Protokoll der Sitzung vom 11.04.2013

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Ja, wir auch!)

wenn denn der Bericht an den Gesundheitsausschuss überwiesen wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Abaci bekommt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gesundheit ist eine zentrale Größe im Leben eines jeden Menschen. Arbeitsbedingte Belastungen sowie die individuelle Lebenssituation beeinflussen die Gesundheit und bestimmen ebenso wie Bildung, soziale Schicht, Geschlecht, kulturelle und religiöse Prägung das Gesundheitsverhalten. Auch wenn ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen Migrationshintergrund und Gesundheitszustand, Herr Schinnenburg, als interkultureller Beauftragter der FDPFraktion, nicht hergestellt werden kann, so belegen jedoch die Erkenntnisse der Gesundheitsberichterstattung, dass bildungsferne und ressourcenschwache Menschen mit, aber auch ohne Migrationshintergrund die Angebote der Gesundheitsversorgung und Gesundheitsstruktur nicht in ausreichendem Maße in Anspruch nehmen. Über die Gründe dafür wurde hier schon ausführlich gesprochen, aber hier gilt es bedarfsgerechte, zielgruppen- und geschlechtsspezifische sowie zweisprachige Unterstützung, die im Staat auch vorhanden ist – das hat der Bericht des Senats ausdrücklich hervorgebracht –, auszubauen. Es geht aber auch darum, dass wir an der Struktur des Gesundheitswesens arbeiten müssen, sodass wir das Gesundheitswesen interkulturell noch mehr öffnen. Es geht um die Öffnung der Regelstrukturen auch im Gesundheitswesen. Deshalb freue ich mich sehr, dass dieses Thema im neuen Integrationskonzept des Senats noch einmal untermauert worden ist.

(Beifall bei der SPD)

Es geht darum, dass die Kliniken, die Kammern und andere Institutionen sich zu öffnen haben. Es geht also einerseits um den Ausbau und die Öffnung der Regelstrukturen, aber auch darum, die Aktivitäten, die für diese Zielgruppe vorhanden sind, aber noch nicht ganz ausreichen, auszubauen, auch im Bereich der Pflege. Es geht uns in unserem Antrag nicht nur um eine Bestandsanalyse, sondern auch um die Frage, was wir damit machen. Wie wollen wir in diesem Bereich zukunftsorientiert arbeiten? Wir wissen doch, dass der Anteil der Menschen, die pflegebedürftig sind und einen Migrationshintergrund haben, im Vergleich zu den deutschen Menschen dieser Gruppe immer noch nicht so groß ist, aber wir wissen, dass auch die Migranten älter werden. Wir wissen auch, dass

(Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks)

die älter werdenden Migranten nicht automatisch das Land verlassen, sondern oft hierbleiben. Hier gilt es, zukunftsorientiert an dieser Thematik zu arbeiten.

(Beifall bei der SPD)

Zur CDU-Fraktion. Sie sagen immer wieder, Migranten bringen Kompetenzen mit.

(Nikolaus Haufler CDU: Das stimmt doch überhaupt nicht, Herr Abaci!)

Das habe ich auch in der letzten Bürgerschaftsdebatte untermauert. Für uns ist das keine Randgruppe, die nur karitativ behandelt werden muss. Die bringen Potenziale mit, und wir möchten diese Potenziale für die Stadt, für die Gesellschaft insgesamt ausschöpfen. Auch im Gesundheitsbereich geht es darum.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen aber nicht nur abstrakt darüber reden, sondern auch die Entwicklung transparent und messbar machen. Wir wollen in diesem Bereich mit Indikatoren arbeiten. Es geht nicht darum, irgendjemanden eventuell für Fehlentwicklungen verantwortlich zu machen, sondern um die Frage, was passieren muss, um diese positive Entwicklung weiter ausbauen zu können. Deshalb freue ich mich darüber, dass wir im Gesundheitsausschuss über diese und andere Themen in Ruhe reden und diskutieren können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – André Trepoll CDU: Da gehört es auch hin!)

Das Wort bekommt Herr Haufler.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Kollegen von der SPD und auch Herr Abaci, wir haben Sie bei der Debatte im Februar vergangenen Jahres davor gewarnt, Ihren Antrag einzubringen, ohne auf die Ergänzung der Opposition einzugehen. Wir haben uns auch gewundert, wie wenig Sie über den Alltag der Zuwanderer in Gesundheitsfragen wissen, und Ihnen geraten, davon abzusehen, immer nur vom kranken und unglücklichen Zuwanderer zu sprechen.

(Sylvia Wowretzko SPD: Das macht doch gar keiner!)

Immer wieder wurden diese Szenarien, und das steht zum Glück im Protokoll, von allen Rednern der SPD dargebracht. Auch die Senatorin hat das auf eine Art gemacht, die ich persönlich nicht besonders angenehm fand. Sie haben leider in Ihrer Art – damals gewohnt selbstgerecht, mittlerweile haben Sie ein bisschen von der Realität gelernt –

(Sylvia Wowretzko SPD: Das sollten Sie auch mal tun!)

alle Vorschläge der Opposition abgelehnt. Damit haben Sie bewiesen, dass Sie über das von Ihnen selbst angemeldete Thema nicht besonders viel wissen.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben zum Beispiel bewiesen, dass Sie nicht wissen, dass die wichtigste alltägliche Gesundheitsinstanz für viele Zuwanderer der muttersprachlich sprechende Arzt ist. Er kommt nicht in Ihrem Antrag vor, er kommt nicht im Bericht des Senats vor.

(Sylvia Wowretzko SPD: Meine Güte, Sie sagen doch immer, Sie können alles!)

Er kam in der Rede der Senatorin durchaus vor, ich vermute aufgrund unserer Hinweise, die Sie damals abgelehnt haben. Sie können doch nicht die wichtigste Instanz, die wirklich für die meisten Menschen im Alltag bei Gesundheitsfragen wichtig ist – nicht, wenn es um die schlimmsten Krankheiten geht –, einfach ausklammern und sie nur am Rande in der Rede der Senatorin erwähnen. Ich glaube, dass die Überweisung an den Gesundheitsausschuss eine Chance ist, über diese Ärzte zu sprechen, vielleicht auch mit diesen Ärzten zu sprechen, um Ihnen einen Einblick in die Realität zu ermöglichen. Ich wünsche Ihnen viel Offenheit und Aufgeschlossenheit für unsere konstruktiven Vorschläge und die Vorschläge der anderen Oppositionsparteien. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Dr. Schinnenburg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die SPD hat nun zum zweiten Mal innerhalb von gut einem Jahr ihre Doppelköpfigkeit gezeigt. Sie schickt zunächst ihren Herrn Abaci. Der sagt richtige und vollständige Dinge und stellt die Forderung auf, das Gesundheitswesen müsse für Menschen mit Migrationshintergrund richtige Angebote machen. Richtig, Herr Abaci, aber Ihre Fraktion hat anders gehandelt. Sie blenden konsequent einen Grundpfeiler des deutschen oder des hamburgischen gesundheitlichen Versorgungssystems, nämlich die niedergelassenen Ärzte, aus. Das scheint für Sie nicht stattzufinden. Wir haben beim letzten Mal beantragt, einen zehnten zu Ihren neun Punkten aufzunehmen: Aufklärung über das deutsche Hausarztsystem. Sie werden es wahrscheinlich richtig finden, aber Ihre Fraktion hat es abgelehnt, und konsequent hat sich der Senat dazu nicht geäußert. Das nenne ich Doppelköpfigkeit, etwas zu erzählen, aber ein anderes Abstimmungsverhalten zu zeigen. So geht es nicht, meine Damen und Herren.

(Kazim Abaci)

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Nun wissen natürlich auch alle, warum das so ist. Sie wissen, wie es ist, aber es gibt einige in der SPD, die sind nichts anderes als ideologisch. Die haben ein Problem mit niedergelassenen Ärzten, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen und nicht in großen Gesundheitsinstitutionen arbeiten wollen. Das ist der Grund, warum es Ihnen peinlich wäre, diesen Punkt auch nur zu diskutieren. Doppelköpfigkeit bei der SPD in diesem Punkt – so geht es nicht, der Gesundheitsausschuss wird es zeigen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer einer Überweisung der Drucksache 20/7360 an den Gesundheitsausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist angenommen worden.

Wir kommen zu Punkt 59, dem Antrag der CDU Fraktion.

(Zurufe aus dem Plenum)

Warum? – Gut, dann tagt jetzt der Ältestenrat. Es ist für das Präsidium spannend, weil wir nicht wissen, warum, aber wir werden es gleich sehen.

Unterbrechung: 17.47 Uhr

Wiederbeginn: 17.53 Uhr

Meine Damen und Herren! Es wäre recht hilfreich, wenn sich die übrigen Abgeordneten wieder im Plenarsaal einfinden würden. Dieses Geräusch kennen Sie schon, ich mache es gern noch einmal.

Wir haben im Ältestenrat ein bisschen Nachhilfe für die parlamentarischen Geschäftsführer geleistet. Es ging darum, dass der Punkt 59 mit der anschließenden namentlichen Abstimmung durchgeführt wird, wenn alle Mitglieder des Hauses die Möglichkeit haben, daran teilzunehmen.

Wir sind im Ältestenrat übereingekommen, dass wir nun den Punkt 52 der heutigen Tagesordnung aufrufen, Drucksache 20/7414, ein Antrag der FDP-Fraktion: Bessere Beachtung des Datenschutzes durch Behörden und Landesbetriebe.

[Antrag der FDP-Fraktion: Bessere Beachtung des Datenschutzes durch Behörden und Landesbetriebe – Drs 20/7414 –]

Herr Ritter, bevor ich Ihnen das Wort gebe, würde ich gern sicherstellen, dass alle Abgeordneten, die dazu reden sollen, im Plenarsaal sind, weil es für sie überraschend schnell kommt. Deshalb möchte ich das jetzt gern außerhalb der Tagesordnung überprüfen. Soweit ich sehe, sind alle Abgeordneten, die sich an der Debatte beteiligen wollen, jedenfalls soweit wir informiert sind, anwesend. Ich rufe als erstes Herrn Ritter auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Geburtstagsgeschenk ist angekommen. Vielen Dank dafür, dass ich meine Debatte früher halten darf.

(Beifall bei der FDP)

Vor drei Jahren kündigte Google an, seinen Dienst "Street View" auch in Deutschland aufzubauen. Dazu sollten entsprechend ausgerüstete Fahrzeuge durch deutsche Großstädte fahren und 3D-Panorama-Aufnahmen machen. Nach einigem Hin und Her in Fragen des Datenschutzes wurde den Bürgern vorab die Möglichkeit angeboten, einer Veröffentlichung der Bilder des eigenen Hauses zu widersprechen. Diese wurden dann genauso wie Kennzeichen und Gesichter von Google verpixelt. Aus den Erfahrungen von Google hat Konkurrent Microsoft gelernt. Dieser fährt derzeit für den Dienst "StreetSide" durch Hamburgs Straßen und erstellt eigene 3D-Panorama-Aufnahmen. Auch Microsoft hat die Fahrten vorher angekündigt und eine Widerspruchsmöglichkeit gegen die Bilderveröffentlichung für Betroffene eingerichtet. Diese Berücksichtigung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch die Internetwirtschaft ist vorbildlich.

Nun komme ich aber zur eigentlichen Gretchenfrage des Tages. Verehrte Senatoren, wie halten Sie es denn mit dem Datenschutz? Uns Liberalen drängt sich manchmal der Eindruck auf, der Datenschutz sei für den SPD-Senat immer nur dann relevant, wenn man damit auf Bundesebene PR-Anträge stellen kann oder Auskünfte an Abgeordnete verhindern kann. Wenn es aber darum geht, den einst für die Internetwirtschaft geforderten Datenschutz auch in der Hamburger Verwaltung umzusetzen, drückt sich der Senat gern vor Arbeit und Verantwortung. Dieses doppelzüngige Verhalten ist für uns Liberale und wohl auch für den Rest der Opposition reichlich inakzeptabel.

(Beifall bei der FDP)

Was ist der Anlass für unsere Kritik? Eine Schriftliche Kleine Anfrage von mir im März ergab Folgendes. Der Landesbetrieb für Geoinformation und Vermessung durfte ohne vorherige Ankündigung 3D-Panorama-Aufnahmen machen, immerhin auf 25 Kilometern Länge als erste Teststrecke. Weitere Fahrten sollen laut gestern zurückgekommener Antwort auf eine Schriftliche Kleine Anfrage an