Protokoll der Sitzung vom 11.09.2013

(Dirk Kienscherf SPD: Super!)

Es ist so, wie mein Fraktionskollege, Herr Wersich, bei der Halbzeitbilanz gesagt hat: Nach dem Rausch kommt der Kater. Erst klopft man sich siegestrunken auf die Schulter, und heute schaut man mit großen Augen und weiß nicht mehr, was man machen soll.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme nun zum FDP-Antrag. Wir sind uns völlig einig darüber, dass wir eine Verbesserung der

Betreuungsschlüssel brauchen. Aber es greift zu kurz, wenn wir haltmachen und sagen, wir wollten es nur für diejenigen Kitas, die am Krippen-plusSystem teilnehmen. Wir haben schon damals gesagt, dass dieses System unzureichend ist, weil wir in den anderen Kitas nicht mehr Personalmittel haben. Das sind 300 in der Stadt, aber wir haben 1100. Und diejenigen Kinder, die nicht das Glück haben, zu diesen 300 Kitas zu gehören, die aber trotzdem sprachliche Defizite haben, bleiben auf der Strecke. Deswegen ist es kein guter Ansatz, auf dieses Konzept noch einmal aufzusetzen. Da brauchen wir deutlich mehr in Hamburg.

Der Finanzierungsvorschlag ist angesprochen worden. Kollege Ritter, dazu muss ich wirklich sagen, dass er dürftig ist und auch nicht ganz solide. Wir haben bereits jetzt mit der Drucksache über die Unterbringung von Flüchtlingen und zur Finanzierung der Wohnunterkünfte eine Änderung im Haushaltsplan; 7 Millionen Euro werden dort umgeschichtet. Das heißt, der Topf, den Sie benannt haben, ist also schon reduziert, die Mittel stehen gar nicht mehr zur Verfügung. Sie sagen, es sollten weitere Mittel aus dem Deckungsbereich der Kindertagesbetreuung zur Verfügung gestellt werden. Aber wahrscheinlich sind diese Mittel ohnehin schon dieses Jahr nicht auskömmlich. Auch im letzten Jahr musste auf andere Töpfe zurückgegriffen werden. Deswegen haben Sie es sich an der Stelle etwas leichtgemacht. Die Kosten sind nicht beziffert, die Finanzierung ist etwas nebulös, und deswegen wäre es gut, wenn wir den Antrag im Ausschuss diskutieren würden. Vielleicht können wir uns da noch auf umfassendere Ideen und Umsetzungen verständigen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Frau Blömeke, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr de Vries, ich muss meine Kollegin Nitruch ein wenig in Schutz nehmen. Ich finde, Sie hat überhaupt nicht mit Dreck geschleudert. Natürlich gibt es einen Zusammenhang mit dem, was auf Bundesebene an Geld ausgegeben wird. Man könnte dieses Betreuungsgeld, das insgesamt 1,2 Milliarden Euro kostet – eine unsägliche Summe –, in die Qualität von Kitas investieren. Das müssen Sie sich einmal wirklich vorstellen, verehrte FDP- und CDU-Kollegen. Wir hätten mit diesem Geld schon viel gewonnen, da gebe ich Frau Nitruch völlig recht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Deswegen ist das Ganze nicht so einfach. Ich werde in meiner weiteren Rede darauf eingehen,

(Olaf Ohlsen CDU: Fass dich bloß kurz!)

warum der Bund dort natürlich mit eine Rolle spielt.

(Christoph de Vries)

Zur Rede von Frau Nitruch ist auch noch zu sagen, dass ich wohl verstanden habe, wie die SPD tickt.

(Finn-Ole Ritter FDP: Jetzt erst!)

Es gab nämlich Vereinbarungen mit dem LEA, die werden stur erfüllt, und alles andere gibt es nicht in dieser Legislaturperiode. Es ging darum, diese Versprechen einzulösen. Das hat man getan, aber ich halte das für ein etwas starres Korsett, denn wenn wir sehen, dass wir mehr Qualität brauchen, dann muss man natürlich auch alle Anstrengungen unternehmen, um die Qualität in der Kita einzurichten und sich nicht vier Jahre auf den Versprechen auszuruhen und zu sagen, man mache alles gebührenfrei und baue die Kita aus. Aber, das war ganz deutlich bei Frau Nitruch zu hören, diese Strategie verfolgt die SPD. Darüber kann man nun streiten. Ich habe aber sehr wohl auch gehört, dass Frau Nitruch für die SPD sagte, wir seien uns alle darüber einig, dass wir mehr Qualität in der Krippe brauchen. Das finde ich erst einmal gut, wir sind uns alle einig. Darum werden anscheinend auch diese Anträge überwiesen, und wir werden im Ausschuss fachlich darüber reden.

Ich will nicht so viel auf das Inhaltliche eingehen, denn in der Zielsetzung sind wir uns mit den Initiativen von FDP und LINKEN durchaus einig. Ich habe gemerkt, dass wir eigentlich im Plenarsaal nicht mehr darüber zu reden brauchen.

(Olaf Ohlsen CDU: Schönes Schlusswort!)

Nein, noch kein Schlusswort.

Im Übrigen haben Sie das nicht neu erfunden. Ich möchte einmal auf die Haushaltsberatungen im letzten Dezember verweisen. Dort haben wir GRÜNE bereits einen Antrag für mehr Qualität in Hamburger Kitas gestellt und die Forderung aufgegriffen, die DIE LINKE jetzt nachgemacht hat: 25 Prozent mehr Personalstunden pro Krippenkind. Diese Maßnahme kostet auch etwas, darauf komme ich gleich noch. Bekannterweise hat die SPD unseren Antrag damals abgelehnt, das fand ich sehr schade, er gehört nämlich in die Haushaltsberatungen. Jetzt hat DIE LINKE eine Wiederauflage dieses Antrags von uns aus den Haushaltsberatungen versucht, aber ohne solide Gegenfinanzierung. Ich halte das in der Tat für unseriös. Frau Nitruch, Sie haben mich richtig zitiert aus der Pressemitteilung. Eine Aufstockung um 25 Prozent pro Krippenkind kostet 34 Millionen Euro.

(Finn-Ole Ritter FDP: Was?)

Ja, 34 Millionen Euro, aber ich komme gleich noch zu Ihrem Antrag.

Ich halte es nicht für solide, einfach zu sagen, man solle mal eben den Kita-Etat um 34 Millionen Euro aufstocken, ohne zu sagen, woher man es denn aus anderen Bereichen nimmt. Das geht nicht, verehrte Kollegen von der LINKEN. Deswegen kön

nen wir Ihrem Antrag nicht zustimmen, aber er wird doch auch überwiesen.

Eine Forderung, wie die FDP sie aufstellt, mit einem Personalschlüssel von 1:4 würde für ganz Hamburg 77 Millionen Euro kosten.

(Finn-Ole Ritter FDP: Haben wir doch gar nicht gestellt!)

Ich weiß, Sie haben sie nur für die sozialen Brennpunkte gestellt, nämlich 15 Millionen Euro.

Aber auch das ist nicht solide, denn dann könnten wir jetzt alle anfangen, Anträge zu schreiben:

(Finn-Ole Ritter FDP: Ja, genau!)

Liebe SPD, berücksichtigt das bitte in den nächsten Haushaltsberatungen. Dafür ist das nicht da, sondern derartige Anträge gehören meiner Ansicht nach in die Haushaltsberatungen. 77 Millionen Euro kann man nicht mal so eben zwischendurch fordern und auch keine 15 Millionen Euro, die Ihr Konzept kostet, denn das Geld für das Bildungsund Teilhabepaket ist für andere Zwecke vorgesehen und ist vielleicht noch einmal vorhanden.

(Finn-Ole Ritter FDP: Ja, wofür das denn?)

Für benachteiligte Kinder, aber es ist schon zigmal für anderes vorgesehen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Woher wissen Sie das denn?)

Das heißt, auch das ist nicht solide.

Eine Gegenfinanzierung sollte schon da sein, wenn man mit solchen Anträgen kommt. Ich bin gemeinsam mit meiner Fraktion der Ansicht, dass solche Anträge zwar inhaltlich alle richtig sind, aber auf jeden Fall in die Haushaltsberatungen gehören. Es zeugt einfach nicht von Verantwortung für den Hamburger Haushalt, wenn man auf der einen Seite schlicht und einfach erklärt, man erhöhe den Etat, auf der anderen Seite aber sagt, der Senat solle in den nächsten Beratungen dafür sorgen, dass das Geld eingestellt werde.

Ich bin dafür, dass wir an geeigneter Stelle dieses Thema wieder aufgreifen. Die SPD muss dazu Farbe bekennen, das ist richtig.

(Wolfgang Rose SPD: Immer rot!)

Sie muss Farbe bekennen, ob sie die Qualität der Krippenbetreuung verbessern will oder ob sie in der Tat einseitig auf Gebührenbefreiung setzt. Bei dieser Gebührenbefreiung hat nämlich kein Kind irgendeine einzige Personalstunde mehr. Es geht lediglich darum, die Eltern zu entlasten.

(Dirk Kienscherf SPD: Lediglich!)

Es geht darum, stur das Versprechen zu erfüllen; die Kinder profitieren davon jedoch nicht.

(Dirk Kienscherf SPD: Wieso das denn? Das wissen Sie doch gar nicht! Wenn die Famili- en dann mehr Geld zur Verfügung haben!)

Und die Qualität in der Krippe und in der gesamten Kita wird dadurch null verbessert.

Wir fordern in der Tat – das ist auch nachzulesen in unserem Bundeswahlprogramm, und jetzt komme ich mit einem Schlenker zur Bundesregierung – bundesweite Mindeststandards für die Kinderbetreuung und im Krippenbereich einen Personalschlüssel von 1:4.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das ist doch unseriös! Sie machen doch auch Haushaltsvorschlä- ge!)

Ich denke auch, dass wir uns in diesem Haus alle über diesen Personalschlüssel einig sind. Es ist aus unserer Sicht wichtig, hier den Fokus – jetzt komme ich noch einmal zu Ihrem Antrag – nicht nur auf die sozialen Brennpunkte zu legen, da bin ich ganz bei dem Kollegen Herrn de Vries, denn in Krippen werden generell die Kleinsten betreut, und wir müssen dafür sorgen, dass die Kleinsten eine gute Betreuung erhalten und dass sie einen guten Bildungsstart haben. Da wollen wir keine Unterschiede machen, ob es in den sozialen Brennpunkten ist oder in ganz Hamburg. Deswegen brauchen wir die verbesserte Qualität in allen Krippen Hamburgs.

Aber diese große Aufgabe kostet 77 Millionen Euro. Die Länder und auch Hamburg können unserer Meinung nach diese große Aufgabe nicht allein schultern. Deshalb wollen wir den Bund finanziell mit in die Pflicht nehmen. Wir haben als GRÜNE dazu eine Vorstellung entwickelt, zum Beispiel die Reform des Ehegattensplittings. Darauf will ich jetzt nicht eingehen, sonst würden wir noch eine halbe Stunde länger hier stehen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das ist doch unseriös! Sie kommen doch gar nicht an die Regie- rung!)

Das ist ein Finanzierungsmodell, wie wir den Bund mit in die Verantwortung nehmen wollen. An dieser Stelle ist – Herr Ritter, da können Sie jetzt schreien, so viel Sie wollen – das unsägliche Betreuungsgeld sehr wohl zu erwähnen. Ihre 1,2 Milliarden Euro werden versenkt in eine Anti-Kita-Prämie, aber nicht in die Qualität der Kitas.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich fasse noch einmal zusammen. In der Zielsetzung sind die beiden Anträge richtig, ich glaube, da gibt es keinen Dissens. Hamburg ist bundesweit Schlusslicht in der Personalausstattung der Krippen. Das ist bedauerlich, und wir werden nicht richtig weiterkommen, wenn sich dort nicht etwas verbessert. Es muss endlich gehandelt werden, das sehen wir auch so. Aber diese beiden Anträge haben keine solide Gegenfinanzierung und sie gehö