Plötzlich wird "Keine Knete – trotzdem Fete" verboten, einen Tag öffentlich Musik zu machen, weil die SPD in ihrer absoluten Mehrheit in Harburg Schiss davor hat, so etwas überhaupt zu machen.
Herr Hackbusch, es wäre ganz gut, wenn Sie sich daran erinnern, dass Sie im Augenblick vor der Hamburgischen Bürgerschaft sprechen und nicht in irgendeinem Club auf der Reeperbahn.
Soweit dazu. Ich möchte etwas mehr Mut, solche Festivals wie in Harburg zu akzeptieren und nicht zu sagen, das sei zu laut. Dann würde ich Ihnen auch zutrauen, innerhalb der Kulturpolitik einige Schritte nach vorn zu machen. Aber mit solchen lächerlichen Anträgen und solcher Politik, die keinen Mut hat, glaube ich das nicht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eines möchte ich in aller Deutlichkeit, auch wenn es vielleicht schon in unterschiedlichen Tonlagen angeklungen ist, festhalten: Hamburg ist natürlich Musikstadt.
Hamburg ist es auch nicht erst – auch wenn es manchmal anders klingt in der medialen Resonanz – seit dem Bau der Elbphilharmonie. Ich möchte das an dieser Stelle und aus aktuellem Anlass noch einmal sagen: Es entsteht eines der weltweit spektakulärsten Konzerthäuser. Hamburg ist auch nicht erst Musikstadt, seitdem sich das Reeperbahn Festival zur wichtigsten deutschen Veranstaltung der Musikbranche etabliert hat. Hamburg als Musikstadt – diese Tradition reicht in der Tat ein paar Tage länger zurück, nämlich bis ins 17. oder 18. Jahrhundert. Das darf man vielleicht manchmal noch im Kopf haben.
Aber die Vielfalt einer Musikstadt wird natürlich damals wie heute von einem Punkt ganz wesentlich bestimmt, und das sind die Akteure, die wirtschaft
lich auch von der Musik leben. Was den Musikstandort Hamburg ausmacht, ist es vor allen Dingen genau diese Mischung aus kleinen und größeren Unternehmen, die diesen Standort nachhaltig prägen. Diese Unternehmen brauchen ganz eindeutig eigene Rahmenbedingungen, die eben oft mit der Vielzahl von Auflagen, denen sich zum Beispiel Betreiber von Musikclubs ausgesetzt sehen, nicht kompatibel sind.
Ich glaube nicht, was gerade so ein bisschen als Unterstellung anklang, dass man die Clubs von allen Lasten befreien kann, zumal wir als Land auf vieles auch nur bedingt Einfluss haben. Aber natürlich müssen wir daran arbeiten, dass die Bedingungen vor Ort die Betreiber nicht frustrieren und, schlimmer noch, womöglich zuletzt in die Knie zwingen. Das ist eine wirkliche Herausforderung, auch wenn es ziemlich viel Kleinarbeit bedeutet.
Das heißt dann aber auch ganz konkret, dass, die Musikstadt zukunftsfähig weiterzuentwickeln, auch bedeutet, ein Umfeld zu schaffen, das kreatives, unternehmerisches Handeln nicht behindert, sondern im Gegenteil beflügelt. Ich glaube, Hamburg bietet da vielfältige Förderansätze und Unterstützung.
Ein paar davon möchte ich nennen. Sei es der Live Concert Account oder sei es der Club Awards vom Clubkombinat Hamburg, mit dem spezielle Formate der Clublandschaft ausgezeichnet werden, oder sei es die Clubstiftung, die etwa bei Licht- und Tontechnik, bei Lärmschutz und bei Brandschutz finanzielle Unterstützung bietet. Es gibt wirklich ein großes Bündel von Fördermaßnahmen, die aber alle noch ausbaufähig sind. Mit dem Clubkombinat Hamburg gibt es darüber hinaus eine bundesweit beachtete Einrichtung, die die Clubszene auch über finanzielle Fragen hinaus unterstützt, was für diese Szene eminent wichtig ist. Und es ist überhaupt kein Zufall, dass der jüngst gegründete Bundesverband LiveMusikKommission seine Geschäftsstelle in Hamburg eingerichtet hat und nicht anderswo.
Eng verzahnt mit dieser Clubförderung sind natürlich auch andere, für uns sehr wichtige Fördermodelle wie etwa die Hamburger Labelförderung, die die sogenannten kleinen Hamburger Musiklabels finanziell unterstützen soll, natürlich auch beim Künstleraufbau. Innovative Geschäftsmodelle, die es in Teilen auch schon gibt im digitalen Musikmarkt, werden auch durch so etwas wie den Wettbewerb "Music Works" unterstützt, bei dem übrigens gerade morgen die Preisverleihung ansteht.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf das Reeperbahn Festival eingehen. Eine ganz wichtige Funktion zur Stärkung der Musikszene und der Musikwirtschaft insgesamt hat in den letzten Jahren genau dieses Festival eingenommen. Es ist
gerade schon angeklungen, dass das Festival zunehmend international als Eingangstor zum deutschen Musikmarkt etabliert wurde und deshalb in diesem Jahr zum zweiten Mal über die Bundesregierung, über den BKM, finanziell unterstützt wird. Das ist eine Besonderheit in der Förderung der Popularmusik durch die Bundesregierung. Dafür sind wir ausgesprochen dankbar, weil es auch noch einmal die Wertschätzung für diesen Bereich in Hamburg dokumentiert.
Die Stadt hat das Reeperbahn Festival auch dieses Jahr – das wurde gerade erwähnt – in Austin auf der weltweit absolut bekanntesten Branchenveranstaltung im Rahmen einer Hamburger Gemeinschaftspräsentation dargestellt. Und das macht deutlich, worum es eigentlich geht, nämlich dass wir eine dauerhafte finanzielle Absicherung des Festivals brauchen, weil das von zentraler Bedeutung für den Musikstandort Hamburg ist, und dass es unser erklärtes Ziel ist, den Veranstaltern auch für die kommenden Jahre – da gebe ich allen recht, die das noch einmal thematisiert haben – Sicherheit zu geben, damit sie eine Entwicklungsperspektive haben.
Wenn Sie fragen, warum das im Haushalt nicht abgesichert ist, dann muss ich sagen: Wenn wir über Perspektiven nachdenken, dann gibt es viele Wege, die nach Rom führen, aber wir haben Rom fest im Blick.
Ein weiterer Punkt. Bereits seit vielen Jahren wird in der Stadt über das Problem einer mittelgroßen Musikhalle diskutiert, die sogenannte Viertausender-Halle. Ich bin froh, weil wir uns natürlich alle darüber einig sind, dass wir diese Halle dringend brauchen, es aber schwierig ist, einen geeigneten Standort zu finden, dass wir aktuell dabei sind, eine Lösung zu finden, die sowohl eine gute Verknüpfung mit der Szene herstellen könnte als auch Anwohnerbelange berücksichtigt. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob sich diese Hoffnungen dann auch erfüllen lassen. Aber ich bin da sehr optimistisch.
Musikstadt Hamburg. Ohne die Musikschaffenden würde der Stadt die zweite wichtige Seite fehlen. Genauso wichtig ist natürlich das Musikpublikum, denn keine Stadt ist als Musikstadt für andere so uninteressant wie eine, in der kein Interesse an Musik vorhanden ist. Damit dieses Interesse an Musik dauerhaft bleibt, verfügt Hamburg heute auch über ein im nationalen Vergleich ziemlich gut aufgestelltes Musikvermittlungsangebot. Hamburg als Musikstadt ist lebendig.
An dieser Stelle könnte man noch viel Positives, zum Beispiel über die Jazzszene, sagen, deren Akteure sich zur Initiative "Jazz Moves" zusammengeschlossen haben. Da konnten auch bereits zwei neue, große Festivals, "ELBJAZZ" und "ÜBERJAZZ", erfolgreich reüssieren, und zwar künstlerisch und auch beim Publikum. Genau diesen neuen Stellenwert der Jazzszene haben wir in Hamburg auch schon im Haushalt 2012 aufgegriffen. Wir haben die institutionelle Förderung für das Jazzbüro Hamburg erhöht. Wir haben ein Programm zur Förderung von kleinen Jazzreihen aufgelegt und wir haben die drei Festivals "Jazz Open", "ÜBERJAZZ" und "ELBJAZZ" finanziell besser, aber – das gebe ich gern zu – längst nicht ausreichend finanziell abgesichert.
Dass es wünschenswert wäre, Hamburg als Musikstadt noch rascher und finanziell noch größer dimensioniert zu entwickeln, brauche ich Ihnen nicht ausdrücklich zu sagen. Wir werden natürlich in den kommenden Jahren weiter in Teilen auf private Unterstützung angewiesen sein. Ich bin sehr froh, dass es in Hamburg doch eine große Menge von Bürgerinnen und Bürgern gibt, die mit dem tätig werden, was man veritablen Gemeinsinn nennen könnte, und von denen viele gern und oft ihr Portemonnaie für Musik öffnen.
Aber bei der Stärkung der Musikstadt Hamburg kann es nicht allein um finanzielle Förderung gehen. In den letzten Jahren sind durchaus Strukturen geschaffen worden, die dem Musikleben weiteren Auftrieb geben. Ich glaube, Hamburg ist als Musikstadt auf einem guten Weg, und dabei sind auch mit kleinen Mitteln kleinere, aber erfolgreiche Schritte getan worden. Das wird sicherlich auch in Teilen – es kann gern auch größer werden – die Politik der nächsten Jahre sein. Ich wäre dankbar, wenn wir gemeinsam konsensual und harmonisch an diesem Ziel weiterarbeiten könnten.
Meine Damen und Herren! 1861, um noch einmal zur Tradition der Musikstadt zurückzukommen, schrieb Tschaikowsky – übrigens völlig zutreffend – nach seinem ersten Besuch in Hamburg an seinen Vater, dass Hamburg unvergleichlich schöner als Berlin sei. Und bei diesem Vergleich, finde ich, sollten wir es in Zukunft auch belassen, wenn wir über die Musikstadt Hamburg reden. – Ich danke Ihnen.
Wer einer Überweisung der Drucksache 20/4981 an den Kulturausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? –Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.
Wer dem Antrag der SPD-Fraktion aus Drucksache 20/4981 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig angenommen worden.
Punkt 23 der heutigen Tagesordnung, Drucksache 20/4959, Antrag der CDU-Fraktion: Kinder und Jugendliche brauchen auch männliche Vorbilder – Mehr Männer in die Hamburger Kitas.
[Antrag der CDU-Fraktion: Kinder und Jugendliche brauchen auch männliche Vorbilder – Mehr Männer in die Hamburger Kitas – Drs 20/4959 –]
Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr de Vries, bitte.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es wäre schön, wenn alle männlichen Vorbilder auch im Raum bleiben; ich kann den Appell nur unterstreichen.
Wenn wir einmal den Blick zurückwerfen auf die eigene Kindheit, dann kommt einem der Satz "Was will ich werden, wenn ich groß bin?" mit Sicherheit bekannt vor.