Protokoll der Sitzung vom 28.11.2012

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Frau Senatorin Kisseler und ich kommen beide dran, um das schon einmal vorwegzunehmen.

Das Thema Kultur und Tourismustaxe bietet, wie wir das hier wieder erleben, Stoff für Diskussionen. Neben bereits allen ausgeführten Darstellungen und Begründungen hierzu jetzt noch einmal von meiner Seite die aktuelle Situation.

Erstens hat es sich als weise herausgestellt – trotz anderer Vorschläge von Teilen der Opposition –, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vor Gesetzesabschluss entsprechend abzuwarten. Das Urteil hat zwar durch das Thema Geschäftsreisende die Regelung nicht einfacher gemacht, zugleich hat es aber auch ausdrücklich festgestellt, dass eine übernachtungsbezogene Steuer grundsätzlich durchaus möglich ist. Wir geben uns aber keinen Illusionen hin: Der Rechtsstreit ist damit nicht zu Ende. Manche Entscheidungen unter Gerichten zeigen ein zum Teil widersprüchliches Bild. Wir haben es heute schon einmal gehört, ich nenne zum

(Norbert Hackbusch)

Beispiel die jüngste Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen kontra oder die des Oberverwaltungsgerichts Schleswig pro Übernachtungssteuer. Auch in Hamburg sind Klagen, wie wir wissen, angekündigt, und das ist das gute Recht eines jeden Unternehmers. Fahrlässig wäre es aber auch, ein politisches Ziel aufzugeben, nur weil die Möglichkeit nicht vollkommen ausgeschlossen werden kann, bei allen rechtlichen Prüfungen eventuell doch juristisch zu unterliegen. Dies von vornherein definitiv auszuschließen, ist in einem Rechtsstaat, das wissen wir, selbstverständlich unmöglich, und zum Glück ist es so hier in Deutschland.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens sind wir der Überzeugung, dass es möglich ist, die Kultur- und Tourismustaxe mit zumutbarem Aufwand für die Hotellerie umzusetzen. Ich will nichts schönreden, der Aufwand wächst durch die Beschränkung auf Privatreisende, und wir hätten uns von Anfang an eine andere Regelung gewünscht. Dennoch ist es möglich, das Verfahren auf eine vertretbare Art und Weise zu regeln, und wir werden bei der Umsetzung aktiv alle Beteiligten unterstützen, die zu Fragen der praktischen Anwendung Hilfestellung benötigen.

(Beifall bei der SPD)

Entsprechende Informationen und Materialien werden in Kürze online geschaltet. Eine Hotline wird entsprechend für alle Fragen der Praxis zur Verfügung stehen. Das Angebot lautet, die Betriebe auf allen sinnvollen Wegen dabei zu unterstützen, die neue Steuer so praktikabel wie irgendwie möglich im Hotel umzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Ich hoffe sehr, dass dieses Angebot auch wahrgenommen wird.

(Jens Kerstan GRÜNE: Was ist denn jetzt eigentlich mit Kultur?)

Die zahlreichen Gespräche, die wir in den vergangenen Wochen und Monaten mit der Branche hierzu bereits geführt haben, stimmen mich absolut optimistisch.

Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir unter dem Stichwort Sachlichkeit – es passt gerade in die Diskussion – auch eine kurze Bemerkung zu den angeblich komplexen Berechnungen. Hierzu sind in einem Hotel genau drei Parameter nötig: der Zimmerpreis, die Zahl der Gäste und die Dauer des Aufenthalts, also nichts, was nicht ohnehin erhoben wird, und somit kein Hexenwerk.

Drittens zeigen die bisherigen Erfahrungen, dass die ohne Frage mit der neuen Steuer noch verbundenen, allerdings geringfügigen Preiserhöhungen nicht zu einem belegbaren Rückgang bei den Übernachtungszahlen führen werden, und da bin

ich mir in Hamburg ganz besonders sicher, dass das nicht der Fall sein wird. Oder abstrakter gesprochen: Die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Standorts im Tourismus wird hierdurch nicht signifikant beeinträchtigt.

Viertens – und das ist mir besonders wichtig – ist es fundamental, dass die sehr gute Zusammenarbeit zwischen Stadt und Tourismuswirtschaft, die das Ganze erst einmal möglich machen muss, nicht beschädigt wird. Natürlich muss und wird eine Branche, der eine Sondersteuer auferlegt wird, zunächst einmal dagegen protestieren oder nicht darüber erfreut sein. Natürlich ist es auch unbenommen, das wissen wir, dagegen zu klagen. Auch wenn wir alles tun werden, den Aufwand so gering wie rechtlich möglich zu halten, bedeutet eine neue Steuer zusätzlichen Aufwand, und natürlich muss es gute Argumente geben, die für eine solche Steuer sprechen. Deshalb möchte ich gerne noch einmal wiederholen, dass denjenigen, die das Geld aufbringen, also den Hotels und den Touristen, die Verwendung der Mittel auch in der Gesamtheit erkennbar zugutekommen soll.

Einer der wichtigen Gründe des einzigartigen Erfolgs im vergangenen Jahrzehnt in Hamburg ist die hervorragende Kooperation mit der Branche und gerade auch mit den Hamburger Hotels. Bei allem geht es immer wieder darum, Hamburgs Anziehungskraft und Attraktivität zu stärken und nicht allein auf die Anzahl der Touristen zu setzen.

Zum Wohle der ganzen Stadt und gerade auch der Beherbergungsbetriebe lassen Sie uns, das kann ich nur appellierend sagen, die Chancen, die das Instrument Kultur- und Tourismustaxe für unsere Stadt bietet, gemeinsam im Sinne der Stadt nutzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Das Wort bekommt nun Frau Senatorin Kisseler. Vielleicht können wir im Sinne der Debatte die Klönzirkel am Rand ein wenig auflösen. Sie sind schon geraume Zeit am Werke, und vielleicht ist jetzt alles besprochen.

Frau Senatorin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie wir gerade gemerkt haben, lässt sich über nichts trefflicher streiten als über Geld und vor allen Dingen darüber, wie man es ausgibt. Das gilt natürlich einmal mehr, wenn es um die Einführung einer neuen Abgabe geht. Insofern finde ich es als Kulturpolitikerin und als Bürgerin dieser Stadt nicht nur nachvollziehbar, sondern richtig, dass es um die Einführung der Kultur- und Tourismustaxe eine intensive und durchaus kontroverse Diskussion gibt. Eine Steuererhebung ist kein Thema, das leichtfer

(Senator Frank Horch)

tig oder schnell verabschiedet werden kann. Hier geht es aber nicht einfach um einen Weg, egal wie, mehr Geld für die Stadt einzuwerben, sondern es geht darum, die Attraktivität unserer Stadt zu steigern und sie langfristig zu sichern – und dies ausdrücklich sowohl für die Hamburgerinnen und Hamburger als auch für die zum Glück immer zahlreicher nach Hamburg kommenden Touristen.

(Beifall bei der SPD)

Nicht umsonst sind wir nicht die einzige Stadt, die über die Einführung einer solchen Taxe diskutiert. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir nach den intensiven Erörterungen in den Ausschüssen mit den Expertenanhörungen jetzt einen entscheidungsreifen Gesetzentwurf vorliegen haben. Es wird Sie nicht verwundern, dass ich als Kultursenatorin, Frau Goetsch, eine große Sympathie für die Forderung hege, es solle mehr Geld in die Kultur fließen. Insofern werde ich allerdings auch nicht müde, darauf hinzuweisen, dass wir vereinbart haben, mindestens 50 Prozent der Taxe der Kultur zugutekommen zu lassen, und ich werde mich selbstverständlich auch künftig gerne mit Ihrer aller Unterstützung dafür einsetzen, dass dieses "mindestens" ein starkes "mindestens" ist.

Herr Hackbusch, was die Entscheidungswege angeht, die Sie vorhin kritisiert haben: Ich glaube, ich bin nicht in erster Linie für meine Nachgiebigkeit in Sachen Kultur bekannt.

(Beifall bei der SPD – Norbert Hackbusch DIE LINKE: Sind Sie sonst denn nachgie- big?)

Es wird Sie auch nicht wundern, dass ich der festen Überzeugung bin, dass die Attraktivität einer Stadt, und zwar sowohl für ihre Bürger als auch für Touristen, wesentlich von der Attraktivität und der Vielfalt ihres kulturellen Angebots abhängt. Aber ich halte gar nichts von einer Wagenburgmentalität, die nur den eigenen Vorgarten sieht und schon den des Nachbarn für überflüssig erklärt. Natürlich braucht eine Stadt wie Hamburg auch sportliche Großereignisse, um für die Bewohner und für Touristen attraktiv zu sein. Auch wenn es eher unwahrscheinlich ist, dass ich als Kultursenatorin demnächst an einem Marathon teilnehme, soll es durchaus zahlreiche Besucher von sportlichen Großereignissen und Veranstalter solcher Events geben, die Hamburg nicht zuletzt wegen seiner kulturellen Vielfalt als Veranstaltungsort interessant finden. Erlauben Sie mir einen kleinen Ausflug in das Ressort meines Kollegen Michael Neumann: Der Triathlon hat immerhin durchschnittlich 700 000 Besucher, und dieses Potenzial, neben der zusätzlichen medialen Präsenz, würde ich gerne mitnutzen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Wenn die Vernunft siegt, was auch hier nicht ausgeschlossen ist, kön

nen wir mit der Kultur- und Tourismustaxe, wie bereits im Aufsichtsrat der Hamburg Tourismus GmbH unter Einbindung der Hotelvertreter kontrovers, aber auch konstruktiv praktiziert wurde, den erfolgreichen Kurs der Kultur und des Tourismus in Hamburg weiter ausbauen, und davon haben dann alle etwas.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich wäre es schön, wenn wir, wie von der Opposition wiederholt gefordert, mit den zu erwartenden Einnahmen nur Neues finanzieren könnten. Das geht aber leider an der Wirklichkeit, vor allem an der Haushaltswirklichkeit, ein bisschen vorbei.

(Dietrich Wersich CDU: Das ist eine Senats- entscheidung!)

Der Senat steht vor einer Riesenherausforderung; erlauben Sie mir, dass ich das kurz noch einmal anspreche. Entweder werden zulasten zukünftiger Generationen neue Schulden gemacht oder wir nutzen die Chance und erhalten erstens die beeindruckende kulturelle Vielfalt der Stadt und ermöglichen zweitens neue erfolgreiche Formate, die sonst möglicherweise schon nächstes Jahr nicht mehr finanziert werden können.

(Beifall bei der SPD – Dietrich Wersich CDU: Was ist mit den teuren Fehlentscheidun- gen?)

Exemplarisch dafür nenne ich den Ausstellungsfonds, das Reeperbahn Festival oder auch ELBJAZZ. Solche erfolgreichen Formate beziehungsweise Projekte nicht fortzuführen hieße, den kulturellen Reichtum dieser Stadt entschieden zu konterkarieren.

(Beifall bei der SPD – Dietrich Wersich CDU: Das müssen Sie Ihrem Bürgermeister sa- gen!)

Verantwortlich kann das aber nur durch zusätzliche Steuereinnahmen gelingen. Wer dies alles ausschließlich aus dem Kulturetat finanzieren möchte, muss entweder mehr Schulden machen, oder er muss sagen, was er dafür im Kulturetat streichen möchte.

(Beifall bei der SPD)

Die Kultur- und Tourismustaxe bringt uns zusätzliches Geld für die Kultur, mit dem wir Bewährtes absichern können und, zum Beispiel mit dem Elbekulturfonds, viele neue, wichtige substantielle Impulse ermöglichen werden. Alles, was dazu geeignet ist, die kulturelle Attraktivität und Vielfalt unserer Stadt zu steigern, wird – davon bin ich überzeugt und das zeigen auch etliche Studien zum Thema – letztlich auch dem Tourismus zugutekommen. Insofern möchte ich auch von dieser Stelle an die Hoteliers appellieren, die Chance dieser Taxe für die Stadt und damit auch für sie selbst zu erkennen.

(Senatorin Barbara Kisseler)

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen halte ich es für überzeugend, das Gesetz beziehungsweise seine Umsetzung, wie im CDU-Antrag gefordert, nach einer zweijährigen Erprobung zu evaluieren und gegebenenfalls Veränderungen vorzunehmen. Aber darüber hinaus möchte ich bei den Kritikern hier im Haus dafür plädieren, doch bitte nicht den Maßstab zu verlieren und für diesen meines Erachtens ausgewogenen und verantwortungsvollen Gesetzentwurf zu stimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen? – Wenn das nicht der Fall ist, kommen wir zur Abstimmung.

Wir beginnen mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE aus Drucksache 20/5959.

Wer möchte diesen annehmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zum Antrag der CDU-Fraktion aus Drucksache 20/5973. Diesen möchten die SPDFraktion und die Fraktion DIE LINKE ziffernweise abstimmen lassen.