Die Zusammenarbeit mit den in Hamburg sehr zahlreich vorhandenen Beratungs- und Selbsthilfeeinrichtungen in den Stadtteilen ist ebenso selbstverständlich wie die Einbeziehung von Pflegeanbietern unterschiedlicher Art und von den vielen ehrenamtlichen Initiativen. Daher wird auch die zusätzliche Möglichkeit, weitere Fördermittel von 5000 Euro pro Standort in Anspruch zu nehmen, genutzt werden können.
Die ursprüngliche Forderung von Frau Schmidt – Sie haben darüber gesprochen, was die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion hinsichtlich der Höhe ge
macht hat – nach flächendeckenden Pflegestützpunkten von jeweils 20 000 Menschen pro Standort sind glücklicherweise vom Tisch. Insbesondere für Hamburg wäre es völlig unsinnig gewesen, wenn wir 80 bis 90 Standorte gehabt hätten. Dass es bundesweit unterschiedliche Regelungen geben wird, ist eine sehr vernünftige Regelung. Sie trägt nämlich dem Rechnung, dass wir eine sehr unterschiedliche Anbieterlandschaft in dieser Republik haben.
Wir wollen für Hamburg eine unbürokratische, niedrigschwellige Lösung, wie sie übrigens auch der Deutsche Städtetag gefordert hat. Wir wollen keine zusätzliche oder neue Behörde, sondern wir wollen die Verantwortung unter dem Dach der Pflegekassen unter Einbeziehung aller anderen Akteure. Ohnehin soll das Pflegeangebot in Hamburg – auch das hätte Ihnen ein Blick in unseren Koalitionsvertrag gezeigt – ausgebaut und optimiert werden. Dazu gehört zum Beispiel die Nutzung von Fördermitteln für Modellprojekte innovativer Pflegeund Betreuungsangebote. Wir wollen – auch das halte ich für sehr wichtig – Dritte, die eigentlich zahlungspflichtig wären, zur Kofinanzierung heranziehen, um so weitere Mittel für die Menschen zu schaffen, die diese Pflege brauchen.
Wir wollen die Pflegeplanung und die Steigerung der Attraktivität der Pflegeberufe weiterentwickeln, zum Beispiel durch Einführung einer Berufsordnung. Es nützt uns nämlich alles nichts, wenn wir Pflege propagieren, aber die Menschen nicht haben, die diese Pflege auch ausüben sollen. Wir wollen die kultursensible Pflege ausbauen, neue Wohnformen schaffen und viel in Qualitätssicherung stecken, zum Beispiel durch dichtere Kontrollintervalle.
Schon jetzt wird durch das Pflegetelefon Hamburg erprobt, wie nach telefonischer Kontaktaufnahme ein intensives Fallmanagement möglich ist und für die, die es interessiert, zum Mitschreiben: Unter der Nummer 2805 3822 erreichen Sie schon jetzt dieses Telefon jeden Tag. Das ist ein Projekt des Landespflegeausschusses und, Herr Kienscherf, ich muss Sie korrigieren: Es war nicht Frau Roth, die das Pflegetelefon eingeführt hat, sondern es sind die Akteure im Landespflegeausschuss gewesen. Es war zu der Zeit von Frau Roth. Aber nicht alles, was zurzeit eines Senators passiert, ist auch das Produkt dieses Senators.
Nein, es ist vom Landespflegeausschuss initiiert worden, Herr Kienscherf. Das kann ich sehr genau sagen, weil ich seit vielen Jahren in diesem Gremium mitarbeite oder partizipiere. Herr Kienscherf, machen Sie sich einfach klug, lesen Sie nach, dann werden Sie es erfahren. Nicht mit fremden Federn schmücken.
Aber das sehe ich Ihnen nach. Wir sind uns einig – und das ist das Schöne an der Botschaft –, dass dieses Pflegetelefon auch in Zukunft als zentrale Anlaufstelle für ganz Hamburg erhalten bleiben soll.
Mit diesem Landespflegeausschuss – vielleicht befassen Sie sich einmal damit, das sind nämlich die, die etwas tun – besteht bereits ein Gremium, an dem alle Akteure beteiligt sind.
Die zuständige Behörde wird sehr kurzfristig Gespräche mit den Kranken- und Pflegekassen führen. Sie wird die Bezirksämter, also die Sozialdienststellen einbeziehen und selbstverständlich werden ambulante Pflegeeinrichtungen sowie die Selbsthilfegruppen mit beteiligt werden, damit wir möglichst schnell das Ziel dieser Pflegestützpunkte realisieren.
Die ersten Gesprächsergebnisse, den Planungsstand und die konkreten Maßnahmen können wir dann gerne im Sozialausschuss diskutieren. Deshalb werden wir Ihrem Antrag auf Überweisung auch zustimmen. Ich kann Ihnen versichern, dass die Pflege bei CDU und GAL in guten Händen ist.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich stehe schon wieder hier. Dieses Mal habe ich den Hut der Pflege auf. Herr Krüger, natürlich hätte ein Blick in den Koalitionsvertrag genügt, aber eigentlich finde ich es gar nicht so schlecht, dass die SPD den Antrag gestellt hat, denn man kann nicht oft genug über Pflege reden.
Pflege – das ist das Interessante an diesem Fachgebiet – geht letztendlich uns alle an. Irgendwie sind wir alle von ihr betroffen, manche früher, manche später. Ja, lachen Sie nicht, irgendwann werden wir alle dazu kommen. Keiner wird darum herumkommen, es sei denn, dass der Idealfall eintritt, aktiv bis zum Tod. Aber wir wissen alle, dass das nicht die Realität ist. Meistens sieht die Realität so aus, dass entweder wir ein Pflegefall werden oder – was auch passieren kann – wir werden anders mit Pflege konfrontiert, indem es sich plötzlich umkehrt und wir für die Eltern, die immer für uns gesorgt haben, sorgen müssen. Egal, wie wir es auch anfangen: Pflege geht uns alle an, wir können sich ihr nicht entziehen.
Ich wette, dass viele von Ihnen und nicht nur ich diese Erfahrungen gemacht haben, wie anstrengend das ist. Das hatte auch Herr Kienscherf zu Recht gesagt. Ich fand es im Übrigen sehr schön,
Herr Kienscherf, dass Sie auch anders können. Sie können ganz persönliche Töne anschlagen, Sie können ganz sachlich reden, ganz genügsam. Also, das gefiel mir richtig gut.
Ich denke auch, dass es unsere politische Aufgabe ist dafür sorgen, dass die Angehörigen bei der Pflege eines Angehörigen oder eines Menschen nicht im Regen stehen gelassen werden. Die Anforderungen – und das ist uns allen klar –, die an pflegende Angehörige gestellt werden, sind enorm und übersteigen vor allen Dingen sehr, sehr oft die Kraft der Pflegeperson.
In vielen Fällen wird deswegen auch vorschnell ein Heimplatz für diese Menschen organisiert, weil – und das ist meistens der Grund – Wissen und Zeit für die Alternativen fehlen. Genau an dieser Stelle setzen in der Tat die Pflegestützpunkte an. Sie sollen Erleichterung und Hilfe bieten, vor allen Dingen bei der Planung.