Protokoll der Sitzung vom 23.06.2011

(Jan Quast SPD: Die Mini-Unis hat er einge- führt!)

Ja, nach unserer Zeit.

(Zuruf von Jens Kerstan GAL)

Ich darf Ihnen dazu Folgendes sagen: Herr Dräger war super gut, solange ich in der Bürgerschaft war. Kaum war ich weg, machte er Unsinn.

(Beifall bei der FDP – Dietrich Wersich CDU: Umgekehrt kann man das sehen, Herr Kolle- ge!)

Man fragt sich jetzt natürlich, wo da die Klammer ist. Wenn Sie bei den Veröffentlichungen auf der Homepage der HCU, der HafenCity Universität, nachlesen, lesen Sie dort wörtlich:

"(…) Verständnis und die Gestaltung der urbanen Umwelt (…)"

Das ist die Klammer, das ist unsere Aufgabe.

Mit so einer Formulierung oder einer ähnlichen Formulierung kann man auch noch ganz andere kleine Hochschulen rechtfertigen. Wie wäre es zum Beispiel mit der Universität zum Verständnis der Kinder? Dort könnten dann Erzieher, Kinderärzte und Ingenieure zum Beispiel für die Konstruktion von Kindermöbeln zusammen ausgebildet werden. Das können Sie doch nicht ernsthaft richtig finden.

Zweitens: Die HCU mit dem geringen Fächerkanon ist ein Verstoß gegen die Idee der Universität. Universität sagt vom Namen her schon: universal, vieles, wenn nicht alles, dann wenigstens vieles zu

sammen. Humboldt würde sich wahrscheinlich im Grabe drehen, wenn er wüsste, dass sein Begriff der Universität auf eine Hochschule gemünzt wird, die gerade einmal sechs Studiengänge hat.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Der ist schon so- lange tot, der dreht sich nicht mehr!)

Drittens: Es gibt die Möglichkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Hamburg-Harburg; diese könnte bei einer Fusion sehr gut genutzt werden. An der TU gibt es Werkstoffentwicklung, klimaschonende Energieund Umwelttechnik, Bauwerke im und am Wasser als Studien- und Ausbildungsgänge. Das passt doch hervorragend zu den vorhin genannten sechs Studiengängen bei der HCU.

Viertens: Es ist schon erstaunlich, die HCU bekommt einen Neubau für gut 60 Millionen Euro, Stand von heute. Ich wäre mir nicht sicher, ob es dabei bleibt. Wir sind frohen Mutes, 60 Millionen Euro in einer ersten Schätzung, bei der Elbphilharmonie, glaube ich, waren es beim ersten Mal 120 Millionen Euro. Für 60 Millionen Euro bekommt die HCU einen Neubau, gleichzeitig verfallen aber die Gebäude der Universität Hamburg und anderer Hochschulen. Das ist unserer Ansicht nach ein völliges Missverhältnis.

(Dietrich Wersich CDU: Wollen Sie nur Ei- gentumswohnungen haben? – Zuruf von Jens Kerstan GAL)

Herr Kerstan, wir kommen gleich noch zu Ihnen. Ich bin gespannt, alle Fraktionen haben sich schon geäußert, nur die GAL hat bisher keine Meinung gehabt. Wir werden sie sicher gleich hören.

Fünftens: Wenn ich Hochschulen zusammenlege, spare ich Intendanzkosten. Auch das ist ein wichtiger Punkt, Intendanzkosten nützen weder der Forschung noch der Lehre. Aus diesem Grunde ist eine Zusammenlegung von HCU und Technischer Universität mindestens erwägenswert.

Der Präsident der HCU, der uns heute beiwohnt – ich begrüße Sie ausdrücklich, Herr Pelka –, hat einen offenen Brief an die Fraktionen geschrieben. Offene Briefe werden normalerweise nicht beantwortet, deshalb werde ich es auch förmlich nicht tun, aber ich werde mir erlauben, auf Ihre Argumente, Herr Professor Pelka, an dieser Stelle einzugehen. Es sind deren vier.

Der erste Punkt: Er sagt, es gäbe gar kein Einsparpotenzial von 13 Millionen Euro im Jahr, man hätte doch im Wirtschaftsplan nur ein Budget von 13,4 Millionen Euro. Dann schauen wir doch einmal in den aktuellen Haushaltsplan-Entwurf auf Seite 107. Was steht dort? 16 Millionen Euro, nicht 13,4 Millionen Euro.

(Jan Quast SPD: Hat die SPD 3 Millionen Euro draufgelegt?)

Kleiner Fehler. Größerer Fehler, niemand und auch nicht die FDP behauptet, dass wir 13 Millionen Euro durch die Fusion einsparen können. Das ist einfach nicht richtig. Wir meinen, dass man Geld einsparen kann, aber natürlich nicht 13 Millionen Euro.

Zweiter Punkt: Herr Professor Pelka, Sie sagen, die Planmittel je Professor seien an der Technischen Universität fast dreimal so hoch wie an der HCU. Wenn man das dann in den Unterlagen nachliest, findet man Folgendes: 600 000 Euro TU, 245 000 Euro HCU. Das ist ein originelles Argument. Das würde auch bedeuten, wenn die HCU noch wesentlich mehr Professoren beruft, wird es pro Professor noch billiger. Wir wollen doch die HCU nicht dafür belohnen, dass sie so viele Professoren berufen hat. Schauen Sie sich doch diese Zahlen einmal an. Die Technische Universität hat im Wintersemester 2010/2011 5 683 Studenten und 91 Professoren, die HCU hat im gleichen Semester 1 969 Studenten und 55 Professoren. Sie haben 35 Prozent der Studentenzahlen, verglichen mit der TU, aber 60 Prozent der Professorenzahl. Anders ausgedrückt: Sie haben pro Student doppelt so viele Professoren. Kein Wunder, dass dann jeder Professor billiger ist. Das ist doch kein Grund, damit zu argumentieren. Im Gegenteil, Sie hätten überlegen sollen, ob Sie wirklich so viele Professoren brauchen, oder noch besser, ob Sie nicht bei moderner Wissenschaftspolitik einem Professor mehr wissenschaftliche Mitarbeiter zugeben. Die sind nämlich billiger und bringen der Lehre mehr. Dazu sagen Sie zu Recht, den Punkt muss ich Ihnen zugestehen, das sei nicht originär Ihr Fehler,

(Zuruf von Jens Kerstan GAL)

das wurde seinerzeit von dem schon erwähnten Herrn Dräger bei der Einführung der Hochschule falsch gemacht. Dennoch ist Ihr Argument völlig falsch, Sie können doch nicht ernsthaft sagen, Sie hätten mehr Professoren, die billiger seien, und deshalb ginge das alles nicht. Das wäre gerade ein Grund, bei Ihnen einmal kräftig eine Reformschiene anzusetzen.

Dritter Punkt: Sie sagen, Studienplätze seien bei der HCU billiger. Hierzu die Zahlen: HCU ungefähr 8 000 Euro pro Student, TU etwa 11 000 Euro pro Student. Mit den Statistiken ist das so eine Sache. Sie wissen, Statistiken sind für Wissenschaftler dasselbe wie Laternenpfähle für Betrunkene. Sie dienen mehr dem Halt als der Erleuchtung. Hier werden doch Äpfel mit Birnen verglichen. Man kann doch nicht alle Studienplätze gleich bewerten, Herr Professor Pelka. Die Konsequenz Ihrer Argumentation wäre, dass wir das UKE und auch die Hochschule für Musik und Theater schließen müssten. Diese kostet nämlich 17 000 Euro pro Student. Wir wollen Medizinerausbildung und wir

wollen Musik- und Theaterausbildung, dafür haben wir Geld, aber nicht für Prestigeobjekte.

(Beifall bei der FDP)

Vierter Punkt: Sie sagen, bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses sei die HCU weiter. Das mag sein, aber das ist gerade ein Grund, sich mit der TU zu fusionieren, damit die TU von Ihren hervorragenden Erfahrungen bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses profitieren kann. Das ist gerade ein Argument für die Fusion.

Wenn ich es zusammenfasse, gibt es viele Gründe für eine Fusion und bisher habe ich keinen gehört, der gegen eine solche Fusion spricht.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Ich habe aber auch keinen dafür gehört!)

Deshalb sind wir der Meinung, dass es eine gute Idee ist, zumindest zu erwägen, eine Fusion vorzunehmen.

Nun zum Antrag der LINKEN. Das ist noch nicht einmal etwas für Laternenpfähle, denn die einzige Begründung, warum Sie gegen die Fusion sind – wörtliches Zitat, ich habe es dreimal gelesen –:

"Eine Fusion mit der TUHH wird von der HCU abgelehnt."

Das ist dünn.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Nee, das ist wich- tig!)

Ein Teil der Betroffenen möchte es nicht, also machen wir es nicht. Das ist Politik von gestern. Moderne Politik bedeutet, Strukturen zu hinterfragen, wenig Geld für Administration, viel für die eigentliche Aufgabe. Ein sorgsamer Umgang mit Steuergeldern ist die Losung und nicht, weil irgendeiner dagegen ist, machen wir es nicht. Dieser Antrag der LINKEN ist nicht akzeptabel.

(Beifall bei der FDP – Jens Kerstan GAL: Sie haben noch keinen einzigen Grund dafür genannt!)

Sie haben nur nicht zugehört, ich habe sechs genannt, Herr Kerstan, Sie können es nachher nachlesen.

(Dora Heyenn DIE LINKE und Jens Kerstan GAL: Nee, nee!)

Dennoch fordert die FDP trotz all dieser Argumente nicht sofort eine Fusion ohne Wenn und Aber. Wir wollen diese Frage sehr energisch angehen, aber auch sorgfältig prüfen. Deshalb haben wir in den Antrag nicht eine sofortige Fusion hineingeschrieben, sondern wir haben den Senat aufgefordert, dies zu prüfen, zu erläutern und uns zu berichten. Danach erfolgt eine Entscheidung und damit die Debatte auch möglichst qualifiziert erfolgen kann, sind wir auch einverstanden mit der Über

weisung unseres Antrags an den Wissenschaftsausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Der Abgeordnete Kühn hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal, Herr Schinnenburg, liebe FDPFraktion, bin ich Ihnen dankbar, weil es zumindest ein substanzieller Beitrag ist zu der Diskussion, die wir seit Wochen führen. In diesem Sinne auf jeden Fall schon einmal Dank von meiner Seite und auch von meiner Fraktion, dass Sie diesen Antrag eingebracht haben. Damit will ich aber nicht sagen, dass wir der Zielrichtung Ihres Antrags entsprechen würden oder uns zumindest heute ein Urteil erlauben können, so wie Sie es hier zumindest teilweise vorweggenommen haben, denn ohne Frage haben Sie vollkommen recht gerade auch mit dem, wie Sie es historisch beschrieben haben, sozusagen die Gründungsgeschichte dieser Universität. Der Webfehler beginnt eigentlich damit, dass das nie ein wissenschaftspolitisches Projekt war, sondern vor allem ein stadtplanungstechnisches Projekt, weil es nämlich darum ging, die HafenCity aufzuwerten. Damit hat man eine Hochschule zu einem Spielball eines ganz anderen Politikfeldes gemacht und damit beginnt eigentlich die Irrtumsgeschichte dieses Projekts.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde es wichtig, noch einmal mit ein paar Zahlen zu argumentieren. Wo ist eigentlich das Geld hergekommen, das für die Gründung dieser Hochschule notwendig war? Es ist nicht etwa zufällig vom Himmel gefallen oder wurde neu eingestellt, nein, es ist aus den Haushalten der älteren Hamburger Hochschulen abgezweigt worden. Im Schwerpunkt hat es die Hochschule für Angewandte Wissenschaften getroffen, die beispielsweise im Haushalt 2005 noch über 75,9 Millionen Euro verfügte; ein Jahr später hatte sie noch einen Haushalt von 63,5 Millionen Euro. Dieses Geld ist also im System in den Haushalten der Hochschulen umgeschichtet worden.

Bekommen hat die HCU ein Haushaltsvolumen von etwa 13,5 Millionen Euro, mit dem sie nun arbeiten muss. Sie haben damals eben nicht eine Fachhochschule gegründet, sondern eine Universität. Herr Schinnenburg hat vollkommen zu Recht darauf hingewiesen, dass es einen ganz fundamentalen Unterschied zwischen einer Fachhochschule und einer Universität gibt. Das wird unter anderem auch deutlich durch das Verhältnis von Professoren zu Studenten, denn an Universitäten ist der Forschungsschwerpunkt traditionell zumindest ausgeprägter gewesen als an Fachhochschulen, aber man muss zugeben, dass sich in

(Dr. Wieland Schinnenburg)

den vergangenen Jahren auch in diesem Punkt beide Systeme angenähert haben.