Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Da ist er nun also, der Haushalt "SPD pur". Wenn wir uns diesen genau anschauen, dann müssen wir feststellen, dass es keine wesentlichen Änderungen zur Politik der CDU und der damaligen GAL gibt. Dieser Haushalt steht unter dem Motto: Weiter so.
In Teilbereichen hat die SPD Kürzungen zurückgefahren, dafür aber an anderer Stelle verschärft. Gravierend ist, dass nach fast 22 Monaten Alleinregierung bei den Problempunkten immer noch die Schuld auf die Vorgängerregierung geschoben wird, so zum Beispiel beim Wohnungsbau, beim Wohnungsmarkt insgesamt, bei der Schulpolitik und bei der mangelnden Infrastruktur. Herr Dressel, ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft Sie das Wort "Erblast" verwendet haben. Das hilft Ihnen nicht weiter, Sie haben die Verantwortung.
Im Interview des Bürgermeisters mit dem "Hamburger Abendblatt" vom 7. Dezember wurde Olaf Scholz wie folgt zitiert:
"Die Fehler bei der Elbphilharmonie sind am Anfang gemacht worden. Man hat begonnen, ein Gebäude zu bauen, bevor man es fertig geplant hatte."
Ich muss zugeben, dass sich die CDU auch nicht mit Ruhm bekleckert hat, und ich kann Ihre Aufregung nicht verstehen, Herr Wersich. Aber Sie, Herr Scholz, haben vergessen hinzuzufügen, dass die SPD allen Beschlüssen zur Elbphilharmonie in der Bürgerschaft zugestimmt hat.
Der SPD-Senat ist druckempfindlich und richtet seine Politik danach aus, wo es am wenigsten Widerstand gibt. Man lässt Versuchsballons in der Stadt steigen, dann wird geschaut, wie die Reaktion ausfällt, und danach richtet sich die Politik. Und Sie, Herr Bürgermeister, stellen sich als Saubermann dar und haben mit den Kürzungen nach außen hin gar nichts zu tun. Sie lassen von Ihren Senatoren kürzen, und zwar in den Bezirken, in der Kultur, in den Hochschulen und in den Behörden. Das ist eine Form von Politik nach Königsmanier.
Bleiben wir bei den Bezirken. Wir haben bereits gehört, dass dort Kürzungen von über 20 Millionen Euro greifen. Das von Ihnen erfundene Chancenbudget wird nicht dafür sorgen, gesetzliche Leistungen bürgerorientiert, bürgernah und bürgerfreundlich zu verwalten und zu bewilligen, sondern dazu, dass mehr Menschen in dieser Stadt gesetzliche Leistungen nicht in Anspruch nehmen werden, weil Öffnungszeiten eingeschränkt, Antragsformulare verkompliziert und unsinnige Unterlagen eingefordert werden. Das finden wir ungezogen und das gehört sich nicht, um Herrn Hackbusch zu zitieren.
Anstatt den wichtigsten Einrichtungen der Stadtteilarbeit und Stadtteilkultur eine langfristige, verlässliche und auskömmliche Finanzierungsbasis zu geben, legen Sie Stadtteilfonds auf, die nur das Schlimmste verhindern können.
Das hätten Sie auch nötig, aber die alleinregierende SPD verstärkt die soziale Spaltung in Hamburg und grenzt immer mehr Menschen aus. Deshalb fordert DIE LINKE in der Bürgerschaft die Rücknahme aller geplanten Kürzungen beim Personal im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit, im Hochschulbereich und bei Kultureinrichtungen.
Herr Dressel, wir werden dem Antrag zu den Bücherhallen zustimmen. Wir finden es gut, dass Sie da einen Schritt gemacht haben, aber die Bücher
Sie haben dort jede Menge Kürzungen versteckt, die wir nicht in Ordnung finden, und im Bereich des Verbraucherschutzes und der Suchtselbsthilfe ebenfalls.
DIE LINKE in Hamburg macht Vorschläge, wie man in dieser Stadt Mehreinnahmen erzielen könnte, und zwar zum einen mit der Grunderwerbssteuer. Nach unseren Vorschlägen wären das ungefähr 63 Millionen Euro im Jahr. Wir plädieren nach wie vor für eine Verbesserung des Steuervollzugs, was aufwachsend zu einem dreistelligen Millionenbetrag an Mehreinnahmen führen kann. Insgesamt schlagen wir eine Ausgabensteigerung von 530 Millionen Euro pro Jahr vor.
(Dr. Andreas Dressel SPD: Aber Sie wissen schon, dass die Schuldenbremse in der Ver- fassung steht?)
Nun höre ich gar kein Aufheulen, darauf habe ich mich verlassen, aber ich will Ihnen trotzdem sagen, wie wir das finanzieren wollen; das müssen wir natürlich darlegen. Wir wollen diese Mehrausgaben von 530 Millionen Euro pro Jahr aus den Steuermehreinnahmen decken, und zwar ohne die Vorsichtsabschläge, aus den versteckten Reservepolstern und durch einen verbesserten Steuervollzug.
In der Unterrichtung der Bürgerschaft über die Ergebnisse der Novemberschätzung 2012 ist vermerkt, dass der Senat bei der aktuellen Haushaltsplanung Vorsichtsabschläge in beträchtlicher Höhe vorgenommen hat. Das beginnt in 2014 mit 130 Millionen Euro und ist aufwachsend erst einmal bis 2016 mit 500 Millionen Euro geplant, die als Polster angelegt werden. Nur sind diese Reservepolster nichts Neues in Hamburg, und andere Senate haben ebenfalls versucht, diese im Haushalt zu verstecken. Einige nennen das Kriegskasse, andere sagen, es ist der Fonds für Wahlgeschenke. Die CDU nennt das Haushaltstricks; sie muss es wissen, denn sie hat bei Schwarz-Grün schon solche Polster geschaffen, nämlich die sogenannten Rückstellungen für Mehraufwendungen.
Hier setzt die SPD noch eins obendrauf und schafft für 2013 und 2014 weitere zusätzliche Polster. Bezüglich der Reserven gibt es keine Vorgaben, wofür dieses Geld verwandt werden soll.
Hinzu kommen Senkungen der Gewerbesteuersätze im dreistelligen Millionenbereich, die nicht einmal ansatzweise begründet sind. Im Rahmen des Fiskalpaktes kann die Hansestadt durch die Übernahme der Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung durch den Bund in 2013 mit 135 Millionen Euro rechnen und in 2014 mit 190 Millionen Euro.
Dieser Senat, der uns erzählen will, dass man überall kürzen muss, hat Mittel verfallen lassen, und zwar beim Bildungspaket, beim Arbeitsmarkt und beim Schulbau. Das sind Bereiche, in denen das Geld dringend gebraucht würde, insbesondere bei den Kindern von Transferempfängern. Das können wir nicht verstehen.
Alles in allem sind im Haushalt 2013/2014 Reserven vorhanden, die über die Größenordnung unserer 530 Millionen Euro weit hinausgehen. Uns ist im Unterschied zu allen anderen Fraktionen in diesem Hause wichtig, dass im Angesicht einer europaweiten Rezession eine antizyklische Haushaltspolitik gefahren wird, um die Folgen für Hamburg und seine Bürgerinnen und Bürger so verträglich wie möglich zu gestalten. Wird die Unterfinanzierung im Haushalt weiter vorangetrieben, so wie es die SPD mit ihren Kürzungsvorschlägen und Rahmenbedingungen vorschlägt, dann wird die soziale Spaltung in dieser Stadt weiter verschärft. Schon jetzt ist die Schere zwischen Arm und Reich unerträglich.
In der November-Steuerschätzung steht der bemerkenswerte Satz, dass die Schätzung vom geltenden Steuerrecht ausgehe.
Nun haben wir in dieser Stadt ein sehr aktives Bündnis, das "umFAIRteilen" heißt. Dieses Bündnis fordert an mehreren Stellen eine Änderung der Steuergesetzgebung. Das zentrale Instrument, das von diesem Bündnis gefordert wird, ist die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Neben den Sozialverbänden sind es die SPD, die GRÜNEN und DIE LINKE, die diese Forderung unterstützen. Wir gehen davon aus, dass nach den Bundestagswahlen mindestens zwei von diesen Parteien die Regierung stellen und dass die Versprechen von vor der Wahl nach der Wahl zügig umgesetzt werden. Für DIE LINKE in Hamburg ist dieser Aspekt in den Haushaltsberatungen 2013/2014 integraler Bestandteil, denn wie sagte der Kanzlerkandidat der SPD Peer Steinbrück am Wochenende auf dem Bundesparteitag – ich zitiere ihn aus der "taz" –:
Das sehen viele Hamburgerinnen und Hamburger auch so und engagieren sich. Unter dem Titel "Verbesserungen beginnen mit der Beendigung von Verschlechterungen" wurden heute 3558 Unterschriften gesammelt und der Bürgerschaft übergeben. Das war ein sehr guter Anfang.
DIE LINKE will aber nicht nur Verschlechterungen beenden, sondern wir wollen einen Politikwechsel. Dieser ist unserer Meinung nach schon heute möglich, und zwar auf folgenden Politikfeldern: Verpflichtung der Stadt zur Übernahme von Tarifsteigerungen – das müsste eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein –, eine Beschäftigungspolitik, die Menschen eine berufliche Perspektive eröffnet und existenzsichernde Beschäftigungsverhältnisse schafft, eine deutliche Steigerung des sozialen Wohnungsbaus, eine wirkliche Antidiskriminierungsarbeit, den Einstieg in eine Ausbildungsgarantie für alle, die Bekämpfung von Energiearmut und Wohnungslosigkeit, Gebührenfreiheit in Kitas und den Einstieg in einen gebührenfreien ÖPNV sowie Bildungsgerechtigkeit und Steuergerechtigkeit.
Das Totschlagargument in allen Beratungen zum Haushalt in den Ausschüssen war immer wieder die Schuldenbremse, das haben wir heute auch schon x-mal gehört. Aber was nützt ein Haushalt ohne neue Schulden, wenn darüber soziale und kulturelle Strukturen unwiederbringlich zerstört werden und die Arbeitsmarktpolitik von der Ausbildung bis hin zum existenzsichernden Arbeitsplatz im Keim erstickt wird? Das ist kein guter Weg.
DIE LINKE setzt sich für die Schwächsten in der Stadt ein, zum Beispiel bei der Suchtselbsthilfe, bei der Pflege, für eine Verstetigung der Integrationsarbeit und für eine ganzjährige Grundversorgung für Obdachlose statt dem alljährlichen Hin und Her beim Winternotprogramm und vieles mehr.
Nun möchte ich an Ihre Fantasie appellieren. Stellen Sie sich einmal vor, Sie kommen heute Abend nach Hause und das Licht geht nicht an und die Herdplatte auch nicht. Sie können sich weder einen Tee noch eine warme Suppe kochen und weder fernsehen noch lesen. Sie waschen sich und ihre Kinder mit kaltem Wasser, und auch das Backen für Weihnachten fällt aus. Das ist die bittere Realität für über 10 000 Haushalte in Hamburg