Die Wirte haben keinerlei größere Umsatzeinbußen. Es wird zwar viel erzählt, aber das konnte bisher nicht nachgewiesen werden.
Uns ist der Nichtraucherschutz sehr wichtig. Nichtsdestotrotz muss man sich fragen, ob angesichts von Eckkneipen, die das Bundesverfassungsgericht aufgeführt hat, nicht in Einzelfällen kleine Ausnahmen zulässig sind oder ob ein komplettes Rauchverbot die Lösung ist. In jeder Fraktion gibt es unterschiedliche Meinungen. Da es eine sehr persönliche Angelegenheit ist
und kaum noch in eine Fraktionsdisziplin einzuführen ist, werden wir die Fraktionsdisziplin aufheben. Wir fordern insbesondere die SPD auf, dies ebenfalls zu tun
und eine offene Diskussion mit uns zu führen. Jetzt diskutieren Sie wieder innerhalb der SPD, aber mit
uns wollen Sie erst am Ende sprechen. Das nehmen wir nicht hin und fordern Sie auf, mit uns zu diskutieren. In jeder Fraktion gibt es Raucher und militante Nichtraucher, und in dieser Frage ist es angemessen, die Abstimmung freizugeben.
Der Appell geht auch an die anderen Fraktionen, in dieser Frage die Abstimmung freizugeben, denn die unklaren Übergangsregelungen sind auf Dauer nicht hinnehmbar. Nichtraucherschutz muss gewährleistet werden. Dass im Moment einzelne Gastwirte um 22 Uhr die Aschenbecher auf die Tische stellen, geht nicht. Es muss den absoluten Raucherschutz geben für diejenigen, die davon nicht betroffen sein sollen. Wenn es Ausnahmen gibt, dann im Rahmen der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, aber das lassen Sie uns miteinander besprechen und nicht im Closed Shop der SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Trotz aller hitzigen Debatten, die in den letzten Jahren zum Thema Rauchen in Gaststätten geführt wurden, gibt es in einem Punkt große Einigkeit unter nichtrauchenden und rauchenden Gästen, Gastronomen und über alle Parteien hinweg. Wir wollen eine dauerhafte Lösung, die vor Gericht Bestand hat.
Das Bundesverfassungsgericht hat 2008 den Weg zur Rechtssicherheit klar formuliert. Dieser führt zum ausnahmslosen Rauchverbot in allen Gaststätten. Ausnahmeregelungen schaffen Benachteiligungen, begründen eine Rechtsunsicherheit und werden immer wieder vor den Gerichten landen. Die gesundheitlichen Argumente für den konsequenten Nichtraucherschutz liegen auf der Hand und sind seit Langem bekannt. Sie wissen, dass in Deutschland jährlich mehrere Tausend Menschen an den Folgen des Passivrauchens sterben, und Sie wissen auch, dass die Schadstoffbelastung in Gaststätten, selbst wenn Raucherräume eingerichtet werden, extrem hoch ist. Die Zustimmung in der Bevölkerung zum ausnahmslosen Rauchverbot liegt in Umfragen regelmäßig bei über 70 Prozent und steigt stetig. Vor diesem Hintergrund kann es nur eine Richtung im Nichtraucherschutz geben: nach vorne und nicht zurück.
(Beifall bei der GAL und bei Kai Voet van Vormizeele CDU und Kersten Artus DIE LIN- KE – Dr. Andreas Dressel SPD: Zumindest einer bei der CDU hat geklatscht!)
Was die FDP uns heute wieder einmal vorschlägt, ist nicht nur ignorant gegenüber diesen Erkenntnissen, sondern eine in jeder Hinsicht überholte und realitätsferne Position. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen in jedem Büro und jeder Fabrik vor Schadstoffen in der Raumluft geschützt werden. Nur in der Gastronomie soll dies ein Angriff auf die unternehmerische Freiheit sein und dazu auch noch auf die Entscheidungsfreiheit der Gäste. Konsequent wäre, wenn Sie auch die Schadstoffgrenzwerte in der Chemiebranche abschaffen wollten; die schränken die unternehmerische Freiheit ebenfalls ein.
Meine Damen und Herren! Im Rahmen der wirtschaftlichen Effekte sind die befürchteten Umsatzeinbußen in den Ländern mit einem absoluten Rauchverbot nicht eingetreten. Sie sind nicht nur ausgeblieben, sondern der konsequente Nichtraucherschutz hat sich auch als ein stabilisierender Faktor bei den Umsätzen entpuppt. Wenn Sie Bayern und Nordrhein-Westfalen vergleichen, können Sie sehen, dass in Bayern, wo ein absolutes Rauchverbot gilt, die Umsätze um 1,5 Prozent gestiegen sind, während die Umsätze in NRW, wo es einen völlig durchlöcherten Nichtraucherschutz gibt, um 3,1 Prozent sanken. Sinkende Umsätze in den sogenannten Eckkneipen sind keine Folge des Nichtraucherschutzes, sondern ein Trend in der gesamten Republik spätestens seit Mitte der Neunzigerjahre. Immer weniger Menschen zieht es in solche Gaststätten; das hat mit den Gesetzen zum Nichtraucherschutz rein gar nichts zu tun.
Es bleibt festzuhalten, dass ein absolutes Rauchverbot in der Gastronomie aus rechtlicher, gesundheitlicher und wirtschaftlicher Sicht die beste Lösung für Hamburg ist. Wir haben bereits damals in der schwarz-grünen Koalition dafür geworben und der Bürgerschaft auch jetzt einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie sind in der komfortablen Lage, keine Kompromisse eingehen zu müssen. Schaffen Sie die einzige rechtssichere Lösung für Hamburg und stimmen Sie unserem Antrag in der nächsten Sitzung zu.
Sollten Sie sich allerdings nur für einen halbherzigen Nichtraucherschutz mit weiteren Ausnahmen entscheiden, sage ich Ihnen voraus: Nach der Klage ist vor der Klage. Überraschen Sie uns und schließen Sie sich unserem Vorschlag zum ausnahmslosen Rauchverbot an. Die Zustimmung der Hamburgerinnen und Hamburger ist Ihnen sicher. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Das schwarz-grüne Passivraucherschutzgesetz konnte den rechtlichen Maßstäben nicht standhalten, weil es den Wettbewerb verzerrte. Daher hat das Bundesverfassungsgericht zu Recht entschieden, dass es ungültig ist. Der Kompromiss, der damals gefunden wurde, war eine Art Friedensvertrag. Die Linksfraktion hatte, obwohl sie damals dagegen gestimmt hatte, trotzdem davor gewarnt, gegen das Gesetz zu klagen. Dass ausgerechnet eine Gastronomin das Gesetz mit ihrer Klage zu Fall brachte, könnte sich als Bumerang entpuppen, denn ein neues Passivraucherschutzgesetz muss rechtssicher sein und gleiche Regeln für die Getränke- und Speisewirtschaft enthalten. Diese Option ist nur mit einem absoluten Rauchverbot in gastronomischen Einrichtungen gegeben.
Dass der parlamentarische Arm des DEHOGA den Passivraucherschutz zur Aktuellen Stunde angemeldet hat, verwundert nicht.
Der Feldzug des DEHOGA mit dem Versuch, einer der schlimmsten Gesundheitsgefährdungen ihre gesellschaftliche Relevanz zu nehmen, hält seit Jahren an. Was der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion von sich gibt, zeichnet ihn wirklich nicht aus, noch Gesundheitspolitiker genannt zu werden. Er bezeichnete in einer Presseerklärung am 21. Februar das Passivraucherschutzgesetz als Machenschaft. Dieser Begriff beschreibt eine sich im Verbogenen abspielende, unlautere Handlung, mit der sich jemand einen Vorteil zu verschaffen oder einem anderen zu schaden versucht. Mit welcher Demagogie die FDP reine Wirtschaftsinteressen verfolgt, ist unfassbar.
Ich habe übrigens mit großem Interesse die Broschüre der Bundeszahnärztekammer zum Thema "Rauchen und Mundgesundheit" gelesen, Herr Dr. Schinnenburg. Die unmittelbaren Auswirkungen sind recht anschaulich beschrieben und eigentlich auch für Zahnärzte zu verstehen.
(Beifall und Heiterkeit bei der LINKEN, der SPD, der GAL und vereinzelt bei der CDU – Katja Suding FDP: Meinen Sie nicht, dass das die Bürger selbst entscheiden können?)
Mehr als 70 Prozent der an einer schweren Parodontitis leidenden Patientinnen und Patienten sind Raucher. Karies und Wurzelkaries sowie vor
zeitiger Zahnverlust sind die furchtbaren Folgen. Die schlechte Wundheilung von Raucherinnen und Rauchern verkompliziert zudem kieferchirurgische Eingriffe.
Seriöse Zahlen belegen, dass alle Horrorszenarien, die vom DEHOGA und der FDP vorgetragen wurden, unhaltbar sind. Die Umsatzrückgänge selbst in Ländern mit einem restriktiveren Nichtraucherschutz waren nur vorübergehend. Neue Gäste brachten alsbald zusätzliche Einnahmen, die Anzahl der Herzinfarkte hingegen sank positiv-dramatisch.
Auch der Nichtraucherschutz in der Bundesrepublik treibt Kneipen nicht ursächlich in die Pleite. Die meisten Raucherinnen und Raucher fühlen sich nicht gegängelt, sondern haben sich angepasst. Sie rauchen vor der Tür oder geben ihre Sucht auf.
Wie unseriös der DEHOGA agiert, zeigt sich auch an der Schadenersatzdebatte. Es gibt keine Entschädigungspflichten für bereits eingebaute Rauchräume. Diese Abtrennungen wurden in Erwartung getätigt. Rechtlich gesehen gibt es aber hierfür keinen Vertrauenstatbestand. Man kann nicht einerseits von Markt und freiem Wettbewerb reden, dann aber fordern, dass Umbauten von Gewerbebetrieben finanziert werden, wenn sich der erwartete wirtschaftliche Nutzen nicht einstellt.
Zum Glück ist bereits jetzt trotz eines Flickwerks an Regelungen in den Bundesländern unter Jugendlichen ein massiver Rückgang an Raucherinnen und Rauchern zu verzeichnen. Das ist eine positive und tolle Entwicklung, die wir nicht hoch genug schätzen können und die wir noch konsequenter verfolgen müssen.
Ich möchte noch darauf aufmerksam machen, dass in die Suchthilfe mehr investiert werden muss als bisher. Beim Rauchen zeigt sich eine soziale Schieflage, überproportional rauchen ärmere und einsame Menschen. Ein zielgruppenspezifisches Konzept muss entwickelt werden, um sie zu unterstützen. Heute ist Alltagswissen, dass sich fast niemand freiwillig eine Zigarette ansteckt, außer bei der FDP vielleicht.
Freier Wille und Sucht schließen sich nun mal weitgehend aus. Der Gesundheitsschutz, im konkreten Fall für Angestellte und Familienmitglieder, die in gastronomischen Einrichtungen arbeiten, hat für DIE LINKE oberste Priorität.
Da wir in Hamburg die Arbeitsstättenverordnung nicht einfach ändern können, muss ein konsequentes Ländergesetz für den Passivraucherschutz geschaffen werden.