Wir brauchen Barrierefreiheit, und es ist gut, dass Aufzüge gebaut werden. Aber wenn wir uns anschauen, welche Potenziale der Barrierefreiheit darin liegen, wenn wir uns eines oberirdischen Verkehrsmittels bedienen würden, und wenn wir sehen, wie auch die demografische Entwicklung sein wird, dann wird es eben nicht ausreichen, dass ein Aufzug pro Station da ist, der dann eine Person, die vielleicht gehbehindert ist, transportieren kann, sondern wir brauchen diese Möglichkeit möglichst auf breiter Ebene. Deswegen ist es so wichtig, dass wir den Bus auf sehr stark belasteten Strecken durch die viel leistungsfähigere Stadtbahn ersetzen. Das schafft erst die zusätzlichen Kapazitäten, die Sie für notwendig erklären, die Sie aber in der Praxis nicht einlösen.
Unter die Abteilung PR fällt auch die Behauptung, dass der Bau von U-Bahnen in der Stadt störungsfreier durchzuführen sei.
Ich will da ein Beispiel aus Nürnberg zitieren. Da gibt es ein U-Bahn-Projekt, das seit Jahren verfolgt wird. Dort lösen die befürchteten Auswirkungen des Baus einen Baustopp aus, der mittlerweile zehn Jahre andauert. Das Konzept, um die Lärmauswirkungen der Baustelle einzuschränken, ist jetzt, dass man in drei Lagen Container aufbaut, die dann den Lärmschutz gewährleisten sollen. Das macht eine Straße für die Bauphase, die dann auch mehrere Jahre dauert, hoch attraktiv. Da wünsche ich Ihnen viel Erfolg bei der Durchsetzung von U-Bahn-Projekten.
Ein letzter Punkt. In einer Hinsicht sind Sie wirklich sehr hanseatisch. In Hamburg redet man nicht über Geld, man hat es. Dieser Leitspruch gilt offensichtlich bei Ihrer Verkehrspolitik. Sie versprechen Maßnahmen, die Geld in extremem Umfang beanspruchen würden. Natürlich könnte man eine UBahn binnen zehn Jahren bauen, sie kostet allerdings 3,8 Milliarden Euro, und die haben Sie nicht. Nur deswegen verschieben Sie dieses Projekt auf der Zeitachse bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Das ist keine seriöse Politik.
Wir müssen uns alle darauf einstellen, dass wir – und da hat Frau Sudmann recht – mit weniger Geld umgehen müssen, als wir das in den vergangenen Jahrzehnten gemacht haben. Die Schuldenbremse ist meiner Überzeugung nach nicht die Ursache dafür, aber sie ist das Mittel, um mit der Situation umzugehen. Diese Versprechenspolitik – die Leute in Osdorf und Steilshoop haben darauf vertraut, dass die Stadt immer noch ein vollgefülltes Säckel hat und solche Investitionsprojekte locker stemmen kann – ist irreal, und solche Politik wollen die Menschen nicht.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Dr. Steffen, was Sie hier vortragen, ist wirklich unredlich.
Wenn Sie für die GRÜNEN in Anspruch nehmen, dass ein Teil der Radverkehrsbilanz, die Frau Koeppen für die SPD-Fraktion und den Senat vorgetragen hat, auf Ihre Rechnung geht, weil viele Planungsvorleistungen schon zu schwarz-grünen Zeiten erbracht wurden, dann müssen Sie sich auch den Vorwurf gefallen lassen, dass es Ihnen anzulasten ist, wenn Projekte wie die S4 und die S21 noch in Planung sind und aktuell nicht baulich realisiert werden, denn Sie haben in Ihrer Regierungszeit nichts getan, was es uns ermöglicht hätte, tatsächlich jetzt schon und nicht erst in fünf oder sechs Jahren zu bauen, denn wir müssen die gesamten Planungsleistungen erst umsetzen.
In Ihrer Regierungszeit, und das gilt genauso für die CDU, wurde für die S4 nichts getan, es wurde für die S21 nichts getan. Alles wurde der Stadtbahn untergeordnet, einer Planung, die Sie am Ende gegen die Wand gefahren haben. Die Strecke, mit der Sie beginnen wollten, von der würden heute noch nicht einmal die größten Stadtbahnbefürworter sagen, dass man mit der anfangen sollte; das sagen Sie selbst nicht mehr. Das heißt, die gesamte Planung, die es gab – einmal abgesehen davon, dass es von Bürgermeister Ahlhaus auch rechtlich gegen die Wand gefahren wurde – ist unbrauchbar gewesen. Es gab nichts, worauf wir hätten aufbauen können und wollen, das muss man allerdings auch sagen.
Die Planungszeiträume für große Infrastrukturvorhaben sind so lang; das wissen Sie doch selbst, und die GRÜNEN haben – das will ich Ihnen gar
nicht vorwerfen – ihren Anteil daran. Es dauert leider, bis eine neue Schnellbahnstrecke tatsächlich gebaut wird. Gleichzeitig erleben wir, dass die Fahrgastzahlen auf bestimmten Linien mehr als anderswo steigen. Deshalb brauchen wir das Busoptimierungsprogramm, das innerhalb kurzer Zeit, innerhalb einer Legislaturperiode Früchte trägt, sodass wir das Fahrgastaufkommen auf diesen hochbelasteten Linien kurzfristig bewältigen können.
Frau Sudmann hat vorhin gesagt, die CDU hätte es versaubeutelt. Ich glaube, das trifft es ziemlich gut. Man kann auch sagen, das Busoptimierungsprogramm, das wir nun machen müssen, geht auf die Kappe von CDU und GRÜNEN.
Wenn Sie nicht zehn Jahre lang getrödelt, sondern Ihre Hausaufgaben gemacht hätten, wenn Sie sich um die Strecken mit wirklich hohem Verkehrsaufkommen gekümmert hätten, dann bräuchten wir das Busoptimierungsprogramm als Überbrückungsprogramm, soweit es um die Kapazitätssteigerung geht, in dieser Form nicht.
Anders als die CDU – das muss ich doch noch einmal erwähnen – mit ihrer halbherzigen Busbeschleunigung der Linie 25 im Jahr 2005 können wir eine Kapazitätssteigerung von 25 Prozent auf der Linie 5 vorweisen. Was macht die CDU? Anstatt die eigenen Versäumnisse einzugestehen, wird selbst diese gewissermaßen Notlösung von Ihnen mit allen Mitteln bekämpft. Sie fragen, wer eigentlich für die Busbeschleunigung ist. Wir haben eben schon ein paar schöne Beispiele gehört, und ich will Ihnen noch eines nennen.
"Mit diesem Programm wurde nicht nur eine zwingend notwendige Kapazitätserhöhung auf der Linie 5 erreicht, sondern im Zuge dessen auch die Hauptverkehrsstraßen saniert und modernisiert."
Wenn ich noch eine Minute habe, dann möchte ich auf einen weiteren Punkt hinweisen, weil der auch so schön passt. CDU und GAL wollten 30 Millionen Euro für Gemeinschaftsstraßen ausgeben; Shared Space nannte man das damals. Erinnern Sie sich noch, wo Sie das vorhatten?
(Dr. Andreas Dressel SPD: Wo Farid Müller jetzt auf der Straße steht! – Olaf Ohlsen CDU: Und Osterstraße!)
Ich will es Ihnen gern sagen. Es war die Lange Reihe und der Mühlenkamp. Die standen sehr hoch im Kurs bei Ihnen. Sie wollten die ganze Straße umbauen, von vorn bis hinten in ganzer Straßenbreite, und jetzt stellen Sie sich an die Spitze der Bewegung derer, die schon ein Problem damit haben, wenn für behinderte Menschen, die besser in den Bus einsteigen wollen, eine Bushaltestelle umgebaut wird. Das ist einfach lächerlich, was Sie machen.
Die Sozialdemokraten können nach einer Regierungszeit von nun vier Jahren bei der Verkehrspolitik eine gute Bilanz aufweisen. In der Tat ist leider vieles noch nicht sichtbar. Ich hätte die S4 gern schon längst mit eingeweiht, aber das haben Sie verhindert, vielen Dank dafür. Ich habe nur über den öffentlichen Verkehr gesprochen, und wir brauchen uns in diesem Punkt überhaupt nicht zu verstecken. – Vielen Dank.
Ich sehe zum ersten Thema der Aktuellen Stunde nun keine weiteren Wortmeldungen mehr, sodass uns noch knapp zwölf Minuten bleiben, uns dem zweiten Thema zuzuwenden, angemeldet von der Fraktion DIE LINKE:
In der reichsten Stadt steigt das Armutsrisiko dramatisch. Senat duckt sich weg. Hamburg braucht Mut zur Armutsbekämpfung!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Verschärfung der sozialen Lage in Hamburg ist dramatisch. Das zeigen die neuen Zahlen des Statistischen Bundesamts. Im Jahr 2013 lag das Armutsgefährdungsrisiko bei knapp 17 Prozent. Das Risiko ist im Vergleich zum Jahr 2012 um 14 Prozent beziehungsweise um 2,1 Prozentpunkte gestiegen. Hamburg steht damit im bundesweiten Vergleich nicht gut da, nämlich auf Platz 4 der westlichen Bundesländer. Besonders dramatisch ist aber die
Situation von Erwerbslosen. Hier beträgt die Armutsgefährdungsquote fast 59 Prozent, bei Großfamilien 40,7 Prozent und bei Alleinerziehenden knapp 40 Prozent. Menschen mit Migrationshintergrund haben ein dreifach höheres Risiko. Die Zahlen sind dramatisch und erschreckend, erschreckender ist jedoch die Untätigkeit des Senats.