Einem Schwerpunkt möchte ich mich gleich zu Beginn meiner Rede widmen: der Verlässlichkeit – ein schlichtes Wort, aber mit viel Bedeutung. Herr Kleibauer, auch Sie haben das angesprochen. Seitdem Sie hier im Haus die Seiten gewechselt haben – von der Regierung zur Opposition –, hat dieses Wort bei Ihnen Hochkonjunktur. Aber wie sah es eigentlich mit Ihrer Verlässlichkeit in der Hochschulpolitik aus?
Ich will dazu nur ein Beispiel nennen. Als das vom schwarz-grünen Senat beschlossene Modell der nachgelagerten Studiengebühren eingeführt wurde, haben Sie zur Zwischenfinanzierung der Stundung die Wohnungsbaukreditanstalt ausgewählt. Die Zinskosten, so haben Sie es damals versprochen, sollten aus dem Haushalt der Stadt finanziert und den Hochschulen erstattet werden. Schon ein gutes Jahr später hatte dieses Versprechen ausgedient, Sie wollten die Hochschulen auf den Kosten sitzen lassen. Das war Ihr Modell schwarz-grüner Verlässlichkeitspolitik.
Trotz Abschaffung der Studiengebühren werden wir Sozialdemokraten die versprochenen Kompensationslasten tragen und den Hochschulen erstatten – immerhin einige Millionen Euro.
fung der allgemeinen Studiengebühren in Hamburg. Schon in der vorangegangenen Debatte zur Hochschulpolitik habe ich darauf verwiesen, dass nach Hamburgs Ausstieg nur noch Bayern und Niedersachsen allgemeine Studiengebühren erheben werden. Damit ist unsere Entscheidung in dieser Frage von bundespolitischer Bedeutung. Der Erste Bürgermeister hat in seiner Haushaltsrede gesagt: Wir wollen, dass kein Kind durch seine Herkunft von der Teilhabe an Bildung ausgeschlossen wird.
Dies gelte für die Sozialdemokraten von der Krippe über die Kita, die Ganztagsschule bis zur Hochschule.
Damit will ich mich an Sie wenden, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der FDP. Als Anfang des vorangegangenen Jahrzehnts die Debatte um die Implementierung allgemeiner Studiengebühren begann, verwiesen viele Kollegen der CDU auf eine angebliche Gerechtigkeitslücke, die geschlossen werden müsse. Denn warum solle die Kassiererin von ALDI das Medizinstudium der Arzttochter finanzieren, ein Aspekt, auf den auch Herr Schinnenburg häufiger verweist. Von solchen Argumenten hat sich schon der Vorgänger von Herrn Kleibauer, Herr Beuß, abgesetzt, aus gutem Grund, denn dieses Argument führt in die Irre. 28 Prozent der in Deutschland Beschäftigten sind Akademiker – viel zu wenig, wie wir alle wissen. Aber diese 28 Prozent erwirtschaften fast 60 Prozent des Steueraufkommens in der Bundesrepublik Deutschland. Man kann also sehr wohl sagen, dass die Akademiker es sind,
die im Wesentlichen die Finanzierung des Bildungssystems tragen. Und deswegen ist Ihr Argument, dass die Kassiererin von ALDI das Studium der Arztkinder finanziert, schlichtweg irreführend.
Das Gegenteil ist die Wahrheit: Durch Studiengebühren werden vor allem die Kinder der Kassiererin und der Arzthelferin vom Studium abgehalten.
Als drittes und letztes Beispiel für sozialdemokratische Verlässlichkeitspolitik möchte ich den mit der Universität geschlossenen Hochschulvertrag nennen. Das Angebot des Senats, den Hochschulen bis 2020 klare Finanzierungskorridore für deren Entwicklung zu geben, ist mehr Verlässlichkeit, als es die CDU in ihren neun Regierungsjahren zusammengenommen zustande gebracht hat; das Thema der Kompensationszahlung hatte ich eben
schon als Beispiel genannt. Von 2011 bis 2020 sind es exakt neun Jahre. Dieser Senat und diese Fraktion bieten Hamburgs Hochschulen Verbindlichkeit über eine Zeitspanne, die der Ihrer gesamten Regierungsperiode entspricht. Das nenne ich belastbare Verlässlichkeit. Dies ist sozialdemokratische Hochschulpolitik.
Die vorangegangene Legislaturperiode war vor allem gekennzeichnet durch die Diskussion um die damalige Hochschulpräsidentin Frau AuweterKurtz – vielen noch als Raketen-Moni in Erinnerung – und die Verlagerungsdebatte um die Hochschule. Unverantwortlich – bei allem Respekt für richtige und notwendige Anliegen – bleibt, dass bei dieser Diskussion vor allem die Leistungen der Studierenden und Wissenschaftler an der Hamburger Universität schlechtgeredet wurden. Dies darf nie wieder Stil Hamburger Politik sein.
Für den Ausbau des DESY in Bahrenfeld, das "Zentrum für strukturelle Systembiologie" stellen wir stolze 60 Millionen Euro bereit. Hier werden künftig Infektionsforscher und Physiker Hand in Hand arbeiten. Hamburg wird damit zu einem der Forschungscluster für Virologie in Deutschland ausgebaut. Neben dem Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg entsteht damit in Hamburg ein neuer Forschungsschwerpunkt, der auf den gesamten norddeutschen Raum ausstrahlen wird; ein Beispiel, wie das humboldtsche Ideal im 21. Jahrhundert gestaltet werden kann. Das DESY, seinerzeit vor allem zur Erforschung teilchenphysikalischer Phänomene gegründet, wird nun durch Forschungszentren für Biologie, Chemie und Medizin ergänzt. Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein wollen hier gemeinsam forschen, unter der Beteiligung von zwölf Instituten und Universitäten: Neben der MIN-Fakultät im Universitätsklinikum, dem Bernhard-Nocht-Institut unter anderem das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, die Medizinische Hochschule Hannover und das Forschungszentrum Jülich.
(Jens Kerstan GAL: Das war doch alles letz- tes Jahr auch schon so! Das ist überhaupt nichts Neues, Sie reden über die Vergan- genheit!)
Gestatten Sie mir an dieser Stelle, weil es passt und wir in genau einer Woche den Welt-Aids-Tag begehen werden, eine persönliche Anmerkung. Seit einiger Zeit engagiere ich mich in der Hamburger AIDS-Hilfe und war, parallel zur Haushaltsklausur meiner Fraktion, vom 4. bis zum 6. November auf der jährlichen Fachtagung der Deutschen AIDS-Hilfe in Berlin. Ohne der Debatte zur Ge
sundheitspolitik vorweggreifen zu wollen, möchte ich ausdrücklich auf den in Aussicht stehenden Antrag zur Erhöhung der Präventionsmittel über 75 000 Euro verweisen. Die HIV-Forschung hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. Die Medizin hat erfolgreiche Therapien entwickelt, doch von einem tatsächlichen Durchbruch, von Impfung oder gar Heilung, sind wir weit entfernt. Das Beispiel DESY und CSSB unterstreicht, dass wir mit neuer Grundlagenforschung beginnen, gerade im viralen Bereich. Hamburg wird das Zentrum, in dem Viruserkrankungen künftig erforscht werden. Das ist eine große Leistung für den Wissenschaftsstandort und wird Hamburg über Jahrzehnte hinaus seinen Ruf sichern.
Ich habe schon darauf verwiesen, dass es in der HIV-Forschung in den vergangenen Jahren viele große Fortschritte gegeben hat. Mittlerweile sind 70 Prozent der Infizierten berufstätig und HIV-positive Frauen können Mütter werden, ohne ihre Kinder einer Infektionsgefahr auszusetzen.
Nichtsdestotrotz sind gerade DESY und CSSB ein Beispiel dafür, wie wir darüber nachdenken müssen, die virologischen und medizinischen Herausforderungen der Zukunft zu meistern.
Das Beispiel HIV habe ich deshalb gewählt, weil es einen guten Eindruck davon vermittelt, vor welchen großen medizinischen Herausforderungen wir stehen. HIV muss aus der Schmuddelecke heraus; es ist eine Krankheit, deren Erforschung und deren Heilung der gesamten Menschheit zugute kommen werden, auch im Hinblick auf künftige Epidemien.
Deshalb will ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bei den Kollegen in Fraktion und Senat bedanken, die für den Antrag zur Aufstockung der Präventionsarbeit um 75 000 Euro zuständig sind: Kollege Schäfer in meiner Fraktion und Senatorin PrüferStorcks. Ihnen gilt ausdrücklich Dank.
Nun aber zurück zur Hochschulpolitik. Den Hochschulvertrag mit der Universität habe ich bereits erwähnt, aber an der Universität Hamburg studiert eben nur die Hälfte aller Studierenden in Hamburg. Neben der Technischen Universität sind dies die beiden künstlerischen Hochschulen und, wenn ich es so nennen darf, unsere beiden Sorgenkinder, die Hochschule für Angewandte Wissenschaft und die HafenCity Universität. Die HCU darf in einer Haushaltsdebatte auf keinen Fall fehlen. Sie, meine Damen und Herren von CDU und Grünen, ste
hen hier in besonderer Verantwortung. 15 Millionen Euro haben Sie der HafenCity Universität als jährlichen Haushaltsansatz zugedacht, doch statt der 1600 Studierenden, die damals die Basis für Ihre Berechnungen waren, besuchen derzeit 2000 Studierende diese Hochschule. Selbst wenn wir die Zahl auf 1600 reduzieren würden, hätten wir trotzdem noch ein strukturelles Defizit von 1 Million Euro.
(Finn-Ole Ritter FDP: Die zahlen doch 60 Prozent des Steueraufkommens, die können das doch! – Jörg Hamann CDU: Bei Ihnen gibt es doch so viele Dauerstudenten! Was wollen Sie denn?)
Ich will mich zum Schluss noch kurz den Anträgen widmen. Sie werden einen SPD-Antrag vorfinden, der selbsterklärend ist und für den ich daher um Ihre Zustimmung bitte; die energetische Sanierung der Studierendenwohnheime ist eine wichtige Aufgabe. In diesem Sinne herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn man nach den Worten meines Vorredners den Eindruck gewinnen könnte, die SPD habe in der Hochschulpolitik kein Konzept, so muss ich leider sagen: Sie hat eines. Ihr Konzept heißt kaputtsparen, Bewegungsunfähigkeit im Hochschulsektor erreichen.
Das ist sehr traurig, weil wir in der Tat vor großen Herausforderungen stehen. Es reicht eben nicht aus, nur immer weiter Rotorblätter zu optimieren, um im Bereich der erneuerbaren Energien zukunftsweisend zu sein.
Es ist ein weites Feld, das wir in den Hochschulen beackern müssen, denn die Hochschulen sind sowohl technische Treiber als auch reflexive Resonanzböden für die ungeheuren gesellschaftlichen Wandlungen, die wir alle zu bewältigen haben.
Sie wissen sehr genau, dass die erneuerbaren Energien für unsere Gesellschaft sowohl in Fragen der Demokratie als auch an technischer Herausforderung sehr, sehr viel bedeuten.