Protokoll der Sitzung vom 22.01.2015

(Beifall bei der CDU)

Herr Kühn von der SPDFraktion bekommt nun das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kerstan und Herr Wersich, ich möchte noch einmal ein Zitat von Herrn Westhagemann aufgreifen, den mein Fraktionsvorsitzender eben schon zitiert hat, denn dessen Interview im "Hamburger Abendblatt" ging noch viel weiter. Er hat nämlich gesagt, Bürgermeister Scholz

"hat Hamburg zu einer Innovationsstadt gemacht, hat Zukunftsbranchen wie die Elektromobilität und die Windkraft hier fest verankert. Auf diesem Weg unterstützt Hamburgs Industrie Scholz voll."

(Beifall bei der SPD – Jens Kerstan GRÜNE: Das waren eigentlich wir!)

Herr Wersich und Herr Kerstan, Sie sprachen Leitbilder an. Dann will ich Sie einmal daran erinnern, dass wir Sozialdemokraten und dieser Senat zu Beginn dieser Legislaturperiode eine entscheidende Neujustierung vorgenommen haben, nämlich im Bereich der Wirtschaft mit dem Thema Innovation.

(Dietrich Wersich CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

Es ist das Anliegen dieses Senats und dieser Fraktion gewesen, das Thema Innovation in dieser Stadt voranzubringen, und das ist uns auch deutlich gelungen.

(Beifall bei der SPD)

Das will ich Ihnen an einigen Beispielen erläutern. Wir haben beispielsweise die Wirtschaftsförderung in Hamburg komplett neu aufgestellt. Wir haben 2013 die Neuausrichtung der Investitions- und Förderbank in Hamburg vorangebracht. Wir haben die Fraunhofer-Strategie, sie ist schon von meinem Fraktionsvorsitzenden erwähnt worden, vorangebracht. Wir werden 2015 und 2016 52 Millionen Euro in neue Industrieflächen investieren. Ich will nur einmal das Beispiel Billbrook nehmen, weil wir gestern diese absurde Debatte um Parkplatzsituationen in Hamburg hatten. Wir sehen uns die alten Industriestandorte an und revitalisieren sie, um neue Schlüsselindustrien in dieser Stadt ansiedeln zu können. Dazu war von Ihnen überhaupt nichts zu hören, Herr Wersich.

(Beifall bei der SPD)

Es erstaunt mich schon, Herr Kerstan, dass Sie sich jetzt plötzlich zum Oberhafenmeister erklären.

(Beifall bei Dr. Monika Schaal und Urs Tab- bert, beide SPD)

Und es wundert mich auch, dass Sie zum Thema erneuerbare Energien überhaupt nichts gesagt haben.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe noch einmal die Zahlen herausgesucht. Im Jahr 2009 gab es in dieser Stadt ungefähr 2000 Unternehmen, die im Bereich regenerative Energien tätig waren. Mittlerweile haben wir 4347 Unternehmen, die sich mit diesen Zukunftsfeldern beschäftigen.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von den GRÜ- NEN)

Ein Thema ist mir besonders wichtig, weil es in der Vergangenheit, in den zehn Jahren der CDU-Regierung, überhaupt keine Rolle gespielt hat, und das war das Thema Gründerzentren und Innovationsparks. Wir haben zwei Innovationsparks in Bergedorf und Harburg vorangebracht mit dem Schwerpunkt erneuerbare Energien, vor allem Windenergie.

(Thilo Kleibauer)

(Jens Kerstan GRÜNE: Das stand schon in der schwarz-grünen Koalitionsvereinba- rung!)

Wir machen jetzt mit dem CHYN, dem Centrum für Hybride Nanostrukturen, weiter. Worum geht es da eigentlich? Wir hatten vor ein paar Wochen die Grundsteinlegung dort, und einer der leitenden Professoren hat sehr prägnant dargestellt, worum es beim Centrum für Hybride Nanostrukturen geht. Es geht darum, die Frage zu beantworten, wie wir Energie künftig effizienter speichern können, und dabei ist einer der Schlüsselbegriffe Nanoteilchen und Nanostrukturen. Und im Innovationspark in Lurup geht es eben nicht nur um die Frage, wie wir regenerative Energien erzeugen, sondern wie wir sie auch speichern, und daher wird Hamburg Spitzenreiter sein, was die Forschung angeht.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden nicht nur Spitzenreiter sein, was die Forschung angeht, sondern Ziel ist es, die Grundlagenforschung, die wir dort betreiben, möglichst schnell in anwendungsnahe Produkte umzuwandeln, damit wir gut bezahlte Arbeitsplätze in dieser Stadt haben. Wir wollen Innovationsstadt werden, und wir sind Treiber der Innovation in dieser Stadt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Die Hochschulvereinbarungen sind ein Abbild der 1-Prozent-Regel, die wir fest vereinbart haben, und dass diese 1-Prozent-Regel für den Gesamthaushalt richtig, notwendig und erfolgreich war, haben wir in den letzten vier Jahren deutlich bewiesen. Auch die Hochschulen müssen dazu ihren Beitrag leisten. Aber was mich wirklich erstaunt, Herr Kleibauer, ist, dass Sie sich hier hinstellen und sagen, Sie wollten eine Sanierungsstrategie für die Hochschulen. Dazu kann ich Ihnen nur einmal die Zahlen nennen. Wir haben als Senat und Fraktion fest vereinbart, über 400 Millionen Euro in drei Bauabschnitten für die MIN-Fakultät auszugeben. Wir haben vor Kurzem den Trautwein-Bau für die Musikhochschule beschlossen. Der Philosophenturm wird für 50 Millionen Euro saniert. Wir haben 20 Millionen Euro für die Kinderklinik am UKE beschlossen, 50 Millionen Euro fürs CSSB und 60 Millionen Euro fürs CHYN.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das zeigt deutlich, dass dieser Senat und diese Fraktion die Hochschulen voranbringen wollen. Wir wollen die bauliche Sanierung angehen, und wir tun das auch. Hätten Sie in diesem Bereich mehr getan, dann hätten wir heute in anderen Bereichen viel mehr Spielraum. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Frau Dr. Gümbel von der GRÜNEN Fraktion hat nun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Glaubwürdigkeit von Politik misst sich auch am Mitteleinsatz,

(Hansjörg Schmidt SPD: Das haben wir ja eben gehört!)

und es ist bezeichnend, dass die SPD-Fraktion in dieser Frage, die sich auf die Wissenschaft bezieht, immer auf Projekte Bezug nimmt, die vom Bund finanziert werden. Das wissen Sie, Herr Kühn, sehr genau. Alle Projekte, die Sie erwähnt haben, stehen in sehr engem Zusammenhang mit der Finanzierung aus Berlin, und wir haben an dieser Stelle schon oft gesagt, dass wir es sehr begrüßen, dass die vorherige Regierung, aber jetzt auch die Große Koalition in Berlin, die außeruniversitären Forschungseinrichtungen mit einem sehr starken Mittelaufwachs, nämlich 5 Prozent in fünf Jahren, ausgestattet hat, und wir sind sehr froh, dass auch wir hier in Hamburg außeruniversitäre Forschungseinrichtungen haben. Wir sind, mit Ihnen zusammen übrigens, sehr froh, dass diese einen ordentlichen Output haben und wirklich enorme Forschungsergebnisse auch für diese Region liefern.

Nur ist das nicht Ihr Verdienst. Ihre Verantwortung wäre, mit Landesmitteln Landeseinrichtungen zu fördern, gerade an der Stelle, wo der Bund Sie finanziell entlastet, Stichwort BAföG oder Aufwuchs der außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Sie sind aber, das haben meine Vorredner schon angesprochen, in keiner Weise bereit, diese frei werdenden Mittel in die Landesfinanzierung zu stecken, und damit kommen wir zum Kern des Problems. Wenn Sie eine auf Innovationen gerichtete Politik feiern, dann ernten Sie die Erfolge, die die Senate vor Ihnen – und zwar der letzte, der vorletzte und der davor – gesät haben.

(Heiterkeit bei der SPD)

Sie können Innovationen nur darum ernten, weil die Strukturen vorhanden sind und Ergebnisse langsam reifen. Wenn Sie sich darüber lustig machen, meine Damen und Herren von der SPD, dann zeigt das sehr deutlich, dass Sie nicht verstanden haben, wie anspruchsvoll Standortentwicklung tatsächlich ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU)

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle sehr deutlich sagen, dass ich von einem SPD-Bürgermeister, der mit absoluter Mehrheit in dieser Stadt regiert, mehr erwarte, als dass er nur die eigene Regierungsmehrheit im Blick hat. Er muss die Zukunftsfähigkeit dieser Stadt im Blick haben,

(Jan Quast SPD: Das muss eine GRÜNE sagen!)

und dann reicht es nicht, wenn man nur auf die nächste Wahl schaut. Man muss auch im Hinblick auf die übernächste und überübernächste Legisla

(Philipp-Sebastian Kühn)

turperiode im Sinne dieser Stadt agieren. Ein Kaputtsparen der Hochschulen, die sozusagen das Fundament und den Humus all der Entwicklungen bilden, die Sie eben beschrieben haben, ist sehr töricht.

Wenn Sie diese Politik fortführen und die Wissenschaft und die Wissenschaftsfreiheit in der eigentlichen Struktur Universität von Landesseite aus nicht mehr fördern, dann werden Sie es weiter mit den Themen zu tun haben, die im "Code of Conduct" beschrieben sind, zum Beispiel mit der prekären Beschäftigungssituation im Mittelbau. Bundesministerin Frau Wanka hat Ihnen, Frau Stapelfeldt, das Instrument zur Lösung dieses Problems geliefert. Mit den 30 Millionen Euro, um die der Bund Hamburg durch die BAföG-Zahlungen entlastet, wäre es sehr gut möglich, Daueraufgaben an der Universität in Dauerstellen zu verwandeln und die prekäre Beschäftigungssituation – Kettenverträge mit Laufzeiten von unter einem Jahr bei der Hälfte der Beschäftigten – zu verändern.

Herr Kühn, von den Podiumsdiskussionen, die wir gemeinsam bestreiten, wissen Sie genau, wie schwach Ihre Position ist. Sie wissen genauso gut wie ich, dass Frau Stapelfeldt diese Mittel wahrscheinlich auch sehr gerne in ihrer Hand behalten hätte, aber der Bürgermeister nicht bereit war, die 30 Millionen Euro hier zu investieren. Er hat kalkuliert, dass Hochschulpolitik im Wahlkampf keine Rolle spielt. Lieber verehrter Herr Bürgermeister, ich glaube, Sie haben sich verrechnet. Die Hamburgerinnen und Hamburger sind nicht so doof, dass sie nicht verstehen würden, wie wichtig es ist, dass Hamburg als zweitgrößte Stadt dieser Republik auch bei den Hochschulen mit vorn dabei ist und nicht nur bei Instituten wie dem DESY, die vom Bund finanziert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

In diesem Sinne kann ich Ihnen nur zurufen: Überdenken Sie Ihre Wissenschaftspolitik. Ich glaube, sie ist bei der SPD wirklich in sehr schlechten Händen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Frau Suding bekommt das Wort für eine Minute, wenn sie es noch möchte. Das ist nicht der Fall.

Herr Stemmann, wünschen Sie das Wort? – Sie haben es.

Die Minute sollte man nutzen, um Ihnen, lieber Herr Kühn, zu sagen, was in der Wirtschaft auch gedacht wird; ich verweise auf den Präses der Handelskammer, Herrn Melsheimer. Sie sollten nicht nur über Innovationen reden, sondern handeln. Das Wirtschaftswachstum

in Hamburg beträgt 0,7 Prozent, damit sind wir bundesweit Schlusslicht. Die Arbeitslosenquote in Hamburg ist in 2014 gestiegen, bundesweit ist sie gesunken. Das Bruttoinlandsprodukt in Hamburg liegt unter dem Niveau von 2005, deutschlandweit 4 Prozent darüber. Hamburg kann mehr, als nur bei schlechten Zahlen vorne zu sein, Herr Kühn.

(Beifall bei der CDU)

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.