Unter anderem ist eine nachhaltige Öffentlichkeitsarbeit nötig, die Nachbarn, aber auch Arbeitgeber und Kollegen sensibilisiert und die Opfer erreicht. Wenn Unternehmen, aber auch Ämter und Behörden begreifen, dass sie nicht nur Mitarbeiterinnen, sondern auch potenzielle und tatsächliche Stalking-Opfer beschäftigen, ist ein guter Schritt getan. Es können zum Beispiel Auskunftsmaterialien bereitgelegt werden. Schwärzt ein Ex-Partner sein Opfer beim Arbeitgeber an, was nicht selten vorkommt, muss dies unmissverständlich zurückgewiesen werden.
Grundsätzlich sind aber konkrete Maßnahmen erforderlich, damit Frauen schneller als bisher aus gefährlichen Situationen entkommen können. Wir brauchen daher dringend mehr Frauenhausplätze und Wohnungen, in die die Frauen ziehen können, um sich aus dem Umkreis ihres ganz persönlich erlebten Terrors zu befreien. Wohnungsbau und günstige Mieten hatte die Linksfraktion bereits gestern zur Aktuellen Stunde angemeldet und auch heute haben wir über die schlimmste Folge
Es werden auch dringend mehr Therapieplätze benötigt, damit Stalking-Opfer ihr Leben wieder unbelastet führen können, aber die Wartezeiten bei Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind unverantwortlich lang. Erst vorgestern haben sich die Akteure aus dem Gesundheitswesen in Hamburg wieder kräftig darum gestritten, ob man psychische Behandlungen mehr stationär oder ambulant verrichten soll. Es gebe genug Psychotherapeuten in Hamburg, der Bedarf ist überbelegt, aber die Wartezeiten sind viel zu lang. Hier klafft eine große Lücke, die nur mit Gezänk diskutiert wurde und es gab keine guten Lösungen.
Ich fordere von der SPD und vom Senat, dass in den nächsten Jahren neue Akzente gesetzt werden. Dann weht die blaue Terres-des-FemmesFlagge zu Recht am Rathaus und dann ist es wirklich mehr als nur eine symbolische Aktion.
Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Drucksache 20/1851 Kenntnis genommen hat.
Wir kommen zum Punkt 12 der Tagesordnung, Drucksache 20/1866, Unterrichtung durch die Präsidentin: Bürgerschaftliches Ersuchen vom 25. August 2011 "Für Transparenz auf dem Ausbildungsmarkt – Ausbildungsberichterstattung fortschreiben".
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Bürgerschaftliches Ersuchen vom 25. August 2011 "Für Transparenz auf dem Ausbildungsmarkt – Ausbildungsberichterstattung fortschreiben", Drs.: 20/1219 (Neufassung) – Drs 20/1866 –]
Diese Drucksache möchte die Fraktion DIE LINKE an den Schulausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Fock, bitte.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Ausbildungsreport liegt vor. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf verweisen – das ist auch der einzige Ausflug, den ich in die Vergangenheit unternehme –, dass es meine Fraktion war, damals noch in der Opposition, die in einem Antrag 2008 forderte,
dass man wieder einen Ausbildungsreport vorlegen möge. Dieser wurde einstimmig angenommen. Große Einigkeit ist ohnehin ein konstituierendes Merkmal der beruflichen Bildung besonders in Hamburg. Sie brauchen auch nicht zu befürchten, dass die SPD, die diese Debatte angemeldet hat, die zweifellos vorhandenen Erfolge den jetzt Regierenden zurechnen will. Es ist das Verdienst aller Akteure, das Thema eignet sich überhaupt nicht für eine parteipolitische Profilierung.
Das wird schon im Vorwort des Senators deutlich, wo er trotz des guten Ergebnisses auf die Problemzone Übergang Schule – Beruf und deren Lösungsansätze, ausgehend von der berühmten Drucksache 19/8472 verweist, die in der heißen Phase des Wahlkampfs im Februar dieses Jahres übrigens interfraktionell und sehr einmütig verabschiedet wurde. Die Stellungnahme des Landesausschusses für Berufsbildung zum Ausbildungsreport ist ebenfalls beispielhaft. Immerhin haben sich 18 Menschen aus verschiedenen Institutionen zu einem einstimmigen Votum durchgerungen und das ist auch gut so. Dies drückt sich in der Qualität des Berichtes aus. Es erfolgt nicht nur eine Bestandsaufnahme und Analyse des Ist-Zustandes, sondern es gibt auch einen Ausblick auf die künftigen Probleme, besonders auf den drohenden Fachkräftemangel in Hamburg. Hier liegt auch eine Chance, denn die Ausbildungsfirmen müssen die Maßstäbe, die sie an die Lehrstellenbewerber legen, überprüfen. Da es aus demografischen Gründen aus dem Umland immer weniger Bewerber gibt, sind wir auf die Hamburger Bewerber angewiesen und diese müssen gut versorgt werden. Wir müssen die Firmen bitten, alle ins Boot zu holen. Dies wird hoffentlich bei vielen Bewerbern zu einer höheren Motivation führen. Das Schlimmste, was ich in meiner beruflichen Laufbahn erlebt habe – Sie wissen, ich bin Gewerbelehrer gewesen –, waren resignierende Jugendliche, die sagten, das schafften sie nicht, sie hätten keinen Bock mehr und jetzt sei Schluss. Das darf nicht passieren.
Der Ausbildungsreport ist von einer sehr hohen Informationsdichte gekennzeichnet. Es gibt fast unüberschaubare Maßnahmen in der Berufsausbildung; hier den Überblick zu bekommen und behalten ist sehr schwer. So werde ich mich nicht mit allen Details beschäftigen können. Ich will auch keinen zweiten oder dritten Aufguss zur Hamburger Erfolgsgeschichte der Berufsbildung machen, obwohl anzumerken ist, dass der Abschluss 2011 mit fast 17 000 Ausbildungsverträgen schon sehr beachtlich ist. Leider gehen aber immer noch 337 von 729 Bewerbern leer aus, dafür bleiben 99 Ausbildungsstellen unbesetzt. Aber diese jungen Menschen erhalten zum Februar 2012 eine zweite
Chance. Immerhin sind zu diesem Zeitpunkt 1500 Angebote bei der Arbeitsagentur gemeldet, sie haben also durchaus eine zweite Chance. – Ich schaue auf die Zuhörer, auch das ist interessant für diese jungen Menschen.
Viele sind verantwortlich für das Erfolgsmodell der dualen Ausbildung. Besonders hervorheben möchte ich die ehrenamtlich Tätigen in den Prüfungsausschüssen und in der alltäglichen Arbeit mit den Azubis. Das ist nicht selbstverständlich und wir schulden ihnen großen Dank, den ich von dieser Stelle aus auch aussprechen möchte.
Wir haben vor zwei Tagen in der Handelskammer die Veranstaltung "Azubi des Jahres" miterleben dürfen; das war sehr interessant. Die Auszubildenden waren sehr motiviert, aber ich habe mein Augenmerk mehr auf die Ausbilder gelegt und festgestellt, dass ihnen die Ausbildung der Jugendlichen keine Pflicht war, sondern Herzensangelegenheit. Dafür gebührt ihnen auch an dieser Stelle Dank.
An der Spitze der dualen Ausbildung bieten wir "Dual Plus" an, das heißt, es soll mit der Berufsausbildung die Fachhochschulreife erworben werden können, und es sind gewissermaßen die beruflichen Gymnasien, sprich Wirtschaftsgymnasium und Technisches Gymnasium, am Leben geblieben, die die schwarz-grüne Koalition abschaffen wollte. Wir haben sie so gelassen, wie sie sind; allerdings werden die Zugangsberechtigungen überdacht und vielleicht verschärft. Ob das im Technischen Gymnasium richtig ist, wage ich zu bezweifeln.
Bezüglich der MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik ist das vernünftig. Diese Jugendlichen sollen später eine Ingenieurausbildung machen, entweder an der TU oder an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Wir wollen keine Schriftsteller – ich sage das so platt – aus ihnen machen, deshalb sollte man mit den geisteswissenschaftlichen und sprachlichen Fächern ein wenig nachsichtiger sein; das als persönliche Anmerkung.
Ich möchte nicht verschweigen, dass die duale Ausbildung auch Schattenseiten hat. Dazu zählt der Übergang Schule – Beruf. Diese Problemzone ist in zwei Teile geteilt, erstens geht es um die Berufsorientierung in der allgemeinbildenden Schule, sprich Stadtteilschule, und zweitens um die Schnittstelle zwischen Schule und Beruf, also um die passgenaue Vermittlung der Schulabgänger in duale Ausbildungsstellen.
Kammern, Verbänden, Innungen, einzelnen Betrieben und so weiter bereits praktiziert. Es gibt Lehrstellenbörsen und -märkte, bei denen die Betriebe sich vorstellen. Die Berufsorientierung sollte weiterentwickelt, systematisiert und mit Stellen der BSB unterfüttert werden.
In der Drucksache 19/8472 sind für 2012 28 Stellen, aufwachsend auf 120 Stellen im Jahr 2015/ 2016 vorgesehen. Dieses ist umso nötiger, da sich 40 Prozent der Bewerber auf zehn von ungefähr 300 Berufen konzentrieren. Hier ist ein Informationsdefizit vorhanden. Auch die Flexibilität der Bewerber muss sich verändern, es muss nicht jeder in einen Beruf, in dem man sich die Hände nicht schmutzig zu machen braucht. Ich vermisse, dass die Jugendlichen ins Handwerk gehen und halte das für nötig. Warum soll der Beruf des Klempners – der heißt natürlich anders und hat einen hochtrabenden Namen, Herr Stemmann, Sie werden das sicherlich wissen – oder der Beruf eines Bäckers schlechter sein als der eines Informatikers. Das muss von den Handwerkskammern so gesehen werden und es gehört eine realistische Selbsteinschätzung der Bewerber dazu.
Nun zu der passgenauen Vermittlung Schnittstelle Schule – Beruf. In der berühmten Drucksache wurde die Jugendberufsagentur ins Spiel gebracht, die zum Schuljahr 2012/2013 arbeitsfähig sein soll. Ich will die Notwendigkeit an einem Beispiel zeigen. Laut des Ausbildungsreports gab es, Stand Ende Juni, 3000 offene Ausbildungsstellen, die mit einer relativ hohen Anzahl an Bewerbern korrespondierten mit dem Schwerpunkt mittlerer Bildungsabschluss. Das hat mich sehr überrascht, denn das bedeutet im Klartext, dass das Potenzial der Bewerber nicht gehoben worden ist. Es hat sich zwar zurechtgeschüttelt, wie wir wissen, aber so kurz vor Toresschluss diese Situation zu haben, muss zum Nachdenken zwingen. Das ruft geradezu nach der Institution Jugendberufsagentur mit der Arbeitsagentur, team.arbeit, HIBB, Kammern, Gewerkschaften und, was ich besonders wichtig finde, den Initiatoren des Hamburger Hauptschulprojekts, initiiert von Michael Otto, ein tolles Projekt, das vor zwei Monaten zehnjähriges Bestehen gefeiert hat. Vor zehn Jahren haben lediglich 5 Prozent der Hauptschüler eine Lehrstelle bekommen, jetzt sind es fast 30 Prozent. Das hört sich nicht gewaltig und nach einem spektakulären Erfolg an, ist aber eine tolle Leistung aller Beteiligten und man muss des Lobes voll sein.
Die Jugendberufsagentur soll dafür sorgen, dass unser ehrgeiziges Ziel, jeder soll Abitur oder eine berufliche Ausbildung machen, realisiert wird. Das heißt, die Jugendlichen müssen natürlich Schlüsselqualifikationen mitbringen; das lassen wir einmal dahingestellt sein.
bildungsvorbereitung. In der Vergangenheit hat man gesagt, diese seien schulmüde, sie müssten noch mehr Schule haben. Das ist natürlich Unsinn und hat dazu geführt, diese Jugendlichen zu demotivieren. Wir werden dafür sorgen, dass keiner verloren geht und werden eine Ausbildungsvorbereitung durchführen, die immer den ersten Arbeitsmarkt im Blick hat. Damit ist Motivation gewährleistet.
Mein Fraktionsgeschäftsführer gibt mir deutliche Zeichen, deshalb komme ich zum Fazit. Ich sage dies auch zu den Zuhörern.
Die Tür zu einer dualen Berufsausbildung steht weit offen. Sie ist Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben. Ihr müsst dieses Tor nur passieren. Es kann natürlich vorkommen, dass wir ein wenig schubsen müssen, aber es steht allen eine geöffnete Tür zur Verfügung. Die LINKE möchte das Ganze noch einmal an den Schulausschuss überweisen. Ich frage mich, warum.
Der Ausbildungsreport liegt Ihnen vor, jede Fraktion kann ihre Stellungnahme abgeben. Ich finde das unsinnig und halte es für sinnvoll, Frau Heyenn, nach dem Februar 2012 noch einmal im Schulausschuss im Rahmen einer Selbstbefassung zu schauen, inwieweit die Instrumente, die in der Drucksache 19/8472 benannt wurden, gewirkt haben. Zum jetzigen Zeitpunkt halte ich das für überflüssig. – Danke schön.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank an die SPD für die Anmeldung dieses Themas, bietet sich doch die Chance, auf einige wichtige Punkte einzugehen.
Herr Fock sprach es schon an, es wird positiv in diesem Bericht erwähnt, dass die noch zu CDURegierungszeiten eingebrachten Reformen der beruflichen Bildung zu diesem Schuljahr gestartet sind. Konsens war und ist in diesem Haus, dass kein Schüler mehr im Übergangssystem
Der Ausbildungsreport macht deutlich, dass der Ausbildungsmarkt gekippt ist. Hatten wir 2009 rund 2300 Stellen im Überhang, das heißt, mehr Ausbildungsstellen als Bewerber, so waren es 2010 bereits über 3000.