Protokoll der Sitzung vom 24.01.2013

(Beifall bei der SPD und bei Katharina Fege- bank GRÜNE)

Ein letztes Beispiel aus einem ganz anderen Bereich. Wir werden im Internet schrittweise Informationen in "Leichter Sprache" zur Verfügung stellen. Wenn ein Werkstattrat gesagt hat, das sei beim Budget für Arbeit nicht genug gewesen, dann wollen wir das gerne verbessern. Es ist kein triviales Unterfangen, komplizierte Sachverhalte in "Leichte Sprache" zu übersetzen, aber wir bereiten in Zusammenarbeit mit der Senatskoordinatorin für die Gleichstellung behinderter Menschen als ersten Schritt Informationen zur Ambulantisierung, zu ambulant betreuten Wohngemeinschaften und zu Beförderungspauschalen so auf, das sie demnächst auf unserer Website in "Leichter Sprache" zur Verfügung gestellt werden können, damit man selber lesen kann, was man für seine Lebensbewältigung braucht, und dazu keinen Betreuer braucht. Das ist Inklusion.

(Beifall bei der SPD)

Nur gemeinsam und mit konkreten Schritten wird es gelingen, den eher abstrakt klingenden Begriff mit Leben zu füllen und zum Bestandteil unseres Alltags zu machen. Ich bitte alle Hamburgerinnen und Hamburger, mitzumachen und in ihrem Elan nicht nachzulassen. Eine inklusive Gesellschaft zu schaffen ist eine Aufgabe, die Zeit, Geduld und viele kleine Schritte braucht, Hauptsache, sie gehen in die richtige Richtung. Dann wird etwas daraus. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Senator Scheele.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen damit zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/6337 an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist damit einstimmig beschlossen worden.

Ich rufe dann auf den Tagesordnungspunkt 11, Drucksache 20/5835, Große Anfrage der CDUFraktion: Schulküchen in Hamburg.

[Große Anfrage der CDU-Fraktion: Schulküchen in Hamburg – Drs 20/5835 –]

(Senator Detlef Scheele)

Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Schulausschuss überweisen.

Wird das Wort gewünscht? – Herr Heinemann, bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem flächendeckenden Ausbau der Ganztagsschulen in dieser Stadt hat Hamburg und haben Sie, Herr Senator, die Verantwortung dafür übernommen, dass alle Kinder ein Mittagessen bekommen. Das sollte selbstverständlich nicht irgendein Mittagessen sein, sondern eines, das die Kinder gesund und leistungsfähig erhält. Im Moment werden die Kinder in vielen Schulen leider bestenfalls satt.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Der Ausbau der Kantinen hinkt massiv hinter dem Ausbau der Ganztagsschulen her. Seit dem Regierungswechsel, also in den letzten zwei Jahren, wurden nur 19 neue Küchen fertiggestellt, und das ist auch kein Wunder, wenn Schulbau Hamburg gar nicht bauen darf, sondern stattdessen von Ihnen selber zur Baustelle gemacht wird. Dann können die natürlich auch keine Kantinen bauen.

(Beifall bei der CDU)

Die Folgen können wir in den Antworten auf die Große Anfrage sehen. In der Mehrzahl der Schulen wird das Essen angeliefert und über Stunden warmgehalten. Dabei wissen wir doch alle, dass schon nach 60 Minuten der Vitamingehalt deutlich sinkt; so hat sich beispielsweise der Vitamin-C-Gehalt nach drei Stunden um 58 Prozent und nach fünf Stunden um 78 Prozent reduziert. Das heißt, dass von den Nährstoffen kaum noch etwas übrig bleibt,

(Dr. Monika Schaal SPD: Das ist doch al- bern!)

und über den Geschmack wollen wir lieber gar nicht reden.

(Beifall bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE – Wolfgang Rose SPD: Eine Selbstdiagnose!)

Nein, genau so ist es.

(Dr. Monika Schaal SPD: Ja, ja!)

Ein solches Schulessen wollen die Schüler nicht, die Eltern wollen es nicht und die Schulen wollen es auch nicht. Deshalb wollen viele Schulen frisch kochen, aber nur in 63 Schulen darf täglich frisch gekocht werden. 58 dieser 63 Schulen taten das übrigens schon vor dem Regierungswechsel, und es werden wohl auch kaum mehr werden, weil der Schulsenator strikt dagegen ist. Weshalb, das wissen wir nicht so genau, denn alle Argumente, die er bisher vorgebracht hat, wurden inzwischen widerlegt. So behauptet der Schulsenator immer wie

der, dass das Frischkochen viel zu teuer sei. Es gibt aber eine Studie der HAW, die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zusammen mit dem Verbraucherschutzministerium veröffentlicht wurde, in der ganz klar zu lesen ist, dass es ab 200 Essen pro Tag – und das erreichen wir an ganz vielen Schulen – am günstigsten ist, wenn man vor Ort frisch kocht.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg und Jens Kerstan, beide GRÜNE)

Offenbar kennt der Schulsenator auch die Betreiber nicht, die in diesen 63 Schulen gut, günstig und jeden Tag frisch kochen, und zwar in den Schulen, die sich noch vor seinem Amtsantritt für diese Art der Essenszubereitung entscheiden durften.

Wir haben aber nicht nur mit der Qualität des Essens ein riesiges Problem, sondern wir haben schon vor einem Jahr darauf hingewiesen, dass die vom Senat kalkulierten Kantinenkapazitäten bei Weitem nicht ausreichen werden. Der Schulsenator hat das damals ignoriert und am 14. Februar 2012, also ziemlich genau vor einem Jahr, im Schulausschuss wörtlich versprochen:

"[…] das Minimum ist, dass jeweils ein Drittel der Kinder gleichzeitig essen kann, und da unter dieses Minimum fallen wir nicht."

Das ist ein Jahr her. Weil ich das nicht glauben konnte, habe ich den Senat im April gefragt:

"Was passiert, wenn die GBS-Nutzung steigt und drei Durchgänge nicht mehr ausreichen?"

Klare Antwort des Senats:

"Der Senat beantwortet hypothetische Fragen grundsätzlich nicht."

Ein Jahr später wissen wir dank der Großen Anfrage, dass aus der Hypothese Realität wurde. Der Schulsenator hat sein Versprechen gebrochen.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg und Christiane Blömeke, beide GRÜ- NE)

An zahlreichen Schulen in Hamburg müssen die Kinder in vier oder fünf Schichten essen und haben dafür teilweise nur 20 Minuten Zeit. In 49 Schulen bekommen die Kinder teilweise erst um 14 Uhr oder sogar erst um 14.30 Uhr etwas zu essen. Ich wundere mich nicht, wenn diese Kinder vorher im Unterricht nichts mehr lernen.

Andere Schulen versuchen, das irgendwie zu umgehen, essen in Klassenzimmern oder sogar auf Fluren, was nicht nur unzumutbar ist, sondern auch unhygienisch. Sie, Herr Senator, sagen dann immer, Sie könnten nichts dafür, die Schulen hätten unbedingt Ganztagsschulen werden wollen, und Sie hätten ihnen gesagt, das sei auf eigene

(Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg)

Verantwortung. Sie wissen, dass das angesichts der Situation zynisch ist, zumal das Ausbauprogramm von Schulbau Hamburg zeigt, dass die Probleme auch in Zukunft nicht von Ihnen beseitigt werden sollen.

(Beifall bei der CDU)

Ich nenne ein paar Beispiele. In der Schule ErnstHenning-Straße nehmen nach 240 Kindern im Vorjahr in diesem Jahr 250 Kinder am Mittagessen teil – bei nur 60 Essensplätzen. Ein Ausbau ist nach den Unterlagen, die Sie uns zur Verfügung gestellt haben, nicht geplant. In dieser Schule haben die Grundschüler nur 20 Minuten Zeit zum Essen und essen in fünf Schichten. Und mindestens an der Katharinenschule in der HafenCity, der Max-Traeger-Schule, der Grundschule Hasenweg, der Schule Zitzewitzstraße, der Grundschule Thadenstraße, der Grundschule Bramfelder Dorfplatz/Hegholt und der Clara-Grunwald-Schule werden die Kapazitäten nach den Unterlagen, die Sie uns zur Verfügung gestellt haben, ebenfalls künftig nicht ausreichen, um in maximal drei Schichten essen zu können.

(Dietrich Wersich CDU: Hört, hört!)

Dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, dass die Zahl der Essensteilnehmer aufgrund der steigenden Inanspruchnahme der GBS natürlich weiter steigen wird.

Herr Senator, wer zulässt, dass in den meisten Schulen das Essen stundenlang herumsteht, dass das Mittagessen irgendwo zwischen Federtasche und Schulbüchern eingenommen wird, dass Kinder erst um 14.30 Uhr etwas zu essen bekommen und dass es offensichtlich gar keine Richtlinien an den Schulen gibt, der nimmt seine Verantwortung als Schulsenator für das Wohl der Kinder in Hamburg leider nicht wahr.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg, Jens Kerstan, beide GRÜNE, und An- na-Elisabeth von Treuenfels FDP)

Es gibt da noch etwas, Herr Senator. Sie wissen aus den Befragungen der Pilotstandorte, die wir damals noch gestartet haben, dass sich sehr viele Schüler beklagen, weil es ihnen beim Essen zu laut ist. Das ist auch kein Wunder, denn aus der Großen Anfrage geht hervor, dass nur bei einem Viertel der Schulen zumindest in einigen Klassenstufen die Lehrer regelmäßig am Essen teilnehmen. Sie haben im Schulausschuss gesagt, dass Sie eine neue Essenskultur und eine neue Kultur der Teilnahme am Essen schaffen wollen. Als ich gefragt habe, was Sie denn täten, damit die Kinder gemeinsam im Klassenverband essen gehen und die Lehrer zumindest in den unteren Klassenstufen beim Essen dabei sind, antworteten Sie: nichts. Wie, wo und was Hamburgs Schülerinnen und Schüler in den Schulen essen, ist Ihnen offenbar völlig egal, Hauptsache, die werden irgendwie satt.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Herr Senator, das reicht nicht. Hier versagen Sie an einem ganz zentralen Punkt der Ganztagsbetreuung. Deshalb schlagen wir drei konkrete Sofortmaßnahmen vor.

Erstens: Sie müssen die zu niedrig kalkulierten Kapazitäten für Küchen und Kantinen umgehend der Realität anpassen.

Zweitens: Wir sollten neue Küchen immer so planen und bauen, dass dort auch frisch gekocht werden kann.

Und drittens: Zumindest bis Klasse 7 ist sicherzustellen, dass die Kinder immer im Klassenverband und betreut durch einen vertrauten Pädagogen zum Essen gehen.