Protokoll der Sitzung vom 15.09.2010

Wir haben aber bei allem, was man am Senatshandeln in den letzten Monaten auch kritisieren kann, allen Grund, mit viel Selbstvertrauen und Zuversicht in die zweite Hälfte der Legislaturperiode zu blicken. Schwarz-Grün hat, entgegen mancher Erwartung, eine sehr ordentliche Arbeit für diese Stadt gemacht. Wir haben dieses neue Modell politischer Zusammenarbeit in Hamburg zur Alltagsreife entwickelt und dabei zum Teil sehr unterschiedliche inhaltliche Positionen im politischen Spektrum dieser Stadt zusammengeführt, die sich bisher unversöhnlich gegenüberstanden,

(Beifall bei der CDU und der GAL)

und das eben nicht auf Kosten einer klaren politischen Ausrichtung. Das ist, ohne dass das pathetisch klingen soll, die große gesellschaftspolitische Leistung dieser Koalition.

In einer hochentwickelten Gesellschaft, in der sich Lebensentwürfe, Grundeinstellungen und Ansprüche des einzelnen immer häufiger individualisieren und damit zwangsläufig in zunehmendem Maße vom Gemeinwohl entfernen, ist es verstärkt die Aufgabe von Politik, den Zusammenhalt des Gemeinwesens dadurch zu stärken, dass sie zusammenführt, eben im besten Sinne des Wortes versöhnt statt spaltet. – Da muss Herr Neumann gähnen.

Dies ist auch genau das, was die Menschen heute mehr denn je von Politik erwarten: Schluss mit dem Parteiengezänk, sich zusammensetzen und die Probleme der Menschen lösen. In diesem Sinne lade ich alle Mitglieder dieses Hauses ein, sich kritisch, aber bitte auch ein bisschen mehr als bisher konstruktiv den vor uns liegenden Aufgaben zu stellen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Der Senat unter Ole von Beust hatte den Mut und die Kraft, Hamburg erfolgreich durch die schwerste globale Wirtschafts- und Finanzkrise der Nachkriegszeit zu führen. Der Senat unter meiner Führung hat die Entschlossenheit und die richtigen Konzepte, Hamburg gestärkt aus dieser Krise heraus in eine gute Zukunft zu führen.

Mir ist bewusst, dass viele Menschen heute mehr denn je sorgenvoll in die Zukunft blicken. Eltern haben Angst um die Zukunft ihrer Kinder, Arbeitnehmer haben große Sorge vor der zunehmenden Dynamik und Komplexität im Arbeitsalltag und viele Menschen haben Zweifel, ob sie in Würde und mit guter medizinischer und pflegerischer Betreuung alt werden können. Diesen Herausforderungen müssen wir uns gemeinsam stellen, die Bürgerschaft genauso wie der Senat, und deswegen sage ich es noch einmal: Trotz aller politischer Mei

nungsverschiedenheit muss es möglich sein, dass wir in den elementaren gesellschaftspolitischen Fragen mit weitreichenden Folgen für die Zukunft unserer Stadt die richtigen Weichenstelllungen gemeinsam vornehmen. Ich will, dass die Menschen mit Zuversicht auf ihre persönlichen und beruflichen Ziele in Hamburg blicken und sich in allen Lebenslagen in unserer Stadt wohlfühlen, damit es auch in Zukunft so ist, dass die Menschen in Berlin, in München oder in Köln mit Blick auf Hamburg sagen, da will ich hin,

(Carola Veit SPD: Nee, bei den Kita-Gebüh- ren nicht!)

und diejenigen, die schon hier sind, müssen stolz sein auf ihre Stadt und sagen, hier bekommt mich keiner mehr weg.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Meine Damen und Herren! Um die großen Aufgaben auch künftig bewältigen zu können, dürfen wir vor allem eines nicht tun, nämlich den Ast absägen, auf dem wir sitzen. Damit meine ich eine dynamische Wirtschafts- und eine solide Finanzpolitik. Ohne die geht es nicht.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Hamburg muss seinen Spitzenplatz als dynamische Handelsmetropole ausbauen und auch wieder attraktivere Rahmenbedingungen für Industrieansiedlungen und auch für die mittelständische Wirtschaft bieten. Der Hamburger Senat hat rechtzeitig eine eigene Konjunkturoffensive gestartet, noch bevor die Wirtschaftskrise unsere Stadt mit voller Wucht erreicht hat. Wir konnten damit erhebliche Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte auslösen und haben Investitionen möglich gemacht, die nachhaltige und langfristige Impulse nach sich ziehen und mit denen wir die Wettbewerbsfähigkeit und die Standortattraktivität Hamburgs auch in der Krise hochhalten konnten.

(Wilfried Buss SPD: Mein Gott!)

In vielen Wirtschaftszweigen haben wir annähernd wieder das Vorkrisenniveau erreicht, die Arbeitslosigkeit sinkt deutlich und auch Langzeitarbeitslose haben in Hamburg wieder eine Perspektive. Dazu beigetragen hat auch die mutige und weitsichtige Politik des schwarz-grünen Senats, wie das Beispiel Hapag-Lloyd deutlich zeigt, ein Hamburger Traditionsunternehmen, das heute mit dem besten Quartalsergebnis seiner Geschichte dasteht. Zudem ist es gelungen, über 27 000 unmittelbar von Hapag-Lloyd abhängige Arbeitsplätze in Hamburg, der Metropolregion oder anderswo zu erhalten. Am Beispiel Hapag-Lloyd wird einmal mehr ganz deutlich: Wenn es einmal eng wird, stehen wir alle in Hamburg fest zusammen, um Schaden von unserer Stadt und ihren Menschen abzuwenden.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

(Erster Bürgermeister Christoph Ahlhaus)

Auf dieses Zusammengehörigkeitsgefühl können die Hamburgerinnen und Hamburger richtig stolz sein.

Auch die Wachstumskurve im Hafen zeigt im ersten Halbjahr 2010 deutlich nach oben. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2009 stieg der Gesamtumschlag im Hamburger Hafen um 8,1 Prozent. Ich sage aber auch, dass wir uns auf diesen Erfolgen keinesfalls ausruhen dürfen. Gerade jetzt, wo der Aufschwung an Fahrt gewinnt, müssen wir für Handel und Gewerbe, für die Industrie genauso wie für das Handwerk und den Mittelstand, attraktive Rahmenbedingungen für ein nachhaltiges, eben ein weitsichtiges Wachstum schaffen. Hamburg muss noch deutlich mehr zeigen, dass wir eine wirtschaftsfreundliche Stadt sind.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Das außerordentlich gute wirtschaftliche Entwicklungspotenzial des Hamburger Hafens kann beispielsweise nur dann ausgeschöpft werden, wenn die großen, weltweit verkehrenden Containerschiffe unseren Hafen anlaufen können. Es bleibt bei der Zusage des Senats

(Michael Neumann SPD: Ist das echt so?)

an die Wirtschaft, dass die derzeitige Ausbautiefe der Fahrrinne für die kommende Generation der Containerschiffe angepasst wird, und zwar auf 13,50 Meter tideunabhängig und auf 14,50 Meter tideabhängig.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GAL)

Eine Elbvertiefung light, von der zu lesen war, ist ökonomischer Unsinn und wird es mit mir nicht geben. Im Gegenteil, um den Hafen weiter zu fördern, werden wir noch in diesem Jahr den Hafenentwicklungsplan vorlegen. Wir haben für die von der Hafenwirtschaft dringend benötigte Hafenquerspange eine neue stadtverträglichere Trasse beim Bund beantragt. Der Realisierungszeitpunkt ist allerdings abhängig von der Verfügbarkeit von Bundesmitteln; denen geht es auch nicht anders als uns. Ich werde in Berlin jede sich bietende Gelegenheit nutzen, Planung und Bau dieses für die Hafenanbindung so wichtigen Straßenprojekts voranzutreiben. Der Hafen war, ist und bleibt der Garant für den Wohlstand in unserer Stadt. Das darf niemand, der in dieser Stadt politische Verantwortung tragen soll, vergessen.

(Beifall bei der CDU und bei Claudius Lieven GAL)

Der Hafen sichert Tausende von Arbeitsplätzen außerhalb Hamburgs und in Hamburg. Deshalb ist die Wettbewerbsfähigkeit unseres Hafens im nationalen Interesse. Ich habe den Eindruck, daran muss man manche außerhalb Hamburgs immer wieder ziemlich deutlich erinnern.

Natürlich können wir die Anforderungen an den Wirtschafts- und Industriestandort Hamburg nur im Schulterschluss mit unseren Partnern der Metropolregion meistern. Unsere Nachbarn können sich darauf verlassen, dass ich in guter Tradition auf die norddeutsche Zusammenarbeit setze, wie auch auf den Zusammenhalt innerhalb der Metropolregion Hamburg. Hier wie dort gilt: Nur gemeinsam sind wir stark.

(Beifall bei der CDU und bei Andreas Wal- dowsky GAL)

Meine Damen und Herren! Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise zwingt uns auch in Hamburg, in einem nie dagewesenen Kraftakt einen Konsolidierungspakt zu schnüren, der mir sicherlich viel Kritik einbringen wird. Es sind nicht wenige, die mir in diesen Tagen beinahe beschwörend abraten, diesen Kurs fortzusetzen. Drei Wochen nach Amtsantritt und 18 Monate vor einer Wahl das größte Sparpaket der Geschichte dieser Stadt zu schnüren, so heißt es, sei politischer Selbstmord. Nimm schnell die Kita-Gebührenerhöhung zurück und verteile ein paar Geschenke; mit Sparen hat noch keiner eine Wahl gewonnen. Natürlich scheint es verlockend, sich vor der Wahl mit finanziellen Geschenken Sympathien zu erkaufen, populistische Schnellschüsse führen aber später zu großen Enttäuschungen und verantwortungslosen Belastungen der nachfolgenden Generation. Ich sage Ihnen ganz klar: Mit mir nicht.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Ich mache nicht Politik, nur um Wahlen zu gewinnen, ich möchte vielmehr Wahlen gewinnen, um die richtige Politik machen zu können.

(Zurufe von der SPD)

So ein Ziel kennen Sie nicht, das ist mir schon klar.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Es heißt immer, in Zeiten knapper Kassen fehlen die Spielräume zur Gestaltung. Richtig ist vielmehr, dass Schuldenabbau und Haushaltssanierung aktive Zukunftsgestaltung sind. Unser Gestaltungsauftrag lautet heute: Lassen Sie uns gute Rahmenbedingungen für unsere Kinder und Kindeskinder schaffen; sie werden es uns danken.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Thomas Böwer SPD: Deswegen erhöhen wir die Ki- ta-Gebühren! – Carola Veit SPD: Und das zahlen dann die Eltern!)

Mir ist bewusst, liebe Frau Abgeordnete, dass unser Konsolidierungsprogramm den Menschen einiges abverlangen wird.

Lasten gerecht zu verteilen, heißt zunächst, dass wir die Verwaltung selbst effizienter und kostengünstiger organisieren. Auch hier ist mir klar, dass wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffent

(Erster Bürgermeister Christoph Ahlhaus)

lichen Dienst mit den erfolgten Einschnitten beim Weihnachtsgeld viel abverlangen. Umgekehrt gilt aber ebenso unverändert, dass es in finanziell schwierigen Zeiten keine betriebsbedingten Kündigungen im öffentlichen Dienst und keinen Einstellungsstopp geben wird und es bei der Übernahme der Nachwuchskräfte bleibt, die wir bedarfsorientiert ausbilden und die erfolgreich ihre Ausbildung abgeschlossen haben.

Natürlich muss auch die Bezirksebene ihren Beitrag zur Konsolidierung leisten, und ich sage es ganz deutlich, auch wenn es viele nicht hören wollen: Da gibt es Einsparpotenziale und da gibt es Doppelarbeit,

(Carola Veit SPD: Dann nennen Sie mal ein Beispiel!)

die wir uns nicht mehr leisten können.

Ebenso klar ist für mich aber auch, dass es mit mir als Bürgermeister bei sieben Bezirken mit sieben Bezirksversammlungen und sieben Bezirksamtsleitern bleiben wird.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Wer Bürgernähe ernst nimmt, kann nicht ausgerechnet auf der Politikebene, die die meisten Menschen am nächsten und am unmittelbarsten betrifft, die Beteiligungsrechte abschaffen; das ist widersinnig.

(Thomas Böwer SPD: Haben Sie das schon Herrn Frigge gesagt? – Dr. Andreas Dressel SPD: Was sagt denn Herr Frigge dazu?)

Effizienzsteigerungen und Einsparungen in der Verwaltung werden aber nicht ausreichen, ein Sparvolumen von einer halben Milliarde Euro zu erzielen. Deshalb werden wir nicht umhin kommen, auch Leistungen zu kürzen.