Protocol of the Session on December 16, 2014

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(Martina Koeppen)

ode, von 29 Maßnahmen, die Sie im Netz der Hauptverkehrsstraßen haben. Bei den Sanierungen sind gerade einmal drei Straßen dabei, bei denen auf dem gesamten Abschnitt auch Fahrradstreifen eingerichtet werden. Entweder es bleibt also alles beim Alten

(Dirk Kienscherf SPD: Deutlich mehr!)

oder es wird noch weitere lange Jahre geprüft werden. Das ist tatsächlich kein überzeugendes Bild beim Thema Radverkehrspolitik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt haben Sie auf den letzten Metern entdeckt, dass es Fahrradstraßen gibt und man da ganz schnell etwas machen kann; das ist die Neuentdeckung des Jahres. Staatsrat Rieckhof lässt sich keine Gelegenheit entgehen, auf dem Fahrrad zu posieren. Das ist allerdings alles nicht besonders ernst gemeint. Das sieht man dann an der praktischen Umsetzung, denn es darf niemandem weh tun, das ist das Credo. Das beste Beispiel dafür ist der Harvestehuder Weg. Da wird vollmundig angekündigt, jetzt mache man dort eine Fahrradstraße, das sei der Highway für den Radverkehr, da könne endlich einmal vernünftig Fahrrad gefahren werden. Am Ende stellt sich jedoch heraus, dass es eine ganz normale Straße ist und sich überhaupt nichts ändert, außer, dass Sie ein Schild aufhängen, mehr passiert eigentlich nicht.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Ein paar Schika- nen!)

Es gibt keine konsequente Bevorrechtigung, aber der eigentliche Sinn der Fahrradstraße ist doch, dass der Radverkehr bevorrechtigt wird. Und diese Bevorrechtigung ist auch gar nicht erwünscht. Eine im Prinzip gute Idee setzen Sie auch noch nachlässig um, sodass für den Radverkehr unterm Strich nicht viel dabei herauskommt. Sie schreiben von grünen Maßnahmen ab beim Thema Alsterradwege und StadtRAD und machen das noch nicht einmal richtig.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Klaus-Pe- ter Hesse CDU)

Wenn dieser Senat bereits zu Beginn dieser Legislaturperiode mit dem gleichen Eifer bei der Sache gewesen wäre, wie er das jetzt verbal tut, dann hätte man entweder tatsächlich konkrete Konsequenzen sehen können, oder man hätte sehen können, was es damit ernsthaft auf sich hat. Sie haben nicht konsequent daran gearbeitet. Das ist aber sträflich bei einer solchen Frage, weil nur konsequentes Arbeiten wirklich zu Veränderungen führt und zu einem anderen Bild von Stadt, das wir brauchen und das uns viele andere Städte vorleben.

Wir haben einen Zwanzig-Punkte-Plan aufgelegt, den wir im Herbst dieses Jahres hier eingebracht haben mit dem festen Ziel von 25 Prozent Radver

kehrsanteil bis 2025. Das ist kein Selbstgänger, daran muss man intensiv arbeiten, aber Sie haben es abgelehnt, sich solche Maßnahmen zu eigen zu machen, und das ist falsch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Anders, als von diesem Senat konsequent vertreten wurde, muss Radverkehr ein Investitionsschwerpunkt sein. Wir müssen die Ausgaben für den Radverkehr am Anteil der Radfahrerinnen und Radfahrer orientieren. Wir müssen den Radverkehr massiv stärken durch Vorfahrt für den Radverkehr auf den Velorouten mit einer gut sichtbaren, ermunternden Beschilderung, mit Kampagnen, die mit Vorbildern arbeiten, mit grüner Welle für den Radverkehr, mit echten Fahrradstraßen, auf denen nur die Anliegerinnen und Anlieger fahren dürfen, mit gut ausgebauten Radwegen und Fahrradspuren und mit mitdenkender Verkehrsplanung. Das ist es, was wir für den Ausbau des Radverkehrs brauchen. Wir brauchen den Ausbau des StadtRAD-Systems weit über die 40 Stationen hinaus, die jetzt kommen sollen, und wir brauchen das Ziel: Hamburg wird zur Fahrradstadt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei den öffentlichen Verkehrsmitteln ist es das gleiche Bild. Zu Beginn der Legislaturperiode wurde erst einmal alles weggewischt, was vorher da war. Statt sich den Fahrgastzuwächsen zu stellen und zu überlegen, was man sinnvollerweise dort tun kann, hat sich der Senat verkrochen wie das Kaninchen vor der Schlange in der Sorge vor kurzfristigen Stimmungen in der Bevölkerung. Bloß nichts bewegen, lieber den Kopf in den Sand stecken, das war die Devise dieses SPD-Senats. Also wurde nur das gemacht, was scheinbar keinem wehtut.

Man hat gesagt, man mache ein bisschen Busbeschleunigung, dagegen könne eigentlich niemand etwas haben. Viele Kreuzungsumbauten wurden so ausgestaltet, dass der Autoverkehr auf keinen Fall eingeschränkt wird, sondern dass er noch gefördert wird. Es tut dem Autoverkehr auch nicht weh, was Sie hier machen, sondern der ADAC lobt diese Maßnahmen, weil Maßnahmen geschaffen wurden, die tatsächlich ein Ermunterungsprogramm für das Autofahren in der Innenstadt sind. Und das ist eine Fehlplanung, wenn sich das hinter der Busbeschleunigung verbirgt.

Das größere Problem ist: Selbst wenn Ihre Annahmen über die Kapazitätssteigerung stimmen würden, die Sie nie belegen konnten, dann wäre in zehn Jahren Ende, dann wäre schon Schicht im Schacht. Und das erkennt der Senat jetzt und hat deswegen auch überlegt, was er jetzt machen solle und dass ihm sehr plötzlich etwas einfallen müsse. Nun kommen Sie mit der Idee, doch wieder in großem Umfang in den U-Bahnbau einzusteigen. Sie setzen ausgerechnet auf das Verkehrsmittel,

dessen Bau am teuersten ist, auf das Verkehrsmittel, dessen Bau am längsten dauern wird, und das Verkehrsmittel, das, wenn überhaupt, erst viel zu spät realisiert werden kann. Ich finde es schon eine besondere Pointe, dass ausgerechnet Sie, die Sie auf dieses sehr teure und schwer kalkulierbare Unterfangen setzen, jetzt mit der Elbphilharmonie kommen. Die Elbphilharmonie auf Rädern ist die, die Sie in Ihre U-Bahn-Drucksache geschrieben haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dabei gab es vor eineinhalb Jahren noch gar keine Notwendigkeit, an einen U-Bahnausbau zu denken, so war zumindest die Auffassung dieses Senats. Ich habe mit meiner Fraktion im Mai 2013 eine Große Anfrage gestellt und gefragt, ob es geplant sei, das U-Bahnnetz auszubauen. Daraufhin sagte der Senat im Mai 2013, also vor eineinhalb Jahren, das Angebot sei derzeit ausreichend bemessen, und der Senat habe sich damit nicht befasst. Einen größeren Zickzack-Kurs bei diesem Thema kann man doch gar nicht hinlegen. Wenn der Senat von vornherein die Meinung vertreten hätte, dass wir den Ausbau des U-Bahnnetzes brauchen, dann wären wir jetzt schon bei der entscheidenden Frage, nämlich bei der Frage, genauer beurteilen zu können, welche Maßnahmen welche Kosten auslösen, welchen Nutzen erzielen und wie Sie das finanzieren wollen. Oder wir würden schon jetzt das Eingeständnis sehen, dass derart große Ausbaupläne für den U-Bahnbau ohnehin nicht zu finanzieren und unrealistisch sind.

Wir brauchen Lösungen für heute, morgen und übermorgen. Wir haben heute schon völlig überlaufene Buslinien. Es gibt nicht erst seit gestern ganze Stadtviertel, die von einer direkten Verbindung in die City abgeschnitten sind. Die SPD-Position ist in dieser Frage nicht glaubwürdig, und nur weil Herr Dressel – jetzt ist er gerade leider nicht hier – immer sagt, dass die U-Bahn komme, wird es nicht wahrer.

(Beifall bei den GRÜNEN – Glocke)

Herr Dr. Steffen, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Buschhüter?

Ja.

Vielen Dank. Ich habe nun lange zugehört und immer darauf gewartet, dass Sie einmal etwas zu den Projekten sagen, die in Kürze anstehen. Ich wundere mich, dass Sie zur S4 und zur S21 nichts sagen und hätte gern von Ihnen gewusst – weil Sie uns doch vorwerfen, den Kopf in den Sand zu stecken –, was an Vorleistungen zum Beispiel zur S4 oder zur S21 zum Ende der schwarz-grünen

Regierungszeit vorlag, oder ob es nicht doch tatsächlich so war, dass wir bei null anfangen mussten und praktisch nichts hatten?

Das war nicht so.

(Heiterkeit bei der SPD)

Beim Thema S21 ist es spannend, wenn Sie in den heutigen Artikel bei Nahverkehr Hamburg schauen, wo ganz klar gesagt wurde, dass wir zwei Jahre Zeitverzögerung dadurch hatten, dass die "Standardisierte Bewertung" noch nicht vorlag. Vor zwei Jahren hätten wir das schon haben können, da haben wir alle zusammen an einem Strang gezogen. Ich weiß nicht, warum das so lange gedauert hat. Es ist tatsächlich die Frage, warum Sie hier nicht vorankommen. In der Sache eint uns bei beiden Projekten das Ziel, voranzukommen, aber auch bei beiden Projekten wird es noch geraume Zeit dauern.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Ich will noch etwas zu einem letzten Punkt sagen, und der betrifft das Thema Fahrpreise.

(Glocke)

Herr Dr. Steffen, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Koeppen?

Ja.

Herr Steffen, ich würde ganz gern an die Frage von Herrn Buschhüter anschließen, denn er hat Sie konkret gefragt, was Schwarz-Grün vorbereitet habe, was der SPD-Senat 2011 vorgefunden hat bei den Projekten S21 und S4?

Die S4 ist ein fortlaufender Planungsprozess, den wir gemeinsam schon in der letzten Legislaturperiode vorangetrieben haben, bei dem Sie weitermachen und noch lange nicht am Ziel sind.

(Karin Timmermann SPD: Was denn?)

Das ist ein Vorhaben, das Sie auch in der nächsten Legislaturperiode noch nicht in die Tat umsetzen werden. Das ist bei solchen Vorhaben so.

Ich will etwas zum Thema Fahrpreise sagen. Das ist wichtig, weil wir bei der Frage auch über einen sozialen Punkt reden. Wir haben es erlebt, dass eine Maßnahme, die es in der letzten Legislaturperiode das erste Mal gegeben hat, nämlich das Einfrieren des städtischen Zuschusses als Reaktion auf eine Haushaltsnotlage, die durch einbrechende Steuereinnahmen bedingt war, fortgesetzt wurde.

Und es ist ein Fehler, das so fortzusetzen, weil der Anteil, den die Leute aus den Fahrpreisen finanzieren müssen, immer weiter steigt. Hier muss unbedingt wieder umgesteuert werden, das ist keine soziale Politik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Schinnenburg von der FDP-Fraktion hat jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach dem Vortrag von Frau Artus bin ich, ehrlich gesagt, gespannt auf den von Frau Sudmann gleich. Ich rechne ein bisschen mit einem Titel über die Rolle des Fahrrads im Spätkapitalismus; so etwas Ähnliches erwarten wir jetzt gleich.

Stellen Sie sich einmal vor, die Firma Aldi würde künftig für ihre Parkplätze von den Kunden Geld nehmen. Das würde mit Sicherheit in diesem Raum kein Mensch verstehen. Kein normales Unternehmen nimmt Geld von den Kunden, wenn sie als Kunden einkaufen. Jedes vernünftige Unternehmen unternimmt doch alles, damit es möglichst viele Kunden gibt und die Kunden sich dort wohlfühlen. Alle Unternehmen machen das, mit einer Ausnahme, der staatliche Monopolbetrieb HVV. Nicht nur, das hat Herr Steffen schon ausgeführt, dass Sie die Preise jedes Jahr erhöhen, die völlig intransparent sind – aus meiner Sicht völlig überhöht, aber man kann es nicht wirklich überprüfen –, Sie schröpfen Ihre Kunden noch einmal. Das kann sich nur ein Unternehmen leisten, das keiner ernsthaften Konkurrenz ausgesetzt ist. Das muss dringend geändert werden.

(Beifall bei der FDP)

Geld zu nehmen für P+R-Parkplätze und damit Menschen abzuschrecken, vom Auto umzusteigen auf den öffentlichen Nahverkehr, ist ein Schildbürgerstreich. Es schadet den Unternehmen, aber es schadet vor allem uns allen, weil es noch mehr Autos auf den Straßen gibt und noch mehr Staus. Aber offenbar ist diesem Senat das völlig egal. So geht es nicht, meine Damen und Herren. Das ist der erste Schildbürgerstreich.

Der zweite Schildbürgerstreich hängt damit durchaus zusammen. Sie haben die Stellplatzpflicht teilweise abgeschafft. Das Ergebnis ist, dass es noch mehr Parkplatz-Suchvorgänge gibt gerade in den Quartieren, in denen besonders viel los ist. Das ist der nächste Schildbürgerstreich, zum einen, weil die Plätze voll sind, aber zum anderen auch, weil die Einnahmen aus der Stellplatzabgabe wegfallen. Mit diesen Einnahmen könnte man nämlich P+R-Parkplätze schaffen. Insofern hängen die beiden Punkte zusammen. Das ist ein doppelter Schildbürgerstreich. Ich fordere Sie zu einer schnellen Umkehr in diesen beiden Fragen auf.

(Beifall bei der FDP)

Jeder weiß in dieser Stadt – auch die SPD, die gibt es nur nicht zu –, dass Hamburg im Stau steht und der Senat nichts dagegen tut. Die FDP tut etwas gegen die Staus. Wir haben einen Haushaltsantrag eingereicht mit wenigstens drei Maßnahmen. Und wir appellieren an Sie, diese Maßnahmen auch zu übernehmen.