Protokoll der Sitzung vom 15.05.2013

Stattdessen soll aber offensichtlich an den einzelnen Beamten und Beamtinnen gespart werden. Schon heute ist Hamburg für Anfänger und Anfängerinnen des Polizeiberufs nicht das attraktivste Pflaster. Das sollte sich Hamburg nicht leisten.

Hamburg braucht eine durchlässige Polizei und das in zweierlei Hinsicht: durchlässig in dem Sinne, dass sie transparent ist für die Bürgerinnen und Bürger, durchlässig aber auch in dem Sinne, dass die vielen Beamtinnen und Beamten, die in einem schwierigen Job eine gute Arbeit leisten, sich auf ein tragfähiges Beförderungsmodell und die dazu nötigen Mittel verlassen können müssen. Ich appelliere deshalb an den Senat: Sparen Sie am Sicherheitswahn, aber sparen Sie nicht auf dem Rücken der Polizeibediensteten.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Senator Neumann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir verfügen bei unserer Hamburger Polizei unverändert über 7700 Stellen für Polizeivollzugsbeamtinnen und –beamte, und anders als der Vorgängersenat – manch einer mag es als Mantra sehen, aber ich halte es für eine wesentliche Besserstellung des Bereichs Polizei – haben wir in diesem Bereich keine einzige Stelle gestrichen, und dabei wird es auch in den nächsten Jahren bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Im Gegenteil, wir haben durch unsere Ausbildungsoffensive, indem wir jedes Jahr 250 Polizeischülerinnen und Polizeischüler einstellen, Vorsorge dafür getroffen, wenn die steigenden Pensionierungszahlen ab dem Jahr 2017/2018 auch die Hamburger Polizei treffen werden. Außerdem haben wir zur Steigerung der Attraktivität des Polizeiberufs die Bezahlung ab dem ersten Ausbildungsmonat wieder eingeführt. Anders als fast alle anderen Bundesländer übertragen wir den Tarifabschluss ungekürzt auf die Polizistinnen und Polizisten aller Besoldungsstufen und auch auf die Pensionäre. Das leisten nur Hamburg und Bayern, kein einziges CDU-regiertes Bundesland ist zu diesem Kraftakt in der Lage, nur Christsoziale und Sozialdemokraten in diesem Land.

(Beifall bei der SPD)

All dies tun wir auch, um den Belastungen unserer Polizistinnen und Polizisten Rechnung zu tragen und ihre Leistungen anzuerkennen. Die Behauptung, dass die Innenbehörde 28 Millionen Euro – heute habe ich etwas von 59 Millionen Euro gehört – kürzen müsse, ist falsch und wird auch durch die ständige Wiederholung ständig aufwachsender Zahlen nicht richtiger. Im Gegenteil, es wird keinerlei Kürzungen in meinem Etat geben, und der Beschluss der Bürgerschaft hierzu gilt.

(Beifall bei der SPD)

Mit Blick auf die Beförderungssituation unserer Polizei stelle ich fest, dass es in den letzten fünf Jahren bei diesen 7700 Stellen insgesamt 5622 Beförderungen gegeben hat, und das ist innerhalb der Hamburger Verwaltung ein einmaliger Kraftakt gewesen. Wenn man das mit anderen Einheiten innerhalb unserer Verwaltung vergleicht, dann wird deutlich, welche Würdigung der Polizeiberuf auch seitens der Senate erfahren hat. Im Ergebnis hat dies dazu geführt, dass wir heute 75 Prozent der Polizistinnen und Polizisten im gehobenen und höheren Dienst haben und nur noch 25 Prozent im mittleren Dienst.

Grundlage für diese enorme Entwicklung war das sogenannte Laufbahnverlaufsmodell, ein Modell, das von jeher in der Kritik stand, weil es nach Einschätzung nicht weniger Menschen nicht rechtskonform war, denn es formulierte den Anspruch

(Christiane Schneider)

auf Regelbeförderung mit bestimmten Verweilzeiten in den jeweiligen Ämtern von A7 bis A10 bei durchschnittlichen Leistungen. Dieses Laufbahnverlaufsmodell ist nicht nur an der Realität, sondern vor allem an der Rechtsprechung gescheitert, was für viele Kundige wenig überraschend war. Die Rechtsprechung verlangt eine strikte Orientierung an der Leistung, nachgewiesen durch gute Beurteilungsergebnisse, und dies führt dazu, dass auch Personen, die mit der Kategorie B, der zweiten von insgesamt fünf Stufen, beurteilt wurden, nicht mehr automatisch bei Beförderungen zum Zuge kommen können.

Weiterhin hat die Rechtsprechung auch das System von Beförderung auf gebündelten Dienstposten für unzulässig erklärt; die einzelnen Ämter müssen differenziert und bewertet werden. Damit ist die Bündelung von Dienstposten im Bereich der Besoldungsgruppen von A7 bis A11 schlichtweg gescheitert. Nach Einschätzung des Personalamtes ist maximal eine Bündelung von zwei Ämtern möglich, beispielsweise A7/A8 oder A9/A10. Bisher ist es keiner Landespolizei in unserer Republik gelungen, die Folgen dieses Gerichtsurteils überzeugend oder auch maßgeblich für Hamburg auf ihr jeweiliges Beförderungsmodell anzuwenden.

Bei der Polizei Hamburg besteht die Situation, dass sowohl mittlerer als auch gehobener Dienst zurzeit die gleichen Aufgaben wahrnehmen. Das betrifft insbesondere die Kollegen der Landesbereitschaftspolizei und die Kollegen im Reviervollzugsdienst. Das ist das Erbe, das ich vorgefunden habe. Die Polizei ist beauftragt, im Zusammenhang mit der Umsetzung der vielfältigen Reorganisationsprozesse – als Stichwort sei hier ProMod genannt – eine Entbündelung der einzelnen Dienstposten vorzunehmen, um die Zuordnung und Bewertung der Stellen nach Funktionskreisen zu erarbeiten. Darüber hinaus soll ab der Besoldungsstufe A11 ein regelhaftes System für Ausschreibungen und die Durchführung von Auswahlverfahren vorbereitet werden. Diese umfassende Neufassung wird jedoch Zeit in Anspruch nehmen, sodass ein Ergebnis nicht vor Herbst 2013 vorliegen wird.

Abschließend bleibt aus meiner Sicht festzustellen, dass ein Laufbahnverlaufsmodell der alten Prägung im Lichte der Rechtsprechung keine Zukunft mehr hat und auch nicht haben kann. Wir müssen daher den Weg beschreiten, Beförderungen von einem ruhestandsunabhängigen, an Verweilzeiten ausgerichteten System loszulösen und auf Beförderungszüge zurückzukehren, die sich an den jeweiligen Abgängen in den Ruhestand orientieren, und genau das werden wir tun.

Eine für mich zum guten Schluss grundsätzliche Feststellung: Ich habe in den letzten Jahren und Jahrzehnten – ich durfte seit 1997 in diesem Parlament sitzen und in der Opposition mitarbeiten – die verschiedensten Herangehensund Finanzie

rungsweisen in Bezug auf die Beförderungsmodelle unserer Hamburger Polizei erlebt. Im Ergebnis stehen für mich zwei Dinge unumstößlich fest: Erstens wird es mit mir keine Beförderung oder Strukturverbesserung geben, die durch Stellenstreichungen finanziert wird,

(Beifall bei der SPD)

und zweitens werde ich den Kolleginnen und Kollegen unserer Hamburger Polizei keine Versprechungen machen, die nicht nachhaltig und sauber durchfinanziert sind.

(Beifall bei der SPD)

Das mag in den letzten 10 bis 15 Jahren leider nicht immer der Fall gewesen sein, und deshalb haben wir genau die Herausforderungen – um nicht Probleme zu sagen –, vor denen wir heute stehen. Wir müssen nun aber gemeinsam die Ärmel aufkrempeln, um diese Erbschuld abzuarbeiten, und auf diesen Weg haben wir uns gemacht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Voet van Vormizeele.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war ein schöner Beitrag, Herr Innensenator, er hatte nur mit der Realität nicht viel zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Frau Möller sprach so schön und richtig vom Mantra der nicht vorhandenen Stellenkürzungen. In der Tat haben Sie keine Stellen gestrichen, Sie machen das hier anders, Sie besetzen sie einfach nicht mehr.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und bei Antje Möller GRÜNE)

Schauen Sie einmal in die Beantwortung meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage aus der letzten Woche. Es gibt 83 unbesetzte Stellen bei den Angestellten. Das ist keine Stellenstreichung, das ist nur eine Nichtwiederbesetzung. Sie haben bestätigt, dass es eine Wiederbesetzungssperre für diesen Bereich gibt. So kann man auch Geld sparen. Die Stellen sind weiterhin vorhanden, nur die Menschen gibt es nicht mehr. Sie sparen in diesen Bereichen ein, und zwar dort, wo wir es empfindlich merken. Gerade bei den Angestellten merkt man es nämlich sehr deutlich, das sind zum Teil die wissenschaftlichen Angestellten in den wirklich sensiblen Bereichen. Wenn wir die nicht mehr haben, dann können wir uns alles das, was wir jeden Sonntag im "Tatort" sehen, sparen.

(Jan Quast SPD: Keine Verbrechen mehr, das ist doch gut!)

(Senator Michael Neumann)

Das gibt es in Hamburg nämlich irgendwann nicht mehr, das haben wir dann eingespart.

Sie haben auch so schön gesagt, es werde keine Kürzungen in Ihrem Etat geben. Herr Neumann, das ist richtig, das liegt daran, dass Ihr Etat nicht auskömmlich ist. Die 51 Millionen Euro sind das, was Sie selbst gerade noch einmal bestätigt haben, nämlich die Übernahme des Tarifabschlusses. Ich finde es ausgesprochen richtig, dass Sie diesen Tarifabschluss übernehmen, nur haben Sie nicht einen müden Cent in Ihren Haushalt eingestellt.

(Arno Münster SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

Und mehr noch: Sie haben nicht einmal die Ergebnisse der letzten Tarifabschlüsse 2011/2012 sauber eingestellt, und das ist genau das, was Ihnen fehlen wird. Das sind 51 Millionen Euro, die Sie jetzt leisten müssen und die Sie gerade auch noch einmal zu Recht den Beamtinnen und Beamten versprochen haben. Was ich aber nicht richtig finde, verehrter Herr Innensenator, ist, dass die Beamtinnen und Beamten der Polizei Hamburg ihre Nichtbeförderung jetzt aufgrund dieser Art der Übernahme von Tarifabschlüssen selbst bezahlen. Das ist nicht in Ordnung, Herr Innensenator.

(Beifall bei der CDU und bei Carl-Edgar Jar- chow FDP – Arno Münster SPD: Das stimmt auch nicht!)

Das Laufbahnverlaufsmodell ist eine schwierige Sache, aber es ist einstimmig hier verabschiedet worden. Auch darauf weise ich den eben schon zitierten Oppositionspolitiker Neumann noch einmal hin. Es ist immer in diesem Parlament, auch zu Recht, mit einer einstimmigen parlamentarischen Mehrheit verabschiedet worden. Sie haben vorhin nicht davon gesprochen, dass Sie einmal nach einem neuen Modell schauen, sondern der Antrag der SPD-Fraktion ist die Abkehr von jeglichem Modell. Sie geben einen Arbeitsauftrag, der das umsetzt, was – mit Verlaub – selbstverständlich ist. Natürlich werden dort, wo freie Stellen sind, diese Stellen wiederbesetzt, das ist doch logisch. Man kann sie doch nicht einfach leer lassen, auch wenn Sie das gerne machen.

Nun kommen wir aber zum nächsten Trick, das haben wir bei den Haushaltsberatungen im Innenausschuss lange debattiert. Diese Stellen besetzen Sie aber nicht etwa sofort und zeitgleich, sondern Sie lassen sich dabei gerne ein bisschen Zeit. Wir haben lange und intensiv über 2 bis 5 Prozent gesprochen, und es wird letztendlich eine erhebliche Stellenzahl geben, die nicht sofort, wenn der eine in Pension geht, durch den nächsten Nachrücker besetzt werden wird. Dadurch werden wir Vakanzen von bis zu einem halben Jahr haben, und dadurch sparen Sie permanent ein. Dann ist es ein Hohn zu sagen, Sie würden bei der Hamburger

Polizei nicht sparen. Natürlich sparen Sie, seien Sie so ehrlich und sagen Sie es endlich auch einmal.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr, sodass wir zur Abstimmung kommen können. Zunächst zum Antrag der FDP-Fraktion aus der Drucksache 20/7968.

Wer diesen annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.

Dann kommen wir zum Antrag der CDU-Fraktion aus der Drucksache 20/7816. Die FDP-Fraktion möchte die Ziffer 1 des Antrags separat abstimmen lassen.

Wer nun zunächst die Ziffer 1 des CDU-Antrags annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wer sich dann den Ziffern 2 und 3 anschließt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch Ziffer 2 und 3 sind mit Mehrheit abgelehnt.

Dann kommen wir zum Antrag der SPD-Fraktion aus der Drucksache 20/7971.

Wer diesem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zum Punkt 25 der Tagesordnung, Drucksache 20/7707, Bericht des Ausschusses für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung: Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug der Sicherungsverwahrung und zur Anpassung beziehungsweise Änderung des Hamburgischen Strafvollzugsgesetzes, des Hamburgischen Jugendstrafvollzugsgesetzes und des Hamburgischen Untersuchungshaftvollzugsgesetzes.

[Bericht des Ausschusses für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung über die Drucksache 20/6795: Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug der Sicherungsverwahrung und zur Anpassung bzw. Änderung des Hamburgischen Strafvollzugsgesetzes (HmbStVollzG), des Hamburgischen Jugendstrafvollzugsgesetzes (HmbJSt- VollzG) und des Hamburgischen Untersuchungshaftvollzugsgesetzes (HmbUVollzG) (Senatsantrag) – Drs 20/7707 –]

Hierzu liegt Ihnen mit der Drucksache 20/7967 ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen der GRÜNEN, der FDP und der LINKEN und mit der Drucksache