Protokoll der Sitzung vom 09.05.2012

Ich weiß auch, warum Sie es nicht hören wollen,

(Gabi Dobusch SPD: Haben Sie eben nicht zugehört?)

denn heute, ein gutes Jahr seit Alleinregierung der SPD, müssen die Eltern, Kinder und Jugendlichen schmerzhaft erfahren, dass diese Worte des Ersten Bürgermeisters nicht mehr waren als bloße Ankündigungen. Mittlerweile wissen die Eltern in Hamburg, dass Sie eben nicht mehr investieren für Kinder und Jugendliche,

(Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

sondern dass Sie mit einer großen Ignoranz im Kinder- und Jugendbereich kürzen.

(Beifall bei der CDU)

Diese vom Senat geplanten Kürzungen sind nicht alternativlos, sie sind auch nicht zwingend erforderlich. Diese Kürzungen sind politisch gewollt, denn sie dienen zur Finanzierung Ihrer teuren Wahlverspechen.

(Beifall bei der CDU und bei Finn-Ole Ritter FDP)

Allein die Abschaffung des Essensgeldes in der Kita, von der auch die Gut- und Spitzenverdiener profitieren, kostet die Stadt jährlich 21 Millionen Euro. Um diese und andere Wohltaten finanzieren zu können, will der Senat nun Jugendeinrichtungen schließen und Kuren für besonders belastete Kinder streichen. Eine solch schäbige Politik auf Kosten der Schwächsten muss schleunigst beendet werden.

(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der GAL und bei Finn-Ole Ritter FDP)

Allein im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit will der SPD-Senat ab dem nächsten Jahr 3,5 Millionen Euro einsparen. Eine solch drastische Kürzung, das wissen auch Ihre Kollegen zumindest in den Bezirken, wird zwangsläufig dazu führen, dass wichtige niedrigschwellige Angebote ge

schlossen werden müssen. Deshalb haben Ihre Kollegen in den Bezirken dieser Sparpolitik auch nicht zugestimmt. Sie hatten entweder den Mut, sich dagegenzustemmen, oder zumindest so viel Kraft, zu schweigen und sich nicht dem Senat zu beugen.

Damit aber nicht genug. Sie kürzen auch noch weitere 6,7 Millionen Euro bei den überregionalen Zuwendungen. So haben wir am Wochenende erfahren, dass der Senat plant, die Zuwendungen an die Rudolf-Ballin-Stiftung um 2 Millionen Euro zu kürzen. Das ist schon ein starkes Stück, denn ohne diese Zuwendung kann die Stiftung nicht mehr bis zu 600 Kindern pro Jahr, die aus besonders belasteten Familien kommen, einen Kuraufenthalt auf Föhr ermöglichen, und gerade diese Kinder, die mehrfach belastet und oft traumatisiert sind, haben diese Hilfsangebote zur psychischen Stabilisierung unbedingt nötig.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Anjes Tjarks GAL – Andy Grote SPD: Geben Sie die Re- de doch an Ihre Kollegen weiter, dann kön- nen wir sie noch ein drittes Mal hören!)

Diese Idee ist nicht neu, es gab sie 2004 in der Tat schon einmal. 2004 hatte die Sozialbehörde die Überlegung, die Unterstützung für die Kinderkuren zu streichen, doch damals hat die CDU-Fraktion in der Bürgerschaft diese Idee zurückgenommen und sich dagegen gestemmt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Am Schluss ha- ben Sie die Eltern abgezockt!)

Das erwarten die Hamburger heute auch von Ihnen, und die Hamburgerinnen vielleicht noch viel mehr, dass die Abgeordneten der SPD aufstehen und diese unsinnige Sparidee des Senats verhindern.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Herr Dr. Dressel, da ich nicht die Hoffnung habe, dass Sie auf die Opposition hören, möchte ich Ihnen eine kleine Brücke bauen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wir hören genau zu!)

Sie müssen gar nicht auf uns hören, Sie können der Argumentation Ihres früheren Fraktionsvorsitzenden und des heutigen Innensenators Michael Neumann folgen, der 2004 sehr zutreffend gesagt hat – ich zitiere –:

"Die Streichung [der Kinderkuren] bedeutet nicht den Verzicht auf Luxus, sondern Kinder, die Hilfe brauchen, bekommen keine mehr."

Oder wenn Sie nicht auf Herrn Neumann hören wollen, vielleicht hören Sie auf Ihren Fraktionskollegen Mathias Petersen, der es 2004 auf den Punkt brachte, als er sagte:

(Präsidentin Carola Veit)

"Die Streichung von Kinderkuren ist mit keinem Haushaltszwang der Welt zu entschuldigen."

(Heike Sudmann DIE LINKE: Schöne Zita- te!)

Liebe Kollegen der SPD, Michael Neumann und Mathias Petersen haben recht. Haben Sie nun den Mut und hören Sie auf Ihre Parteifreunde, hören Sie auf Ihren Verstand und lehnen Sie die Kürzung mit uns gemeinsam ab.

(Beifall bei der CDU, der GAL und vereinzelt bei der LINKEN)

Verstecken Sie sich bitte auch nicht hinter der Aussage des Ersten Bürgermeisters, er wolle nun Spender für die Finanzierung der Kinderkuren suchen. Es kann doch wohl niemand in diesem Haus ernsthaft wollen, dass die Kinderkuren künftig nur noch dann möglich sind, wenn der Erste Bürgermeister einen Spender findet, der diese finanzieren kann. Ein so wichtiges Hilfsangebot für die Schwächsten unserer Stadt gehört zu den Kernaufgaben des Staates und muss auch weiter vom Staat wahrgenommen werden.

(Beifall bei der CDU, der GAL und bei Chri- stiane Schneider DIE LINKE)

Es hilft Ihnen da auch nicht,

(Glocke)

dass die Redezeit vorbei ist. Die sozialpolitische Geisterfahrt der SPD muss ein Ende haben.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg und Dr. Anjes Tjarks, beide GAL)

Das Wort bekommt Herr Ritter.

Herr Grote, liebe SPD-Fraktion! Auch ich möchte mit einem Zitat beginnen, dieses Mal aber nicht mit dem gleichen, das Sie eben schon gehört haben. Herr Dressel, ich muss es Ihnen leider einmal vorlesen:

"Nur mit professioneller Vielfalt der Jugendhilfe, zu der auch eine lebendige offene Kinder- und Jugendarbeit zählt, die sich eng am Sozialraum orientiert, werden wir überall gute Chancen und Perspektiven für unsere Kinder und Jugendlichen ermöglichen können."

Zitat aus dem Regierungsprogramm der SPD.

Meine Damen und Herren! Die Realität der Sozialdemokratie ist genau das Gegenteil.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der GAL)

Natürlich hat für die FDP-Fraktion auch eine solide Haushaltspolitik Vorrang. Intelligentes Sparen und

Prioritätensetzen gehören dazu, Herr Grote, Sie brauchen gar nicht zu gucken,

(Andy Grote SPD: Ich sag' doch gar nichts, aber gucken darf ich doch mal!)

aber nicht das, was Herr Senator Scheele momentan vollzieht, die Rasenmähermethode und die Kürzung bei den Bedürftigen zur Finanzierung Ihrer Wahlgeschenke.

(Beifall bei der FDP)

Hören wir uns doch einmal die Argumente des Senats im Einzelnen an. Die Schuldenbremse: Herr Senator, wir als FDP-Fraktion begrüßen die Schuldenbremse ausdrücklich.

(Andy Grote SPD: Aber?)

Aber – danke, Herr Grote, das nächste Mal dürfen Sie an der Rede ein bisschen mitarbeiten –

(Andy Grote SPD: Wir würden nicht auf einen Nenner kommen!)

die Prioritäten des Senats sind doch klar: Abschaffung des Essensgeldes für alle, Lebkuchen für alle, also auch für diejenigen, die sich den Beitrag leisten können. Abschaffung der Studiengebühren, die sozial gerecht sind, weil sie nachgelagert sind. Hapag-Lloyd, Rückkauf der Netze, das sind nur einige Beispiele. Geld ist also vorhanden, es ist alles eine Frage der politischen Prioritäten, Herr Dressel.

(Dirk Kienscherf SPD: Was ist mit den Ho- tels?)