Nein. Diese 200 Millionen Euro sind ein politischer Preis. Er wurde vom Bürgermeister persönlich ausgehandelt in der Hoffnung, sich damit politische Ruhe zu erkaufen, aber diese Ruhe ist trügerisch. Viele in der Stadt und auch wir können Ihr Vertrauen in Kompetenz, Loyalität und Zuverlässigkeit von HOCHTIEF nicht teilen. Wir glauben der SPD nicht, dass nun mit dem Pauschalglobalfestpreis alles gut und problemlos wird. Im Gegenteil, es ist zu befürchten, dass während des Weiterbaus Konflikte zwischen dem Generalplaner und HOCHTIEF auftauchen, weil HOCHTIEF versuchen wird, so billig wie möglich zu bauen. Es ist sogar wahrscheinlich, dass die Stadt nicht die vereinbarte Qualität bekommt, sodass der Streit auf den Zeitpunkt der Abnahme 2016 vorprogrammiert ist. Auch eine gerichtliche Auseinandersetzung mit ungewissem Ausgang ist dann nicht ausgeschlossen. Trotzdem gibt die Stadt jetzt alle ihre bisherigen Forderungen und Rechte gegenüber HOCHTIEF auf. Das halten wir für falsch.
Sind die Verträge wirklich so risikolos, wie es uns der Bürgermeister glauben machen will? Sie berufen sich gern auf die Gutachter, aber Sie haben deren dringende Empfehlung verschwiegen, die städtische Risikovorsorge von 6 Millionen Euro auf 40 Millionen Euro zu erhöhen. Wofür denn eigentlich, wenn dieser neue Deal nach Auffassung der SPD angeblich ein Rundum-sorglos-Paket ist? Es gibt sehr viele kritische Punkte, und trotzdem will der Senat diese Entscheidung mit dieser immensen Tragweite wieder einmal im Schweinsgalopp durch das Parlament jagen,
wie schon bei Hapag Lloyd und dem Teilkauf der Energienetze. Die jeweiligen Ideen des Bürgermeisters werden kurzerhand als alternativlos erklärt.
Obwohl die Verträge so schwierig waren, dass der Abschluss nicht zum 28. Februar gelang, obwohl der Abschluss Ende April erst zwei Monate später ins Parlament kam, gab es keine Verlängerung der parlamentarischen Beratungszeit. Der Bürgermeister hat sich geweigert, die Vertragspartner um Verlängerung zu bitten. Lediglich die Verträge, nicht aber wichtige Anlagen und Entscheidungsdokumente wurden ins Internet gestellt. Auch die von uns beantragten Akten wurden erst drei Monate später vorgelegt. Mehr als 170 Aktenbände sollten innerhalb kürzester Zeit unter strafbewehrter Geheimhaltung durchgearbeitet werden.
Die Fakten zum Plan B, die Kündigung, werden bis heute unter Verschluss gehalten, obwohl alle Beteiligten im Ausschuss deutlich gemacht haben, wie penibel und sorgfältig die Alternativszenarien ausgearbeitet waren. Auch für den Senat waren diese Szenarien tragfähig. Schließlich hatte man mit Martin Heyne bereits einen kompetenten Geschäftsführer für die ReGe geholt, der ein exzellenter, ausgewiesener Fachmann mit Erfahrung in der Durchführung von Bauprojekten per Einzelvergabe ist. Doch dieser Senat möchte das Kündigungsszenario am liebsten auf Dauer zu einem Geschäftsgeheimnis erklären, damit diese heiklen Informationen niemals das Licht der Öffentlichkeit erblicken. "Eine Flut von Informationen ist noch keine Transparenz", wie die FAZ zutreffend zu dem Verfahren des Bürgermeisters feststellte.
(Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und bei Robert Bläsing, Katja Suding, beide FDP, und Norbert Hackbusch DIE LINKE)
Verschwiegen wurde, dass der Weiterbau mit HOCHTIEF nur deshalb nicht teurer wirkte, weil im Alternativszenario mit 85 Millionen Euro üppige Risikozuschläge kalkuliert wurden und gleichzeitig der Schadenersatz mit 0 Euro angesetzt wurde. Verschwiegen wurde, dass die mit 244 Millionen Euro bewerteten Schadenersatzforderungen zu 50 bis 80 Prozent als durchsetzbar geprüft wurden. Der Bürgermeister hat sogar versucht, gegenüber der Öffentlichkeit zu verheimlichen, dass seitens HOCHTIEF schon Mitte 2011 Vorschläge zur Neuordnung gemacht wurden, dass sogar Ende 2011 bereits von einem Rundum-sorglos-Paket die Rede war.
Diese Angebote wurden vom Senat abgelehnt, weil der Bürgermeister kategorisch ausschloss, mehr Geld für die Elbphilharmonie zu bezahlen. Dieser Kurs ist gescheitert.
Vor diesem Hintergrund erklärt sich der Bürgermeister nicht einmal bereit, sich den unangenehmen Fragen der Abgeordneten in der Senatsanhörung persönlich zu stellen.
Heute wissen wir, dass mehr als 100 Millionen Euro Schaden von der Stadt abgewendet worden wären, wenn Olaf Scholz früher eingelenkt hätte. Aber auch 100 Millionen Euro Schadenersatz hätte die Stadt im Konfliktfall mit guten Aussichten erstreiten können,
wenn der Bürgermeister den von ihm vorgegebenen Kurs konsequent zu Ende geführt hätte. Die Hamburger Bürgerschaft wird sich in den kommenden Monaten überlegen müssen, ob diese Fragen sauber aufgearbeitet werden oder ob sie das dunkle Kapitel der vergangenen zwei Jahre im Schatten ruhen lassen will.
Meine Damen und Herren! Auch die SPD weiß, dass der heute abzustimmende Nachtrag 5 natürlich nicht alternativlos ist. Alternativen sind und waren in den vergangenen zwei Jahren da. Wir können nicht über die vielen Fehler und Fehlleistungen von HOCHTIEF den Mantel des Schweigens hängen. Wir können nicht dem totalen Verzicht auf jedweden Schadenersatz zustimmen und damit die durch HOCHTIEF verursachten Kosten dem Steuerzahler aufbrummen. Wir können dem Bürgermeister deshalb keinen Freibrief für sein Elbphilharmonie-Management ausstellen.
… die die Elbphilharmonie mit diesem Nachtrag 5 noch nicht in trockenen Tüchern sehen. Weder die Kosten noch die Qualität sind gesichert. Streit bis hin zu gerichtlichen Auseinandersetzungen ist programmiert, wenn sich HOCHTIEF nicht grundsätzlich neu erfindet. Daran vermögen wir nicht zu glauben. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Elbphilharmonie hat in den vergangenen Jahren diese Stadt bewegt, im Guten wie auch im Schlechten.
Im Guten als ein großes Kulturprojekt mit einer faszinierenden Architektur, das viele Menschen spannend und anregend fanden und finden, aber mit Fortschreiten des Baus wurde die Elbphilharmonie zunehmend zu einem Symbol eines Bauprojekts in der Verantwortung der öffentlichen Hand, das finanziell aus dem Ruder lief. Wir GRÜNE haben die Elbphilharmonie von Anfang an unterstützt, denn wir waren immer der Meinung, dass Hamburg als Stadt mehr Kultur braucht und nicht weniger. Dabei war uns nicht nur Hochkultur wichtig. Hamburg braucht einen gesunden Mix aus Hochkultur, OffKultur, alternativer Kultur und auch Stadtteilkultur. Darum, meine Damen und Herren, war es uns bei der Zustimmung zum Projekt Elbphilharmonie immer wichtig, dafür zu sorgen, dass es ein Projekt für alle Hamburgerinnen und Hamburger ist.
Wir wünschten uns ein Haus, dessen Eintrittskarten für Konzerte sich auch Menschen leisten können, die kein großes Portemonnaie haben, einen öffentlichen Platz, der von Menschen genutzt werden kann, die gar keine Konzertkarten kaufen wollen oder können, einen dritten Saal, der nicht nur für klassische Musik, sondern auch für Pop- oder Weltmusik zur Verfügung steht und vielleicht als Wichtigstes die Elbphilharmonie als Kristallisationspunkt für musikalische Bildung, der in die ganze Stadt ausstrahlt, in die Stadtteile, in die Schulen, gerade auch in die Bereiche der Stadt, die nicht auf der Sonnenseite stehen. Vor diesem Hintergrund haben wir immer zu dem Projekt Elbphilharmonie gestanden. Dazu stehen wir auch heute, und unabhängig von unserem heutigen Abstimmungsverhalten werden wir auch in Zukunft zu diesem Projekt Elbphilharmonie stehen.
Heute geht es keinesfalls darum, ob man für oder gegen die Elbphilharmonie ist. Heute geht es auch nicht darum, ob die Elbphilharmonie weiter gebaut wird oder nicht; das wird sie sowieso.
Ich habe bisher nicht gehört, dass außer der LINKEN jemand dafür plädiert, dort eine Ruine stehen zu lassen, Herr Dressel.
Insofern geht es heute um die Frage, ob 195 Millionen Euro für den Generalunternehmer HOCHTIEF ein angemessener Preis für die Neuordnung der Verträge mit dem Generalunternehmer und dem Generalplaner ist. Das ist eine enorme Summe, und bis zum heutigen Tag ist es diesem Senat in keiner Weise gelungen zu erklären, wofür diese Summe eigentlich gezahlt wird. Wofür bekommt HOCHTIEF 195 Millionen Euro mehr? Was bekommt die Stadt dafür, was HOCHTIEF nicht schon längst der Stadt aus alten Verträgen schuldet?
Insofern stellt sich doch eines sehr deutlich dar: Diese Neuordnung, diese Verträge werden teuer erkauft, aus unserer Sicht zu teuer, und deshalb wird heute meine Fraktion dieser Einigungssumme mit HOCHTIEF in Höhe von 195 Millionen Euro nicht zustimmen.
Bei der Beurteilung von Verträgen geht es doch nicht nur darum, ob das juristische Konstrukt funktioniert. Ob ein Vertrag vorteilhaft ist oder nicht, hängt doch davon ab, was ich bezahle, was ich dafür bekomme, ob es ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis ist. Wenn es Lasten aus der Vergangenheit gibt, dann werden sie zwischen den Vertragspartnern gerecht aufgeteilt. Es ist sehr interessant, dass dieser Senat, der Bürgermeister, aber auch Herr Dressel in seiner Rede immer nur über das rechtliche Konstrukt reden, aber mit keiner Silbe über den Preis,
mit keiner Silbe über das, was wir bekommen und auch mit keiner Silbe darüber, ob ein fairer Lastenausgleich zwischen HOCHTIEF und der Stadt stattfindet. Und das ist die große Schwäche bei dem Vorschlag, den wir heute abzustimmen haben.