Integrationsleistung darf nicht ignoriert werden. Das unterscheidet unsere Politik von Ihrer Politik. Nehmen Sie unsere Anträge an. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieser Senat ermöglicht allen Menschen in Hamburg gerechte Teilhabe in allen Lebensbereichen, und Teilhabe ist das Stichwort, wenn es um die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention geht. Zentrale Leitlinien und Ziele des Aktionsplans zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention sind Inklusion sowie die Stärkung von Selbstbestimmung und Autonomie. Inklusion ist dabei nicht statisch, sondern ein langfristiger, sich stetig weiterentwickelnder Prozess. Sie beinhaltet den Auftrag, Rahmenbedingungen so zu ge
stalten, dass die Rechte Behinderter wie Nichtbehinderter respektiert werden und dass diese Rechte auch wahrgenommen und ausgeübt werden können. So verstanden sind Menschen mit Behinderung keine bemitleidenswerten Hilfeempfänger, sondern eine Bereicherung für die Gesellschaft.
Selbstverständliche Teilhabe in der Schule, auf dem Arbeitsmarkt, für ein selbstbestimmtes Leben möglichst in eigener Wohnung – das ist das ehrgeizige Ziel, das wir uns gesetzt haben. Dabei geht es gerade nicht nur um Barrierefreiheit oder die Veränderung der Schullandschaft, es geht um eine Haltungsänderung in den Köpfen. Der Weg zu einer inklusiven Gesellschaft wird über viele kleine Projekte und Initiativen, über den Willen und die Ideen einzelner gehen. Er benötigt viele kleine Schritte, aber um es mit Erhard Eppler zu sagen: Die Richtung muss richtig und erkennbar sein.
Wir sind mit dem Modellprojekt "Budget für Arbeit" einen solchen Schritt gegangen. Wir ermöglichen damit, dass Menschen mit einer Behinderung, die bisher in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt waren, einen sozialversicherungspflichtigen Job bei einem normalen Arbeitgeber finden können. Mir ist es ein Herzensanliegen, dass Menschen mit Behinderungen durch das Hamburger Budget für Arbeit zu gleichen Bedingungen bei einem Unternehmen arbeiten können, wie sie bei sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen in Deutschland üblich sind. Das erleichtert Menschen mit Handicap den Weg in ein selbstbestimmtes inklusives Leben. Dieses Projekt ist gelebte Inklusion.
Meine Damen und Herren! Knapp 30 Prozent der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt haben einen Migrationshintergrund. Bei den Jugendlichen unter 18 Jahren ist es sogar fast jeder Zweite. Viele sind hier geboren und leben schon lange in Deutschland. Es ist daher höchste Zeit, dass die Frage "Woher kommst du?" keine Rolle mehr dafür spielt, ob jemand Hamburgerin oder Hamburger ist. Es geht bei der Integrationspolitik also nicht um die einen und die anderen, sondern es geht um uns, um das "Wir" aller Hamburgerinnen und Hamburger.
Augenhöhe und gleichberechtigte Teilhabe in allen Bereichen ist die Zielsetzung des neuen Integrationskonzeptes. Wir kommen damit also auch in der Integrationspolitik dem Anspruch des Inklusionsgedankens nahe. Wir wenden uns mit unserem Integrationskonzept an alle Hamburger, ob mit oder ohne Migrationshintergrund. In sämtlichen Berei
chen des öffentlichen Lebens, ob Staat oder Zivilgesellschaft, ob Unternehmen oder öffentliche Verwaltung, ob in politischen Gremien oder in Vereinen und Organisationen, überall sind Veränderungen nötig, um das Ziel einer chancengerechten Teilhabe zu erreichen. Das Leitmotiv lautet: interkulturelle Öffnung aller Institutionen.
Aber Integration und Inklusion kann man nicht vorschreiben. Sie muss lebendiger und selbstverständlicher Bestandteil des Umgangs miteinander sein.
Meine Damen und Herren! Einen weiteren Schwerpunkt bilden für mich die Hamburger Frauenhäuser und die Opferschutzorganisationen. Die räumliche Situation der Frauenhäuser muss verbessert werden. Die Finanzmittel für die Sanierung der Häuser werden durch den Senat und die SPD-Fraktion deutlich erhöht; darauf ist hingewiesen worden.
Besonders nötig ist die Sanierung des zweiten Hamburger Frauenhauses. Die Wohnsituation dort ist nicht länger hinnehmbar. Das habe ich bereits nach meinem Besuch im Frauenhaus im letzten Jahr gesagt, und meine Behörde treibt die Planungen seitdem entschieden voran. Das zweite Hamburger Frauenhaus soll einen neuen Unterkunfts- und Wohntrakt erhalten, und wir treiben dieses Projekt mit besonderer Priorität voran.
Die Stadt hat eine besondere Fürsorgepflicht für Menschen, die sich nicht alleine helfen können. Dazu gehören insbesondere die Obdachlosen. Wir haben in Hamburg ein Winternotprogramm, das deutschlandweit seinesgleichen sucht und, so möchte ich bemerken, unter keiner Regierung je besser war als jetzt, im Gegenteil. Neben den 92 Übernachtungsplätzen bei den Kirchengemeinden haben wir in der Spaldingstraße 230 Plätze eingerichtet und mit dem beginnenden Frost in Jenfeld weitere 60 Plätze bereitgestellt. Im Übrigen kam das nicht überraschend, das hatten wir geplant. Das war kein Hin und Her, sondern wir wussten, dass wir es so machen würden, wenn die Situation es erfordert. In Hamburg werden alle Obdachlosen einen Platz bekommen, die ein Dach über dem Kopf benötigen und das Angebot wahrnehmen wollen.
Die Nutzer des Winternotprogramms haben sich im Laufe der Jahre geändert. Heute sind in der Spaldingstraße 90 Prozent der Übernachter nichtdeutscher Herkunft, etwa 70 Prozent kommen aus Osteuropa. Wir haben auf diese Situation reagiert. Wir haben eine Anlaufstelle für osteuropäische obdachlose Menschen eingerichtet, sie werden dort in ihrer Muttersprache beraten, die Konsulate helfen uns. Es wird auch die Rückreise in die jeweili
gen Heimatländer vorbereitet und die Aufnahme im Heimatland organisiert. Diese Anlaufstelle ist bundesweit einzigartig und andere Städte beginnen nun, sich an Hamburg ein Beispiel zu nehmen.
Die Wanderungsbewegungen aus Osteuropa sind ein bundesweites Problem. Alle großen Städte haben damit zu kämpfen. Die sozial sehr schwierige Lage in einigen Ländern Europas führt dazu, dass die Menschen das Elend ihrer Heimatländer verlassen und bei uns ihr Glück suchen. Viele kommen mit falschen Vorstellungen und durch falsche Versprechungen. Auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz im November wurde auf meine Initiative hin eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände eingerichtet, die das komplexe Problem bewegen wird. Wir lindern in Hamburg Symptome, die Ursachen liegen in den Herkunftsländern.
Auch in der öffentlichen Unterbringung ist die Situation gegenwärtig schwierig. Wir haben nicht genug Plätze, daher werden wir im nächsten Jahr rund 1000 neue Plätze in der Stadt schaffen müssen. Ich rufe alle auf, sich dem nicht zu verweigern.
Es reicht nämlich nicht, prinzipiell neue Plätze gutzuheißen, Sie müssen auch im konkreten Fall vor Ort akzeptiert werden. Ich appelliere an die Hamburger Bevölkerung und an die Bezirksversammlungen, die Schaffung neuer Plätze mitzutragen. Abwarten können wir uns gegenwärtig nicht leisten, denn die Leute sind da und brauchen jetzt ein Dach über dem Kopf. Hier könnten alle Fraktionen der Hamburgischen Bürgerschaft einen wirkungsvollen Beitrag in der Fläche und in den Bezirken leisten. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Die Diskussion über Familie, Jugendliche und Kinder in dieser Stadt und die von Senator Scheele mit diesem Haushalt geplanten Kürzungen haben in den vergangenen Monaten breiten Raum eingenommen, sowohl im Allgemeinen als auch im Konkreten, wenn es um die Schließung von Einrichtungen geht. Wir haben
viele Fragen gestellt, und ich will Ihnen nur zwei davon nennen, die ich als wichtig erachte. Die eine Frage lautet: Welche Angebote und Rahmenbedingungen benötigen Kinder und Jugendliche, um zu selbstständigen und verantwortungsvollen Menschen heranzuwachsen? Und die andere Frage, die ich exemplarisch nennen will, ist: Welche Hilfen benötigen Eltern, die mit der Erziehung überfordert sind, oder die zum Beispiel in einer akuten Krise stecken? Das sind zentrale Fragen einer vorausschauenden und nachhaltigen Jugend- und Familienpolitik. Ich muss festhalten, dass gemessen an diesen Fragen und Ihrem eigenen Anspruch, Hamburg zur kinder- und familienfreundlichsten Stadt Deutschlands zu entwickeln, Senator Scheele und die SPD bereits mit dem ersten eigenen Haushalt sichtbar gescheitert sind.
Der Haushalt für den Bereich Familie spricht eine eindeutige Sprache. Er ist gekennzeichnet von falschen Prioritäten, die zu einer unsozialen Umverteilung zulasten der vielfach ohnehin schon benachteiligten Jugendlichen und Familien führen.
Es gab auch richtige Entscheidungen, das ist keine Frage, zum Beispiel im Bereich der Kita-Betreuung. Der in diesem Jahr eingeführte vorgezogene Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz nach dem zweiten vollendeten Lebensjahr war mit Sicherheit die richtige Fortsetzung der CDU-Politik. Aber, und damit komme ich zur Kehrseite, die Einlösung der undurchdachten und kurzsichtigen Wahlversprechen der SPD auf der Beitragsseite führt im Gegenzug zu bitteren Einsparungen bei Jugendlichen und Familien. Wir befinden uns in der Haushaltsdebatte, und deshalb lohnt ein Blick auf den Haushaltsplan-Entwurf und die Zahlen, denn die sind eindeutig. Die Kürzungen im Bereich des Kapitels 4200 Familie, Jugend und Sozialordnung betragen 2013 im Vergleich zum Vorjahr sage und schreibe 12,3 Prozent. In der offenen Kinder- und Jugendarbeit und bei der Jugendsozialarbeit ist eine Kürzung um 4 Millionen Euro angesetzt, das sind 11,2 Prozent. Und schließlich gibt es bei der Familienförderung, dort, wo es darum geht, Eltern in ihrer Erziehungsverantwortung und in ihrer Erziehungsfähigkeit zu unterstützen, ebenfalls Kürzungen, und zwar um 8,5 Prozent. Diese Kürzungen bestätigen genau unsere Befürchtungen, dass nämlich für die Einlösung Ihrer Versprechen nun Jugendliche, Familien und bewährte Einrichtungen in Hamburg zur Kasse gebeten werden. Hierfür können Sie beim besten Willen kein Verständnis von uns erwarten.
Sie wussten, dass kein Geld dafür da war; allein die Abschaffung des Essensgeldes schlägt mit 21 Millionen Euro zu Buche. Während wir als CDUFraktion der Rücknahme der letzten Beitragserhöhung positiv gegenüberstanden – ich habe das hier schon mehrfach gesagt –, war die vollkommene Abschaffung des Essensgeldes angesichts der Schuldenbremse, die doch schon lange galt, nicht nur überflüssig, sondern grundlegend verkehrt. Meine Damen und Herren von der SPD, das war ein schwerer politischer Fehler, den Sie endlich einmal eingestehen sollten.
Dieses Geld fehlt doch jetzt an allen Ecken und Enden für wirklich wichtige Projekte und Pflichtaufgaben des Staates. Das zeigt auch die hier schon diskutierte Idee von Senator Scheele, sich die Wohltat beim Essensgeld still und heimlich wieder von den Kita-Trägern durch das Billigessen zurückzuholen. Zum Glück ist das Billigessen durch den Druck der Träger und durch den Druck der CDU wieder vom Tisch.
Wie soll es weitergehen? Als weiteres Wahlversprechen soll ab August 2014 die Basisbetreuung in der Kita kostenlos sein. Auch dies ist auf den ersten Blick sicher eine verlockende Aussicht, aber doch nicht, wenn das Geld dafür fehlt. Wer soll für all diese teuren Wahlgeschenke aufkommen? Es sind genau jene Jugendlichen und Eltern, die auf unterstützende und hilfegebende Angebote des Staates am meisten angewiesen sind. So stellen sich die Menschen und so stellt sich die CDU ein kinder- und familienfreundliches Hamburg weiß Gott nicht vor.