"Mit einem Lächeln im Gesicht schlage ich die Augen auf. Ich freue mich auf den Tag, auf die Kinder und darüber, dass ich mich vor einem halben Jahr richtig entschieden habe."
Mit diesen zugegeben etwas blumigen Worten hat uns ein 19-Jähriger vor Kurzem im Sportausschuss seine Stimmung am Morgen beschrieben. Der Grund für seine positive Stimmung ist sein Freiwilligendienst. Er ist einer von 67 Jugendlichen, die im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahres in Sportvereinen arbeiten. Seine positive Aussage spricht für sich. Der freiwillige Dienst macht ihm Spaß, obwohl die 40 Stunden für jemanden, der direkt von der Schule gekommen ist, noch sehr ungewohnt sind und obwohl er für die Arbeit nur ein Taschengeld erhält. Er beschreibt seinen Arbeitsablauf so positiv, dass man ihm die Freude bei der Arbeit abnimmt. Das Sammeln neuer Erfahrungen, sei es im Integrationssport oder bei der Arbeit mit den Kindern im Unihockey-Training oder auch im Bewegungskindergarten des SV Eidelstedt, lässt ihn zu dem Schluss kommen, dass seine Entscheidung zum Freiwilligen Sozialen Jahr hundertprozentig richtig war. Das ist eine tolle Sache.
Das Soziale Jahr ist einer von drei Freiwilligendiensten, die für Jugendliche zur Verfügung stehen. Auch das Freiwillige Ökologische Jahr oder der Europäische Freiwilligendienst sind für viele Jugendliche nach der Schule und auf dem Weg in das Berufsleben oder die Uni hochattraktiv. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass der Freiwilligendienst eine besondere Form des bürgerlichen
Engagements und des sozialen Lernens ist. Freiwilligendienste tragen zur Persönlichkeitsentwicklung und zur gesellschaftlichen Verantwortung bei. Sie vermitteln wertvolle fachliche und soziale, ökologische und kulturelle Kompetenzen. Genau aus diesem Grund wollen wir als Grüne in der Bundesregierung, aber auch als GAL in Hamburg,
Quantität, Qualität und Attraktivität von Freiwilligendiensten weiter ausbauen. Die Überlegung, auf der Bundesebene aus dem Wehrdienst und damit auch aus dem bisherigen Zivildienst auszusteigen, bietet dafür beste Chancen.
Raus aus dem Zivildienst muss aber heißen: Rein in den verlässlichen Ausbau von Freiwilligendiensten. Zurzeit läuft die Diskussion der Bundesregierung allerdings in eine Richtung, die wir nicht unterstützen können, denn bei Schwarz-Gelb ist ein freiwilliger Zivildienst als Ersatz für den herkömmlichen Zivildienst im Gespräch. Damit aber würden finanzielle Mittel, die wir für den Ausbau von Freiwilligendiensten benötigen, in eine aus unserer Sicht überflüssige Doppelstruktur fließen, die in Konkurrenz zu den Freiwilligendiensten steht.
Es wäre nämlich absurd, wenn zukünftig in derselben Einrichtung mit den denselben Tätigkeiten freiwillige Sozialdienstleistende und freiwillige Zivildienstleistende nebeneinander arbeiten, aber das zu völlig unterschiedlichen Konditionen, zu verschiedenen Kosten und mit einem unterschiedlichen Taschengeld; das ist nicht der richtige Weg.
Die Bundesregierung muss jetzt handeln und die durch Abschaffung des Wehrdienstes und Abschaffung des herkömmlichen Zivildienstes freiwerdenden Mittel in den Ausbau von Freiwilligendiensten investieren. Nur so kann dafür gesorgt werden, dass engagierte Jugendliche nicht ausgebremst werden, sondern einen Platz im Freiwilligenprogramm erhalten, denn es mangelt überhaupt nicht an Bewerbern und Bewerberinnen, sondern an Plätzen und deren Finanzierung. Die Idee eines Freiwilligen Sozialen Jahres in der Politik, die wir als Modellversuch für Hamburg umsetzen wollen, kann weitere Plätze schaffen und dazu beitragen, dass das Angebot für die Jugendlichen attraktiver und noch vielfältiger wird.
Andere Bundesländer haben bereits gute Erfahrungen gemacht und viele Jugendliche haben so schon Einblicke in politische Prozesse und Institutionen erhalten und sind bereit, sich politisch und gesellschaftlich zu engagieren. Zugegeben, die Umsetzung dieses Freiwilligen Jahres in der Politik als Ergänzung zum bestehenden Angebot hängt in Hamburg zunächst davon ab, ob sich Träger finden lassen und die Finanzierung gesichert ist. Wir
sind aber ganz optimistisch, dass das klappt. Und wie ich bereits ausführte, spielen auch die Beschlüsse der Bundesregierung natürlich eine große Rolle. Aus dem Grund wäre es wünschenswert, wenn CDU und FDP von ihren Überlegungen, einen freiwilligen Zivildienst einzuführen, abrückten und sich stattdessen dazu entschieden, die Freiwilligendienste ohne Wenn und ohne Aber auszubauen, denn davon würde auch Hamburg und würden auch Hamburgs Jugendliche profitieren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich für meine Fraktion ausdrücklich betonen, dass wir es großartig finden, wenn junge Menschen sich im Freiwilligen Sozialen Jahr, im Freiwilligen Ökologischen Jahr oder auch im Europäischen Freiwilligendienst engagieren. Es ist notwendig, das noch einmal zum Ausdruck zu bringen, denn es ist auch in der Biographie ein ganz dicker Pluspunkt, wenn man so etwas vorweisen kann und macht insofern sicherlich Sinn, das im Laufe des Lebens gemacht zu haben.
Aber man muss sich nicht nur den Bereich des Freiwilligendienstes anschauen. Zurzeit haben wir außerdem noch Wehr- und Zivildienst und diejenigen, die dort ihren Dienst tun, machen im Grunde genommen auch schon einen Freiwilligendienst. Das ist zwar nicht gut und führt auch zu der momentanen Diskussion, in der die Wehrpflicht als solche beraten wird. Das Thema Wehrpflicht und Zivildienst wird uns im kommenden Jahr als Landesparlament noch sehr viel intensiver beschäftigen und in unserem CDU-Landesverband diskutieren wir das sehr intensiv. Frau Blömeke, Sie haben auch die Überlegungen dargestellt, die auf Bundesebene besprochen werden. Eine Entscheidung, was den freiwilligen Zivildienst angeht, ist in dem Sinne noch nicht getroffen. Ich könnte mir das durchaus vorstellen, aber das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, das sind Diskussionsprozesse und man muss abwarten, wie sich das entwickelt.
Bei den Plätzen ist es ein bisschen schwierig, die Anzahl der Plätze für die Freiwilligendienste von den Bewerbern her genau zu beurteilen, weil es das Problem der Mehrfachbewerbungen gibt. Das heißt, die Plätze sind zwar vielfach nachgefragt, man kann das aber wegen der Mehrfachbewerbungen schwer quantifizieren.
Was in der vorliegenden Senatsmitteilung steht, liest sich alles ganz positiv. Frau Blömeke hat es eingehend erläutert und ich kann mich diesem Teil der Ausführungen ausdrücklich anschließen.
Wir können daraus schließen, dass ein Freiwilliges Politisches Jahr möglich ist, und in dem Antrag wird der Senat gebeten, die Umsetzung zu prüfen. Bisher hat eine erste Erhebung bei sieben angefragten Organisationen ergeben, dass zwei sich das vorstellen konnten, die anderen aber eher ablehnend waren. Daher müssen wir Partner gewinnen, die Nachfrage von jungen Menschen ist sicherlich da. Es ist ein guter Weg, erst einmal die Bereitschaft zu ermitteln, dann außerhalb des Haushalts, wenn sich das so ergibt, einen Modellversuch zu starten und nach drei Jahren ein Ergebnis zu evaluieren. Insofern kann ich nur für Unterstützung werben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Den Optimismus von Frau Blömeke kann ich nicht ganz teilen, aber ich freue mich natürlich, dass wir über die Zukunft der Freiwilligendienste diskutieren; hier ist vieles im Umbruch. Umso mehr wundert mich, dass die GAL das Freiwillige Politische Jahr zur Debatte angemeldet hat, denn diese Einführung einer neuen Spielart eines Freiwilligen Politischen Jahres kann keine einzige der drängenden Fragen zur Zukunft der Freiwilligendienste beantworten. Der Senat will für ein Freiwilliges Politisches Jahr kein Geld ausgeben und die Resonanz der Träger ist bis jetzt sehr mäßig. Ein Freiwilliges Politisches Jahr also allein für die Koalitionsbilanz der GAL – nicht mit uns, sehr verehrte Damen und Herren.
Aber der Reihe nach. Wir haben bei den Freiwilligendiensten und beim Zivildienst in den nächsten Monaten zwangsläufig Veränderungen, die haben Sie schon genannt. Die Wehrpflicht soll ausgesetzt werden, das Bundesfamilienministerium plant, anstelle des Zivildiensts einen Freiwilligendienst einzuführen. Vernünftig wäre es – in die Richtung hat Frau Blömeke auch schon argumentiert –, die gut eingeführten Dienste auszubauen. Aber Vernunft ist nun einmal nicht die Stärke der schwarz-gelben Regierung. Sie will teure Doppelstrukturen aufbauen und parallel zu den existierenden Freiwilligendiensten einen weiteren etablieren. Auf Dauer werden sich diese zwei parallelen Freiwilligenstrukturen aber nicht halten können, schon gar nicht, wenn sie finanziell so unterschiedlich ausgestattet sind.
Ein weiterer wichtiger Punkt, die zweite Konsequenz in der Wehrpflichtaussetzung, sind die derzeitigen Zivildienststellen. Wir haben in Hamburg über 1700 Zivildienstleistende, besonders im Pflege- und Betreuungsbereich, und fragen uns schon, wer diese Arbeit macht, wenn die Wehrpflicht aus
gesetzt wird. Ganz konkret stellt sich die Frage bereits jetzt bei der individuellen Schwerstbehindertenbetreuung an den Schulen. Wer übernimmt die Kosten für die notwendigen Fachkräfte, wenn wir die Zivildienstleistenden nicht mehr haben? Der Senat weist diese Frage bisher weit von sich. Das ist verantwortungslos und Sie lassen in dieser Angelegenheit die Träger im Regen stehen.
Wir fordern Sie auf, dort Ihre Verantwortung zu übernehmen. Verhindern Sie Doppelstrukturen bei den Freiwilligendiensten und unterstützen Sie die Zivildienststellen bei der Umgestaltung.
Nun beantragt die GAL die Einführung eines Freiwilligen Politischen Jahres. Das ist in der geschilderten Situation ein erstaunlich sorgloser Antrag, besonders, wenn man sich die individuelle Betreuung der Schwerstbehinderten anschaut. Und was tut der Senat bis jetzt für die 1000 FSJ-Plätze in Hamburg? So gut wie gar nichts. Während andere Bundesländer FSJ-Plätze aus Landesmitteln fördern, hält sich der Senat vornehm zurück. Sieht man von einer geringen Bundesförderung in Höhe von 72 Euro im Monat ab, tragen die Kosten der FSJ-Plätze – und das sind immerhin um die 700 Euro – allein die anbietenden Träger.
Ein Freiwilliges Politisches Jahr soll nun dazukommen. Potenzielle Anbieter stehen dem GAL-Vorschlag skeptisch gegenüber, fünf haben gar kein Interesse, zwei haben gesagt vielleicht. Wie sieht es mit der finanziellen Ausstattung aus? Schlecht. Der Senat will auch hierfür keine Landesmittel zur Verfügung stellen und da fragt man sich schon, was das soll. Es gibt in Hamburg zahlreiche Möglichkeiten, sich politisch im Ehrenamt zu engagieren. Wir sehen deshalb keine Veranlassung für ein Freiwilliges Politisches Jahr.
Sehr geehrte Damen und Herren im Senat! Beschäftigen Sie sich stattdessen mit den drängenden Problemen bei der Zukunft der Freiwilligendienste und des Zivildienstes und unterstützen Sie damit das bestehende Engagement. – Vielen Dank.
So viel Neues ist mir nicht eingefallen. Obwohl nicht alle dasselbe wollen, unterstützen wir im Unterschied zur anderen Oppositionspartei den Ausbau und auch ein Freiwilliges Soziales Jahr im Bereich der Politik. Wir unterstützen den Ausbau des Freiwilligendienstes nicht, weil wir sagen, das ist eine Warteschleife für Leute, die keinen Ausbildungsplatz finden – die Gefahr ist da und muss beachtet werden – oder um zum Beispiel den Pflegenotstand zu lösen
oder so etwas, sondern unter dem Gesichtspunkt, und das hat Frau Blömeke bereits gesagt, dass wir es begrüßenswert finden, wenn junge Menschen in ihren Kompetenzen und ihrer Persönlichkeitsentwicklung gestärkt werden und einen aktiven Beitrag für die Zivilgesellschaft leisten. Wir unterstützen auch den Antrag der GAL, die Einrichtung eines Freiwilligen Sozialen Jahres im Bereich der Politik weiter zu prüfen.
Es ist völlig klar – das geht aus dem Bericht hervor und das finde ich auch einleuchtend –, dass zum Beispiel Fraktionen oder Parteien nicht die Stellen sein können, wo das stattfindet. Trotzdem ist unsere Erfahrung mit Praktikanten, dass sie sehr viel lernen können, wenn sie Einblick in die politischen Prozesse gewinnen, dass sie eine Begeisterungsfähigkeit mitbringen, die auch für uns ansteckend ist und dass man die Frage, warum sehr viele Jugendliche so politikverdrossen sind, auch mit den Jugendlichen diskutieren können muss. Das sind für uns ganz wichtige Erfahrungen. Ich glaube, dass es insgesamt nützlich ist, wenn relativ viele Jugendliche so ein Angebot bekommen und das tatsächlich machen, und der Politikverdrossenheit entgegenwirkt.
Uns ist aufgefallen – der Senat gibt das in seiner Stellungnahme auch selbst zu –, dass das Freiwillige Soziale Jahr bisher hauptsächlich ein Angebot an junge Menschen aus finanziell gut situierten Elternhäusern mit höheren Bildungsabschlüssen ist und es zum Beispiel sehr wenige Migranten oder Leute mit Hauptschulabschluss oder aus ärmeren Familien annehmen. Da liegt ein wirkliches Problem. Unseres Erachtens sollte darauf geachtet werden – und das kann im Zuge der Umsetzung des GAL-Antrages dann auch passieren –, dass man überlegt, das attraktiver zu gestalten, weil ein Taschengeld von mindestens 150 Euro nicht viel ist. Das ist ein Jahr und das ist kein wirkliches Angebot an Leute, die auch darauf angewiesen sind, dass sie ein bisschen selbstständig davon leben können.
Der Senat sollte überdenken, ob er da nicht ein bisschen Geld in die Hand nimmt, damit das Angebot attraktiv ist. Wir regen an, die finanziellen Rahmenbedingungen für die Träger und die jungen Menschen erheblich zu verbessern, damit auch junge Menschen aus bildungsfernen und finanziell schlechter gestellten Schichten das Freiwillige Soziale Jahr im Bereich der Politik wahrnehmen können. – Schönen Dank.
auf die Vorwürfe von Frau Bekeris eingehen. Es ist falsch, dass Sie den Vorwurf erheben, wir würden kein Geld in dieses Projekt stecken. Das Freiwillige Politische Jahr soll eine zusätzliche Variante des Freiwilligen Sozialen Jahres sein. Es soll eine Angebotserweiterung darstellen und, wie Sie selbst gesagt haben, fließt auch jetzt schon kein Geld aus dem Hamburger Haushalt, sondern das wird meistens von den Trägern selbst finanziert und vom Bund mitgetragen. Frau Blömeke hatte auch gesagt, dass wir es im Zuge der Abschaffung des Zivildienstes begrüßen würden, wenn das Geld dann in die Erweiterung der Freiwilligendienste fließt. Aber wenn wir in die bislang bestehenden Plätze des Freiwilligen Sozialen Jahres kein Geld stecken, dann wäre es eher unlogisch, in eine Erweiterung zusätzliche Gelder aus unserem Haushalt zu pumpen.
Es ist vielleicht ein kleiner, aber dennoch ein wichtiger Beitrag, um Engagement zu fördern, um politisches Interesse zu wecken, um ein gewisses Verständnis bei jungen Leuten dafür zu bekommen, wie politische Prozesse ablaufen. Die Antwort auf Fragen, warum bestimmte Prozesse so lange dauern und wie sich überhaupt Diskussionsprozesse gestalten, sind häufig aus der öffentlichen Berichterstattung nicht so herauszulesen wie es der Fall ist, wenn man nahe dran ist und es direkt mitbekommt. Da kann man viel Interesse wecken und viel Verständnis für politische Arbeit erreichen. Wenn wir das bei nur wenigen jungen Menschen schaffen – ich bin ganz der Meinung von Frau Schneider, dass wir uns darum bemühen müssen, auch diejenigen zu erreichen, die diese Angebote noch nicht so stark wahrnehmen –, dann ist ein, wenn auch kleiner, aber wichtiger Schritt getan. – Vielen Dank.