Protokoll der Sitzung vom 15.12.2014

(Beifall bei der SPD – Dr. Till Steffen GRÜ- NE: Man muss mal ein offenes Wort spre- chen dürfen!)

Herr Steffen, ich finde, gerade Sie sollten bei dem Punkt ganz klein sein, was Selbstkritik angeht. Da haben Sie einen ganz eigenen Ruf, da bin ich wohl noch nicht konkurrenzfähig.

(Heiterkeit bei der CDU und der FDP – André Trepoll CDU: Ja, ein kleiner Kien- scherf!)

Ich will die Zahlen noch einmal nennen, Herr Kleibauer, damit Sie noch einmal im Protokoll dieser Sitzung stehen und für die Nachwelt erhalten bleiben.

Erster Bauabschnitt Geomatikum: 177 Millionen Euro, MIN-Forum und Informatik-Neubau: 126 Millionen Euro, das CHYN: 61 Millionen Euro, der neue Hochschulforschungsbau am Campus Bahrenfeld: 30 Millionen Euro, Sanierung TrautweinBau: 29 Millionen Euro, Innensanierung Philosophenturm…

(Thilo Kleibauer)

(Heiterkeit bei Jens Kerstan GRÜNE)

Herr Kerstan, das scheint Sie alles zu amüsieren, aber Sie haben in den drei Jahren nicht viel hinbekommen, in denen Sie in der schwarz-grünen Koalition waren. Da sind diese Zahlen doch schon sehr beeindruckend.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, der Senat und diese Fraktion stehen zu der Verantwortung, die wir auch im Bereich Wissenschaft und Forschung haben. – In diesem Sinne herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Dr. Gümbel von den GRÜNEN hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kühn, ich finde auch, dass wir uns schätzen, aber nichtsdestotrotz sollte man die Fakten kennen, wenn man Thesen aufstellt; mehr war nicht dahinter.

(Jan Quast SPD: Warum reden Sie denn jetzt?)

Ich wollte Ihnen noch zwei Dinge sagen. Frau Stapelfeldt, es ist natürlich normal, dass unterschiedliche Sichtweisen von Opposition und Regierung in Haushaltsberatungen aufeinanderprallen; das ist völlig normal und auch legitim. Es ist aber für eine Regierungsfraktion und eine Regierung auch wichtig, dass sie auf einer tatsachenbasierten Basis steht und von dort aus ihre Einschätzungen trifft. Was ich mitgenommen habe, ist, dass Sie zum einen irrsinnig stolz sind und zum anderen der Auffassung sind, die Hochschulen in Hamburg würden ihrem Auftrag gerecht werden. Ich sehe aber doch, in welcher Weise Sie die Hochschulen in der Ausübung ihrer eigentlichen Pflichten dadurch behindern, dass sie Studienplätze abbauen müssen, dass sie weniger an Ausbildung und Bildung garantieren können, dass sie Professorenstellen streichen müssen. Das hatten wir vorhin in der ersten Runde, und ich will die Zahlen nicht wiederholen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Meinungsfreiheit!)

Es sind aber ziemlich dramatische Zahlen, und es ist ein ziemlich dramatischer Schrumpfungskurs. Wenn Sie also jetzt zu dem Schluss kommen, dass der Auftrag zu Ihrer Zufriedenheit erfüllt wird, dann muss ich den Schluss daraus ziehen, dass Ihr Anspruch sehr gering ist, und das kritisieren wir hier. Die Opposition insgesamt bemängelt, dass der Ehrgeiz, die Zukunftsfähigkeit dieses wichtigen Handlungsfeldes für unsere Stadt zu sichern, in diesem Senat irrsinnig begrenzt ist. Ich will Ihnen das gern an einem Beispiel illustrieren.

Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass wir führend sind – meinetwegen auch europaweit oder weltweit – beim Code of Conduct. Der Code of Conduct basiert, Sie haben ihn angenommen, auf einem Antrag der GRÜNEN. Sie haben ihn ein Jahr im Ausschuss rumschimmeln lassen, um ihn ein Jahr später dann so umzusetzen, gelabelt dieses Mal mit "SPD" – meinetwegen. Die finanziellen Mittel, um diesen Code of Conduct umzusetzen, haben Sie von Frau Wanka bekommen, weil dieses Problem mit der prekären Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses nicht nur an den Hamburger Hochschulen besteht, sondern in der gesamten Bundesrepublik. Sie wissen es sehr genau, Frau Senatorin, das kommt durch die Verschiebung der Grundfinanzierung versus der Drittmittel. Ich bin da nicht ganz bei Ihnen, ich halte es gar nicht für so gefährlich, die Drittmittel sind doch zu 95 Prozent staatliche Mittel. Aber die Drittmittel sind eben solche Mittel, von denen nur befristete Stellen finanziert werden können.

Da sind wir sofort bei der Situation unseres wissenschaftlichen Nachwuchses. Und weil dieses Problem bundesweit aufgetreten ist, selbstverständlich durch die doppelten Abiturjahrgänge, die Abschaffung der Wehrpflicht und so weiter und so fort, gibt es diese Hilfestellung vom Bund; das wissen Sie. Sie können doch nicht so tun, als wären die ganzen Diskussionen an Ihnen vorbeigegangen. Sie hatten nicht nur den Code of Conduct auf dem Papier, Sie hatten auch die Mittel und die Hilfe aus Berlin in der Hand, um diesen wirklich bedauernswerten und schlechten Zustand wirkungsvoll abzuschaffen. Sie haben es sich einfach von Ihrem Bürgermeister aus der Hand schlagen lassen, Frau Senatorin. Vor dieser Verantwortung können Sie nicht davonlaufen. Sie hatten die Chance, aber sie ist weg, und ich weiß nicht, ob sie wiederkommt. Das ist genau der Grund, weshalb der Kontakt zu den Hochschulpräsidien, aber auch zu den Kammern, zu den ASten und so weiter so gestört ist.

Frau Senatorin, es ist sehr traurig, wenn eine Wissenschaftssenatorin in dieser Weise schlecht von unserem Hochschulpräsidenten, Herrn Professor Lenzen, spricht. Stellen Sie sich bitte vor, Frau Kisseler stände hier und hätte in dieser Weise über Herrn Lux gesprochen, das wäre doch völlig undenkbar. Sie tun es aber. Sie sollten sich als Anwältin der Hochschulen verstehen und nicht als jemanden, der die Hochschulen und ihre Präsidenten am Gängelband durch diese Stadt führt.

(Wolfgang Rose SPD: So ein Quark!)

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

(Philipp-Sebastian Kühn)

Herr Dr. Schinnenburg von der FDP-Fraktion hat das Wort.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen noch etwas zu vier Punkten sagen. Das eine ist das Mieter-VermieterModell, weil vorhin gesagt wurde, die FDP hätte das nicht mitgemacht. Das Mieter-Vermieter-Modell ist deutlich besser als das, was bisher gemacht wurde. Eine gewisse Transparenz wurde hierdurch geschaffen; darum stimmt die FDP grundsätzlich einem Mieter-Vermieter-Modell zu. Es ist allemal besser als das, was bisher gemacht wurde mit undurchschaubaren Entwicklungen der Bausubstanz und eventuellen Altlasten. Das ist richtig. Das Problem waren zwei oder drei Dinge.

Das Erste war, dass es nun eine Art Schein-Mieter-Vermieter-Modell ist, denn auf beiden Seiten ist der Staat tätig. Die Idee des Mieter-Vermieter-Modells ist doch eigentlich, dass man Risiken auch überträgt, dass man dem Staat die eine Seite gibt und die andere Seite einem privaten Anbieter. Dazu konnten Sie sich nicht durchringen. Das heißt mit anderen Worten, die Idee dabei, eventuell finanzielle Risiken vom Staat wegzunehmen und auf Private zu übertragen, wird gerade nicht erreicht, weil es eine Version ist von linke Tasche – rechte Tasche. Das war der eine Grund, warum wir bei dem konkreten, nicht grundsätzlichen, Mieter-Vermieter-Modell kritisch waren.

Der zweite Punkt war, dass sehr viel dafür spricht, dass die vereinbarten Mieten mindestens beim Geomatikum völlig überhöht sind. Das Ergebnis ist: Der ohnehin schon knappe Wissenschaftsetat finanziert damit einen Immobilienanbieter, zwar einen staatlichen, aber einen Immobilienanbieter mit. Anstatt Geld in die Wissenschaft hineinzugeben, fließt noch Geld ab.

Und der dritte Grund: Wie kann man am Geomatikum ein riesiges Gebäude bauen ohne Tiefgaragenstellplätze? Das provoziert doch wiederum Verkehrsstaus.

(Dirk Kienscherf SPD: Weil wir einen guten ÖPNV haben, Herr Schinnenburg!)

Sie werden verstehen, dass wir so einer Sache nicht zustimmen können.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kühn, Sie rühmen sich sehr damit, dass Sie in Ihrem schnell zusammengeschusterten Haushaltsantrag noch Planungsmittel für die Sanierung des Philosophenturms einstellen. Das wäre unheimlich toll, wenn Sie vielleicht erst drei Monate im Amt wären als Regierung, Sie sind aber fast vier Jahre im Amt. Und nach vier Jahren wollen Sie jetzt und im nächsten Jahr Geld einstellen, um mit der Planung zu beginnen. Der Philosophenturm bröckelt seit Langem, seit Jahren wird er nur noch notdürf

tig benutzbar gehalten. Feuerpolizeilich wäre der Philosophenturm schon geschlossen worden, wenn nicht ganz schnell etwas gemacht worden wäre. Eine Planung nach vier Jahren der Regierungsübernahme ist nichts anderes als ein schwaches Bild, dafür kann man sich nicht rühmen.

(Beifall bei der FDP)

Dann kam Frau Senatorin Stapelfeldt wieder mit den Rücklagen an und ließ durchblicken, man müsse den Haushaltsplan-Entwurf auch richtig lesen, denn da stände das doch alles. Frau Senatorin Stapelfeldt, ich weiß nicht, ob Sie wissen, dass ich mir zu allen möglichen Dingen immer Vermerke mache, die ich meistens gar nicht verwende, aber da Sie mich nun so ansprechen, will ich es einmal tun. Ich lese Ihnen ein paar Dinge aus Ihrem eigenen Haushaltsplan-Entwurf vor: Seite 38, Universität Hamburg, Abbau grundfinanzierter Studienanfänger von 2013 bis 2018 um 706, TU HamburgHarburg, Seite 45, Abbau um 112 Studienplätze, HAW, Seite 59, minus 134 Studienplätze – zusammen ist das ein Abbau von 974 –, oder nicht durch Drittmittel finanzierte Professoren-Stellen bei der Uni, auch auf Seite 38, minus 18, bei der HAW minus 15, oder Seite 161, Universität Hamburg, in den Jahren 2015 und 2016 ein operatives Minus von 55 Millionen Euro, Seite 291, TU HamburgHarburg minus 9,4 Millionen Euro. Es reicht einfach, in Ihren eigenen Haushaltsplan-Entwurf zu schauen. Dann wissen Sie ganz genau, dass Sie den finanziellen Ruin der Hamburger Hochschulen organisieren. Das ist die Wahrheit, lesen Sie das einmal in Ihrem eigenen Haushaltsplan-Entwurf nach.

(Beifall bei der FDP)

Und der vierte Punkt betrifft das, was auch Frau Gümbel gerade ansprach; ich war ebenfalls einigermaßen schockiert. Sie haben es zwar nicht ausdrücklich gesagt, aber Sie haben ziemlich deutlich Professor Lenzen kritisiert. Ich will das gar nicht weiter untersuchen; Frau Dr. Gümbel hat recht mit dem, was sie gerade gesagt hat. Ich finde, der Vergleich Kisseler – Lux passte auch ganz gut. Lassen wir das also weg. Denken Sie einmal daran, wenn Sie heute die Medien verfolgt haben, dass die Universität Hamburg offenbar nicht ganz unzufrieden mit diesem Professor Lenzen ist. Es wird überlegt, vorzeitig seinen Vertrag zu verlängern. Das ist außerordentlich selten, bei Fußballvereinen noch viel seltener. Aber gerade bei den Hochschulen passiert das nicht, wenn die Leute nicht sehr zufrieden sind. Mit anderen Worten: Offenbar ist Herr Lenzen derjenige, der die Gemütslage und die Situation der Universität Hamburg richtig dargestellt hat. Dann hat es keinen Sinn, ihn hier so abzubürsten.

Etwas anderes ist ebenso völlig unangemessen. Ich habe mich gewundert, dass Frau Gümbel nicht selbst damit ankommt. Sie hat eine ganz harmlose

Anfrage gestellt, das ist die Drucksache 20/13717. Sie hat nur gefragt, welche Maßnahmen die Hochschulen denn ergreifen würden, um die Mindereinnahmen oder die schlechtere finanzielle Ausstattung zu kompensieren. Über eineinhalb Seiten ergeht sich der Senat, um die danach folgenden Antworten der Hochschulen zu relativieren, vorsichtig formuliert. Er schreibt alles Mögliche und sagt, vor diesem Hintergrund seien die folgenden Angaben der Hochschulen einzuordnen. Mit anderen Worten: Das ist nichts anderes als eine Zensur, eine Vorabkommentierung von ganz simplen Aussagen. Die Hochschulen haben nichts Polemisches gemacht, Sie haben sogar sehr zurückhaltend dargelegt, was sie tun müssen, um mit dem von Ihnen bereitgestellten Geld auszukommen. Frau Senatorin Stapelfeldt, so geht man nicht mit den Hamburger Hochschulen um und schon gar nicht dann, wenn man mit ihnen Erfolg haben will. Das ist ein großes Problem.

(Beifall bei der FDP)

Umso mehr wundert es mich, wenn Sie für sich in Anspruch nehmen, wir sollten im Hochschulstandort Hamburg mehr Selbstbewusstsein haben; das war einer Ihrer letzten Sätze eben. Sie haben offenbar ein Problem damit, wenn Leute aus dem Hochschulstandort Hamburg selbstbewusst sind. Sie haben mit allen Hochschulpräsidenten das Problem, aber offenbar auch mit Dohnanyi, Peiner und Maier. Die sind selbstbewusst, sie haben große Probleme, und die haben Sie verursacht. Gehen Sie anders mit denen um und geben Sie Ihnen mehr Geld, dann hat Hamburg eine bessere Chance. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Die sehe ich nicht. Dann können wir zu den Abstimmungen kommen und beginnen mit den beiden Ausschussberichten.

Zunächst der Zwischenbericht des Wissenschaftsausschusses, Drucksache 20/13785.

[Zwischenbericht des Wissenschaftsausschusses über die Drucksache 20/12817: Unterrichtung der Bürgerschaft über die mit den Hochschulen abgeschlossenen Kapazitätsvereinbarungen und Ergänzung des Haushaltsplan-Entwurfes 2015/2016 nach § 34 der Landeshaushaltsordnung (Senatsantrag) – Drs 20/13785 –]

Ich stelle fest, dass wir ihn zur Kenntnis genommen haben.

Der Beschluss des Wissenschaftsausschusses wird am dritten Tag im Rahmen der Schlussabstimmungen Berücksichtigung finden.

Wir kommen zum Bericht aus Drucksache 20/13795.

[Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksache 20/13532: Einzelplan 3.2 – Änderung zum Haushaltsplan 2013/2014 nach § 33 Landeshaushaltsordnung (LHO) i.V.m. § 15a LHO, Ergänzung des Haushaltsplan-Entwurfs 2015/2016 nach § 34 LHO, Energetische Grundsanierung der TrautweinGebäude der Hochschule für Musik und Theater Hamburg (Senatsantrag) – Drs 20/13795 –]

Wer möchte hier der Empfehlung des Haushaltsausschusses folgen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das war einstimmig.