Protokoll der Sitzung vom 19.05.2011

Dabei werden wir auch eine andere zentrale Wahlaussage der SPD berücksichtigen, nämlich die Interessen der Wirtschaft voranzubringen und diese bei der Neufassung der Vermögensteuer zu berücksichtigen. Diejenigen von Ihnen, die unseren Antrag genau lesen, werden feststellen, dass dies der Fall ist.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen kann man den Argumenten entgegenhalten, dass die Vermögensteuer Mitte der Neunzigerjahre, umgerechnet, 4,5 Milliarden Euro in die Länderkassen eingebracht hat bei Erhebungskosten von circa 300 Millionen. Es blieben also selbst bei höheren Erhebungskosten noch rund vier Milliarden Euro netto. Für die Länder wäre das ein substanzieller Gewinn und in der derzeitigen Haushaltssituation dringend erforderlich, nicht nur in Hamburg, sondern in allen bundesdeutschen Ländern.

(Beifall bei der SPD und bei Jens Kerstan GAL, Norbert Hackbusch und Dora Heyenn, beide DIE LINKE)

Natürlich greift eine Vermögensteuer wie jede Steuer in die Wirtschaft ein und ist auch eine Be

lastung. Aber im internationalen Vergleich liegt sowohl unsere Steuerquote als auch der Anteil der vermögensbezogenen Steuern unter dem Durchschnitt. Sogar die OECD empfiehlt Deutschland eine Erhöhung der vermögensbezogenen Steuern. Die Vermögensteuer ist leider eine Notwendigkeit, um unseren finanziellen Spielraum in den nächsten Jahren wieder ein bisschen zu erhöhen. Sie ist auch ein Beitrag der Solidarität, den wir von den Inhabern der großen Vermögen erbitten.

(Beifall bei der SPD – Heike Sudmann DIE LINKE: Das ist doch kein Geschenk!)

Die eigentliche Frage ist doch: Wie wollen wir in Zukunft aktives staatliches Handeln möglich machen und finanzieren? Darauf brauchen wir bald Antworten. Die Konsolidierung der Staatsfinanzen wird, gerade nach der Finanzkrise, von der wir wissen, dass sie strukturell noch nicht überwunden ist, dazu führen, dass die Steuern in Deutschland tendenziell wieder etwas steigen müssen. Wir brauchen eine Neuordnung und Vereinfachung unseres Steuersystems sowie eine vernünftige, neu strukturierte Verteilung der Einnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden. Die Vermögensteuer ist ein erster Beitrag dazu. Sie ist zwar eine Bundessteuer, wird aber in der heutigen Struktur in voller Höhe auf Landesebene vereinnahmt, ohne Abgaben im Rahmen des Länderfinanzausgleichs.

Lassen Sie mich mit einer persönlichen und versöhnlichen Bemerkung schließen. Wer ein bisschen in der Welt herumgekommen ist, die Lebensqualität in unterschiedlichen Regionen und Metropolen dieser Welt kennengelernt hat und vergleicht, stellt fest: In einer Gesamtschau der Verhältnisse ist Hamburg eine der attraktivsten Städte der Welt. Damit das auch so bleibt, brauchen wir eine solide Finanzierung und bei allen Sparbemühungen etwas höhere Einnahmen. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dies in einer ausgewogenen, sozial gerechten und wirtschaftsfreundlichen Art und Weise zu erreichen. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Dr. Kluth.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was will man denn jetzt noch dazu sagen?)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Dressel, das war eine spannende Diskussion, da gibt es sicherlich noch einiges zu sagen.

Erstens zum Redebeitrag des Kollegen Bischoff: Ich bin Ihnen im Grunde für Ihre klare und völlig eindeutige Aussage dankbar. Ich habe daraus gelernt, dass Sie von der Linken drei Wege haben, die Haushaltskonsolidierung zu betreiben und die lauten: erstens Steuererhöhung, zweitens Steuer

(Erck Rickmers)

erhöhung und drittens noch einmal Steuererhöhung.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Sie sollten was zum Antrag sagen!)

Etwas anderes scheint Ihnen nicht einzufallen.

(Beifall bei der FDP)

Zweitens zum Beitrag von Herrn Senator Tschentscher: Herr Tschentscher setzt noch einen obendrauf. Der erste Schritt ist die Einführung der Vermögensteuer und der zweite Schritt folgt sogleich – im Paket eine Erhöhung der Einkommensteuer. Wir markieren die Gegenposition, wir lehnen Steuererhöhungen ab. Steuererhöhungen sind Gift für die Konjunktur und damit auch Gift für die Beschäftigung.

(Beifall bei der FDP)

Drittens zu Ihnen, Herr Quast: Sie erwecken in Ihrem Redebeitrag den Eindruck, als sei der Mittelstand von der Vermögensteuer, wie Sie sie wollen, freigestellt. Das steht aber nicht in Ihrem Antrag. Dort steht, dass bei der Bemessungsgrundlage zukunftssichernde Investitionen des Mittelstands freigestellt und nicht berücksichtigt werden sollen. Mittelständische Unternehmen sollen also nicht an sich freigestellt werden, nicht einmal Investitionen an sich sollen freigestellt werden, sondern nur zukunftssichernde Investitionen des Mittelstands. Ich frage mich, welche das sind, wer das beurteilen soll und wie Sie das umsetzen wollen. Dieses Konzept ist nicht praxistauglich, wir werden den Antrag daher ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor, somit kommen wir zu den Abstimmungen über den SPD-Antrag aus Drucksache 20/421. Die CDU hat eine ziffernweise Abstimmung darüber beantragt.

Wer die Ziffer 1 des Antrags annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit großer Mehrheit angenommen.

Wer sich Ziffer 2 anschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Antrag ist ebenso mit großer Mehrheit angenommen.

Wer Ziffer 3 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch Ziffer 3 ist mit großer Mehrheit angenommen.

Wir kommen zum Punkt 28 der Tagesordnung, Drucksache 20/417, Antrag der CDU-Fraktion: Ausbau der norddeutschen Zusammenarbeit.

[Antrag der CDU-Fraktion:

Ausbau der norddeutschen Zusammenarbeit – Drs 20/417 –]

Die SPD-Fraktion möchte diese Drucksache an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Roock, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit der Einbringung dieses Antrags fordert meine Fraktion eine Entscheidung, bei der dringendster Handlungsbedarf besteht, weil es um die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt im internationalen Wettbewerb geht.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Eine verstärkte Vernetzung mit unseren Nachbarn in Schleswig-Holstein ist hierbei von entscheidender Bedeutung. Hamburg ist als Wirtschaftsraum, obwohl gut positioniert, zu klein, um sich im globalen Konkurrenzkampf allein dauerhaft zu behaupten. Bereits in den ersten Wochen der neuen Legislaturperiode wurden Wohnungsbau und Flächen hierfür kontrovers diskutiert. Der Bürgermeister hatte in seiner Regierungserklärung den Bau von jährlich 6000 Wohnungen angekündigt. Auf das zweimalige Zurückrudern seiner Stadtentwicklungssenatorin bezüglich dieser Zahl will ich nicht weiter eingehen, darüber haben wir vorhin gesprochen.

Unabhängig von der Größenordnung wird Hamburg in den nächsten Jahren umfangreiche Flächen, nicht nur für den Wohnungsbau, sondern auch ausreichend Gewerbeflächen ausweisen müssen. Und für einen Stadtstaat wie Hamburg mit begrenzten Flächen wird das den bereits jetzt deutlichen Zielkonflikt noch verstärken. Schwere Zielkonflikte ergeben sich insbesondere bei der Umwandlung von Gewerbeflächen in Flächen für den Wohnungsbau und hierbei sind immer noch flankierende Maßnahmen für Handel und Gewerbe notwendig. Wirtschaftssenator Horch weiß genau, wovon ich spreche.

Hamburg als bedeutender Wirtschaftsstandort ist in der Pflicht, ausreichend Flächen, gerade für den Mittelstand, vorzuhalten. Dies war und ist eine berechtigte Forderung unter anderem auch der Kammern. Und wie bereits bei anderer Gelegenheit appelliere ich erneut an die beiden zuständigen Senator/innen, Frau Blankau und Herrn Horch, konstruktiv und zielführend zusammenzuarbeiten.

Meine Damen und Herren! Unser Antrag zielt darauf ab, diesen Konflikt zu entschärfen. Hierbei sind wir auf die verstärkte Zusammenarbeit mit Schleswig-Holstein angewiesen. Das liegt auf der Hand und sollte allen politisch Verantwortlichen klar sein. In Schleswig-Holstein ist das deutlich so. Beim neuen Hamburger Senat scheint das aber offensichtlich noch nicht so gesehen zu werden. Dies ist mehr als unverständlich und auch unverantwortlich. Zu Recht wird vom Spitzenkandidaten in

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

Schleswig-Holstein kritisiert, dass der Hamburger Bürgermeister in seiner Regierungserklärung die Zusammenarbeit mit seinem nördlichen Nachbarn mit keinem Wort erwähnt hat,

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

geschweige denn, dass er einen Antrittsbesuch in Kiel gemacht hat. Dagegen waren Sie, Herr Bürgermeister – ist er noch da, nein, ist schon wieder weg –,

(Anjes Tjarks GAL: Wer ist denn überhaupt noch da?)

dagegen war Ihr Bürgermeister bereits Anfang April bei seinem Amtskollegen in Bremen. Möglicherweise trifft er sich lieber mit einem Genossen, das ist aus seiner Sicht auch nachvollziehbar. Aber die politischen Schwerpunkte regionaler Zusammenarbeit müssen weiter nördlich liegen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Das Verhalten ist umso erstaunlicher, da die bilaterale Zusammenarbeit seit dem Regierungsabkommen 1991 eine neue Qualität und Tragfähigkeit erhalten hat. Als Beispiel für die Bereiche außerordentlicher Kooperation nenne ich neben den im Antrag erwähnten die gemeinsame Landesmedienanstalt und das jüngst eingerichtete Datenaustauschportal für Lebensmittel- und Bedarfsgegenständeuntersuchungen. Und nicht zuletzt unterhalten Schleswig-Holstein und Hamburg seit 20 Jahren mittlerweile drei gemeinsame Auslandsvertretungen: das Hanse-Office in Brüssel, St. Peterburg und Danzig. Im April 2010 ist unter anderem auf Antrag der SPD-Fraktionskollegen im Kieler Landtag eine Enquete-Kommission "Norddeutsche Kooperation" eingerichtet worden. Sprechen Sie doch einmal mit Ihren Genossen in Kiel.

Wir fordern aber den Senat vor allen Dingen auf, mit der Landesregierung Verhandlungen über die Einrichtung eines Amts für gemeinsame Landesplanung aufzunehmen. Diese Entscheidung muss zügig und auf höchster politischer Ebene getroffen werden. Wir können den Bürgermeister nur auffordern, diese Kooperation und diese Gespräche wieder zur Chefsache zu machen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Das liegt nicht nur im zwingenden Interesse Hamburgs, sondern ist auch Voraussetzung, um die Zielvorgaben Ihres eigenen Arbeitsprogramms umsetzen zu können. Sie knüpfen damit – und das kann meine Fraktion nur begrüßen – an das Leitbild der "Wachsenden Stadt" an. In Ihrem Programm findet sich die Aussage: Eine moderne Stadt wächst. Das ist richtig, jedoch nur, wenn man die politischen Rahmenbedingungen dafür geschaffen hat.

Meine Damen und Herren! Hierfür haben die CDU-Senate in den vergangenen neun Jahren ge

sorgt. Eines der Leitziele war die Steigerung der Bevölkerungszahl und des wirtschaftlichen Wachstums, um Hamburg zu einer international konkurrenzfähigen Metropole zu machen. Wir haben Hamburg fit gemacht für die globalisierte Welt des 21. Jahrhunderts. Hamburg nimmt bislang in den zahlreichen nationalen und internationalen StädteRankings immer Spitzenpositionen ein, und das nicht nur hinsichtlich ökonomischer Kriterien, sondern gerade auch in Bezug auf Lebensqualität. Und das war uns immer wichtig.