Protokoll der Sitzung vom 12.09.2013

Wir werden aber auch prüfen, ob beim Erlass neuer Bebauungspläne Flächen dauerhaft für die Unterbringung von Wohnungslosen und Flüchtlingen gesichert werden können. Die planerische Berücksichtigung dieses Bedarfs ermöglicht es, Konflikte mit dem Umfeld zu vermeiden und Einrichtungen bestmöglich in bestehende oder neuentstehende Wohnquartiere zu integrieren. So schaffen wir die Grundlage für eine langfristige Perspektive der öffentlichen Unterbringung in Hamburg in Einrichtungen, die Teil einer solidarischen Stadt sind.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte zum Schluss auf einen Aspekt eingehen, der mir für den sozialen Frieden in solchen Einrichtungen wichtig ist. Während die Kinder der Flüchtlinge eine Tagesstruktur in der Kindertagesbetreuung haben oder in die Schule gehen und über das Bildungs- und Teilhabepaket Zugang zu Sportvereinen oder anderen Beschäftigungen haben, sind die Erwachsenen zum Warten verdammt. Menschen, die zumeist gern ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen möchten, dürfen dies nicht. Da wir wohl davon ausgehen müssen, dass viele länger bei uns bleiben, ist das keine gute Situation. Wir sollten gemeinsam nach Wegen suchen, wie wir Menschen, die erkennbar länger bleiben werden, die Aufnahme einer Beschäftigung rechtlich und tatsächlich ermöglichen können.

(Beifall bei der SPD)

Mir ist bewusst, dass ich bei diesem Thema nicht alle sofort auf meiner Seite habe. Man wird es auch ordentlich miteinander diskutieren müssen, weil man aufpassen muss, dass, wenn es um Vorrangprüfungen geht, das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet wird, denn es gibt auch Menschen, die in Hamburg lange leben, die schlecht qualifi

ziert sind und um ihre Stellung auf dem Arbeitsmarkt fürchten. Gleichwohl werden wir uns diesem Thema zuwenden müssen im gerechten Ausgleich zwischen allen, die auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt sind.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Wir sollten die Augen nicht davor verschließen, dass die Menschen aus Syrien, dem Irak, dem Iran und aus Afghanistan wahrscheinlich länger bei uns bleiben werden, denn die Situation dort ist derart prekär, dass eine zeitnahe Rückkehr zumindest fraglich ist. Wenn wir das akzeptieren und annehmen, dann ist es für mich logisch, dass wir diesen Menschen eine Perspektive einräumen müssen. Dazu gehört auch eine Perspektive rund um die Arbeit. Es täte den Menschen gut, denn es würde ihr Selbstvertrauen und ihre Würde stärken. Es stärkt auch das Ankommen in Deutschland und die Integration. Es täte den Sozialkassen gut, denn zurzeit zwingen wir Menschen, auf Staatskosten zu leben, die das gar nicht wollen und nicht müssten. Ich glaube, dass es auch unserem Arbeitsmarkt gut täte. Wenn wir über Fachkräftemangel debattieren, dann soll man diese Gruppe von Menschen nicht völlig außer Acht lassen.

Auf die Anträge aller anderen Parteien sind meine Vorredner schon eingegangen.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Vorrednerin- nen!)

Vorrednerinnen, aber so schnell kann ich das Gelernte nicht automatisieren.

Ich finde gut, dass Einvernehmen darüber besteht, dieses Thema im Sozialausschuss weiter miteinander zu diskutieren.

(Ksenija Bekeris SPD: Die CDU muss noch mitmachen!)

Das ist Parlamentssache.

Es gibt viel zu besprechen und der Senat ist darauf eingestellt. Das, glaube ich, konnten Sie eben hören. Ich freue mich auf die weitere Diskussion und bedanke mich ausdrücklich für die breite Unterstützung dieses Antrags. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Lohmann hat das Wort.

(Juliane Timmermann SPD: Vergiss bloß nicht die Frauen!)

– Ich werde mich bemühen.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ein wenig verwundert bin ich über diese Debatte schon, vor allem, weil ich die konstruktive Diskussion im Sozialausschuss verfolgt habe

(Senator Detlef Scheele)

und nun von Ihnen, Frau Föcking, eine Schärfe hineingebracht wird, die wir vorher nicht gekannt haben. Ich habe mir überlegt, ob ich das Lob, das ich am Anfang dem Sozialausschuss machen wollte, eigentlich noch vorbringen soll, aber ich mache es.

(Dietrich Wersich CDU: Nee, lassen Sie es weg!)

Ist gut, Sie wollen das gar nicht.

Sie sprechen in allen drei Zusatzanträgen von frühzeitiger Information der Bürgerinnen und Bürger.

(Dietrich Wersich CDU: Wir haben keine Schärfe gebracht! Es war ein sehr vernünfti- ger Beitrag von Frau Föcking, da brauchen wir kein heuchlerisches Lob von Ihnen!)

Ich finde, es war Schärfe.

Alle Anwohner werden bereits jetzt so früh und umfassend wie möglich informiert. Sowohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sozialbehörde und von "fördern und wohnen" als auch parteiübergreifend die Abgeordneten vor Ort kommen mit den Anwohnern unter teils nicht einfachen Bedingungen ins Gespräch. Auch die Bezirksversammlungen werden nach Paragraf 28 beteiligt. Alle Bezirke sind in der BASFI-Runde vertreten. Die BASFI verschickt ständig aktualisierte Prüflisten auch an die Bezirke.

Nun einmal etwas aus der Praxis. Ich setze mich beruflich seit dem Jahr 1989 mit dem Thema öffentliche Unterbringung auseinander. Es hat noch nie ein solch transparentes Verfahren in dieser Stadt gegeben.

(Beifall bei der SPD)

Alle Zusatzanträge haben leider eines gemeinsam. Es ist schade, dass sie keine Vorschläge enthalten, wo denn Unterbringungsplätze entstehen sollen.

(Antje Möller GRÜNE: Ihr Antrag auch nicht!)

Leider wurden auch keine dafür bereitstehenden Flächen und kein Gebäude benannt. Sie möchten gern kleine dezentrale Einrichtungen, gleichmäßig über die Stadt verteilt. Die Fachbehörde und "fördern und wohnen" verfolgen das Ziel, Einrichtungen der öffentlichen Unterbringung in sozialverträglicher Größe und in einer angemessenen Verteilung über das Stadtgebiet zu errichten. Bei kleinen Einrichtungen übersteigen teilweise die Herstellungs- und Personalkosten pro Platz das vertretbare Maß. Flächen zum Bau neuer Einrichtungen stehen zurzeit leider nicht in allen Bezirken und Stadtteilen zur Verfügung. Auch wir als SPDFraktion haben die Vision kleiner dezentraler Einrichtungen, gleichmäßig über die Stadt verteilt und in die jeweiligen Stadtteile integriert. Die Realität sieht leider zurzeit anders aus. Gegenüber dem

vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Flüchtlinge fast verdoppelt. Die Stadt steht in diesem Fall vor einer gewaltigen Herausforderung. Wir haben mit "pflegen und wohnen" einen verlässlichen Partner an unserer Seite,

(Antje Möller GRÜNE: "fördern" heißt das!)

der das umzusetzen vermag. Wir kennen Geschichten aus anderen Städten, die das privatisiert haben und wo sehr, sehr viel quer läuft. Es ist richtig, dass die Vermittlung in Wohnraum zurzeit sehr schwierig ist. Auch deshalb haben wir das Wohnungsbauprogramm aufgelegt, um die Versäumnisse der Vorgängersenate auszugleichen.

(Beifall bei der SPD)

Fast 9000 Baugenehmigungen im vergangenen Jahr – in diesem Jahr sieht es ähnlich gut aus – werden mittel- und langfristig zu einer Entspannung auch bei der öffentlichen Unterbringung führen. Hier hilft es nur, Wohnungen zu bauen, und das machen wir.

(Beifall bei der SPD – Dirk Kienscherf SPD: Richtig!)

SAGA GWG und die Baugenossenschaft freier Gewerkschafter haben bereits Ende 2012 den neuen Kooperationsvertrag unterzeichnet. Die SAGA GWG hat sich vertraglich verpflichtet, jährlich 3000 sozialwohnungsberechtigte Haushalte mit Wohnraum zu versorgen. Davon müssen mindestens 1700 Haushalte mit Dringlichkeitsschein und davon wiederum 50 Prozent, also 850 Wohnungen, für wohnungslose Haushalte sein. Das ist ein guter Anfang, und das sind Maßnahmen, die greifen werden.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt möchte ich eigentlich Frau Hajduk loben. Schade, dass sie nicht da ist, aber vielleicht können Sie das weitergeben. Sehr geehrte Frau Hajduk, ich möchte mich an dieser Stelle für Ihre klaren Worte "Hamburg braucht eine Willkommenskultur für Flüchtlinge" bei "Schalthoff live" vor zwei Wochen ausdrücklich bedanken.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Auch die Erklärung, die vor einigen Monaten meine Fraktionskollegen Kasim Abaci und Wolfgang Rose gemacht haben, hat viele positive Signale für unsere Stadt gesetzt; auch dafür danke.

(Beifall bei der SPD – Vizepräsidentin Bar- bara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Ich würde mir wünschen, dass wir am Ende der Diskussion im Sozialausschuss zu einem interfraktionellen Appell kommen.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen eine Willkommenskultur für Menschen, die zu uns kommen. Ich möchte alle Abgeordneten dieses Parlaments dazu auffordern, an der Willkommenskultur unserer Stadt mitzuwirken und daran mitzuarbeiten.

(Finn-Ole Ritter FDP: Machen wir tagtäg- lich!)

Ich freue mich auf die weitere Diskussion im Sozialausschuss, da wir alle Anträge überweisen wollen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)