Protokoll der Sitzung vom 26.10.2011

(Dora Heyenn DIE LINKE: Sie sollten mal zuhören!)

anstatt so schnell wie möglich, dann kann ich nur sagen, damit können wir als Sozialdemokraten gut leben.

In Nordrhein-Westfalen weiß man übrigens viel deutlicher zu schätzen, was die Kompensation bedeutet. Der Sprecher der Kölner Universität, Patrick Honecker, deren fehlende Einnahmen nach Wegfall der Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen nicht ganz so 100-prozentig kompensiert werden – für seinen Namen kann er nichts –, sagte, er sei angesichts der Haushaltslage des Landes froh, dass es überhaupt Kompensationsmittel gebe. Die Uni Köln könne die Mindereinnahmen ausgleichen, es würden keine Stellen gestrichen werden. Und bei uns wird deutlich mehr kompensiert, als das für Nordrhein-Westfalen, speziell für die Universität Köln, gilt.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Was hat das da- mit zu tun?)

Meine Damen und Herren! Für uns ist Chancengleichheit ein Kernelement einer gerechten und zukunftsfähigen Bildungs- und Gesellschaftspolitik. Und das scheint, Herr Schinnenburg, uns doch deutlich zu trennen. Gleiche Chancen für alle, das heißt, auch für junge Menschen aus weniger begüterten Familien, sind für uns kein politischer Luxus, sondern im Gegenteil die Basis jeder guten Bildungspolitik.

(Beifall bei der SPD)

Chancengleichheit ist für uns ein integraler Bestandteil von exzellenter Forschung und Lehre. Eine Hochschulpolitik wie Ihre, die darauf meint verzichten zu können, ist nicht exzellent, sondern nur elitär. Sie ist nicht zukunftsfähig, sondern rückwärtsgewandt, nicht werteorientiert, sondern bloß strukturkonservativ. Für uns sind solche Hochschulen exzellent, die nicht nur in Forschung und Lehre Hervorragendes leisten, sondern auch alle intelligenten Menschen aus allen Schichten daran teilhaben lassen. Das ist demokratische Exzellenz anstelle von Elitedünkel.

(Beifall bei der SPD)

Frau Gümbel, ich will Ihnen jetzt einmal vorrechnen, was nach Ihrem Modell weiter passiert wäre. Die Senatorin hat das senatorabel etwas nett ausgedrückt, man kann es aber auch deutlicher sagen: Mit dem schwarz-grünen Modell der nachträglichen Gebühren hätten sich allein die Kosten für die Gebührenstundungen bis zum Jahr 2023 auf 19,5 Millionen Euro pro Jahr aufgebaut. Das heißt, für eine Gebühreneinnahme in Höhe von 35 Millionen Euro hätten wir auf der anderen Seite allein knapp 20 Millionen Euro an Verwaltungskosten für

Stundungen aufgewandt. Diese Mittel wären völlig nutzlos verschwendet worden und keinesfalls der Forschung und Lehre zugute gekommen.

(Beifall bei der SPD)

Bei Ihrem schwarz-grünen Gebührenmodell wären für die Wissenschaft und die Studierenden also insgesamt nur 11 Millionen Euro mehr übrig geblieben gegenüber dem Zustand vor der Gebührenerhebung. Bei uns sind es 39 Millionen – das ist mehr Geld für die Universitäten.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns abschließend festhalten: Mit unserem heutigen Gesetz schaffen wir für Hamburgs Studierende endlich Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit und für Hamburgs Hochschulen gute finanzielle Grundlagen und Planungssicherheit. Damit hat der Wissenschaftsstandort Hamburg eine klare, zukunftsfähige Perspektive. Wir halten Wort. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Dr. Gümbel, Sie haben das Wort.

Meine Damen und Herren! Liebe SPD-Fraktion, ich wiederhole mich gerne. Wir haben gesagt, dass wir es gut finden, dass Sie die Studiengebühren abschaffen. Das ist auch überhaupt nicht das Thema, da sind wir ganz bei Ihnen. Für uns besteht das Problem darin, dass das Geld, das Sie in die Hand nehmen, den Studierenden auch zur Verfügung steht. Die Hochschulen bekommen keinen Euro mehr. Im Gegenteil, der Vertrag, den der Senat mit einer Hochschule, in diesem Fall der Universität, abgeschlossen hat – es wurde angekündigt, dass weitere folgen werden –, enthält einige kleinere Vereinbarungen, die in der Summe eine dramatische Entwicklung an den Hochschulen bewirken, die schon jetzt absehbar ist. Ich werde Ihnen das gerne erklären.

Erster Punkt: Mit dem Vertrag wurde festgelegt, Frau Stapelfeldt, dass bei gleichbleibenden Mitteln mehr Masterstudienplätze aufgebaut werden sollen. Für alle, die mit dem Thema nicht so vertraut sind: Das heißt, der Bachelorplatz ist wesentlich günstiger als der Masterplatz. Um einen Masterplatz mehr zu schaffen, muss mindestens ein Bachelorplatz, wenn nicht gar zwei, abgeschafft werden. Das heißt also, nur diese eine kleine Vereinbarung wird dazu führen, dass wir in Hamburg weniger Anfängerstudienplätze zur Verfügung haben, als es im Augenblick der Fall ist. Und das ist wirklich schlecht.

Zweiter Punkt: 0,88 Prozent Steigerung der Summe bedeutet bei einer Inflation, die im Augenblick bei 2,5 Prozent liegt, ein Abschmelzen der Zuwen

(Dr. Sven Tode)

dungen. Das ist doch klar. Sie haben den Pakt für Exzellenz und Wachstum abgelöst, der einen Tarifausgleich und einen Inflationsausgleich in voller Höhe enthielt. Das bedeutet einen Rückschritt und den haben Sie mit Ihrem Vertrag festgeschrieben.

Wenn der Senat jetzt gleichzeitig auch noch die zusätzlichen Anstrengungen, die unter SchwarzGrün gemacht wurden, über die Vereinbarungen im Hochschulpakt II hinaus zusätzliche Studienplätze an den Universitäten zu schaffen, rückgängig macht, dann bedeutet das ein zusätzliches Absenken der Studienplätze; konkret sind das 1400 Studienplätze weniger.

Meine Damen und Herren! Das kann man doch nicht einfach so stehen lassen und als gute Nachricht verkaufen. Das sind schlechte Nachrichten. Ich weiß nicht, warum Sie das nicht begreifen. Natürlich kann man sagen, der Abbau von Studiengebühren ist eine gute Sache. Aber was Sie da machen, ist schlecht. Und wenn der Bürgermeister ein Buch über "Big Cities" gelesen hat, dann hat er es offensichtlich nicht richtig zu Ende gelesen. Da steht nämlich drin, wie wichtig gute Hochschulen für Stadtentwicklung sind.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Was Sie hier machen, ist ein Einnorden und ein Festlegen. Ich wiederhole mich, deshalb breche ich hier ab. Aber, Frau Stapelfeldt, das ist der falsche Weg.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Herr Dr. Schinnenburg, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Gümbel, Sie werden sich wundern, aber ich muss an dieser Stelle einmal die Senatorin Stapelfeldt in Schutz nehmen. Sie haben gefragt: Wieso begreifen Sie das nicht? Liebe Frau Gümbel, es ist viel schlimmer, sie begreift es,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wir wollten gera- de klatschen!)

sie weiß, dass es falsch ist, was sie hier sagt. Das ist doch der Punkt.

Zwei Punkte bedürfen der Erläuterung.

Erstens: Herr Tode sagt, wir müssten uns doch freuen, dass es 0,4 Prozent mehr für die Hochschulen gibt. Bei Ihnen, Herr Tode, weiß ich wirklich nicht, ob Sie das nicht begriffen haben. Sie geben 0,4 Prozent teures Steuergeld mehr aus, aber an den Hochschulen kommt weniger an. Das ist kein Grund für einen Wissenschaftspolitiker, begeistert zu sein, ganz im Gegenteil, wir sind bestürzt darüber.

Zweitens: Frau Senatorin, Sie haben noch einmal auf diese Studie des WZB Bezug genommen. Das ist – anders als die Studien, aus denen Sie und die SPD und andere Parteien bisweilen zitieren – eben keine interessengeleitete Einzelstudie, sondern eine Zusammenfassung ganz vieler Studien. Nach einer sorgfältigen Untersuchung aller oder ganz vieler bisheriger Studien und von Immatrikulationszahlen kam man zu dem Ergebnis, dass Studiengebühren nicht vom Studienbeginn abhalten. Es geht hier um eine umfassende Studie, die ganz viele andere Studien untersucht, wie das in der Wissenschaft verbreitet ist, und die kommt zu dem Ergebnis, dass es keine Abschreckung durch die Studiengebühren gibt.

Meine Damen und Herren! Deshalb gibt es keinen Grund, die Studiengebühren nicht beizubehalten. Und wenn wir sie beibehalten würden, Herr Tode, wäre ich der Erste, der applaudiert, wenn wir die 39 Millionen Euro zusätzlich ausgeben würden und wenn die 0,4 Prozent den Hochschulen zusätzlich zur Verfügung stehen würden. Aber genau das passiert nicht. Wie kann man es bloß schaffen, mit mehr Geld weniger zu erreichen? Ich glaube, das schafft nur die SPD. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung. Zunächst zum Antrag der Fraktion DIE LINKE aus Drucksache 20/1941. Diesen möchte die GAL-Fraktion an den Wissenschaftsausschuss überweisen.

Wer stimmt dem Überweisungsbegehren zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Wer möchte den Antrag der Fraktion DIE LINKE aus Drucksache 20/1941 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Da der Senatsantrag aus Drucksache 20/1544 bereits im Vorwege federführend an den Haushaltsausschuss und mitberatend an den Wissenschaftsausschuss überwiesen wurde, bedarf es hier heute keiner weiteren Abstimmung.

Ich rufe TOP 51 auf, Drucksache 20/1794, Antrag der CDU-Fraktion: Einsetzung der Kita-Inspektion ist für die Betreuungsqualität unserer Kinder unverzichtbar.

[Antrag der CDU-Fraktion: Einsetzung der Kita-Inspektion ist für die Betreuungsqualität unserer Kinder unverzichtbar – Drs 20/1794 –]

(Dr. Eva Gümbel)

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 20/1926 ein Antrag der FDP-Fraktion vor.

[Antrag der FDP-Fraktion: Einsetzung der Kita-Inspektion ist für die Betreuungsqualität unserer Kinder unverzichtbar – Drs 20/1926 –]

Beide Drucksachen möchte die GAL-Fraktion an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Herr de Vries, Sie haben es.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! In der vergangenen Legislaturperiode hat die Bürgerschaft auf Veranlassung des schwarz-grünen Senats die rechtliche Grundlage für die Einführung der Kita-Inspektion in Hamburg beschlossen. Ich will Sie nicht lange mit Gesetzestexten langweilen, aber den entscheidenden Paragraphen des Kinderbetreuungsgesetzes, nämlich 21 a, kurz zitieren. Dort heißt es:

"Zur Sicherung der Qualität der Betreuung, Bildung und Erziehung von Kindern in Tageseinrichtungen richtet die zuständige Behörde eine Kindertagesstätten-Inspektion ein."

Mit der Änderung des Kinderbetreuungsgesetzes ist somit die Errichtung der Kita-Inspektion nicht mehr in das Ermessen des Senats gestellt, sondern sie ist geltende Rechtslage.

(Beifall bei der CDU)

Der Senat steht also in der Pflicht, die Kita-Inspektion endlich auf die Beine zu stellen, und das ist auch gut so. Wir haben in vielen Lebensbereichen in Hamburg Kontrollen, die zwingend vorgeschrieben sind. Ich will nur einige nennen. Wir alle müssen unsere Autos alle zwei Jahre zum TÜV bringen, in regelmäßigen Abständen werden Fleischereien, Einzelhandelsgeschäfte, Wochenmärkte, Eisdielen, Gaststätten und andere von der amtlichen Lebensmittelüberwachung kontrolliert ob Lebensmittelsicherheit, Produktzusammensetzungen und Kennzeichnungen eingehalten werden. Es gibt diverse weitere Kontrollen, aber insbesondere noch eine, die im Zusammenhang mit der Kita-Inspektion von Bedeutung ist, nämlich die Schulinspektion. Die wurde 2008 in Hamburg eingeführt und hat den Auftrag, die Schulen in einem regelmäßigen Abstand, nämlich alle vier Jahre, nach einem standardisierten Verfahren zu evaluieren. Und wie sieht es mit der Qualitätssicherung der Kindertagesstätten in Hamburg aus? Ausgerechnet wenn Eltern ihre Kinder über weite Strecken des Tages, manche ganztägig, Einrichtungen anvertrauen, soll es keine Überprüfung geben? Mittlerweile wenden wir aus dem Haushalt und durch Elternbeiträge