Sie nehmen damit die Zerschlagung der sozialen Infrastruktur für Jugendliche und Familien in Kauf, und darüber können auch Ihre kosmetischen Maßnahmen, wie zum Beispiel der Überbrückungsfonds, nicht hinwegtäuschen. Mit dem versuchen Sie, die anhaltende Welle des Protests abebben zu lassen, aber mit Feigenblättern lässt sich keine gute Familien- und Jugendpolitik machen.
Herr Senator Scheele, wir haben über die Kürzungen bei der offenen Kinder- und Jugendarbeit lange diskutiert. Es gab öffentliche Anhörungen, wir haben es im Ausschuss diskutiert, aber eines ist deutlich geworden: Sie verkennen den Wert der offenen Jugendarbeit. Ihr Handeln ist geprägt gewesen von demonstrativem Desinteresse, und dies hat, unabhängig von der fachlichen Entscheidung, Bitterkeit bei den Betroffenen hinterlassen.
Es ist wichtig zu betonen, dass alle diese Angebote, von denen ich spreche, positive Wirkungen haben, nämlich die, dass Menschen frühzeitig erreicht und unterstützt werden und dass ernsthafte Problemlagen oftmals gar nicht erst entstehen oder verhindert werden können. Das heißt, die offene Kinder- und Jugendarbeit dient eben auch dem, was wir alle wollen, nämlich dass die Fallzahlen und auch die Ausgaben bei den Hilfen zur Erziehung endlich gestoppt werden.
Da wir beim Stichwort Hilfen zur Erziehung sind: Es ist nicht damit genug, dass Sie die falschen Prioritäten setzen. Nachdem Ihre eigene Fraktion Sie bei einigen Einsparungen ausgebremst hat, wird nun bei den Ausgaben getrickst, um Einsparungen auf dem Papier zu erbringen und so den gesetzten Ausgabenkorridor einzuhalten. Ich will ein Beispiel nennen – es gibt viele davon, wir haben das hinreichend diskutiert –, und das sind die Kinderkuren. Selbstverständlich sind wir froh, dass sie erhalten bleiben, aber Sie senken den Titel für die Kinderkuren ab und wollen das Ganze zukünftig aus HzE-Mitteln finanzieren, aber der HzE-Etat wird nicht aufgestockt. Das heißt konkret, dass Einsparungen auf dem Papier erbracht werden, obwohl Angebote im gleichen Umfang bestehen. Diese Trickserei ist das absolute Gegenteil von gutem Regieren, und dies hat, das sage ich als Mitarbeiter der Finanzbehörde, mit anständiger und gewissenhafter Haushaltsplanung wahrlich nichts mehr zu tun.
Ich komme zu unseren eigenen Forderungen. Unsere Leitlinie ist Chancengerechtigkeit für alle. Wir Christdemokraten geben der Verbesserung der Betreuungsqualität in der Kindertagesbetreuung Vorfahrt vor übermäßigen und unfinanzierbaren Beitragsentlastungen. Wer zuerst das Essensgeld abschafft, dann aber Abstriche bei der Essensqualität oder auch bei der Bezahlung der Kita-Mitarbeiter machen will, der betreibt Kita-Politik ohne Sinn und Verstand. Das kann nicht unsere Politik sein.
Was bedeutet für uns Qualität in der Kindertagesbetreuung? Das will ich Ihnen sagen, Stichwort Kita-Inspektion. Die fordern wir seit zwei Jahren, und seit zwei Jahren wird sie vom Senat verschleppt, obwohl das Gesetz die Einführung vorschreibt und es auch wichtig ist, wenn wir für diesen Bereich 500 Millionen Euro im Haushalt veranschlagen, dass Eltern sicher sein können, dass ihre Kinder anständig betreut werden. Das haben Sie bislang immer noch nicht auf die Reihe bekommen.
Ein weiteres Thema ist die Verbesserung der Betreuungsschlüssel in der Krippenbetreuung. Wir brauchen eine intensivere Betreuung. Meine Anfrage hat ergeben, dass Hamburg bei den Betreuungsschlüsseln in der Krippenbetreuung unter den Westländern Schlusslicht ist. Das darf auf Dauer nicht so bleiben.
Zu guter Letzt komme ich zur frühkindlichen Sprachförderung. Wir haben einen Antrag dazu im Frühjahr eingebracht. Wir wollen eine Ausweitung des Kita-Plus-Programms, und zwar auf alle Kitas in Hamburg, denn alle Kinder, die einen Sprachförderbedarf haben, müssen auch die notwendige Sprachförderung erhalten, und zwar vor der Einschulung. Wir stehen für Chancengerechtigkeit am Beginn der Bildungskarriere.
Ganz aktuell, das ist auch bezeichnend, haben wir die Alarmmeldung der Schulen aus Wilhelmsburg erhalten. Dort werden als wesentlicher Faktor auch die Sprachdefizite angesprochen. Deswegen ist mein dringender Appell, unseren Vorschlag aufzugreifen, mit der Sprachförderung früher anzufangen, damit die Kinder bei der Einschulung wirklich mit annähernd gleichen Chancen an den Start gehen. Das ist ein wichtiges Thema, dessen Sie sich endlich annehmen sollten.
Die rote Karte habe ich schon, ich komme aber trotzdem zu dem, was wir wollen. Wir wollen alle Kürzungen im Haushalt 2013/2014 bei der Kinderund Jugendarbeit, den sozialräumlichen Angeboten und der Familienförderung vollständig zurücknehmen, aber wir wollen nicht nur das. Wir wollen bei der offenen Kinder- und Jugendarbeit die Mittel auch strukturell aufstocken, und zwar um 4 Prozent, um die Handlungsfähigkeit der Einrichtungen sicherzustellen.
Meine Damen und Herren! Verantwortungsvolle und vorausschauende Politik – und die nehmen wir mit unserem Gegenentwurf zu Ihrer Familienpolitik für uns in Anspruch – darf nicht zulasten von Jugendlichen und Familien heute gehen, aber auch nicht zulasten künftiger Generationen. Deshalb gehen wir auch nicht den einfachen Weg teurer Forderungen ohne Gegenfinanzierung – das machen andere hier im Haus –, sondern wir legen einen soliden und vollständig gegenfinanzierten Finanzierungsvorschlag dar, denn alle unsere Forderungen lassen sich allein durch die Wiedereinführung des
Verpflegungsanteils am Mittagessen finanzieren. Dabei lassen wir Eltern, die auf Transferleistungen angewiesen sind, bewusst außen vor. Wir halten das für sozialpolitisch gerecht und finanzpolitisch verantwortungsvoll, und Sie sollten diesen Weg mitgehen, denn mit diesen 10 Millionen Euro lässt sich die soziale Balance in unserer Stadt, die die SPD ins Wanken gebracht hat, endlich wieder herstellen.
Jetzt komme ich zum Ende, weil ich noch auf ein Ereignis eingehen muss, das uns am Anfang des Jahres bewegt hat. Das war der tragische Todesfall des Mädchens Chantal am 16. Januar. Wir sind auf der Etappe, diesen Fall aufzuarbeiten, ihn verantwortungsvoll anzugehen und die notwendigen Schlüsse zu ziehen, schon ein Stück weit vorangekommen. Wir haben am 3. Dezember gemeinsam mit allen Fraktionen die Fachanweisung verabschiedet,
die eine bessere Kontrolle ermöglicht, die aber auch die Pflegeeltern unterstützen soll. Wir haben das gemeinsam gemacht, ohne die üblichen parteipolitischen Rituale, und das ist eine Leistung, die gemeinsam gewürdigt werden sollte, die wir aber auch dem Mädchen Chantal schuldig waren. Ich will das an dieser Stelle einmal ausdrücklich positiv betonen, und ich hoffe, dass wir diesen Weg weitergehen. Wir diskutieren immer noch über neue Fälle, und das Jugendamt Hamburg-Mitte steht weiterhin im Mittelpunkt. Wir brauchen ein Beschwerdemanagement und wir brauchen eine Qualitätssicherung in der Jugendhilfe. Dass die Jugendämter nicht gut aufgestellt sind, wissen wir, und ich hoffe, dass wir im nächsten Jahr auch die weiteren Etappen gemeinsam erfolgreich beschreiten und diese Arbeit dann erfolgreich abschließen können. – Danke.
Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr de Vries, für Ihre letzten Bemerkungen und Ihre Ankündigungen, wie wir gemeinsam den tragischen Tod des Mädchens Chantal aufarbeiten wollen, möchte ich Ihnen ausdrücklich danken.
Ich möchte diesen Dank auch ausdrücklich auf die anderen Fraktionen dieses Hauses ausweiten. Es ist beispielhaft, mit welch großer Sachlichkeit wir uns diesem Geschehen gewidmet haben, haben
Nun zum Einzelplan 4: Es stehen in den Jahren 2013 und 2014 so viele finanzielle Mittel für Kinder und Familien zur Verfügung wie noch nie zuvor. Das ist gestern schon angeklungen, und das ist auch richtig so.
Im gesamten Bereich der Kinder- und Jugendhilfe steigen die Ausgaben seit 2011 bis Ende 2014 von rund 780 Millionen Euro auf 890 Millionen Euro, also um über 110 Millionen Euro. Diese Steigerung von 14 Prozent dokumentiert deutlich, dass Kinderund Jugendhilfe für uns Priorität haben.
Dies gilt insbesondere auch für die frühe Bildung. Sie ist die Grundlage für alles Folgende, für alle weiteren Bedarfe, über die wir eben gesprochen haben, für alle Angebotsplanungen, für Kinderund Jugendhilfe und auch für die offene Kinderund Jugendarbeit. Wir weiten die Rechtsansprüche auf frühe Bildung jetzt schon aus. Seit August haben wir in Hamburg den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab zwei Jahren. Das ist kinderund familienfreundliche Politik und das ist auch richtig so.
Nach vielfältigen Belastungen der Familien durch die Vorgängersenate war eine Umsteuerung hier auch nötig. Die Gebührenerhöhungsrücknahme ist ebenso erfolgt wie die Abschaffung des Essensgeldes, und die Abschaffung der Elternbeiträge für die Grundbetreuung von fünf Stunden kommt 2014.
Ich will an dieser Stelle einmal kurz auf den Antrag der CDU-Fraktion zur Wiedereinführung der Elternbeiträge für das Essensgeld eingehen. Wir haben diese, auch im Einvernehmen mit dem Landeselternausschuss, bewusst abgeschafft, weil wir keine Stigmatisierung von geringen Einkommensgruppen und keine Stigmatisierung von Leistungsempfängern bei der frühen Bildung und Betreuung wollen. Hamburg leistet es sich, seinen Kindern ein kostenloses Mittagessen in den Kitas anzubieten, und das ist richtig so.
Darüber hinaus ist die konsequente Ausweitung von Rechtsansprüchen auch ein Beitrag zur Geschlechtergerechtigkeit. Auch das haben wir in diesem Hause schon häufig diskutiert. Die Zahl der Frauen, die in Hamburg alleinerziehend sind, ist besonders hoch, und gerade sie werden in um
fänglichem Maße von den erweiterten Rechtsansprüchen im nächsten August, dem Rechtsanspruch ab einem Jahr, profitieren.
Wir schaffen zudem mehr Qualität in der frühen Bildung und werden die Gruppengrößen in Kitas mit besonderen Herausforderungen, genauso wie mit dem Landeselternausschuss vereinbart, verkleinern. Hierzu haben wir Kita-Plus mit einem Volumen von rund 12 Millionen Euro auf den Weg gebracht. Davon werden die Kitas durch die Verbesserung ihres Personalschlüssels und die Stärkung ihrer Sprachförderungskapazität besonders profitieren.