Protocol of the Session on November 26, 2014

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Meine Damen und Herren! Das ist nicht der richtige Weg. Folgen Sie unserem Antrag und nutzen Sie die Chancen, die Fernbuslinien auch für Hamburg bieten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Fock von der SPD-Fraktion hat nun das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst einmal ein Kompliment an Herrn Schinnenburg. Sie haben es fertig bekommen, keine persönlichen Angriffe gegen Senatoren oder Bürgermeister zu fahren. Das ist doch schon einmal einen Applaus wert, finde ich.

(Beifall bei der SPD – Dr. Till Steffen GRÜ- NE: Keine Aufzählung!)

Er kann auch anders, das haben wir heute gesehen.

Zu Beginn eine Richtigstellung. Der ZOB wurde von Herrn Mettbach eingeweiht, der war von der Schill-Partei. Ich kann mich nicht erinnern, dass er zur FDP gegangen wäre. Das der FDP zuzuord

(Dr. Wieland Schinnenburg)

nen, ist völlig daneben, aber es war ansonsten eine fast sachliche Rede, abgesehen davon, dass wieder die üblichen Verdächtigungen gegenüber den Sozis vorgebracht wurden, weil wir Staatskonzerne schützen wollen. Es tut mir schon fast leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass wir Ihren Antrag ablehnen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Ach nee, Herr Fock!)

Wenn Sie unseren Antrag gelesen haben, dann werden Sie feststellen, dass er sehr viel umfangreicher, umfassender und detailreicher ist. In Ihrem Petitum finden sich eigentlich nur zwei Dinge. Einmal fordern Sie, dass eine Frist gesetzt wird. Das will ich, auch unter Berücksichtigung des 15. Februar, vernachlässigen. Ich weiß nicht, ob das so sinnvoll ist. Außerdem soll der Senat weitere Standorte für Fernbushaltestellen suchen. Warum eigentlich der Senat? In der Realität stellen tatsächlich die Fernbusbetreiber Anträge, und dann wird das von der Fachbehörde abgearbeitet. Marktwirtschaftlich ist das sehr viel besser, als wenn der Senat das alles bestimmen würde.

(Beifall bei Karin Timmermann und Frank Wiesner, beide SPD)

Zweitens geht es um Kostenbeteiligungen an Bau und Betrieb der Haltestellen. Warum eigentlich nur der Haltestellen? Es gibt natürlich auch Überlegungen, die Kostenbeteiligung an die Konzessionsvergabe zu binden. Dies geht nicht, sondern es ist an und für sich nur möglich, wenn privatwirtschaftliche Verträge geschlossen werden; dann kann man die Betreiber an den Kosten beteiligen.

Hält man also unseren Antrag dagegen, dann ist festzustellen, dass unsere Schwerpunkte zum einen mehr auf den sozialen und sicherheitsrelevanten Aspekten und zum anderen auf der Kostensituation liegen, da wir möchten, wie Sie völlig richtig festgestellt haben, dass es zu einem fairen Wettbewerb zwischen Bus und Bahn kommen kann. Bisher ist es so, dass die Bahn die Infrastrukturkosten allein trägt, der Fernbus dagegen nicht, und zwar gilt das für alles Mögliche. Man denke nur an die großen Bahnhofsvorhaben, die die Bahn schultern muss.

(Finn-Ole Ritter FDP: Stuttgart 21! – Gegen- ruf von Ole Thorben Buschhüter SPD: Aber nicht unsere S21! – Gegenruf von Heike Sudmann DIE LINKE: Das ist ein schlechtes Beispiel!)

Ich nenne als Stichwort nur Stuttgart 21 und Verlegung des Altonaer Bahnhofs nach Diebsteich; das wollen wir doch auch alle.

In den Punkten 1 und 2 unseres Petitums geht es um die Kontrollen der vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten und der Bedienungs- und Aufzeichnungspflichten. Hierzu gibt es eine Schriftliche Kleine Anfrage von Herrn Buschhüter vom Juni

dieses Jahres, die auch beantwortet worden ist. Es wurde festgestellt, dass dort sehr viel vom Gewerbeaufsichtsamt kontrolliert und etliche Verstöße festgestellt wurden, zwar keine gravierenden, aber es waren Verstöße. Ich hätte vielleicht noch gesagt, das sei nicht so entscheidend, wenn nicht dieser Beitrag in "Frontal21" gestern gewesen wäre. Dort wurde geschildert, unter welchen Bedingungen – fast frühkapitalistischen, kann man sagen – die Fahrer arbeiten müssen, dass sie nicht nur die richtigen Ruhezeiten nicht bekommen, sondern innerhalb der Ruhezeiten Reparaturen ausführen müssen, Müll sammeln, Gepäck stauen und was weiß ich nicht alles. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Sicherheit der Fahrgäste. Man wundert sich eigentlich, nachdem man das gesehen hat, dass noch keine schweren Unfälle vorgekommen sind. Diese Zustände sind – das haben Sie auch gesagt – der sogenannten Goldgräberstimmung geschuldet. Es gibt einen ruinösen Wettbewerb der Fernbusunternehmen mit Dumping-Preisen und das alles auf dem Rücken der Fahrer und der Fahrgäste. Wenn auch nur die Hälfte der dokumentierten Verstöße stimmen, dann ist das ein unglaublicher Skandal, um einmal mit Herrn Ohlsen zu sprechen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und bei Heike Sudmann DIE LINKE)

Das bezieht sich sowohl auf die Arbeitsbedingungen der Fahrer als auch auf die Sicherheit der Fahrgäste. Wir würden hier einen staatlichen Eingriff befürworten, aber er kann nur auf Grundlage des sogenannten Zuverlässigkeitsprinzips erfolgen, und das scheint mir hier durchaus nötig zu sein.

In den Punkten 3 und 4 beschäftigen wir uns mit den Infrastrukturkosten und gehen über die Forderung nach Beteiligung an den Haltestellenkosten weit hinaus, indem uns vorschwebt, die Fernbusse mautpflichtig zu machen. Hierzu sind erste Ansätze in Berlin schon gemacht worden, die gilt es weiter zu verfolgen. Im Übrigen würde auch Punkt 5, die geforderte Angleichung der Fahrgastrechte, in Richtung eines fairen Wettbewerbs zwischen Bus und Bahn gehen.

Meine Damen und Herren! Wie ich verdeutlicht habe, ist der SPD-Antrag sehr viel umfassender als der der FDP und nimmt natürlich auch aktuelle Entwicklungen auf. Daher bitte ich um Ihre Zustimmung. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Herr Krüger von der CDU-Fraktion hat nun das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielleicht erlauben Sie mir, Frau Präsidentin, vorab kurz ein persönliches Wort. Ich

(Jan-Hinrich Fock)

freue mich wirklich sehr, wieder hier im Haus sein zu dürfen, und möchte mich einfach bedanken. Ich habe in den vergangenen Tagen, aber auch heute so viele nette Willkommensgrüße von allen Fraktionen – es ist mir sehr wichtig zu betonen: von allen Fraktionen – bekommen. Das hat gut getan, dafür vielen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Aber nun zur Sache. Fernbusse, das haben wir gerade auch von Herrn Schinnenburg gehört, sind eine sehr attraktive Alternative zur Bahn, zum Auto, aber offensichtlich auch zu Billigflügen geworden. Vom Hamburger ZOB aus sind gut 100 Städte zu erreichen. Neben Berlin sind das vor allem München, Frankfurt, die Metropolen im Ruhrgebiet oder auch Hannover; die Ziele liegen also eher südlich von Hamburg. Im laufenden Jahr werden in Deutschland rund 16 Millionen Reisende dieses Verkehrsmittel genutzt haben; von Hamburg werden mehr als 60 000 Busse gestartet sein. Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer erwartet für das kommende Jahr sogar 75 000 Abfahrten aus Hamburg. Hier stellt sich in der Tat die Frage nach der zukünftigen Kapazität und nach den Möglichkeiten, die diese Stadt hat. Ohne Frage – das ist offenkundig bei diesen Zahlen – besteht hier ein immenser Bedarf, der noch steigen wird. Fernbusse werden gerade von preisbewussten Menschen, von Menschen mit geringem Budget, aber auch von jüngeren Leuten sehr gern genutzt.

Deshalb kann ich – Entschuldigung, Herr Fock – nicht so ganz verstehen, dass Sie dieses offensichtliche Erfolgsmodell mit dem Antrag Ihrer Fraktion nun ein bisschen relativieren. Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass arbeitsrechtliche und sozialrechtliche Standards und Sicherheitsfragen unbedingt einzuhalten sind und dass man die auch überprüfen muss. Darüber, glaube ich, müssen wir nicht diskutieren. Das ist doch auch, wie Sie selbst in Ihrem Antrag schreiben, durchaus geschehen. Ich weiß nicht, ob nun eine Fernsehsendung der richtige Maßstab ist. Mich interessiert vielmehr, dass in Hamburg bei 10 Prozent der Abfahrten – das ist eine ganze Menge – Kontrollen stattgefunden haben, und dann sagen Sie selbst, es seien eher geringfügige Verstöße festgestellt worden. Auch die dürfen nicht sein, und deshalb sind Kontrollen gut. Aber ob es richtig ist, eine Fernsehsendung als Beleg zu nehmen, weiß ich nicht.

(Jörg Hamann CDU: Herr Fock hat die Sen- dung mit der Maus geguckt! – Gegenrufe von der SPD: Oh!)

Ich kann dieses unterschwellige Schlechtreden nicht ganz verstehen. Nehmen Sie doch einfach einmal zur Kenntnis, dass die Bürger offensichtlich mit der Fahrkarte abstimmen. Die halten dieses Verkehrsmittel für sehr sinnvoll. Diesen Erfolg soll

te Hamburg nicht nur fördern, die Hansestadt sollte ihn sich auch zunutze machen und die Voraussetzungen dafür schaffen, hier attraktiver zu werden. Der ZOB und Bergedorf als Ein- und Ausstiegspunkte reichen nicht aus. Jeder Besucher Hamburgs ist auch ein Besucher von Kultureinrichtungen, er isst in einer Gaststätte, er übernachtet in Hamburg oder er kauft hier ein.

(Beifall bei der CDU)

Eine moderne Fernbushaltestelle – ich bin Harburger, mit Verlaub – bietet sich beispielsweise gerade in Hamburgs Süden, in Harburg, an. Studenten gehören zu den typischen Fernbusfahrern, und die Nähe zur Technischen Universität wäre sicherlich ein besonderer Standortvorteil. Da wir in dieser Woche vernehmen mussten, dass die U 4 oder eine weitere S-Bahnlinie auf Jahrzehnte nicht bis nach Harburg kommen wird, habe ich den Eindruck, dass der Senat weiter auf den "Sprung über die Elbe" setzt. Schaffen Sie bitte die Voraussetzungen dafür, dass wenigstens das Fernbusnetz nicht an Harburg vorbeigeht und Hamburgs Süden an das Fernbusnetz vernünftig angebunden wird.

Die Beteiligung privater Investoren beantwortet dann auch gleich die Frage nach der Finanzierung. Eine Maut ist jedenfalls ein völlig falsches Signal, es ist nicht zielführend. Wir haben gerade gehört, dass es hier einen ruinösen Wettbewerb gibt. Wir haben alle ein Interesse daran, denke ich, dass auch kleinere Unternehmen eine Chance bekommen, und die würden durch zusätzliche Abgaben völlig unnötig belastet werden. Also sollten wir lieber diesen privaten Weg nehmen. Deshalb, meine Damen und Herren, werden wir die von der FDP geforderte Art der Busbeschleunigung gern unterstützen, neue Belastungen für Unternehmer und Fahrgäste hingegen nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Herr Dr. Steffen von der GRÜNEN Fraktion hat nun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Richtig ist, dass Fernbusse grundsätzlich ein ökologisches Verkehrsmittel sind. Herr Schinnenburg, wenn Sie den Vergleich mit der Bahn anstellen, dann greift der natürlich etwas kurz, denn die Bahn hat einen anderen Auftrag. Sie hat einen Versorgungsauftrag und muss natürlich auch Ziele anfahren, wohin zu bestimmten Zeiten vielleicht nicht viele Leute wollen. Das macht natürlich kein Fernbusunternehmen, das richtet sich streng nach der Nachfrage. Insoweit ist es systemimmanent, dass eine ganze Reihe von Zügen halbleer fahren. Das liegt auf der Hand.

(Beifall bei Heike Sudmann DIE LINKE)

(Harald Krüger)

Grundsätzlich ist der Fernbus eine ökologische Art der Fortbewegung, und deswegen ist es auch vernünftig, sich dem zu öffnen. Man muss aber sehen, dass der zitierte ruinöse Wettbewerb natürlich Auswirkungen hat. Die Marktbereinigung findet doch bereits statt. Der ADAC, der in ADAC Postbus groß eingestiegen ist, hat sich aus dem Unternehmen herausgezogen. Hier geht also schon ein wichtiger Investor, der natürlich auch mit einer Marke für dieses Produkt stark geworben hat. Deswegen sollte man sehr genau aufpassen, dass man nicht Kapazitäten schafft, die man nach der Marktbereinigung am Ende gar nicht mehr braucht.

Ansonsten nimmt die SPD in Ihrem Antrag in zutreffender Weise all das auf, was ich auch von meiner Bundestagsfraktion als Auskunft bekommen habe. Das ist nicht verwunderlich, weil es auf gemeinsame Aktivitäten im Bundestag zurückgeht. All das wollte ich im Grunde sagen; nun haben Sie es aufgeschrieben, und ich muss es nicht wiederholen. Ich will nur sagen, warum wir Ihrem allerletzten Punkt nicht zustimmen können und uns dort enthalten werden. Wenn Sie sagen, dass man sich auf Bundesebene für eine Angleichung der Fahrgastrechte für Bus- und Bahnfahrgäste einsetzen möge, dann gibt es zwei Möglichkeiten, dieser Forderung nachzukommen. Entweder die Fahrgastrechte bei der Bahn werden eingeschränkt oder die Fahrgastrechte bei den Fernbussen werden ausgebaut. Wenn Sie das erste meinen und die Fahrgastrechte bei der Bahn einschränken wollen, dann sind wir nicht mit dabei. Weil Ihr Antrag an der Stelle nicht klar ist, enthalten wir uns zu dem Punkt. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE hat nun das Wort.

Herr Schinnenburg ist für die FDP damit gestartet, dass er die Fernlinienbusse eine beispiellose Erfolgsgeschichte nennt.

(Finn-Ole Ritter FDP: Richtig!)

Sie sind aber normalerweise immer für fairen Wettbewerb und Sie haben mit keinem Wort das erwähnt,

(Finn-Ole Ritter FDP: Was denn?)

was Herr Fock Ihnen so schön beschrieben hat, dass es eben kein gleicher Wettbewerb ist, dass die Bahn zum Beispiel Trassenpreise bezahlen muss und völlig andere Auflagen hat. Herr Steffen hat das eben ebenfalls gesagt.