Protokoll der Sitzung vom 25.01.2012

(Glocke)

Frau Dobusch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wersich?

Nein. Sie können sich gleich noch einmal melden, Herr Wersich.

In anderen Kommunen musste die Einführung der Abgabe bereits verschoben werden, um der Tourismusbrache die Chance zu geben, die nötigen Umstellungen bei Software und Vertragsverhandlungen vornehmen zu können. Das soll uns in Hamburg nicht passieren.

Meine Damen und Herren! Wir sind in der eigentlich beneidenswerten Lage, dass unsere Ideen hinsichtlich der Einführung einer Kulturtaxe von den örtlichen – ich nenne sie jetzt einmal so – Betroffenen mitgetragen werden, zumindest weitestgehend oder unter gewissen Umständen. Das sieht in an

deren Städten ganz und gar nicht so aus. Dem wollen wir insofern entgegenkommen, als dass wir sorgfältig mit deren Belangen umgehen; das gehört sich aus unserer Sicht so.

(Beifall bei der SPD)

Zu der partei- und akteurübergreifenden Akzeptanz beigetragen hat sicher auch die Tatsache – es wurde heute in mehreren Pressemeldungen noch einmal aufgegriffen –, dass wir in Hamburg von Anfang an von einer Kulturtaxe gesprochen haben. In einigen Städten gab es so etwas wie eine Sexsteuer, darüber haben wir nicht gesprochen. Wir sprechen von Kulturtaxe und nicht Bettensteuer, Beherbergungsabgabe oder Kopfgeld; die DEHOGA hat von Matratzen-Maut gesprochen. Selbst City-Tax – ein Begriff, der in Berlin bevorzugt wird und andernorts als optimal gilt, weil er irgendwie international angehaucht ist – bietet sich für Hamburg gerade vor dem Hintergrund des von der CDU im Wahlkampf an die Wand gemalten Schreckgespenstes City-Maut nicht so recht an.

(Glocke)

Verzeihen Sie bitte, Frau Dobusch. – Ich bitte, die Gespräche auf den Bänken einzustellen oder gegebenenfalls hinauszugehen. – Fahren Sie bitte fort.

– Danke, Frau Präsidentin.

Wenn Kulturtaxe draufsteht, dann sollte allerdings – der Meinung bin ich auch – auch Kultur mit drinstecken. Das heißt, es gilt Wege zu finden, zumindest eine politische Zweckbindung der Einnahmen zu erreichen, wenn dies formal nicht machbar ist. Es gilt, die Verwaltungskosten so gering wie möglich zu halten. Und es gilt, die richtige Balance zu finden zwischen den durchaus berechtigten Interessen aus dem Bereich Tourismus/Marketing und den von uns erhofften, gewünschten, gewollten und vor allen Dingen auch benötigten positiven Auswirkungen auf die – wohlgemerkt – gesamte Kultur in unserer Stadt.

Der Tourismusbranche in Hamburg geht es derzeit nicht schlecht. Wir alle kennen die neuen Zahlen: Die Auslastung ist gestiegen. Diese erfreuliche Entwicklung wollen wir keineswegs hemmen oder deckeln, sondern eher noch befördern. Der Anteil der internationalen Gäste in Hamburg ist aber durchaus ausbaufähig.

Die Kultur in Hamburg ist durch das Scheitern der schwarz-grünen Regierung – wir haben die Zeit gegen Ende eben dieser Regierung alle noch in unguter Erinnerung – knapp vor einem größeren GAU bewahrt worden. Nicht unwesentlich zum Ergebnis der Wahl hat sicherlich die Aussage meiner Partei beigetragen, wieder zu einer verlässlichen

Finanzierung im Kulturbereich zu kommen und langfristige Planungen zu ermöglichen. Wenn wir dabei auch eine Wiedererstarkung einiger Bereiche wie der uns sehr am Herzen liegenden freien Theaterszene möglich machen und die Musikstadt Hamburg – Stichwort Elbphilharmonie – weiterentwickeln wollen, dann sind wir gut beraten, gemeinsam über das Instrument Kulturtaxe und den sinnvollen Einsatz der daraus zu generierenden Mittel nachzudenken.

Ich hatte in der Haushaltsdebatte zum Einzelplan Kultur bereits darauf hingewiesen, dass wir als Stadt auch deshalb attraktiv sind und wachsen, weil wir Kulturstadt sind. Die wirtschaftliche Kraft alleine ist es nicht, Wohnraum alleine ist es auch nicht. Die Lebensqualität wird heute nach ganz anderen Maßstäben bemessen und das Kulturangebot – möglichst in allen Facetten, vielfältig und zugänglich für alle Bürgerinnen und Bürger – spielt dabei eine immer größer werdende, entscheidende Rolle. Deshalb gilt es tatsächlich, Möglichkeiten auszuloten, die zukünftig durch die Kulturtaxe freiwerdenden Mittel nicht nur in den unter Tourismusgesichtspunkten interessanten Bereichen der Kultur einzusetzen, sondern verstärkt auch in anderen Bereichen, nämlich in den für die Hamburgerinnen und Hamburgern wichtigen Bereichen: vor der eigenen Haustür, im Kinder- und Jugendbereich oder in dem als Humus für eine kreative Stadt absolut notwendigen freien Bereich oder, oder, oder.

Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen versichern, wir Kulturinteressierte und die Kulturschaffenden in der Stadt hätten da viele schöne Ideen; an Ideen dazu mangelt es ganz bestimmt nicht. Ich würde es durchaus begrüßen, wenn es uns gelänge, für auswärtige Gäste und Hamburgerinnen und Hamburger zugleich Kultur in Hamburg interkultureller und internationaler auszurichten und vermehrt Impulse in unsere lebendige Kultur- und Kreativszene zu holen, die unserem eigenen Anspruch gerecht werden, Tor zur Welt und nicht nur Kulturstadt, sondern bitte auch Kulturmetropole zu sein.

Es geht nicht mehr grundsätzlich um die Frage, Kulturtaxe ja oder nein – die Fraktionen sind sich da mehrheitlich einig –, es geht nicht mehr um das Einführungsdatum – wir haben 2013 gesagt –,

(Robert Heinemann CDU: Doch, genau dar- um geht es!)

es geht aber sehr wohl noch um die Ausgestaltung im Detail. Wir stimmen daher einer Überweisung des CDU- und des GAL-Antrags an den federführenden Kulturausschuss sowie den mitberatenden Wirtschaftsausschuss zu und freuen uns auf eine sehr konstruktive Diskussion mit Ihnen allen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Goetsch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Dobusch, ich freue mich, dass wir heute mehrheitlich gemeinsam und versöhnlich für die Kultur streiten können. Nur einer reißt aus, die FDP, die heute in ihrer Pressemitteilung schreibt:

"Die Hotellerie wird unter ihr leiden, der Kongressstandort Hamburg ebenso."

Andere Städte, Weimar zum Beispiel, beweisen nun wirklich, dass die Kulturtaxe ein Erfolgsmodell ist. Die zusätzlichen Mittel, die dort in die Kulturlandschaft geflossen sind, haben diese Städte attraktiver gemacht, sowohl für die Bürgerinnen und Bürger als auch für Touristinnen und Touristen. Sie können sich wahrscheinlich kaum vorstellen, dass Weimar nach Einführung der Kulturtaxe 13 Prozent mehr Übernachtungen verzeichnen konnte und auch alle anderen Städte, die die Kulturtaxe eingeführt haben, Rekordübernachtungszahlen aufweisen können. Sie sind auf dem Holzweg, genau wie unser Freund Sattelmair von der "Bild"-Zeitung, der am 19. Januar schrieb – Zitat –:

"Kulturtaxe ist keine Werbung für Hamburg"

Damit liegt er so richtig falsch.

(Beifall bei der GAL und bei Karin Prien und Dietrich Wersich, beide CDU)

Wir freuen uns, dass dieser Impuls – um die Urheberschaft einmal vorwegzunehmen: meine war es nicht, das kam von dem Herrn da mit der grünen Krawatte – jetzt Fahrt aufnimmt, ein wenig zu langsam allerdings, Herr Wersich hat das schon gesagt. Die Bremer können das in fünf Monaten, hier braucht alles ein bisschen länger. Wir sollten eben nicht wertvolle Zeit und Geld verschwenden, weil viele Kultureinrichtungen und neue Projekte die zusätzlichen Mittel brauchen.

Ich will zwei Beispiele nennen. Die strukturelle Unterfinanzierung der Museen kann nicht dadurch geheilt werden, dass man, wie aus der Not heraus geschehen, die Sonderausstellungsfonds anders verteilt.

(Glocke)

Frau Goetsch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wersich?

Christa Goetsch: Aber selbstverständlich.

Liebe Frau Kollegin Goetsch, die Kollegin Dobusch wollte auf die Frage nicht antworten.

(Gabi Dobusch)

Christa Goetsch: Soll ich das jetzt machen?

Dietrich Wersich: – Genau.

Halten Sie den Gesetzentwurf des rot-grünen Senats in Bremen für verfassungs- oder rechtswidrig? Frau Dobusch als Vertreterin der SPD sprach von diesen Rechtszweifeln; der betreffende Antrag kam aus dem rot-grünen Senat in Bremen. Halten Sie ihn also für verfassungswidrig?

(Gabi Dobusch SPD: Hatte ich gesagt, der sei verfassungswidrig?)

Lieber Herr Wersich, ich kann mir nicht vorstellen, dass die Kollegen in Bremen ein verfassungswidriges Gesetz auf den Weg bringen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Aber, Herr Wersich, es gibt bei der einen oder anderen Stelle des Gesetzentwurfs ein gewisses juristisches Unwohlsein; ich komme gleich darauf zurück. Wir werden diese Details in den Ausschüssen beraten. Insofern können wir den Bremer Vorschlag, der sehr praktikabel ist …

(Wolfgang Rose SPD: Das wollte der jetzt aber anders hören!)

Herr Rose, lassen Sie mal, wir haben genug Zeit, das im Kultur- und Wirtschaftsausschuss zu beraten.

Wir brauchen dringend Sonderausstellungen. Wenn Sie nur an die Kunsthalle denken: Dort sind Hunderttausende Besucher zu den Ausstellungen von Caspar David Friedrich, Liebermann oder jetzt zu Munchs "Roßkur" gekommen. Die Sonderausstellungen sind unverzichtbar. Dafür ist die Kulturtaxe zum Beispiel ein guter Weg: attraktiv für die Gäste aus aller Welt, attraktiv für uns selbst.

Oder denken Sie an die Festivals. Wir haben großartige Festivals im Film-, Theater- und Musikbereich, in der Literatur, die aber fast alle über Reste bezuschusst werden. Das sind tönerne Füße, darauf kann man sich nicht verlassen. Es gibt auch da einen dringenden Bedarf; das ist ebenfalls attraktiv für Gäste wie für uns Hamburgerinnen und Hamburger.

Herr Wersich, hören Sie gut zu: Wir finden den Bremer Entwurf grundsätzlich praktikabel. Das ist eine gut umzusetzende und vor allen Dingen schnelle Lösung. Sie ist unbürokratisch, weil sie sowohl in der Hotellerie bei der Erhebung als auch in der Finanzbehörde schnell umzusetzen ist. Wir waren ursprünglich für ein Prozentmodell, aber das ist viel zu kompliziert. Aber es gibt auch Schwächen beim Gesetzentwurf, ich will ein Beispiel nennen. Bei Daueraufenthalten sind teure Pensionen nach dieser Pauschalierung gegenüber Vier-Ster

ne-Hotels mit Schnäppchenangeboten stark im Vorteil. Andere Städte haben deswegen Höchstübernachtungszahlen als Deckelung festgelegt. Das sind aber Detailpunkte, die man beraten muss.

Eines ist aber ganz besonders wichtig, und deshalb unser Zusatzantrag heute: Die Kulturtaxe darf nicht Tourismusabgabe heißen, das ist ein falsches Signal.

(Beifall bei der GAL und bei Norbert Hack- busch DIE LINKE)

Es ist vollkommen klar, dass wir bei einer Aufwandsteuer rechtlich keine bindende Verwendung zulassen dürfen. Damit besteht aber die Gefahr, dass die Einnahmen in irgendwelchen schwarzen Löchern verschwinden, das muss verhindert werden. Die Bezeichnung Kulturförderabgabe wäre ein starkes verbales Zeichen in dem Sinne: Der Name ist Programm.