Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Suding sagt, das gehe an den Ausschuss und ich müsse nicht mehr reden, wenn ich sie richtig verstanden habe. Mir ist aber gesagt worden, und das finde ich auch richtig, dass der Senat zu Großen Anfragen in der Bürgerschaft redet – bei Anträgen nicht immer, weil es ein Gebot des Respekts gegenüber dem Parlament ist, die Auffassung darzulegen.
Ich glaube schon. Mir ist das gesagt worden. Ich habe mich auch gewundert, wie oft ich heute auftrete, und meine Präsidialabteilung freut sich auch nicht zwingend darüber.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bürgerschaftliches Engagement hat in Hamburg nicht nur eine große Tradition, sondern auch eine erfolgreiche Gegenwart. Die große Tradition drückt sich etwa in der Vielzahl der Stiftungen in unserer Stadt aus, die zum Teil auf eine viele Jahrhunderte lange Geschichte zurückblicken können. Die erfolgreiche Gegenwart lässt sich an den vielen Daten ablesen, die in der Antwort auf die Große Anfrage zu Ehrenamt und Freiwilligendiensten zu lesen sind, die wir heute debattieren und auch im Ausschuss debattieren werden. So finde ich es sehr beachtlich, dass sich in Hamburg 29 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahre ehrenamtlich engagieren. Diese Prozentzahl, die aus einer Erhebung von Infratest hervorgeht, bedeutet, dass sich 450 000 Hamburgerinnen und Hamburger ehrenamtlich für ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger einsetzen.
Stellen wir uns doch einmal vor, wie es in unserer Stadt aussähe ohne die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer oder wenn diese nicht so und in dem Maße arbeiten würden, wie sie es heute tun und wie wir sie schätzen. Ohne Menschen, die sich
vor allem in kleineren Vereinen ehrenamtlich und zeitaufwendig um Organisation, Verwaltung und Jugendarbeit kümmern, gäbe es keinen Sportverein vor Ort, keinen Gesangs- und keinen Bürgerverein, keine Freiwillige Feuerwehr, würde im Brand- und Katastrophenschutz niemand unter Einsatz des eigenen Lebens helfen. Im sozialen Bereich würde vieles, was über die Grundversorgung von Kranken und Pflegebedürftigen hinausgeht, nicht mehr passieren. Ansprache, Zuwendung, Trost bis hin zur Hospizarbeit und Sterbebegleitung – vieles wird in diesem Bereich durch freiwillig Engagierte übernommen.
Es gäbe keine Seniorentreffs, denn die werden von Freiwilligen geleitet und betrieben. Es gäbe eine Vielzahl von Mentorenprogrammen nicht, die durch Freiwillige für Kinder, Jugendliche und Migrantinnen und Migranten betrieben werden. In Schulen gäbe es keine Elternbeiräte und in den Kirchengemeinden keine Kirchenvorstände. Ich könnte die Aufzählung noch einige Zeit weiterführen, aber ich glaube, es ist klar geworden, wie vielfältig die ehrenamtliche Arbeit in unserer Stadt ist und dass sie in sehr vielen Bereichen eine unersetzliche Funktion hat. Völlig unabhängig davon, ob sozialversicherungspflichtig oder nicht: Ohne Ehrenamt geht es nicht.
Deshalb, und dies wird auch in der Antwort auf die Große Anfrage deutlich, misst der Senat dem ehrenamtlichen Engagement einen hohen Stellenwert bei. Ehrenamtliches Engagement ist eine Stärke unseres Gemeinwesens, allen Engagierten gebührt dafür großer Dank.
Unser Hauptanliegen bei der Förderung des Engagements ist es, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Wenn wir in unserer Antwort auf die Große Anfrage, Frau Föcking hat es zitiert, vieles aufführen, was wir weiterführen, deutet das auch darauf hin, dass wir in diesem Bereich kein Geld gestrichen haben, dass all das, was angeschoben wurde, weitergeführt werden kann. Ich will daran erinnern, dass wir einmalig Restgelder genommen haben, um einen Überbrückungsfonds in der Arbeitsmarktpolitik zu finanzieren, und keineswegs laufende Ausgaben reduziert haben. Und das spiegelt sich auch in dem wieder, was wir weiterhin machen wollen. Wir machen all das, was im Arbeitsprogramm des Senats steht.
Erstens: Wir wollen in jedem Hamburger Bezirk eine Freiwilligenagentur etablieren. Die Erkenntnis, die hinter diesem Vorgehen steckt, ist, dass Menschen sich stärker für ihr direktes Umfeld engagieren und Beratungsangebote intensiver nutzen, wenn sie mit ihrem näheren Umfeld in Verbindung stehen. Eine Bergedorfer oder Harburger Freiwilli
genagentur wird mehr Bergedorfer oder Harburger für ein freiwilliges Engagement interessieren können als eine in Mitte oder Eimsbüttel, bei denen die Identifikation fehlt und der Anfahrtsweg weit ist.
Zweitens: Wir wollen die Anerkennungskultur stärken. Bürgerinnen und Bürger, die ihre freie Zeit für andere einsetzen, wollen in den allermeisten Fällen keine finanzielle Anerkennung, aber sie wollen Respekt und Achtung für ihr Wirken. Diese Art von Anerkennung kann sich auf verschiedene Weise ausdrücken: über Empfänge für Ehrenamtliche, über Preise und Medaillen oder auch durch Anerkennungsschreiben. Der Senat hat jetzt erstmals die ehrenamtlichen Helfer des Winternotprogramms vor 14 Tagen ins Rathaus eingeladen. Das war eine schöne Aktion: Helferinnen und Helfer, die teilweise seit über zehn Jahren jedes Jahr in Kirchengemeinden Container betreuen, zu einem Senatsempfang einzuladen und noch einmal ausdrücklich hervorzuheben, dass der Senat dieses Engagement sieht und auch würdigt.
Unser drittes, besonders wichtiges Vorhaben: Wir suchen Wege, Bevölkerungsgruppen, die sich bisher unterdurchschnittlich engagieren, zu mehr Engagement zu motivieren. Das betrifft Migrantinnen und Migranten sowie Senioren.
Wichtig ist vor allem bei der ersten Gruppe, dass sich die bereits bestehenden Organisationen und Netzwerke der Zivilgesellschaft Migrantinnen- und Migrantenorganisationen gegenüber öffnen und andererseits Migrantinnen- und Migrantenorganisationen die Möglichkeit der Partizipation durch das Ehrenamt schätzen lernen. Bei beiden ist durch Aufeinanderzugehen, Informationsveranstaltungen und gemeinsamen Aktionen in den letzten Jahren durchaus ein Fortschritt zu verzeichnen.
Was die Gruppe der Senioren betrifft, so bedeutet sie nicht nur aufgrund ihrer wachsenden Zahl, sondern auch wegen ihrer Lebenserfahrung und ihrer lebenslang erworbenen Qualifikationen ein enormes Potenzial für freiwilliges Engagement. Aber um dieses Potenzial zu heben, ist eine zielgruppenspezifische Ansprache nötig. Deshalb ist bürgerschaftliches Engagement nicht nur ein wichtiger Bestandteil der Seniorenpolitik des Senats, sondern es werden in meiner Behörde auch neue Wege zur Motivation von Älteren für bürgerschaftliches Engagement entwickelt.
Dieses Haus sollte allen danken, die ehrenamtlich in dieser Stadt tätig sind, und ihnen Anerkennung aussprechen.
Ein letzter Satz: Sieben Freiwilligenagenturen in sieben Bezirken, "AKTIVOLI" und "eaktivoli" werden natürlich weiter gefördert, denn das steht im
Wer einer Überweisung der Drucksache 20/3788 an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 40, Drucksache 20/4144, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Die Freie und Hansestadt darf nicht länger als Immobilienspekulant agieren.
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Die FHH darf nicht länger als Immobilienspekulant agieren – Drs 20/4144 –]
Diese Drucksache möchten die Fraktionen der SPD und der GAL an den Haushaltsausschuss überweisen. Von der CDU-Fraktion liegt hierzu ein Überweisungsantrag an den Stadtentwicklungsausschuss vor. Des Weiteren beantragt die GALFraktion die Überweisung zur Mitberatung an den Stadtentwicklungsausschuss. Wer wünscht das Wort? – Herr Hackbusch, bitte.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am Anfang muss ich mich entschuldigen. Wir haben geschrieben: "Die Freie und Hansestadt Hamburg darf nicht länger als Immobilienspekulant agieren". Wie kann uns das nur passieren? Das ist alles inhaltlich richtig, aber natürlich muss es heißen "Spekulantin"; die Freie und Hansestadt Hamburg ist eine Spekulantin, und das muss natürlich auch richtig geschrieben werden – meine Entschuldigung dafür.
Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Bei mir um die Ecke, Schulterblatt/Ecke Juliusstraße, steht seit Jahren ein Haus mit ungefähr zwölf Wohnungen leer, ein fantastischer Neubau, eingerichtet und leer stehend in einer Ecke, in der alle Menschen unheimlich gern wohnen wollen. Gleichzeitig haben wir Wohnungsnot in dieser Stadt und wir wissen, dass das ein kräftiges Problem ist.
Nun muss nicht unbedingt jeder Schulterblatt/Ecke Juliusstraße wohnen wollen – Frau Suding weiß nicht so recht, ob sie da hinziehen will, aber die meisten würden das sehr gern tun –, aber Leerstand insgesamt von Wohnungen ist in dieser
Ich finde, es ist eine wichtige Aufgabe für uns, das zu verändern. Wir sind übrigens auch von der Verfassung her dazu aufgefordert, das zu tun, denn sie sagt uns:
Das ist auch eine wichtige Aufgabe der Politik. Aber wir sind heute viel bescheidener. Wir wollen uns nur damit beschäftigen, dass selbst die Stadt Immobilien leer stehen hat, und zwar nicht wenige, das betrifft über 200 Objekte. Ich will Ihnen einige Beispiele dafür nennen: In der Nesselstraße, in der Nähe des Gefängnisses, gibt es etliche Häuser, die seit Jahren leer stehen. Man könnte da eigentlich sofort einziehen. Das ist eine Provokation gegenüber denjenigen, die in dieser Stadt Wohnungen suchen.
Ein weiteres Beispiel: Sechs Jahre hat das Finanzamt in der Großen Bergstraße in Altona, auch im öffentlichen Besitz, leer gestanden. Eine öffentliche Diskussion darüber wurde erst durch die Besetzung erreicht.
Ich habe mich darüber gefreut, dass zumindest eine offizielle staatseigene Institution wie die "Hamburg Kreativ Gesellschaft" dazu einen Vorschlag gemacht hat, der ganz gut ist. Sie hat in ihrem Bericht vorgeschlagen, dass die leer stehenden Gebäude im Besitz der Stadt nach einem Jahr übergangsweise kulturellen Institutionen zur Verfügung gestellt werden sollten. Diese Einschränkung finde ich zwar ein bisschen schwach – wir sollten das auch für andere Nutzungen öffnen –, aber dass Leerstand eine Provokation ist und dass es unsere Aufgabe ist, diesen Skandal zu beenden, ist doch hoffentlich eine Definition, die wir gemeinsam vertreten können.