Protokoll der Sitzung vom 29.08.2012

Diese Drucksache möchte die Fraktion der GRÜNEN an den Kulturausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Herr Schmidt, bitte.

– Keine Angst, ich singe nicht.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Über Musik lässt sich bekanntermaßen vortrefflich streiten, aber ich denke, dass wir uns alle einig sind, dass in der Musikstadt Hamburg für jeden Geschmack etwas dabei ist: ob Udo Lindenberg oder Tomte, Jan Delay oder Ina Müller, hier ist für jeden etwas dabei, hier kommt jeder auf seine Kosten. Und damit das so bleibt, wollen wir der Musikszene in Hamburg mit unserem Antrag den Rücken stärken.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen Hamburg neben London als den europäischen Musikwirtschaftsstandort etablieren. Hamburg ist eine quirlige Großstadt, Hamburg hat eine lebendige Musikszene und die Stadt genießt einen exzellenten Ruf in der ganzen Welt. Wir haben vor allem auch Netzwerke aus Studios, Vermarktern, Künstlern und auch Nachfragern für Musik, die über die Grenzen von Konzerten hinweggehen. Gerade im Bereich Computer-Games gibt es viele Überschneidungen; ohne Musik funktionieren Computerspiele heutzutage nicht mehr. Das sind alles Themen, die zeigen, dass wir das Thema ganzheitlich anpacken müssen. Und das Wichtigste ist: Wir haben tolle Clubs. Jeden Tag finden hier Events oder Konzerte statt, die für jeden Geschmack etwas bieten und die auch weltweit einen Ruf genießen, der in Deutschland seinesgleichen sucht.

(Beifall bei der SPD)

Insbesondere mit dem Reeperbahn Festival haben wir ein Flaggschiff, von dessen Auftrieb die ganze Stadt profitiert und das sich in den letzten Jahren

zu einem international anerkannten Event der gesamten Musikszene gemausert hat. Das ist nicht vom Himmel gefallen, sondern Ergebnis der harten Arbeit der Veranstalter, denen an dieser Stelle auch einmal dafür gedankt werden soll.

(Beifall bei der SPD, der CDU und bei Farid Müller GRÜNE)

Aber machen wir uns nichts vor: Bürokratische Hürden, der Streit mit der GEMA, den wir gerade erleben, und auch bestimmte Entwicklungen rund um den Kiez setzen der Musikszene arg zu. Die Politik muss deshalb endlich auch einmal das Signal senden, dass wir an der Seite der Hamburger Musikszene stehen. Wir Sozialdemokraten wollen dieses Zeichen mit diesem Antrag setzen und haben einen umfangreichen Katalog auf die Beine gestellt. Wir wollen das Reeperbahn Festival dauerhaft absichern und das Standortmarketing, insbesondere die Auslandsvermarktung, verbessern. Hier sind schon erste Schritte gegangen worden. Das Reeperbahn Festival hat sich in diesem Jahr beim South-by-Southwest-Festival in Texas hervorragend präsentiert. Wir wollen die Viertausender-Konzerthalle wieder angehen, und wir wollen mit der Schaffung eines Ausbildungsangebots im Bereich Musikverlagsmanagement für den nötigen Background sorgen.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen die Bedingungen für die Musikclubs in dieser Stadt verbessern, indem wir zum Beispiel die Sichtbarkeit der Musik in der Stadt erhöhen und eine Überprüfung der Stellplatzabgabe einleiten.

Dies sind Forderungen, die immer wieder aus der Szene zu hören sind und deswegen natürlich auch einmal einer näheren Betrachtung bedürfen. Sie bauen auf den bereits seit Jahren erfolgreich vom Bezirk Hamburg-Mitte eingeleiteten Maßnahmen auf. Der Runde Tisch Musikclubs wurde ins Leben gerufen und zum Beispiel das Club-Plakat kofinanziert. Der Bezirk hat mit dem Clubleitfaden das Beratungsangebot für Clubgründer ausgebaut und mit dem Clubgutachten im Jahr 2010 erste Impulse gesetzt. Hier hat die SPD bereits Aufbauarbeit geleistet, die wir nun auf Senatsebene fortführen wollen.

(Beifall bei der FDP)

Es gibt Themen, die kein leichtes Unterfangen sind. Die Realisierung einer mittelgroßen Konzerthalle hat bereits in der Vergangenheit für größere Unruhe gesorgt. Der Bedarf hierfür ist unbestritten vorhanden, und auch das Interesse an einer Realisierung ist nach wie vor vorhanden. Gemeinsam mit der Privatwirtschaft wollen wir nun einen geeigneten Standort finden, der stadtteilverträglich ist und über eine geeignete Anbindung verfügt, und dieses Thema dann auch wirklich umsetzen.

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

Manchmal braucht man mehrere Anläufe, aber am Ende wird es sich lohnen, da sind wir uns sicher.

In Hamburg ist Musik – das habe ich schon gesagt –, und mit unserem Antrag wird sie hoffentlich noch lauter. Wenn dann Tomte das nächste Mal fragt:

"Wie sieht's aus in Hamburg? […] Sind die Bars noch laut wie Kriege […]",

dann soll ihm ein lautes Ja entgegenschallen. In diesem Sinne: Rock 'n' Roll.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Wolff.

(Philipp-Sebastian Kühn SPD: Jetzt kommen wir zum Thema Schlager!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Diese Vorlage muss ich aufgreifen: Ich werde heute auch nicht singen.

(Zurufe aus dem Plenum: Oh!)

Herr Schmidt, vielen Dank für diesen Antrag. Das meine ich ganz ernst. Vor allem der Ansatz Ihres Antrags ist absolut unterstützungswürdig.

(Dirk Kienscherf SPD: Da sehen Sie mal!)

Da sind Sie überrascht, nicht wahr?

Wir finden auch, dass der Musikstandort Hamburg gestärkt werden muss und nicht nur die Hochkultur, sondern auch die von Ihnen angesprochene Club- und Festivalszene. Und aufgrund der guten Ansätze werden wir dem Antrag auf jeden Fall zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. Wenn meine eigene Fraktion kaum da ist, ist es doch schön, wenn die SPD klatscht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Aufgrund der vielen guten Ansätze wollen wir Ihrem Antrag auf jeden Fall zustimmen, aber wir wären natürlich keine gute Opposition, wenn wir nicht auch ein bisschen genauer hinschauen würden. Von daher gibt es die eine oder andere Kleinigkeit, die wir noch ein wenig bedenklich finden. Wir sehen aber das Potenzial von Hamburg als Musikstandort. Wir wissen, dass die Beatles hier aufgewachsen sind,

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

und Herr Schmidt hat vorhin schon weitere tolle Bands und Künstler erwähnt – Jan Delay oder Revolverheld könnte man noch hinzufügen –, die Hamburg über seine Grenzen hinweg in ganz Deutschland, aber auch in Europa bekannt ge

macht haben. Wir haben einen ganz tollen Popkurs, der nicht unerwähnt bleiben sollte, der ganz viele junge Talente nach Hamburg holt. Trotz der Krise des Musikverlagswesens ist Hamburg hier eine Metropole, die standhaft bleibt.

Das einzige, was ich – so gut der Antrag auch ist – ein bisschen fragwürdig finde, ist das rote Konzept in der Kulturpolitik. Wir haben das bei der Debatte um die Kulturtaxe thematisiert. Ihr Wirtschaftssenator hat darüber gesprochen, aber das Wort "Kultur" nicht so richtig erwähnt, auch nicht das Reeperbahn Festival, das in Ihrem Antrag doch ein relativ zentraler Punkt ist. Da gibt es bei mir ein paar Fragezeichen, denn im Senatsantrag zur Kulturtaxe steht genau dieses Reeperbahn Festival als förderwürdige Institution.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Richtig!)

Wenn man diese beiden Anträge nebeneinander legt, dann liegt so ein bisschen die Vermutung nahe, dass man da gerne im Vorwege ein Erfolgserlebnis schüren möchte, um dann im Juni 2013 festzustellen, dass dafür eh Geld da ist. Das wirkt ein ganz klein bisschen alibimäßig, aber vielleicht können Sie mich noch vom Gegenteil überzeugen. Denn wir finden, die Kulturtaxe sollte eine Zusatzförderung sein, und wenn Sie die Kultur so fördern wollen, wie es in diesem Antrag klingt, dann hoffe ich, dass Sie das weiterhin mit der Kulturtaxe tun werden und es nicht als Zusatzförderung ausgeben.

Sie haben gesagt, Sie wollten zu London aufschließen. Ich fürchte, allein durch diesen Antrag wird das wahrscheinlich nicht ganz klappen,

(Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN – Dr. Andreas Dressel SPD: Erster Schritt!)

aber man muss ja einmal irgendwo anfangen. Darum vielen Dank für diesen guten Antrag, dem wir gern zustimmen. Vielleicht unterstützen Sie Frau Dobusch im Kulturbereich, dann bekommen wir auch weiterhin so schöne Anträge. Wir hoffen auf mehr Anträge dazu aus unseren Reihen und aus Ihren Reihen, bei denen wir uns gegenseitig unterstützen können, denn ich glaube, das braucht Hamburg am meisten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das Wort bekommt Frau Goetsch.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Glück, dass Sie nicht gesungen haben, Herr Schmidt, auch wenn Sie anscheinend jetzt der Siggi Pop der Hamburger SPD sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Aber dünner!)

(Hansjörg Schmidt)

Zu Ihnen, Frau Wolff: Sie waren ein bisschen ahistorisch.

Wenn ich mir den Antrag anschaue, dann finde ich es natürlich erst einmal gut, dass unsere Initiativen aus der letzten Legislaturperiode fortgeführt werden. Der Antrag knüpft an die Neuausrichtung der Livemusikförderung an, die die damalige GAL initiiert hat und mit der wir – nur, um in Erinnerung zu rufen, dass das nicht alles etwas völlig Neues ist – folgende Ergebnisse produziert haben: den Live Concert Account, den Club Award Hamburg, die Hamburger Clubstiftung und die Labelförderung. Ich will die Zahlen gar nicht nennen, was das finanziell beinhaltet.

Sie haben dann eben erwähnt, dass Sie ganzheitlich vorgingen. Unabhängig davon, dass es ein Jubelantrag ist, beleuchtet der Antrag angesichts der Musikstadt Hamburg und, wie es vollmundig in der Antragslyrik heißt, der "europäischen Musikmetropole" wirklich nur einen kleinen Teil.