"Aber die Verträge, denen die Bürgerschaft zugestimmt hat, sind auch wiederum nicht so schlecht, wie Sie es jetzt darstellen, denn erstens kann der Bauunternehmer angewiesen werden, nach diesen Verträgen zu bauen. […] Zweitens sehen die Verträge ausdrücklich nicht vor, dass die Stadt bei einem Baukonflikt nach Gutdünken des Bürgermeisters 200 Millionen Euro ohne Prüfung und Belege anerkennt, sondern die Verträge sehen etwas anderes vor. Bei einem Streit über die Mehrkosten – und in dem befinden wir uns eindeutig – hat die Bürgerschaft beschlossen, dass ein unabhängiger Sachverständiger der Handelskammer über die Forderungen des Bauunternehmens befinden soll."
Meine Damen und Herren! Das hätte der Finanzsenator auch heute sagen können. Was ist von dieser Ihrer Haltung 2009 heute im Jahr 2013 eigentlich noch übriggeblieben?
Wir erinnern uns an den beispiellosen Konfliktkurs mit Ultimaten und Kündigungsandrohungen, und Sie wissen selbst, dass dieser Kurs einen immensen Schaden für die Stadt, aber auch für die Baustelle erzeugt hat. Wer dazu noch mit seiner eigenen Zielsetzung so grandios scheitert, der muss sich fragen lassen, welche Verantwortung er selber trägt. Dieses Bekenntnis zu eigenen Irrtümern und Fehlern, Herr Dr. Dressel, habe ich nicht nur heute bei Ihnen und beim Bürgermeister vermisst.
Stattdessen versuchen Sie die Flucht nach vorn: Wer dem Deal des Bürgermeisters jetzt nicht zustimmt, der sei gegen die Elbphilharmonie. Aber das ist Quatsch.
Die CDU bekennt sich zur Elbphilharmonie, und es ist und bleibt ein bedeutendes Vorhaben für unsere Stadt. Wir stehen zu unserer Verantwortung und unseren Fehlern, die gemacht wurden. Und es passt zu Ihrem Auseinandersetzungsstil, dass Sie nicht in der Lage sind, sich anzuhören, was die Opposition zu Ihrem Verhalten zu sagen hat.
Ich wiederhole es: Wir stehen zu unserer Verantwortung für Fehler, die gemacht wurden. Dazu gehört auch der damals von der CDU, der SPD und den GRÜNEN gemeinsam beschlossene frühe Beginn der Bauarbeiten. Das Vertrauen in die Kooperationsbereitschaft und Loyalität sowohl der Planer HdM als auch des Generalübernehmers HOCHTIEF hat sich als nicht tragfähig erwiesen.
Zu dieser Verantwortung haben wir auch nach dem Regierungswechsel gestanden. Wir haben der SPD unsere Unterstützung in dieser Frage im Interesse Hamburgs angeboten. Besonders Bürgermeister Scholz hat immer klargemacht, dass er diese Unterstützung nicht braucht, und zwar genau bis zu dem Zeitpunkt, an dem er vor dem Scherbenhaufen seiner eigenen Politik stand.
Wir haben der SPD früh angeboten, einen Kurswechsel zu einer Neuordnung zu unterstützen. So habe ich bereits in den Haushaltsberatungen im November 2011 Vorschläge zur Neuordnung gemacht, und wir haben einen Fünf-Punkte-Plan für eine Neuordnung im Juni vergangenen Jahres öffentlich vorgestellt. Ich habe in einem persönlichen Gespräch dem Bürgermeister dazu unsere Unterstützung angeboten. Diese Vorschläge wurden vom Tisch gewischt. Noch im Sommer letzten Jahres war der Bürgermeister nicht bereit, über mehr Geld nachzudenken, weil er unverrückbar davon überzeugt war, dass er sich mit seinem Kurs gegen HOCHTIEF durchsetzen wird. Wer so mit einer verantwortungsbereiten Opposition umgeht, der darf sich nicht wundern, wenn er am Ende allein dasteht.
Ich bin überzeugt, dass die Elbphilharmonie ein Anziehungspunkt für Hamburgerinnen und Hamburger und Menschen aus aller Welt sein wird. Sie wird aber nicht nur Hamburgs kulturelle Bedeutung steigern, sondern sich im Endeffekt für die Stadt auch lohnen. In 20 Jahren wird die an Irrtümern reiche Baugeschichte nur dann noch aus den Archiven geholt werden, wenn die Medien ein klassisches Beispiel brauchen, weil ein aktuelles Bauprojekt aus dem Ruder läuft. Das ist irgendwie tröstlich, aber trotz dieser positiven Zukunftssicht enthebt uns das nicht davon, hier und heute unsere Verantwortung als Abgeordnete wahrzunehmen.
(Dr. Andreas Dressel SPD: Genau! – Juliane Timmermann SPD: Ja, dann tun Sie das! – Sylvia Wowretzko SPD: Na, dann mal los!)
beispiellose Verhalten von HOCHTIEF kritisch zu begleiten. HOCHTIEF hat von Anfang an mit dem berühmt gewordenen Claim-Management gegen die Loyalitätsvereinbarung der Ausgangsverträge verstoßen. Wahrscheinlich haben sie sich verzockt und vertan und Mängel abgeliefert, die zu Recht nicht abnahmefähig waren.
HOCHTIEF musste im großen Umfang eigene Baufehler korrigieren und sogar bereits Errichtetes wieder abreißen. Diese Fehler jetzt zu vergessen und mitzubezahlen, ist schwer erträglich, denn alle diese Fehler und Inkompetenzen hat die städtische ReGe mit großem Aufwand dokumentiert. Nach dem Nachtrag 4 im Jahr 2009 hatte sich die Stadt geschworen, sich dieses Verhalten nicht mehr widerstandlos bieten zu lassen, bis zu jenem Kursschwenk des Bürgermeisters im Dezember vergangenen Jahres. HOCHTIEF hat bereits früh im Jahr 2011 angekündigt, die Baustelle stillzulegen, wenn ihre finanziellen Mehrforderungen nicht erfüllt werden; das wissen wir aus der Befragung der Beteiligten. Und tatsächlich, mit angeblichen Gefahren für Leib und Leben bezüglich der Statik des Saaldachs hat HOCHTIEF seine Drohung wahrgemacht und die Baustelle über ein Jahr lang zum Erliegen gebracht. Trotz der klaren Ansage des Senats im Sommer 2011 "Keine Spielchen mehr" setzte HOCHTIEF seine Spielchen munter und am Ende leider auch erfolgreich fort. Ultimaten und Kündigungsandrohungen des Senats wurden mit vorgetäuschtem Entgegenkommen beantwortet. Ich habe hier ein paar Pressemitteilungen. Am 23. April schrieb Hochtief:
Meine Damen und Herren! Das Saaldach wurde mindestens bis Ende November nicht abgesenkt. Diese Zusagen hat HOCHTIEF zu keinem Zeitpunkt eingehalten und hat munter seine Spielchen mit der Stadt getrieben.
Das ging lange gut. Im Juli vergangenen Jahres haben Sie es sogar geschafft, mit einem neuen Eckpunktepapier Vereinbarungen abzuschließen, die Senatorin Kisseler stolz als einen Durchbruch verkünden konnte. Darin hat HOCHTIEF der Stadt schwarz auf weiß die Grundzüge der Neuordnung
sowie die Klärung der Konflikte der Vergangenheit über ein verbindliches Schiedsgerichtsverfahren zugesichert: keine pauschale Mehrvergütung, sondern verursachergerechte Klärung und Aufteilung der Mehrkosten. Diesen Weg hat die CDU damals unterstützt, diesen Weg sind wir mitgegangen, dieser Weg hätte die Hamburger Steuerzahler vor Schaden geschützt. Doch auch diese Vereinbarung, diese Zusagen – schon damals saß übrigens der neue Chef, Herr Fernández Verdes im Vorstand von HOCHTIEF –waren das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben standen. Die fruchtlosen Gespräche zur Umsetzung der Eckpunkte in Verträge scheiterten im September. HOCHTIEF hatte Angst vor dem Ergebnis der Schiedsgerichtsverfahren und sah die Aussicht auf mehr Geld von der Stadt schwinden. Deshalb beschloss die städtische ReGe, wie der Senat in seiner eigenen Drucksache einräumen musste, "folgerichtig und zwingend" – das sind die Worte des Senats – die Kündigung. Trotzdem wurde der Erpressungskurs von HOCHTIEF gegen die Stadt noch erfolgreich, denn der Bürgermeister lehnte die Kündigung ab. Der Bürgermeister führte plötzlich Einzelverhandlungen, geheim, ohne Zeugen, und er fällte Entscheidungen ohne Wirtschaftlichkeitsberechnung der Alternativen, ohne eine Vergaberechtsprüfung. Eine besonders undurchsichtige Rolle spielte dabei der Vertreter des Generalplaners. Er hatte die Gespräche zwischen HOCHTIEF-Chef Fernández Verdes und dem Bürgermeister angebahnt. Am Ende steht für ihn die komplette Enthaftung als Generalplaner und eine Vergütung für den Schaden der Bauzeitverlängerung von 17 Millionen Euro, obwohl der Generalplaner bekanntermaßen nicht unschuldig an den Problemen auf der Baustelle war. Für die bereits vorher vereinbarte Leistung erhält der Planer jetzt noch einmal unerklärliche 35 Millionen Euro.
Aber auch für HOCHTIEF ist der Konfliktkurs aufgegangen: Mehr Geld, Verzicht auf Strafzahlung, Verzicht auf Schadenersatz, sogar Verzicht auf Mitwirkung und Einspruch der Stadt, als wäre die Stadt die Alleinschuldige an allen Schwierigkeiten. Am schwersten wiegt aber der Umstand, dass HOCHTIEF schon mehrfach in der Vergangenheit Preisgarantien abgegeben hat. Im Jahr 2006 sollte das Gebäude für 241 Millionen Euro entstehen,
und mit dem Nachtrag 4 sollte es endgültig für 377 Millionen Euro errichtet werden. Jetzt verlangt HOCHTIEF fast 600 Millionen Euro. Worauf gründen SPD und Bürgermeister angesichts dieser Vorgeschichte ihre Erwartung, dass HOCHTIEF
zukünftig kompetent, zuverlässig und loyal seine Pflichten erfüllen wird? Und wie kann ein Vertrag gelingen, wenn das Fundament des Vertrauens nicht trägt? Kann ein Vertrag, der weitere Preissteigerungen ausschließt, vor dem Hintergrund der bisherigen Geschichte überzeugen, da auch die jetzt und davor verlangte Preissteigerung mit außerrechtlichen Mitteln durchgesetzt worden sind? Ich finde, Sie müssen sich auch die Frage gefallen lassen, ob diese Einigung ihr Geld wert ist. Sowohl die Beteiligten der ReGe als auch der Senat bestätigten uns in den Anhörungen, dass die Kündigung rechtlich tragfähig ist und das alternative Fertigstellungsszenario belastbar ausgearbeitet wurden. Anders ist auch gar nicht zu erklären, dass der Bürgermeister anderthalb Jahre mit dieser Kündigung droht. Wofür der Bürgermeister dann aber HOCHTIEF zusätzlich 200 Millionen Euro zahlen will, das konnte uns niemand erklären,
weder die externen Gutachter noch die Beteiligten. Es ist nicht einmal klar, welche Mehrleistung die Stadt eigentlich bekommt, die nicht auch schon im Nachtrag 4 vereinbart worden war. Deswegen will ich an dieser Stelle einmal an Peter Tschentscher aus dem Februar 2010 erinnern, als es um den Nachtrag 4 ging – ich zitiere –:
"Statt Millionen Steuergelder als sogenannte Einigungssumme auszugeben, müssten die überhöhten Forderungen des Baukonzerns zurückgewiesen und der Baukonflikt vor ein Schiedsgericht gebracht werden."
Meine Damen und Herren! Was damals die Haltung der SPD war, kann doch heute nicht Fahnenflucht und Unzuverlässigkeit sein, wenn wir auf diesen Positionen der Stadt gegenüber HOCHTIEF beharren wollen.
Es waren auch nicht die einzigen Merkwürdigkeiten, auf die wir bei der Aufarbeitung gestoßen sind. Die Recherchen der Bürgerschaft haben zutage gefördert, dass die Nachforderungen von HOCHTIEF bis zur Neuordnung nur bei 50 Millionen Euro gelegen hatten. Die Stadt hält und hielt davon sogar nur 12,5 Millionen Euro für berechtigt. Jetzt gibt es 200 Millionen Euro, obwohl die Stadt gleichzeitig die bis dahin einbehaltene Strafzahlung für die Bauzeitverlängerung von 40 Millionen Euro freigibt. 200 Millionen Euro, obwohl die Stadt alle durch die Fehler von HOCHTIEF verursachten Mehrkosten und die städtischen Mehrkosten durch den Baustillstand jetzt selbst bezahlen muss. 200 Millionen Euro und der Verzicht auf sämtliche Schadenersatzforderungen gegenüber HOCHTIEF und weitere drei Jahre Bauzeitverlängerung. Meine Damen und Herren, sieht so eine gute Lösung aus? Ist das