Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren. Lieber Kollege Münster, ich kann es wirklich kurz machen, denn das, was Sie eben gesagt haben, stimmt alles zu 100 Prozent.
Von 2001 bis 2011 ist die Zahl der Radfahrer in Hamburg von 8 Prozent auf 11 Prozent gestiegen und der Kollege Münster hat zu Recht gesagt, woran es lag, nämlich an einer fahrradfreundlichen Politik der letzten Jahre, die auch begleitet wurde von einer vernünftigen Arbeit der Innenbehörde.
und ich bin großer Hoffnung, dass wir auch mit dem neuen Senat, lieber Senator Neumann, auch was die Überwachung angeht, auf diesem vernünftigen und richtigen Weg der letzten Jahre bleiben.
Deswegen ganz kurz zum Antrag, der tatsächlich wahrscheinlich der Situation geschuldet ist, dass die FDP lange nicht hier war. Wir brauchen keine statistischen Untersuchungen. Wer sich in den letzten Jahren mit dem Verkehrsforum beschäftigt und daran teilgenommen hat, wer sich mit den Ergebnissen beschäftigt hat, weiß eigentlich, woran es in unserer Stadt hapert und was wir tun müssen. Auch die FDP, lieber Kollege Schinnenburg, ist wirklich herzlich eingeladen, dort in Zukunft mitzuarbeiten, denn es ist so, dass alle Parteien, die im Parlament vertreten sind, dort mitarbeiten. Auch bei den Velorouten müssen Sie sich keine Gedanken machen. Es gehört zur regulären Prüfung dazu, dass wir uns auch die Verkehrsunfallschwerpunkte ansehen. Insofern seien Sie sich sicher, dass wir auch die Überwachung der Fahrradfahrer im Blick haben und dass, wenn es tatsächlich Bedarf gibt, und da werden Sie beteiligt sein, wir entsprechend auch einschreiten. Aber der Kollege Münster hat gesagt, wir sind auf dem richtigen
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Statistiken finden ist das eine, Statistiken verstehen das andere und Statistiken verstehen wollen das Dritte. Herr Schinnenburg, Sie haben in Ihrer Rede mehrfach Bezug genommen auf die Zahl der Unfallverursacher und haben das dann gleichgesetzt mit dem Begriff Rowdy. Das ist schon ein ziemlich starkes Stück, weil natürlich jemand auch Unfallverursacher sein kann, wenn er schlicht einen Fehler im Straßenverkehr macht. Das gibt es unter Autofahrern auch ganz selbstverständlich. Deswegen ist es total neben der Spur, wenn Sie diese Gleichsetzung machen. Vor allem müssen Sie sich einmal anschauen, was die Statistiken wirklich sagen. Sie haben so schlank behauptet, alle unter 18 seien irgendwie alles Rowdys. Das heißt, Sie sagen, wenn bei einem Verkehrsunfall ein fünfjähriges Kind mit seinem Fahrrad auf die Straße gerät, weil es nicht versteht, dass die Straße dort beginnt und den Verkehr nicht mitbekommt, dann wird die Polizei natürlich das Kind als Unfallverursacher registrieren. Das fließt mit in diese Statistik ein. Bei Unfällen mit unter 18-Jährigen sind zu zwei Dritteln nach dieser Logik die Radfahrer schuld am Unfall. Wenn man das dann herausrechnet und mit über 18-Jährigen vergleicht – Autofahrer sind auch über 18 –, dann sind es bei den über 18-jährigen Radfahrern gerade einmal 27 Prozent derjenigen, die tatsächlich bei einem Unfall nach der Aufnahme durch die Polizei die Unfallursache darstellen, und zu über 70 Prozent die beteiligten Autofahrerinnen und Autofahrer.
Das ist genau der Punkt, denn Sie setzen mir Ihrer Logik und Sprache die Unfälle, die mit Kindern passieren, denen von Rowdies gleich. Das ist ziemlich unangemessen gegenüber der Situation. Wenn es zu Unfällen mit Kindern kommt, dann ist es völlig falsch, den Kindern die Schuld anzulasten. Wir müssen als Gesellschaft dafür sorgen, dass sich Kinder im Straßenverkehr sicher bewegen dürfen. Das geht eben nicht nur über Verkehrserziehung, sondern Straßen müssen so sein, dass sich Kinder sicher bewegen und frei entfalten können. Deswegen ist es auch völlig falsch, mit dieser Logik zu kommen und Ausdrücke wie Rowdies zu benutzen.
Interessant ist es, dass auf der nächsten Ebene, wenn es um die rechtliche Klärung geht, unser Zivilrecht eine ganz klare Konsequenz daraus zieht.
Wenn es zu einem Unfall mit einem Kind kommt, dann trägt trotzdem der Autofahrer beziehungsweise seine Versicherung den Schaden über die Regelung der Betriebsgefahr im Straßenverkehrsgesetz; das wissen Sie auch. Diese Regelung wird ganz konsequent angewendet, aber Sie arbeiten mit dieser Statistik, die das überhaupt nicht abbildet.
Wir müssen natürlich die Verkehrsüberwachung auch im Hinblick auf den Radverkehr haben; die haben wir auch. Die Ressourcen in der Verkehrsüberwachung müssen jedoch da eingesetzt werden, wo die größten Gefahren bestehen. Es ist aber nun einmal nicht so, dass von einem Fahrrad die größten Gefahren im Straßenverkehr ausgehen, weil andere Verkehrsteilnehmer ziemlich selten durch Radfahrer getötet werden; umgekehrt kommt es natürlich vor. Da müssen die Schwerpunkte der Überwachung gesetzt werden. Sie müssen bei bestimmten Gruppen von Radfahrern gezielt gesetzt werden und bei bestimmtem Fehlverhalten, das große Probleme verursacht. Da ist als wichtigstes Beispiel die Radwegbenutzung auf der falschen Seite, denn das verursacht große Probleme. Dies muss überwacht werden, wird aber auch schon überwacht, es ist in den letzten Jahren immer ein Schwerpunkt der Überwachungsaktionen der Polizei gewesen. Deswegen ist es aber auch wichtig, dass die Radverkehrsführung nicht solche Unfallursachen selbst veranlasst, bei denen zum Beispiel die Benutzung von Radwegen auf der linken Seite auch noch angeordnet wird. Das schafft natürlich Unfallursachen, das haben wir leider noch viel zu häufig.
Ein letzter Punkt ist, dass wir eine Entspannung des Klimas zwischen Radfahrerinnen und Fußgängerinnen erreichen müssen. Es kommt zwar nicht häufig zu Unfällen, aber es kommt zu unangenehmen Situationen, weil die Verkehrsführung so ist, wie sie ist, und weil der Radverkehr sehr eng mit dem Fußverkehr zusammengeführt wird. Da ist es nachvollziehbar, dass viele Fußgängerinnen und Fußgänger unangenehme Situationen erleben, auch wenn es nicht immer zu Unfällen kommt. Daran muss man arbeiten, damit dies endlich überwunden wird. Dann sind wir bei dem Konzept, das im Fortschrittsbericht zur Radverkehrsstrategie steht, und das muss vollständig umgesetzt werden. – Vielen Dank.
Aber eines ist noch nicht gesagt worden: ein dickes Lob an Herrn Schinnenburg. Ich habe mich nämlich schon zwei Tage lang auf diese Debatte gefreut, weil klar war, dass es einer der Höhepunkte sein wird, denn Sie haben so viele Punkte geliefert, die man gut auseinanderpflücken kann. Herr Münster sagte es schon, Sie haben ein Trauma, und es ist gut, wenn man darüber spricht. Ich hoffe, wir werden noch sehr oft darüber sprechen, sodass Sie Gelegenheit haben, dieses Trauma abzubauen.
Ich gehe als erstes auf Ihren Antrag ein und möchte Ihnen vorschlagen, dass Sie die Überschrift ändern. Sie haben doch eben schon gehört, dass bei über 70 Prozent der Unfälle mit erwachsenen Verkehrsteilnehmern die Radfahrerinnen und Radfahrer nicht die Verursacher sind. Also muss Ihre Überschrift lauten: nicht Gefährdung durch Radfahrer, sondern Gefährdung von Radfahrerinnen und Radfahrern. Das ist der erste Verbesserungsvorschlag.
Dann haben Sie eben einen Denkfehler gemacht. Sie sagten, dass die Radfahrenden so viele Verletzungen verursachen. Ich bin mir sehr sicher, dass bei den meisten Unfällen, die Radfahrerinnen und Radfahrer erleiden, sie die Verletzten sind und nicht das Auto, das angefahren wird, denn das Auto bekommt eine Beule.
Das macht die Sache nicht besser. Es ist ein großer Unterschied, ob ich angefahren werde oder mit meinem Fahrrad in Ihr Auto fahre. Mir tut es weh, Ihrem Auto nicht. Aber das mögen Sie anders sehen.
Ich bleibe bei Ihrem Antrag. Hier hat mich etwas gefreut, denn sonst ist die FDP immer die Partei, die sagt, wir müssten den öffentlichen Dienst abbauen und sparen. Jetzt wollen Sie aber mehr Personal im öffentlichen Dienst haben, Sie wollen mehr Verkehrsüberwachung.
Der Ansatz ist zwar völlig falsch, aber dass Sie endlich einmal einsehen, dass es wichtige Staatsaufgaben gibt, gefällt mir ganz gut.
Ich komme zum letzten Punkt in Ihrem Antrag. Herr Steffen hat es schon angedeutet und ich mache es für Sie etwas einfacher. Was Sie zu bewirken versuchen ist ein verkehrsgerechtes Kind. Das werden Sie nie bekommen. Was wir in Hamburg brauchen und woran auch Sie arbeiten könnten,
In einem Punkt habe ich Herrn Steffen nicht verstanden, aber vielleicht wollten Sie auch in die Richtung gehen. Fuß- und Radverkehr haben wir in Hamburg immer noch sehr häufig auf denselben Flächen. Das führt zu Konflikten, denn wenn ich Rad fahre, will ich auch irgendwo hinkommen und nicht nur langeiern. Ich will nicht rasen, was Sie mir sofort unterstellen würden, aber ich möchte zügig vorankommen können. Deswegen brauchen wir eigene Radstreifen und nicht mehr die Zusammenballung auf zwei Metern Breite. Das muss abgeschafft werden.
Ein letzter Punkt. Gestern habe ich festgestellt, dass die FDP nicht nur eine Autopartei ist, sondern auch die Partei der Yachtbesitzerinnen; das war ein ganz neuer Aspekt.
Aber ich denke, dass auch die FDP fähig ist zur Weiterentwicklung. Vielleicht stellen Sie fest, dass es auch Fortbewegung auf zwei Rädern gibt ohne Motor, und die ist auch sehr gut. Sie könnten die Autos einmal ein bisschen weiter im Hintergrund lassen, das wäre ein großer Fortschritt. Falls Sie es nicht gemerkt haben sollten: Wir werden mit Freude Ihren Antrag ablehnen.