Protokoll der Sitzung vom 11.12.2012

(Farid Müller GRÜNE: Haben Sie schon mal eine Wahl gewonnen?)

Und deshalb konzentriere ich mich heute doch lieber auf die Haushaltsdebatte und nicht auf den Ressortzuschnitt.

(Beifall bei der SPD)

Es ist schon gesagt worden, dass der Haushalt bis zum nächsten Jahr um 5 Prozent wächst und um fast 7 Prozent im Jahr 2014. Das ist tatsächlich auf eine Steigerung der gesetzlichen Leistungen zurückzuführen, aber auch darauf, dass dieser Senat Abschied genommen hat vom Prinzip Hoffnung bei der Haushaltsveranschlagung. Wir veranschlagen jetzt den tatsächlichen Bedarf.

Auch bei den Krankenhausinvestitionen gibt es keine Einschnitte.

(Dietrich Wersich CDU: Gibt es nicht gerade einen Nachtragshaushalt für Ihren Einzel- plan?)

Das war noch Ihre Veranschlagung, Herr Wersich, die wir korrigiert haben. Wir sprechen jetzt über 2013/2014.

(Beifall bei der SPD – Dietrich Wersich CDU: Ach 2012, alles klar!)

Auch bei den Krankenhausinvestitionen bleiben wir mit 108 Millionen Euro auf hohem Niveau. Das ist auch eine Investition in den Gesundheitsstandort Hamburg, der zu 30 Prozent Patientinnen und Patienten versorgt, die gar nicht hier in Hamburg leben, sondern von außerhalb kommen. Das ist eine Investition in sichere Arbeitsplätze in der Gesundheitswirtschaft. Inzwischen arbeiten 130 000 Menschen in Hamburg in der Gesundheitswirtschaft. Das ist genauso viel wie im und durch den Hafen. Deshalb haben wir auch ein eigenes Förderprogramm für Gesundheitswirtschaft aufgelegt.

(Beifall bei der SPD)

Aber im Gesundheitsbereich ist nicht nur das Wieviel, sondern auch das Wo und Wie entscheidend. Deshalb werden wir die Mittel ganz gezielt nutzen, zum Beispiel um das Prinzip ambulant vor stationär umzusetzen und um insbesondere sozial benachteiligte Stadtteile besser zu versorgen.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden vier neue Tageskliniken mit Ambulanzen in sozial benachteiligten Stadtteilen finanzieren, und wir werden alle Möglichkeiten der Bedarfsplanung nutzen, um die sehr ungleiche Verteilung von Arztpraxen in Hamburg zu korrigieren. Der Zusammenhang zwischen sozialer Lage und Gesundheit ist deutlich, da muss nicht auch noch der Weg zum Arzt zum Hindernislauf werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen auch die Qualität der Gesundheitsversorgung erhöhen. Dazu gehört Transparenz darüber, wer wo wie gut versorgt. Deshalb finanzieren wir ein klinisches Krebsregister und haben dafür schon Mittel reserviert.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen, dass alle Kinder in Hamburg gesund aufwachsen, in allen Stadtteilen und auch in sozial

(Kersten Artus)

benachteiligten Familien. Deshalb werden wir von der Geburtsklinik über die Kindervorsorgeuntersuchungen bis zu den Kindertagesstätten und in die Schulen hinein ein Netzwerk früher Hilfen knüpfen. Mit eigenen und mit Bundesmitteln werden wir das System aus Familienhebammen, Kinderkrankenschwestern und Sozialpädagoginnen und -pädagogen ausbauen. Ein soziales Frühwarnsystem soll dafür sorgen, dass Familien unterstützt werden und die Kinder in Hamburg von Anfang an gute Entwicklungschancen haben.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir wissen, dass Gesundheitschancen in Deutschland immer noch sehr ungleich verteilt sind und dass darüber schon sehr früh entschieden wird. Deshalb betreiben wir Gesundheitsförderung ganz besonders in Tageseinrichtungen und Schulen, da, wo wir alle Kinder erreichen. Und wir würden das gerne noch intensivieren. Aber dafür bräuchten wir ein Bundespräventionsgesetz, das auch die Sozialversicherungen verpflichtet, mehr Geld in Prävention zu investieren und dabei mit Ländern und Kommunen im Sozialraum zusammenzuarbeiten. Da der Bund nicht handelt, wird Hamburg am Freitag eine entsprechende Initiative in den Bundesrat einbringen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Entgegen Ihrer Darstellung werden die Zuwendungen für die Träger der Suchthilfe nicht gekürzt. Im Etat für 2013/2014 stehen 18,6 Millionen Euro, kein einziger Euro weniger als in diesem Jahr.

(Dietrich Wersich CDU: Nur das Geld ist we- niger wert!)

Die Eingliederungshilfe für Suchtkranke steigt um 3 Millionen Euro. Die Zuwendungen werden auf dem bisherigen Niveau gesichert, aber – das gehört zur Ehrlichkeit dazu – Preis- und Tarifsteigerungen werden nicht zusätzlich bezahlt werden können. Wir haben schon sehr früh intensive Gespräche mit den Trägern begonnen, um das gemeinsam zu bewältigen, denn die Situation ist nicht einfach. Aber eine Tarifflucht wird es dafür nicht geben.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Das kön- nen Sie doch gar nicht entscheiden!)

Und wir werden einen Feuerwehrfonds für einzelne kleine Träger bilden, die mit dieser Situation nicht fertig werden. Ich weiß, das ist eine Herausforderung für alle, aber wir betreiben auch Aufgabenkritik und werden das gemeinsam gestalten.

(Beifall bei der SPD)

Um das abzufedern, brauchen wir auch Mittel, die wir aus der Umstrukturierung der Suchtselbsthilfe gewinnen können. Diese Mittel werden nicht gestrichen, sondern sie bleiben dem Suchthilfebereich

erhalten. Aber wir werden Sonderförderprogramme einstellen und alle Selbsthilfegruppen, auch die der Suchtselbsthilfe, nach den gleichen Kriterien fördern. Dazu gehört dann auch die Förderung durch KISS, die verstärkt werden soll.

Wenn Sie der Meinung sind, dass das für die 110 Suchtselbsthilfegruppen nicht zumutbar ist, dann müssen Sie die Frage beantworten, warum 300 Suchtselbsthilfegruppen bereits heute nach diesem Prinzip arbeiten können und über 1000 Gruppen im Gesundheitsbereich insgesamt. Wenn Sie meinen, dass das so nicht geht, dann erwarte ich jetzt auch Haushaltsanträge für den Rest der Selbsthilfegruppen im Gesundheitswesen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Auch beim Verbraucherschutz gibt es keine Kürzungen und ebenso wenig beim HU. Wir fördern die Verbraucherzentrale auf dem bisherigen Niveau. Ich würde gerne mehr tun, das gebe ich zu, aber angesichts der Haushaltslage ist das nicht möglich. Umso bedauerlicher ist es aber, dass die Bundesregierung und die CDU-regierten Bundesländer eine gemeinsame Aktion der SPD-Länder blockiert haben, die zur Finanzierung der Verbraucherarbeit auch abgeschöpfte Gewinne aus Verstößen gegen den Wettbewerb einsetzen wollte.

Die Bundesregierung ist übrigens im Verbraucherschutz gerade auf Blockieren spezialisiert. Eine Reihe von Hamburger Initiativen, sei es die Hygieneampel, der Rechtsanspruch auf ein Konto für jedermann oder die gesetzliche Begrenzung von Dispo-Zinsen, sind an Frau Aigner gescheitert. Verbraucherschutz ist in großen Teilen bundesgesetzlich geregelt, das ist auch gut so, weil wir einheitliche Lebensverhältnisse wollen. Das ist allerdings unter der Bundesregierung, die wir im Moment haben, eine schwere Prüfung.

(Beifall bei der SPD)

Auch im Bereich Pflege- und Seniorenarbeit finden Sie keine Kürzungen, im Gegenteil. Die Hilfen zur Pflege wachsen auf fast 200 Millionen Euro im Jahr 2014. Dieser Bereich ist allerdings kein Steinbruch für Haushaltsanträge. Dass mit der sogenannten Pflegereform der Bundesregierung in den Landeshaushalten Einsparungen bei den Hilfen zur Pflege auflaufen könnten, behauptet noch nicht einmal der Bundesgesundheitsminister selber.

Meine Damen und Herren! Wir wollen Hamburg auf die demografische Entwicklung einstellen mit einer Reihe von Initiativen, die wir ergriffen haben und noch ergreifen werden. Dazu gehören das Seniorenmitwirkungsgesetz, die Verordnungen zum Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz mit den Vorgaben zur Barrierefreiheit für alle Einrichtungen und zur Sicherung der Fachkraftquote in den Einrichtungen, die Initiativen zur Ausbildungsumlage,

(Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks)

zur Finanzierung des dritten Umschulungsjahres in der Altenpflegeausbildung, die Landesinitiative "Leben mit Demenz" und nicht zuletzt eine behördenübergreifende Demografiestrategie für Hamburg. Wir wollen eine lebenswerte Stadt für alle Generationen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Zusammengefasst: Der Haushalt der Behörde wächst. Das Äußerste, was wir den Trägern zumuten, besteht darin, dass die Zuwendungen nicht steigen und dass eine Umverteilung innerhalb der Fachbereiche vorgenommen wird. Ich rate deshalb davon ab, Anträge zu beschließen, die mit Deckungsvorschlägen, die nicht funktionieren, Kürzungen rückgängig machen, die nicht vorgenommen werden. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Das Wort hat nun Herr Thering.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Stemmann und ich haben uns ganz bewusst die Redezeit geteilt, um dem wichtigen Thema Verbraucherschutz noch einmal eine ordentliche Portion Aufmerksamkeit zu verleihen. Und wer Ihre Rede, Frau Senatorin Prüfer-Storcks, gehört hat, weiß, dass das unendlich wichtig ist, und hat auch einmal mehr gemerkt, dass das Thema Verbraucherschutz in Ihrem Senat absolut stiefmütterlich behandelt wird.

(Beifall bei der CDU)

Wieso ist das Thema Verbraucherschutz heute von einer solchen Relevanz? Ganz einfach: Es betrifft alle Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt, Verbraucherpolitik ist keine Klientelpolitik. Sie ist für alle Menschen in Hamburg ein zentrales Zukunftsthema. Die aktuellen Haushaltsberatungen haben gezeigt, dass alle Fraktionen in diesem Hause dies verstanden haben – bis auf die SPD.

(Beifall bei der CDU)

Allerdings muss ich nach dem Redebeitrag von Herrn Dr. Schinnenburg sagen, dass auch bei der FDP das Thema Gesundheit und Verbraucherschutz nicht ganz oben zu stehen scheint.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD – Dr. Andreas Dressel SPD: Dabei stel- len sie doch den Bundesgesundheitsminis- ter!)

Sie von der SPD verspielen auf ganz zentralen Gebieten das Vertrauen der Menschen in unserer Stadt.

Punkt 1: Die SPD möchte die Hygieneampel einführen. Wir sind uns aber fast alle einig – beim Wirtschaftssenator wissen wir immer noch nicht genau, woran wir sind, aber auch das werden wir