Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bürgermeister, das Motto Ihrer Rede schien gewesen zu sein: "Wenn mich keiner lobt, dann lobe ich mich halt selbst".
Im Grunde genommen war das eine Regierungserklärung reloaded. Es war nichts Neues, Sie haben nur Pudding an die Wand genagelt.
Das ist vielleicht ein bisschen wenig, etwas konkreter hätte es durchaus sein können, Herr Bürgermeister.
Wir erleben heute den Auftakt der haushaltspolitischen Modewoche für des Bürgermeisters neue Kleider, auch wenn es die schwarz-grüne Herbstkollektion des letzten Jahres ist, natürlich an einigen Stellen mit etwas rotem Anstrich.
Wir haben jetzt aber eine sehr veränderte Situation im Gegensatz zum vergangenen Jahr. Der Senat profitiert signifikant von der besseren Einnahmesituation und von den niedrigeren Zinsen. Allerdings nutzt er diese Situation nicht, um wirklich konsequent Schuldenabbau zu betreiben. Eine Schuldenabbaustrategie, Herr Finanzsenator und Herr
So erklärt der Finanzsenator schon seit Monaten in jeder Haushaltsausschusssitzung, dass die Rekapitalisierung des Hamburgischen Versorgungsfonds oberste Priorität habe. Nun habe ich in der Zeitung gelesen, dass das doch nicht mehr der Fall ist. Wenn ich mir das "Hamburger Abendblatt" vom 12. November anschaue, dann heißt es dort zum Thema Sondervermögen Stadt und Hafen, Herr Finanzsenator, dass die Opposition ohnehin kritisiert habe, dass Sie den Fonds ohne Not auffüllen wollten.
Herr Finanzsenator, an dieser Stelle muss ich sagen, dass es eine Beliebigkeit ist, die Sie dort an den Tag legen. Das ist kein Konzept, es ist auch nicht wirklich strategielos, aber es ist nach dem Prinzip heute so, morgen so. Ich dachte zuerst, es wäre aus einer Laune heraus geboren. Ich bin letzte Woche zu Ihrer Pressekonferenz gegangen, die übrigens sehr mittagspausenfreundlich angelegt war. Allerdings haben Sie das dort noch einmal wiederholt, also scheint es doch Ihre Linie zu sein, die Sie vertreten.
Meine Fraktion hat daher einen Antrag eingebracht, um Sie und den Senat aufzufordern, eine Prioritätenliste vorzulegen, welchen Schattenhaushalt außerhalb des Kernhaushalts Sie wirklich in erster Linie bedienen wollen, nicht, dass es morgen schon wieder einen anderen Artikel gibt und wieder etwas anderes zutage tritt. Das ist eine Beliebigkeit, die wir als FDP nicht unterstützen. Wir möchten eine Planbarkeit für die Zukunft haben, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Beliebigkeit steckte auch in Ihrer Wahlkampfwunderwaffe "pay as you go". Wir hatten das Thema heute schon einige Male. In Ihren damaligen Präsentationen hatten Sie bunte Flipcharts präsentiert, wie dieses Konzept ganz kohärent stattfinden sollte. Wenn man genauer hinschaute, haben Sie dort Gelder für Stadtbahnplanung, Kreisverkehre und Shared Space gegengerechnet. Die lassen sich allerdings nur einmal einsparen. Die Ausgaben, die Sie jetzt in den Haushalt eingestellt haben, fallen allerdings jedes Jahr an. Das ist aber nicht mehr "pay as you go". Da frage ich mich, wie Sie hier die 1-Prozent-Regelung aufrechterhalten wollen. Ich kann Ihnen jetzt schon menetekeln, dass Ihnen spätestens der nächste Haushalt um die Ohren fliegen wird.
Herr Kollege Heintze und Frau Kollegin Hajduk haben schon darauf hingewiesen: Es ist ein Sprungschanzeneffekt und eine Haushaltsaufblähung, ganz zu schweigen von der Verwendung der
Grundsicherung im Alter, also die Zuschüsse vom Bund, die dann kommen. Aber hieran zeigt sich, dass die Wahlkampfkasse für die nächste Bürgerschaftswahl gefüllt werden soll, und das ist für die FDP-Fraktion keine solide Haushalts- und Finanzpolitik, Herr Finanzsenator.
Immer, wenn man nachfragt, wie irgendeine Maßnahme konkret gegenfinanziert wird, dann heißt es, Sie hätten interne Umschichtungen vorgenommen. Das erinnert mich ein bisschen an den Hamburger Hiphopper Das Bo. Einige werden ihn vielleicht kennen, er hat vor mehreren Jahren schon einmal getextet:
"Ich hab 'n Mikroskop. Gib mir dein Telefon. Du kriegst'n Teleskop zurück, dann hab ich auch 'n Mikrofon."
In unserem Leitantrag fordern wir Sie daher zu einer erhöhten Transparenz im Haushalt auf. Verbindlichkeiten, für die die Freie und Hansestadt Hamburg unmittelbar geradesteht, sollten unserem Erachten nach im Kernhaushalt dargestellt werden, und die Entwicklung der Gesamtverschuldung sollte zukünftig zusätzlich in der Finanzplanung dargestellt werden. Zudem ist aus unserer Sicht zielführend, konjunkturelle Abweichungen bei den Einnahmen durch gesonderte Berichterstattung, durch eine Art virtuelles Konto innerhalb der Finanzplanung darzustellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf tönernen Füßen steht auch die andere Säule Ihrer Finanzierung, nämlich der Plan, 250 vollzeitäquivalente Stellen jährlich abzubauen. Wie eine Anfrage des Kollegen Ritter und mir ergeben hat, ist dafür die Situation grundsätzlich relativ günstig, weil wir im nächsten Jahr den Pensionierungsscheitelpunkt erreicht haben, also diese Welle ihre größte Ausprägung haben wird. Insofern ist dies aus unserer Sicht kein verkehrter Ansatz.
Unseren Antrag allerdings zur Vorlage eines Personalabbaukonzepts hat die SPD-Mehrheitsfraktion mit der Begründung, man könne nicht innerhalb von nur wenigen Wochen so ein Konzept vorlegen, erst vor Kurzem abgelehnt. Das scheint mir nicht plausibel. Sie regieren jetzt schon seit 37 Wochen und hatten wirklich genug Zeit, ein Personalabbaukonzept vorzulegen. Passiert ist bis heute rein gar
nichts. Die SPD-Fraktion selbst, glaube ich, sieht das mittlerweile auch mit Unbehagen. Diesbezüglich haben Sie nun auch einen Antrag vorgelegt mit einem etwas sperrigen Titel: "Hamburg 2020: Langfristige Konsolidierung mit weiterer Aufgabenkritik und Entflechtung sowie vernünftiger Personalentwicklungspolitik verbinden". Mit anderen Worten: Der Senat soll an dieser Stelle endlich einmal liefern.
Wie gesagt, der Senat hat angekündigt und dann in der Sitzung des Haushaltsausschusses zugegeben, dass das doch nur eine unverbindliche Ansage sei. Ich kann verstehen, dass Ihnen das langsam Unbehagen bereitet und Sie kalte Füße bekommen und nun endlich einmal Butter bei die Fische haben wollen. Das Unbehagen teilen wir schon länger und wir sind Ihnen durchaus verbunden, dass Sie diesen Ball nun aufgegriffen haben, den wir Ihnen schon vor Wochen ins Feld gespielt haben.
Personalabbau ist durchaus möglich. Unser Plan ist, den Personalbestand auf das Niveau von 2007 zurückzuführen. Das ist natürlich relativ ambitioniert, allerdings durchaus möglich. Wir haben auch eher den Eindruck, dass die Personalzahlen in diesem Jahr noch steigen werden. Wir haben eine Anfrage dazu gestellt, dass weitere 1100 Stellen wohl noch dazukommen werden. Ich bin sehr gespannt, wie die Jahresendrechnung sein wird, aber allzu groß wird das, was Sie vorhatten, nicht sein.
Sie haben sogar eine neue Behörde geschaffen. Ich habe nachgefragt, wie es unter der Behördenebene aussieht. Es sind neue Ämter und neue Abteilungen und auch neue Referate dazugekommen. Die Verwaltungseinheiten haben sich sprunghaft vermehrt. Da soll mir doch keiner erzählen, dass dies nicht ohne Personalzuwachs geschieht, ganz zu schweigen davon, dass Sie auch noch Personalabbau betreiben wollen. Ich verstehe nicht, wie das funktionieren soll.
Ich habe einen ganz interessanten Aspekt an der Stelle gefunden. Ich habe beim Haushaltsausschuss einmal nachgefragt – ich zitiere –:
"Die FDP-Abgeordneten warfen die Frage auf, ob es Planungen im Hinblick auf die Überführung des Personalamts in die Finanzbehörde gäbe."
"Die Senatsvertreterinnen- und vertreter berichten von Überlegungen in dieser Hinsicht im Rahmen des Behördenzuschnitts. Sie haben jedoch gute Gründe, Personal nicht nur unter finanzwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten, sondern sehr bewusst vom Finanzvorstand zu trennen. Personal sei nicht nur als Kostenstelle zu betrachten, sondern es handelt sich um die wichtigste Ressource."
So weit, so gut, meine sehr geehrten Damen und Herren. Vor zwei Wochen hatten wir erst die Debatte zur Weihnachtsgeldkürzung. Auf die Frage, warum denn dort nicht der Bürgermeister für den Senat das Wort ergriffen habe, sondern doch wieder der Finanzsenator, antwortete mir der Senat,
dass das derart finanzielle Auswirkungen gehabt hätte, dass dann doch wieder der Bürgermeister das Wort ergriffen habe. Das ist ein weiteres Indiz dafür, wie Sie damit umgehen. Erst machen Sie die großen Versprechungen und sagen, dass Ihnen Personal am Herzen läge, aber dann ist es doch wieder eine finanzpolitische Angelegenheit. So geht es nicht, Herr Bürgermeister.
(Beifall bei der FDP – Dirk Kienscherf SPD: Was ist denn jetzt Ihre Position? Wollen Sie Personal abbauen?)
Es gibt noch eine Reihe von Risiken, die bisher aus unserer Sicht nicht genügend berücksichtigt wurden. Zum einen sind das die Pensionsrückstellungen, das erwähnte ich schon.
Zum anderen sind es die Inflationsrisiken. Sie wissen, dass die Lage im Euroraum nach wie vor angespannt ist. Wenn man dann noch sieht, wie Herr Gabriel Eurobonds fordert, dann bin ich froh, dass die SPD jetzt im Bund nicht an der Regierung ist. Das würde das Zinsrisiko – wir haben dazu auch eine Anfrage gestellt –