Protokoll der Sitzung vom 27.10.2010

(Dora Heyenn DIE LINKE: Dann fährt er wie- der zurück!)

noch einmal sagen, selbst "Die Zeit" hat sich in ihrer letzten Ausgabe ganz klar für das intelligente Modell, das wir in Hamburg eingesetzt haben,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Ganz intelligent!)

ausgesprochen. Man sollte dieses System weiterentwickeln und wir sollten daran arbeiten, genau hierfür weitere Bereiche offenzuhalten.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Das werdet Ihr wohl alleine machen müssen!)

Das neue Universitätsklinikum Eppendorf ist in medizintechnischer Hinsicht und aus wissenschaftlicher Perspektive ein Meilenstein für unsere Bildungspolitik in Deutschland. Anschaulich ist dies für die Bürgerschaft zuletzt am 24. September 2010 bei ihrem Besuch im UKE geworden, an dem ich selbstverständlich teilgenommen habe; Frau Artus, Sie waren selbst auch mit dabei. Nicht nur Universitätskliniken aus dem benachbarten Ausland, sondern auch herkömmliche Kliniken aus dem Ausland lassen sich von der neuen medizintechnischen Organisation im UKE inspirieren und insbesondere beraten. Damit ist genau das erreicht, was in dem von uns veranlassten Anstoß für den Neubau und die damit verbundene Organisation des UKE gewollt war. Unser daraus gewonnenes medizintechnisches Ingenieurwissen in diesem Bereich ist nunmehr Exportgut geworden, was zugleich viele Arbeitsplätze schafft und in Zukunft schaffen wird. Außerdem ist damit die fächerübergreifende wissenschaftliche Kooperation gelungen. Wissenschaftstechnik und ihre Organisation schaffen damit neue Forschungsbereiche, die wiederum interessant für die gesamte Life-Sciences-Branche sind, die wir in Hamburg vorrangig ansiedeln wol

len. Hierher gehören auch die Kooperationen mit anderen Wissenschaftsstandorten in Norddeutschland, so in Kiel, Lübeck und Greifswald. Insbesondere Greifswald hat sich ähnlich wie Hamburg auf Forschungsschwerpunkte und ihre Wissensvermittlung eingelassen und ist damit sehr erfolgreich, genauso wie wir damit erfolgreich sein werden. Hier gilt es, sich in Zukunft abzustimmen, damit nicht an beiden Orten die gleiche Forschung gefördert wird, sondern vielmehr ein lebhafter Austausch von Forschungsschwerpunkten erfolgt. Um auch in Zukunft die Wettbewerbsfähigkeit in der Medizinforschung sowie angrenzender Wissenschaftsbereiche zu fördern, gilt es, die Studiengänge international anzugleichen. Das UKE – Herr Kollege Beuß hat das schon erwähnt – bereitet derzeit einen Modellstudiengang Humanmedizin vor, in dem Theorie und Praxis derart miteinander verknüpft werden, dass die Wettbewerbsfähigkeit unserer Studienabgänger gewährleistet ist. Dieser Modellstudiengang soll konform mit den Stärken und Leitprinzipien des Bologna-Prozesses sein. Dies bedeutet, dass die wissenschaftlichen Stärken in der Grundlagenforschung in diesen neuen Modellstudiengang einbezogen werden. Beispielsweise in der Grundlagenforschung für experimentelle Virologie und Immunologie ist das Heinrich-Pette-Institut am UKE international wegweisend; dies gilt es weiter auszubauen und vor allem zu stützen.

In diesen Kontext gehört auch die neue Organisation der Universität in Eimsbüttel. Hier gilt es, Forschungsschwerpunkte zu setzen, indem man fächerübergreifende Kooperationen berücksichtigt oder anregt. Das wird unsere zukünftige Aufgabe auch im Wissenschaftsausschuss sein und dazu rege ich an. Das UKE liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zur Universität in Eimsbüttel und so gilt es, hier Synergien zu schaffen, damit auch in diesem Bereich die Wettbewerbsfähigkeit unserer Studienabgänger sowie angrenzender Wissenschaftsbereiche nachhaltig gewährleistet ist. Fördern müssen wir beispielsweise die Bereiche Kriminologie und Rechtsmedizin, in denen wir teilweise Weltspitze sind.

Wir haben in Hamburg die einmalige Chance, die Bildungsrepublik Deutschland zu gestalten. Dieser Schwerpunkt ist seit Anbeginn unserer Regierungszeit konsequent verfolgt worden. Auch hier hat die CDU-Fraktion maßgeblich daran mitgewirkt, dass Hamburg zukunftsfähig und zukunftsfest gemacht wird. Hieran hält die schwarz-grüne Koalition fest und es sollte gelten, dass auch die Opposition ein großes Interesse daran haben muss, für das Beste der Stadt zu sorgen. Auch hier erinnere ich – wie jedes Mal bei einer Ansprache – daran, dass konstruktive Oppositionspolitik gefragt ist und nicht nur kurzfristige Interessen der Opposition Platz greifen dürfen. Wir laden die Opposition – und das meine ich wirklich ernst – ein, sich an

diesem Prozess zum Neubau der Bildungsrepublik Deutschland zu beteiligen; machen Sie mit.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage aus Drucksache 19/7181 Kenntnis genommen hat.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 55, Drucksache 19/7511 Neufassung, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Die Zukunft des Altonaer Museums und der Stiftung Historische Museen Hamburg.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Die Zukunft des Altonaer Museums und der Stiftung Historische Museen Hamburg – Drs 19/7511 (Neufassung) –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 19/7656 ein gemeinsamer Antrag der CDU- und der GAL-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktionen der CDU und GAL: Konzept für das Altonaer Museum – Drs 19/7656 –]

Wer wünscht das Wort dazu? – Herr Hackbusch hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Fraktion kann heute den Antrag zur Zukunft des Altonaer Museums zu einem früheren Zeitpunkt diskutieren, da uns die CDU ihren Besprechungsplatz zur Verfügung gestellt hat. Ich möchte mich dafür noch einmal bedanken.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD und der GAL)

Das gefällt mir auch deshalb, weil der Senator dadurch die Debatte über die Frage des Altonaer Museums verfolgen oder selbst daran teilnehmen kann, bevor er um 20.00 Uhr zum sogenannten Kulturgipfel gehen wird, den der Bürgermeister wegen des Protestes in den letzten Wochen gegen die Hamburger Kulturpolitik einberufen hat.

Ich selbst muss Ihnen sagen, dass ich es als eine Frechheit gegenüber dem Parlament empfinde, dass dieser Kulturgipfel an dem Tag stattfindet, an dem die Bürgerschaft tagt.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Diese Frechheit finde ich angesichts dessen besonders bedeutend, weil wir selbst als Parlament erst am 17. Dezember in der Haushaltsausschusssitzung erfahren sollen, was sich der Senat eigentlich dabei gedacht hat und was seine Vorstellungen dazu sind. Und 14 Tage später soll das

Altonaer Museum schon geschlossen werden. Das ist eine Missachtung des Parlaments.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Ich fordere den Ältestenrat und den Präsidenten dazu auf, gegenüber dem Senat deutlich zu machen, dass man mit dem Souverän dieser Stadt, der diese Entscheidung zu treffen hat, so nicht umgehen kann.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Wir haben in den letzten Wochen ein kulturpolitisches Desaster erlebt.

(Wilfried Buss SPD: Das kann man wohl sa- gen!)

Ich will die getroffenen Beschlüsse nicht im Einzelnen aufzählen und diskutieren. Aber insgesamt muss auch Ihnen aufgefallen sein, dass Hamburg sich in den letzten Wochen bundesweit den Ruf einer kulturellen Banausenstadt erobert hat.

(Beifall bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Das kann nicht die Opposition angerichtet haben und da können nicht irgendwelche Verschwörungen schuld sein, sondern das muss schon Ergebnis Ihrer Politik gewesen sein.

Ein weiterer Punkt, mit dem Sie sich auseinandersetzen müssen: Ich fand es vom Senat und von Herrn Senator Stuth besonders perfide, dass er im Zusammenhang mit den Kürzungsmaßnahmen im kulturellen Bereich versucht hat, die kulturellen Institutionen in dieser Stadt gegeneinander aufzuhetzen; das gilt zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Vergleich von Schauspielhaus und Thalia Theater. Ich bin froh und glücklich, berichten zu können, dass das nicht gefruchtet hat, sondern dass die kulturellen Institutionen sich in den letzten Wochen einvernehmlich, gemeinsam und solidarisch gegen das kulturpolitische Desaster, das dieser Senat angerichtet hat, gewehrt haben.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Meine Fraktion und ich möchten nicht alle Punkte, die an diesem 22. September dargestellt worden sind, diskutieren; das würde den Rahmen sprengen. Wir wollen uns auf die Sache konzentrieren, die am drängendsten ist, und zwar die Frage der Schließung des Altonaer Museums zum 1. Januar 2011. In dürren Worten, kaum erklärt mit Hintergründen, wurde uns Folgendes gesagt:

Erstens: Die Stiftung Historische Museen soll 3,445 Millionen Euro weniger erhalten.

Zweitens: Das Altonaer Museum soll zum 1. Januar 2011 geschlossen werden.

Drittens: Die Sammlung des Altonaer Museums erhalten.

Das sind die dürren Worte. Keiner hat uns bislang erklären können, was das eigentlich genau bedeu

(Dr. A. W. Heinrich Langhein)

tet. Es gibt dazu kein Konzept, kein Papier, keine Vorstellung. Zum 1. Januar soll etwas geschlossen werden und es gibt dazu keinerlei Vorstellungen. In Ihrem Antrag haben Sie jetzt dargelegt, es gebe ein Konzept im Zusammenhang mit der Evaluation der Stiftung Historische Museen. Zum Zeitpunkt der Evaluation war von vier weiterhin existierenden großen Museen und Standorten die Rede. Das jetzt als das Konzept zu bezeichnen, ist doch wohl absolut lächerlich und zeigt nur, was dieser Senat unter Konzept versteht. Weder ich noch irgendein anderer normaler Mensch in dieser Stadt würde das Wort so benutzen.

(Beifall bei der LINKEN – Jens Kerstan GAL: Es gibt noch kein Konzept, das soll ent- wickelt werden!)

Was wird hier eigentlich beschlossen? Was will der Senat, ohne die Bürgerschaft richtig damit zu beschäftigen, ohne vorzustellen, was geplant ist, eigentlich dort machen? Er will das Gebäude, von dem in Altona nicht nur der Name für die Straße abgeleitet wurde, Museumstraße, sondern das für Altona besonders bedeutend und extra als Museumsgebäude erschaffen und gebaut worden ist, einfach schließen. Er sucht jetzt verzweifelt nach Vorschlägen, was man denn danach vielleicht mit dem Gebäude machen könnte, und hat dazu keine Antwort. Er sagt einfach, es wird geschlossen, und das innerhalb kürzester Zeit. Das ist kulturpolitischer Amoklauf, meine Damen und Herren, und mit nichts anderem zu erklären.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Arno Münster SPD: Bravo!)

Ich will Ihnen sagen, was dieses Museum für Altona bedeutet. Altona hat eine andere Geschichte als Hamburg, Altona war einmal die zweitgrößte Stadt Dänemarks.

(Michael Neumann SPD: Bis 1863!)

Das muss man sich noch einmal vor Augen führen. Das ist doch der Grund, weshalb wir uns über Museen freuen. Sie sind unser kulturelles und geschichtliches Gedächtnis. Es ist doch unvorstellbar, dass Sie genau dieses Gedächtnis im Zusammenhang mit diesem Stadtteil, der eine zweite große Stadt war, in gewisser Weise einfach abschaffen wollen. Das halte ich für unakzeptabel.

Hier ist nicht nur die Identität Altonas betroffen, sondern es geht auch um das einzige Hamburger landeskundliche Museum. Es ist das Museum, das sich um das Verhältnis zwischen Stadt, Land und See kümmert, spezialisiert auf die naturkundlichen Fragen. Modern ausgedrückt ist es das ökologische Museum in dieser Stadt. Und die GAL, die sich seit ihrer Gründung eine ökologische Partei nennt, akzeptiert die Schließung eines solchen Museums. Das halte ich für einen Skandal, auch gerade im Zusammenhang mit der Geschichte der GAL.

(Beifall bei der LINKEN – Jens Kerstan GAL: Da hast du schon bessere Argumente ge- habt!)

Was dabei auch zerstört wird, ist eine äußerst erfolgreiche Kinder- und Jugendarbeit. Das Altonaer Museum und der dort organisierte Kinderolymp sind von der Kulturbehörde in den letzten Wochen ausgezeichnet worden für besonders erfolgreiche Arbeit, und zwar natürlich für eine Arbeit im Zusammenhang mit dem Museum und in dem Museum. Und das soll in zwei Monaten einfach zugemacht werden? Das ist auch ein Schlag ins Gesicht der Kinder- und Jugendkultur in dieser Stadt.

(Beifall bei der LINKEN und bei Wilfried Buss SPD)