Protokoll der Sitzung vom 16.12.2010

Das Wort bekommt Herr Dr. Bischoff.

(Dr. Eva Gümbel)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Gümbel, jetzt hätten Sie einmal Farbe bekennen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sind uns darüber völlig einig – und ich nehme an, das gilt auch für die SPD –, dass die Universität in Hamburg mit einem dreistelligen Millionenbetrag betriebsbereit gemacht werden muss. Aber das ist im Haushalt nicht drin.

(Jens Kerstan GAL: Eben! Genau!)

Dazu kommt die Exzellenzinitiative, dafür haben Sie jetzt schon einen zweistelligen Betrag angeführt. Aus unseren Gesprächen ging hervor, dass die Erwartungen an der Hochschule wesentlich gedämpfter sind, aber es ist klar, dass die Unterfinanzierung ein Problem ist. Damit sind wir schon bei 320 Millionen Euro, mindestens in den ersten Stufen, oder 420 Millionen Euro und dann kommen die Studiengebühren in Höhe von 40 Millionen Euro dazu. Angesichts Ihrer Polemik hätte ich wirklich gedacht, dass Sie uns mitteilen, wo diese Mittel in Ihren Haushaltsplanentwürfen vorgesehen sind. Sie haben das doch auf den Weg gebracht und jetzt sagen Sie, damit haben Sie überhaupt nichts zu tun. Ein solches Manöver ist nicht legitim.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Tschentscher, wir müssen zur Kenntnis nehmen – ich glaube, das ist im Hause unstrittig –, dass wir an den Universitäten eine ziemlich schwierige Situation haben.

(Farid Müller GAL: Sie wissen doch auch nicht, wo es herkommt!)

Es ist völlig klar – wir haben das gestern diskutiert und kommen heute sicher auch noch einmal dazu –, dass die Situation in Bezug auf Wohnungsbau und preiswerte Wohnungen auch verändert werden muss. Auch das wird nicht umsonst gehen, das ist ein großes Feld. Dann haben wir noch das Problem der Kita-Gebühren. Ich will das jetzt nicht alles aufzählen, aber selbstverständlich ist die Neuwahl, die wir vor uns haben, und die neue Senatsbildung mit diesen Problemen auf jeden Fall konfrontiert. Es müssen dafür Lösungen her. Und wir haben nicht die Absicht, uns dem Ganzen zu entziehen, sondern wir haben mehrfach gesagt – das war bislang eigentlich auch Konsens –, wenn wir die Haushaltsberatungen durchgeführt hätten, dann hätten wir Ihnen Antrag für Antrag vorgerechnet, was wir nicht machen wollen. Dazu gehört eine ganze Reihe von Projekten, ich will jetzt nur auf die Niveaulosigkeit zurückkommen, die gestern eine Rolle spielte, nämlich das Polizeiorchester und die Reiterstaffel. Das sind die Peanuts, aber es gibt in diesem Haushalt eine ganze Reihe von Projekten, die wir streichen oder stoppen würden. Das hätten wir Ihnen Stück für Stück dargelegt. Insgesamt geht es dabei um eine Grö

ßenordnung von 200 bis 300 Millionen Euro, die man an verschiedenen Punkten einsparen könnte. Dabei geht es auch um verschiedene MarketingProjekte, um den Umgang mit Mieten, neuen Flächen und einer konzeptionslosen Handhabung von Umzügen der Bezirksämter. Wir wären durchaus bereit, all das ganz pragmatisch mit Ihnen durchzugehen. Als geniales Angebot, Herr Kerstan, haben sie diese sechs Steuerfachangestellten ins Spiel gebracht.

(Jens Kerstan GAL: Acht!)

Wir haben Ihnen mehrfach gesagt – ich glaube, da bestand auch ein gewisser Konsens –, das ist angesichts der Qualifikation und der realen Probleme eindeutig unterdimensioniert. Sie könnten den Steuervollzug wirklich verbessern und würden dann aus diesem Bereich durchaus andere Einnahmen erzielen.

Ich will noch einmal darauf hinweisen – das alles war im Antragspaket enthalten –, dass nach Darstellung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung das Privatvermögen heute über 7 Billionen Euro beträgt, während gleichzeitig die öffentlichen Haushalte völlig ausgehungert sind. Wir kommen aus dieser Situation der Unterfinanzierung nur heraus, wenn wir das generell ändern. Wir können in Hamburg einiges machen, aber wir müssen auch auf eine Veränderung der Einnahmesituation beim Bund hinwirken.

(Beifall bei der LINKEN)

Da geht es um die Spitzensteuersätze, die Millionärssteuer, die Vermögensteuer und die Finanztransaktionssteuer.

(Barbara Ahrons CDU: Immer dieselbe Lita- nei!)

Das ist die Situation, die wir angehen müssen. Und auch die neue Regierung wird sich der Unterfinanzierung vieler Bereiche stellen müssen. Wenn Sie uns jetzt sagen, da könne man keine Festlegung treffen, dann sind wir genau bei dem Punkt, der uns irritiert, denn es geht um Festlegung.

Natürlich wissen wir, dass die Wohnungsbaukreditanstalt mit ihrem Trick, das zu finanzieren, mehr ein Geschäft für die Banken eröffnet hat als für die Universitäten. Wir haben damals in der Debatte gesagt, dass es relativ kompliziert sein wird, das kostengünstig und sauber zurückzuholen; dem würden wir uns nicht entziehen. Gleichwohl kann man schon jetzt feststellen, dass wir die Studiengebühren abschaffen können und wollen. Herr Tschentscher, in Ihrem Antrag damals – das will ich auch gar nicht kritisieren – wurde auf die Haushaltsberatungen verwiesen, ohne dass ein einziger konkreter Vorschlag zur Gegenfinanzierung enthalten gewesen wäre.

(Michael Neumann SPD: Da gab's eine Manteldrucksache!)

Herr Neumann, ich habe versucht klarzumachen, dass wir gerne bereit sind, diese Umschichtung, Streichung, Erschließung neuer Einnahmen auf regionaler Ebene und im Bund mit Ihnen durchzugehen. Wir können hier, wie vielleicht auch an anderer Stelle, auch gemeinsame Anträge und Verfahren festlegen. Jeder, der die Regierung übernehmen wird, muss aber auch klar wissen, dass man angesichts so hundsmiserabler öffentlicher Finanzen, wie sie hinterlassen wurden – auch als Konsequenz kreativer Buchführung –, nicht von heute auf morgen auf Null kommen kann,

(Wolfgang Beuß CDU: Regen Sie sich nicht so auf! – Gegenruf von Michael Neumann SPD: Es geht um die Zukunft der Stadt, Herr Beuß! Dass Sie das nicht aufregt, kann ich nachvollziehen!)

sondern dass wir vernünftigerweise neue Kredite ins Auge fassen müssen. Die müssen aber ein bisschen anders gebaut sein als bisher. Sie sagen doch immer, wir könnten nicht mit Geld umgehen, aber Sie gehen jetzt in Wahlen, bei denen Sie demonstrieren, dass Sie völlig unfähig sind, öffentliche Finanzen zu gestalten.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Kleibauer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ein Satz zu Herrn Dr. Bischoff. Wenn man die Art und Weise, in der Sie hier vorgetragen haben, verfolgt, bekommt man einen völlig falschen Eindruck, denn in Bezug auf das Thema Studiengebühren muss man eines feststellen: Die Debatte zu diesem Thema ist heute in dieser Stadt deutlich weniger emotional als vor fünf oder sechs Jahren bei ihrer Einführung.

(Beifall bei der CDU)

Dann zu Ihnen, Herr Dr. Tschentscher: Bei Ihnen klappt es noch nicht so ganz mit dem Umschalten von der Oppositionsrhetorik auf seriöse Darstellung; das ging bei Ihnen so ein bisschen fließend ineinander über.

(Michael Neumann SPD: Der ist immer seri- ös!)

Aber davon einmal ganz abgesehen, Herr Neumann, Sie haben gestern angekündigt, wir schenken den Menschen in dieser Stadt reinen Wein ein. Das, was Herr Dr. Tschentscher heute gemacht hat, war, ihnen Sand in die Augen zu streuen.

(Ingo Egloff SPD: Sprechen Sie doch mal zur Sache! Sie bringen hier nur Plattitüden!)

Ich sage auch gerne etwas zur Sache, Herr Egloff. Vielleicht können Sie auch einmal zur Sache sprechen.

Die Fraktion DIE LINKE bringt heute Anträge ein, die wortgleich sind mit Anträgen, die von Ihnen in den Jahren 2008 und 2009 gestellt worden sind. Damals haben Sie die eingebracht und unterstützt. Die Position von Frau Ernst war damals – Frau Heyenn sagte es schon –, jetzt gibt es hier ein Fenster, wir haben gerade keine Koalition und das muss man unbedingt nutzen. Heute argumentieren Sie völlig anders und gegen Ihre Anträge von damals. Ich sage nicht, dass ich die Anträge inhaltlich gut finde, aber dass Sie an dieser Stelle schwammig sind und herumeiern, merkt jeder in diesem Haus.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Bei den Trümmern, die Sie uns hinter- lassen haben, wird es noch viel schlimmer!)

Wer ist denn zwei Jahre hinter der Linkspartei her gerannt, Herr Neumann? Das waren Sie.

(Michael Neumann SPD: Wer macht Schul- reform mit der Linkspartei?)

Ich sehe immer noch, wie Sie, an diese Seite des Hauses gewandt, gesagt haben: Liebe Freunde, wir haben doch eine andere Mehrheit, lasst sie uns nutzen. Jetzt ist die andere Mehrheit da und das ist Ihnen auch nicht recht. Jetzt werfen Sie in die Runde, alles sei unseriös, was von dort komme. Sie sind denen zwei Jahre lang hinterhergerannt und die Abgrenzung, die Sie jetzt versuchen zu betreiben, ist unglaubwürdig.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Tschentscher hat von Studiengebühren und gleich auch noch von Kita-Gebühren gesprochen und gesagt, Sie wollen das alles anders machen. Und er hat gesagt, Sie wollen das ausgleichen. Aber er hat noch nicht einmal gesagt, dass Sie das vollständig ausgleichen wollen, denn er weiß, wie schwer das ist.

Der Antrag, den die SPD im Rahmen der letzten Haushaltsberatungen eingebracht hat – das ist noch gar nicht so lange her und da war auch schon die Finanzkrise zu spüren und es wurden geringere Steuereinnahmen erwartet –, sah auch keine Gegenfinanzierung vor. Und jetzt sagen Sie, wir müssen das alles anders machen; aber auch da sind Sie sehr unverbindlich. Mal ist es der Einstieg in den Ausstieg und mal planen Sie, nur stufenweise irgendwelche Gebühren zurückzunehmen. Da müssen Sie konkret werden, alles andere ist unglaubwürdig und unseriös und zeigt, dass Sie haushaltspolitisch nichts dazugelernt haben.

(Beifall bei der CDU)

(Dr. Joachim Bischoff)

Das Wort bekommt Herr Dr. Tschentscher.

Die Bewertung, wer hier finanzpolitische Glaubwürdigkeit besitzt, sollten wir anderen überlassen, Herr Kleibauer. Damit ist es in Ihrer Fraktion mittlerweile nicht mehr soweit her. Ich weiß nicht, was alles in welchen Tonlagen und zu welchem Zeitpunkt hier gesprochen worden ist,

(Thilo Kleibauer CDU: Sie waren doch da- bei!)

aber die Grundlinie war immer klar. Wenn Sie präzise Zahlen brauchen und klare Gegenfinanzierungen nachlesen wollen, nehmen Sie unsere Anträge zu den Haushaltsberatungen zum Doppelhaushalt; da stehen wir zu jeder Zahl. Sie können das gerne rechnen, Sie haben sich nur nicht damit befasst, weil Sie das mit dem Hinweis abgelehnt haben, Sie hätten wichtigere Dinge vor. Und diese Dinge waren so unsolide, dass wir jetzt ein Defizit in Höhe von 1,1 Milliarden Euro im Betriebshaushalt haben.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen verstehe ich nicht so ganz, dass Sie immer den Staatsnotstand ausrufen, wenn wir sagen, wir wollen für die Kitas und die Universitäten mehr machen als Sie. Dann tun Sie so, als ob die Welt untergehe, und wenn man in Ihre Haushaltspläne schaut, dann sieht man, was da alles finanziert wird. Deswegen gebe ich Herrn Bischoff völlig recht.

(Wolfgang Beuß CDU: Ah ja!)

Wenn man sagt, das geht nicht, ignoriert man, dass wir Büromieten zahlen, dass wir Stabsstellen haben, Reiterstaffel, PR-Maßnahmen, Spiegelreferate und so weiter,