Der Senat fordert trotzdem von der Bürgerschaft heute eine Ermächtigung für die Aufnahme von 650 Millionen Euro neue Schulden noch in diesem Jahr und das, obwohl dem Senat noch eine Ermächtigung von mehr als 1,2 Milliarden Euro aus dem vorigen Jahr vorliegt. Werte Kollegen von der SPD, zeigen Sie Rückgrat auch als Regierungsfraktion, sorgen Sie mit uns dafür, dass im Interesse Hamburgs dem Senat heute keine BlankoSchuldenschecks ausgestellt werden.
Meine Damen und Herren! Deutschland und auch Hamburg befinden sich seit den siebziger Jahren in einer beängstigenden Spirale der ungehemmten Verschuldung. In der Hoffnung auf zukünftiges Wachstum wurde fast immer mehr ausgegeben als eingenommen. Der Finanzsenator stellt gern fest, dass der Haushalt in guten Zeiten ruiniert wurde, er weiß, wovon er redet. Während des Aufschwungs im Zuge der deutschen Einheit stiegen
die Einnahmen in unserer Stadt in den drei Jahren von 1991 bis 1993 um fast 14 Prozent. Doch der Senat, mit Bürgermeister Voscherau an der Spitze, toppte das noch mit einer Ausgabensteigerung von mehr als 20 Prozent, übrigens bei einer absoluten Mehrheit der SPD. Einen weiteren traurigen Rekord im Schuldenmachen hält der noch heute so umtriebige und bisweilen altkluge Altbürgermeister. Im Jahr vor der Bürgerschaftswahl 1991, also 1990, überstieg die Ausgabenentwicklung die der Einnahmen sogar um 9 Prozent. Die SPD wusste schon damals, wie man Wahlen gewinnt, wir wissen heute, das war nicht gut für Hamburg.
Denn heute weiß jeder, dass diese Schuldenspirale unsere Zukunft bedroht. Diese Schulden sind schon lange nicht mehr Investitionen in die Zukunft, wer heute noch Schulden macht, der verbraucht Zukunft. Die jungen Hamburger und die kommenden Generationen sind mit einer schweren Hypothek belastet. Schuldige dafür werden schnell ausgemacht, und zwar nicht nur in den Zeitungskolumnen. Es sind natürlich die Politiker, die Ausgaben beschlossen haben, die wir uns nicht leisten können. Doch zur Wahrheit gehört auch, es sind Wähler, die diese Politiker und ihre Versprechungen gewählt haben. Deshalb bin ich überzeugt, um aus dieser verhängnisvollen Schuldenspirale herauszukommen, bedarf es einer Kraftanstrengung von Politik, Bürgern und Medien. Wir alle müssen dem süßen Gift neuer Wohltaten auf Pump widerstehen.
Deshalb hat die CDU 2007 die Schuldenbremse in der Hamburger Landeshaushaltsordnung verankert, nicht sofort, sondern vom Jahr 2013 an wirksam. Trotzdem ist es uns gelungen, schon in den Jahren 2007 und 2008 keine neuen Schulden zu machen, was der SPD übrigens zuletzt 1977, also vor 34 Jahren, gelang.
Es stimmt, auf dem Höhepunkt der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise haben auch wir es nicht mehr für möglich gehalten, den Schuldenstop schon 2013 zu erreichen, doch seitdem hat sich die robuste Hamburger Wirtschaft und die deutsche Wirtschaft schnell erholt, schon jetzt liegen die Einnahmen der Stadt wieder auf Vorkrisenniveau.
Der Deutsche Bundestag zog 2009 nach und änderte das Grundgesetz. Bremen und Berlin haben fast doppelt so hohe Schulden wie Hamburg, das Saarland ist finanziell mehr als angeschlagen. Mit Rücksicht auf diese schwächsten Länder wurde für den endgültigen Schuldenstop das Jahr 2020 gewählt. Herr Bürgermeister, dieses Ziel 2020 ist ge
setzt für die Schwächsten, nicht für Hamburg. Hamburg muss und kann den Schuldenstop schneller schaffen.
(Beifall bei der CDU und bei Dr. Anjes Tjarks GAL – Dr. Andreas Dressel SPD: Steht das im Grundgesetz?)
Doch was macht die SPD? Ihr Einwurf belegt es einmal mehr, Sie ignorieren diese Entwicklung hartnäckig und wollen stattdessen so schnell wie möglich das Hamburger Verschuldungsverbot abschaffen. Das ist unverantwortlich, Herr Dressel. Ich wiederhole: Um aus der Schuldenspirale herauszukommen, bedarf es einer Kraftanstrengung von allen, wir müssen dem süßen Gift neuer Wohltaten auf Pump widerstehen.
Auf dem Höhepunkt der Krise 2010, als wir wegbrechende Steuereinnahmen hatten, da tritt ein Politiker zur Wahl an, der – genau im Wissen um die fatale Schuldenspirale – keine Skrupel hat, wie eh und je mit teuren Versprechungen an die Macht zu kommen.
Sie haben im Wahlkampf hemmungslos teure Versprechungen gemacht, die Rücknahme vieler Konsolidierungsbeschlüsse und neue Wohltaten angekündigt. Für die Familien wurde ein Kita-Paket im Umfang 150 bis 200 Millionen Euro geschnürt, dazu wurde sogar das Mittagessen in den Kitas verschenkt, egal ob die Menschen bedürftig sind oder nicht, den Studenten wird die Abschaffung der Studiengebühren versprochen, mal eben weitere 40 Millionen Euro für den Steuerzahler.
und Ihre Reaktion zeigt das – sind nicht in guten Zeiten gemacht worden, sondern mitten in der Finanzkrise und angesichts des Schuldenstops. Für uns ist klar, statt die Krise zu notwendigen Veränderungen zu nutzen, haben Sie mit diesem Handeln schon vor der Bürgerschaftswahl, schon im Bürgerschaftswahlkampf angesichts der Verschuldung Hamburgs vor der historischen Verantwortung einer ehrlichen und zeitgemäßen Politik versagt.
Sie haben Bürgern und Medien weismachen wollen, das geht alles, Sie sparen an anderer Stelle. Jede neue Belastung für den Haushalt wird durch
Entlastung an anderer Stelle gegenfinanziert. Ich erinnere mich noch gut, wie Sie unter dem öffentlichen Druck eine denkwürdige Pressekonferenz am 31. Januar abgehalten haben. Sie wollten den Menschen erklären, wie das alles geht. Zusammen mit dem späteren Finanzsenator haben Sie eine Sparliste vorgelegt und vorgerechnet, wie Sie den Haushalt von Schwarz-Grün sogar noch um 157 Millionen Euro absenken. Heute wissen wir, dass Ihre Ankündigungen aus dieser Pressekonferenz nie Realität geworden sind. Nichts ist übrig geblieben, fast alle Sparziele sind geplatzt, statt 157 Millionen Euro weniger finden wir jetzt mehr als 400 Millionen Euro Mehrausgaben. Sie werden verstehen, dass ich mich – auch ohne mein V-Wort zu wiederholen – in meiner damaligen Einschätzung bestätigt sehe. Dieser Wahlkampfauftritt war Wählertäuschung pur.
Nach Ihrem Regierungsantritt hat sich insbesondere die europäische Schuldensituation noch verschärft. Die Notwendigkeit zu entschlossenem Handeln gegen die ausufernde Staatsverschuldung ist noch klarer geworden. Menschen aller Gesellschaftsschichten sind in Sorge um die Zukunft, um unsere Währung, um die Stabilität unserer Lebensgrundlagen. Jetzt wissen auch die Letzten, was die Stunde geschlagen hat, auch diejenigen, denen die Einsicht allein noch nicht gereicht hat, Konsequenzen zu ziehen. Das ist vielleicht etwas Menschliches, man braucht mitunter einen starken Anlass, um wirklich etwas zu ändern. Aber spätestens jetzt ist dieser Anlass da, spätestens jetzt mit der europäischen Schuldenkrise. Fast alle Landesregierungen in Deutschland nehmen diesen Auftrag ernst. Konsolidierungsprogramme werden von Regierungen aller Couleur verabschiedet. Genau in dieser Situation stellen Sie im Senat fest, dass die Gegenfinanzierung Ihrer Wahlversprechen nicht funktioniert. Anstatt nach anderen Möglichkeiten zur Entlastung des Haushalts zu suchen, treten Sie auch noch vor die Öffentlichkeit und schließen Sparprogramme vollmundig aus. Die SPD hat weder die Kraft noch die Konsequenz, auf teure Wahlversprechen zu verzichten. Aus Mutlosigkeit, aus Angst vor unpopulären Entscheidungen wird weder gespart noch werden die Ausgaben gestoppt, sondern die Ausgabenpolitik wird durchgezogen.
Herr Scholz, Ihnen sind für den Machterhalt unfinanzierbare Wahlversprechen wichtiger, als neue Schulden zu vermeiden. Damit haben Sie ein zweites Mal vor der historischen Herausforderung eines Hamburger Bürgermeisters zum Wohl der Stadt versagt.
Doch statt einzugestehen, dass Ihre Pläne nicht aufgehen, legen Sie und Ihr Senat mithilfe der SPD-Fraktion seit Monaten alle Kraft in eine unwürdige Verschleierungstaktik. Schuld sind immer die anderen, die Vorgängersenate,
einen Koalitionspartner gibt es ja nicht. Wir bekommen Belehrungen statt Antworten. Auf konkrete und kritische Fragen im Haushaltsausschuss gefällt sich der Finanzsenator mit langatmigen Standardformulierungen und Worthülsen. Nicht nur die Zumutungsgrenze wurde oft überschritten, das grenzte schon an Sabotage der Parlamentsarbeit. Souveränität eines Finanzsenators sieht anders aus.
Aber das alles wird überstrahlt von einer Scholz'schen Farm-der-Tiere-Rhetorik. Über anstrengende, engagierte, aber leider ach so ferne Ziele im Jahr 2020 wird gesprochen, in spätestens zweieinhalb Legislaturperioden wolle man endlich keine Schulden mehr machen. Lassen Sie diese Beschönigungen, haben Sie endlich die Ehrlichkeit zuzugeben, dass die SPD noch neun Jahre lang Schulden machen will.
Wir haben in den vergangenen Wochen erlebt, wie sich Tarnen, Tricksen, Täuschen zum Handwerkszeug der SPD-Finanzpolitik entwickelt haben. Es fängt bei den Schuldzuweisungen an den Vorgängersenat an. Wenn die SPD von sogenannten Haushaltslöchern spricht, dann vergisst sie immer die andere Seite. Mehrkosten im Sozialbereich standen Rückstellungen für Mehraufwendungen gegenüber; dem in ein paar Jahren fälligen Finanzierungsbedarf des Versorgungsfonds und des Sondervermögens Hafen stehen schon heute Guthaben aus allgemeinen Rücklagen und dem Vermögensgrundstock von insgesamt 2,3 Milliarden Euro gegenüber.
Ein weiteres Beispiel sind die Kreditzinsen. In den vergangenen Jahren ist wegen des niedrigen Zinsniveaus immer viel Geld übrig geblieben, was den Haushalt entlastet hat. Die SPD senkt jetzt die Veranschlagung dieser Zinsen und verwendet das erwartete Guthaben zur Finanzierung von Wahlversprechen. Unterm Strich belastet das nicht nur den Haushalt, sondern ist auch blitzgefährlich. Denn die historisch niedrigen Zinsen – alle wissen das – werden in absehbarer Zeit wieder steigen, und wenn dann noch die Pläne der SPD bezüglich Eurobonds Wirklichkeit werden, dann haben wir in Hamburg ein neues Haushaltsproblem.
Die SPD baut Luftschlösser. Sie haben richtig erkannt, dass der Sanierungsbedarf der öffentlichen Infrastruktur bedrohlich steigt. In der Opposition haben Sie zwar noch das 3-Milliarden-Euro-Paket zur Sanierung der Schulen abgelehnt und genauso die externe Lösung für die Sanierung der Universität. Doch inzwischen sind Sie wenigstens verbal an der Spitze der Sanierer angekommen.
Tatsache ist, bis heute hat die SPD in Sachen Sanierung noch keinen einzigen zusätzlichen Euro bewegt, im Gegenteil,
Und dann legen Sie uns heute auch noch einen Show-Antrag zum Sanierungsfonds vor, der wirklich den Vogel abschießt. Ein bestehender Titel wird gegenüber der schwarz-grünen Planung sogar noch um 5 Millionen Euro abgesenkt, aber er bekommt ein schönes neues SPD-Etikett. Das ist kein Durchbruch zur Sanierung der Infrastruktur, sondern eine billige Luftnummer.