Protokoll der Sitzung vom 06.11.2013

Der andere Punkt ist, dass der Senat, indem er die Hochschulen mit einem Wachstum von 0,88 Prozent ausstattet, natürlich auch eine Meinung zu den Empfehlungen des Wissenschaftsrats hat, der nämlich sagt, dass die Hochschulen mit 1 Prozent – also nicht 0,88 Prozent – an zusätzlichen Mitteln ausgestattet werden sollten und zusätzlich die Inflationsrate und Tariferhöhungen ausgeglichen werden müssten.

In beiden Fällen ist ganz deutlich, dass der Senat eine Meinung hierzu hat; er handelt nämlich, und das tut man meistens aufgrund irgendeiner Überzeugung. Wir haben es also mit einer extrem absurden Situation zu tun, die ich gerne aufgeklärt haben möchte. Die Situation ist meiner Ansicht nach so grotesk, dass ich sie wirklich nicht verstehe. Die Senatorin verweigert die politische Auseinandersetzung im Ausschuss, weil eine Große Anfrage einen parlamentarischen Aufschlag vorbereiten solle. Sie sagt, sie habe dazu keine Meinung, obwohl wir zumindest bei zwei Punkten wissen, dass eine Meinungsbildung vorliegt.

Jetzt will ich aber gerne noch einmal auf das zu sprechen kommen, was wir abgefragt haben. Der Wissenschaftsrat, der ein Beratungsgremium für Bundesregierung und Landesregierungen ist, hat Empfehlungen entwickelt und diese jetzt vorgelegt. Dabei geht es darum, wie Hochschulen aufgestellt und wie die Finanzströme aussehen sollten. Dazu macht er konkrete Vorschläge. Nun haben wir gefragt, welche Meinung der Senat zu diesen Vorschlägen hat und was er glaubt, was diese Vorschläge wie Merian-Professuren und Liebig-Zentren – Frau Stapelfeldt, Sie kennen sie alle, Sie werden den Bericht auch gelesen haben – kosten würden. Wir haben bewusst und absichtlich nicht gefragt, wie der Senat das finanzieren will. Hat er schon Finanzierungsvorschläge, was will er machen? Das alles haben wir nicht gefragt. Wir wollen in eine solche Debatte einsteigen, und natürlich können wir als Parlament ohne Apparat nicht herausbekommen, wie hoch die Kosten dafür sind. Insofern halte ich das für eine absolut zulässige und billige Fragestellung und muss mich sehr wundern, dass hier dem Parlament in keiner Weise seine Arbeit ermöglicht wird. Frau Senatorin, damit haben Sie sich einen Bärendienst erwiesen, denn es kann doch nicht sein, dass die Wissenschaftssena

(Vizepräsidentin Antje Möller)

torin in jeder Frage die Auseinandersetzung mit dem Parlament verweigert.

Ich will jetzt gar keinen Rundumschlag machen, aber man kann an dieser Stelle schon einmal sagen, dass wir seit zwei Jahren auf eine Novellierung des Hochschulgesetzes warten, die aus Gründen der Verfassungswidrigkeit einzubringen ist, und jetzt hören wir, dass die neue Fassung womöglich in Teilen – jedenfalls ist das die Meinung der juristischen Fakultät – ebenso verfassungswidrig ist. Wir sind davon ausgegangen, dass man einer Novellierung des Hochschulgesetzes die Leitlinien mit an die Hand gibt. Die Ankündigung dieser Leitlinien hören wir seit zwei Jahren, aber auch da ist nichts passiert. Ich will das nicht ausdehnen, aber wir hören aus Ihrem Hause zu wenig.

Ich finde es unglaublich, dass Sie die Antwort auf die doch sehr legitime Fragestellung, nämlich wie sich diese Senatorin und diese Behörde eigentlich zu Empfehlungen stellen, die von nicht ganz unbedeutender Seite aus formuliert worden sind – welche Kosten entstehen, welche Ideen findet man gut oder erwägenswert –, einfach verweigern. Man hat auch sonst den Eindruck, dass in Ihrem Haus nicht sehr viel passiert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Kühn.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Dr. Gümbel, ich hoffe, Sie erwarten jetzt nicht von mir, dass ich Ihre 42 Fragen aus der Großen Anfrage beantworte.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Das wäre schön! – Dr. Eva Gümbel GRÜNE: Aber vielleicht kann man darüber reden!)

Natürlich ist es notwendig, da gebe ich Ihnen auch recht, über die Ergebnisse und Forderungen des Wissenschaftsrates zu sprechen. Aber Sie haben eben selbst darauf hingewiesen, dass es ein externes Beratungsgremium ist, auch wenn es von den Ländern damals eingesetzt wurde. Ich glaube, dass wir bei der Diskussion, die wir insgesamt führen müssen, letzten Endes wieder den Spagat erleben, auf der einen Seite unsere Länderhaushalte konsolidieren zu müssen und uns auf der anderen Seite mit dem auseinanderzusetzen, was wünschenswert und vielleicht teilweise auch notwendig ist.

Der Senat hat in seiner wenn auch sehr knappen Antwort auf die Hochschulvereinbarungen verwiesen und auf die Gründungsdrucksache zur MaxPlanck-Gesellschaft. Ich glaube, gerade Letzteres ist sehr wohl ein Ausdruck dessen, dass auch Hamburg sich bemüht, unter den schwierigen Rahmenbedingungen dort neue Impulse zu setzen.

Aber für mich ist es jetzt relativ schwierig, die 42 Fragen zu beantworten, die Sie dem Senat gestellt haben. Ich weiß auch, dass Sie eine Prüfung gegenüber der Bürgerschaftskanzlei angeregt haben. Auch da kann ich nicht vorgreifen.

(Dr. Eva Gümbel GRÜNE: Nein, sollen Sie auch nicht!)

Ich weiß aber, dass der Senat sich gleich an der Debatte beteiligen wird. Insofern obliegt es mir jetzt, relativ kurz auf Ihre Rede zu antworten, weil ich als Mitglied der Regierungsfraktion nicht viel mehr dazu sagen kann außer, dass Sie natürlich in einem gewissen Punkt vollkommen recht haben, nämlich dass wir uns auch in Hamburg mit den Forderungen auseinandersetzen müssen.

Die Frage ist, wie das Verfahren weitergeht. Überarbeiten Sie Ihre Große Anfrage, weil doch ein Hinweis war, dass sich der Senat mit hypothetischen Fragen nicht beschäftige. Insofern wäre es auch eine Überlegung, im Zweifelsfall Ihre Große Anfrage noch einmal zu überarbeiten. Fakt ist aber auch, dass diese Große Anfrage sicherlich nur schwer an den Ausschuss zu überweisen wäre, weil sie aus meiner Sicht keine Basis für eine Diskussion ist, da die Fragen nicht beantwortet worden sind. – In diesem Sinne danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Kleibauer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wissenschaft, Forschung, Hochschulen und Hochschulausbildung sind – ich denke, darüber sind sich viele von uns einig – von überragender Bedeutung für die Stadt und ihre Zukunftsfähigkeit. Ohne gut ausgebildete Absolventen würden viele Menschen aus Hamburg abwandern, ohne entsprechende Innovationen aus dem Forschungsbereich würden viele Arbeitsplätze in Hamburg nicht vorhanden sein.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat sehr viel für den Bereich Bildung, Wissenschaft und Forschung getan. Sie hat durch geschickte Prioritätensetzung im Haushalt in der letzten Legislaturperiode 13 Milliarden Euro mehr im Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt, Geld für Projekte, das in den Bundesländern und auch in Hamburg eine ganz wichtige Rolle spielt.

Wir haben den Hochschulpakt. Das sind Mittel, ohne die viele Hochschulen wirklich finanzielle Probleme hätten und ihr Angebot nicht mehr finanzieren könnten. Wir haben die Exzellenzinitiative, die wichtige Impulse einer Aufbruchstimmung im Hochschulbereich mit ausgelöst hat. Und wir haben den Pakt für Forschung und Innovation, der insbesondere bei den außeruniversitären For

(Dr. Eva Gümbel)

schungseinrichtungen zu einer guten Ausstattung der Budgets und zu einer Stärkung der Forschung geführt hat. Aber wir haben auch eine begrenzte Finanzierung der Bundesländer, und das macht sich insbesondere in Hamburg sehr stark bemerkbar.

Die Hochschulen stehen vor steigenden Herausforderungen. Wir hatten vorhin das Thema diskutiert, wie viele Studienplätze wir finanzieren können. Es gibt so viele Absolventen, im Übrigen auch so viele junge Studienanfänger wie noch nie. Es gibt auch große Herausforderungen durch die Umstellung der Studiengänge.

Der Wissenschaftsrat hat sich nun Gedanken gemacht – das ist auch seine Aufgabe –, wie man dieses System zukunftsfähig macht, wie man insbesondere diese vielen Projektmittel über mehrere Jahre, die aber eben nicht als dauerhafte Grundfinanzierung bestehen, verstetigt und für die Hochschulen eine Stärkung schafft, wie man einen Zukunftspakt für die Hochschulen macht und wie man die Grundfinanzierung der Hochschulen deutlich verbessert. Dazu liegt eine umfassende Empfehlung des Wissenschaftsrates vor. Das ist ein sehr wichtiger Baustein für die Hochschulpolitik. Und diese Empfehlung muss, in welcher Form auch immer – am einfachsten wäre es, diese Große Anfrage zu überweisen –, in Hamburg genauso wie in anderen Bundesländern parlamentarisch debattiert und begleitet werden.

(Beifall bei der CDU)

Offensichtlich, so habe ich zumindest Herrn Kühn jetzt verstanden, möchte die SPD das nicht, oder vielleicht auch einfach nicht so schnell, denn es gibt schon genug Themen, die man momentan auf dem Tisch hat.

Nun gibt es diese Große Anfrage, deren Antwort ich mit Interesse gelesen habe. Die GRÜNEN schreiben relativ akribisch 42 Forderungen des Wissenschaftsrates ab und stellen hieraus jeweils die Fragen, wie der Senat das bewerte.

(Dr. Eva Gümbel GRÜNE: Genau!)

Das kann man machen, das ist legitim, und der Senat bewertet das gar nicht. Er sagt noch nicht einmal, er habe sich damit noch nicht befasst, sondern er sagt, das sei hypothetisch.

(Dr. Eva Gümbel GRÜNE: Genau!)

Damit verweist er das in einen Bereich des Zweifels, ob es das Papier überhaupt gäbe, ob das jemals zustande käme und ob er sich dazu überhaupt äußern müsse. Das finde ich eine viel schrecklichere Antwort als einfach zu sagen, damit hätte der Senat sich nicht befasst. Man würde es dem Senat abnehmen, dass er einfach noch keine Zeit hatte, so ein Papier zu lesen und sich darüber Gedanken zu machen oder vielleicht sogar zu der Sitzung des Wissenschaftsrates zu fahren, welcher

Senator auch immer. Er sagt dagegen, das sei hypothetisch. Er leugnet dieses Papier ein wenig, er weiß gar nicht, ob das alles so ernst gemeint ist. Das finde ich, ehrlich gesagt, erschreckend, wenn es um die Zukunftsfähigkeit der Hochschulen und der Wissenschaft geht, der ein ganz wichtiger Bereich für die Stadt ist.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Eva Gümbel und Jens Kerstan, beide GRÜNE)

Im Übrigen ist Frau Gümbel auch auf einige Themen eingegangen. Ich denke, da ist der Senat sehr widersprüchlich. Es sind mehrere Fragen, die sich konkret um das Thema Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses drehen. Das Thema haben wir – Herr Kühn wird sich dunkel erinnern – über längere Zeit im Ausschuss behandelt. Weil Sie die Selbstbefassung jetzt so schlank beendet haben, haben wir es erst einmal nicht mehr im Ausschuss, aber es war dort über längere Zeit. Und der Senat ist auch schon aktiv geworden. Erst hat er ein Gutachten in Auftrag gegeben, und bevor das Gutachten fertig war, hat er mit NordrheinWestfalen schon einmal eine Bundesratsinitiative gestartet – und das alles zum Thema Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.

Auch die Fragen, wie der Senat denn konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses bewerte, die in den Fragen 11, 12, 13, vielleicht auch noch in Frage 14 thematisiert werden, beantwortet er nicht. Er sagt dagegen, das sei hypothetisch. Das ist in der Tat mehr als merkwürdig und zeigt einfach, dass Sie sich damit nicht beschäftigen wollen, sowohl als Regierung als auch als Fraktion, und das ist bei diesem Thema dann doch viel zu wenig.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Eva Gümbel und Jens Kerstan, beide GRÜNE)

Herr Dr. Schinnenburg, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kühn, wie war es doch vorhin so schön. Einmal waren wir einer Meinung und nun das. Nach dem kurzen, freudigen gemeinsamen politischen Frühling sind wir jetzt bei der Katerstimmung angekommen. Wir sind wieder da angekommen, wo wir seit zweieinhalb Jahren mit dieser Senatorin sind. Sie hat ein festes Konzept, und die Zukunft interessiert sie sowieso nicht.

(Jan Quast SPD: Sie bewegen sich ja nicht!)

Sparend macht sie alles kaputt, und wenn eine Diskussion aufkommt, verweigert sie sie einfach. Das ist das Stapelfeldt'sche Konzept, und das wird auch hier wieder exemplarisch vorgeführt.

(Beifall bei Finn-Ole Ritter FDP)

(Thilo Kleibauer)

Und der arme Herr Kühn muss die Knochen dafür hinhalten. Tut mir leid, Herr Kühn, aber so geht es natürlich nicht.

Was wir mit den Antworten des Senats auf eine Große Anfrage erleben, für die immerhin vier Wochen Zeit zur Beantwortung war, ist nichts anderes als ein weiterer Tiefpunkt in der Geschichte der Hamburgischen Bürgerschaft und ein Höhepunkt der Missachtung des Parlaments durch den Senat. Das ist nichts anderes als skandalös.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Dr. Eva Gümbel GRÜNE)

Meine Vorredner haben zum Teil schon erläutert, dass es auch inhaltlich geradezu völlig unverständlich ist, denn der Senat ist im Wissenschaftsrat vertreten, auch wenn wir finden, mit dem falschen Senator. Und dann hat er zu den Ergebnissen, die sich lange hinzogen und worauf er Einfluss genommen hat, keine Meinung.

Lassen Sie mich nur einen Punkt herausgreifen, denn ein Teil der Fragen, die die GRÜNEN gestellt haben, sind wirklich interessant; ich will nur ein paar erwähnen. Es geht um die Diskussion der Änderung beim Hochschulpakt. Ich kann mich noch gut entsinnen, wie oft Frau Stapelfeldt im Ausschuss sagte, beim Hochschulpakt müssten wir etwas tun. Nun macht der Wissenschaftsrat einen Vorschlag und der Senat sagt, dazu hätte er noch keine Meinung. Das ist einfach nur peinlich.

Die fünfte Frage, neue Lehrformate und Modellstudiengänge, sind Ideen, die nicht ganz neu sind und die der Wissenschaftsrat jetzt einmal ein wenig zusammengefasst und zugespitzt hat. Der Senat hat dazu keine Meinung.