Da gilt mein Dank der Kirche, dass sie mitgeholfen hat, die Gruppe, die in der St.-Pauli-Kirche Unterkunft gefunden hat, dazu zu bringen, sich Person für Person, Mann für Mann zu melden und die Fluchtgeschichte offenzulegen. Dann werden wir sehen, wie diese Entscheidungen fallen und aufgrund welcher Kriterien sie fallen. Die Zusage, dass während des gesamten Verfahrens der Aufenthaltsstatus hier genehmigt sein wird, dass auch die Unterkunft sichergestellt sein wird, dass Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erfolgen werden und dass auch medizinische Behandlung, wo nötig, erfolgen wird, gilt. Das wurde schon mehrere Male zugesagt, ich kann es nur noch einmal bestätigen.
Ich möchte noch einmal meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass jetzt dieses Verfahren von immer mehr dieser Männer in Anspruch genommen wird, um dann zu einem rechtsstaatlich gesicherten Ergebnis zu kommen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Dr. Schäfer, ich schätze Sie sehr und ich schätze eigentlich auch den Kurs, den Ihre Fraktion – das habe ich auch häufig gesagt – und der Innensenator gefahren haben. Aber das war eben eine Pirouette mit Anlauf. Ich kann das Verhalten Ihrer Fraktion jetzt und Ihre Begründung, insbeson
Wir haben diese Debatten über die Flüchtlingsfragen, über die humanitären Bleiberechte und das Gruppenbleiberecht bestimmt fünfmal geführt. Wir haben sie intensiv und emotional geführt, auf allen Ebenen. Wir haben sie in einer guten Ausschusssitzung geführt. Es gibt keine neuen Argumente, und es gibt auch keine neuen Tatsachen, die irgendetwas anders regeln. Es gibt übrigens auch nicht – das möchte ich sehr deutlich sagen – immer wieder irgendwelche Zusagen, die hier gemacht werden müssen, um die Rechtsstaatsgarantie darzustellen. In diesem Lande bedarf es keiner Zusage irgendeiner Regierung, dass wir rechtsstaatlich handeln; das tun wir immer. Und wir sollten auch gar nicht erst den Eindruck erwecken, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, dass wir so etwas zusagen müssen. Das ist nämlich Standard, und darüber bin ich froh und dankbar, dass wir das nicht tun müssen. Ich betone noch einmal, dass wir ein rechtsstaatliches Verfahren haben. Genau in dem befinden wir uns, und da gibt es links oder rechts nichts drüber nachzudenken.
Dieser Antrag hat wahrlich keine Begründung mehr für eine Ausschussüberweisung, wir haben die Argumente ausgetauscht. Wenn Sie sich jetzt doch in irgendeiner Art und Weise dem Gruppenasylrecht anschließen wollen, dann halte ich es für eine neue Tatsache, die wir definitiv nicht teilen. Wenn ich diesen Antrag bei diesen Argumenten, bei den Debatten, die wir geführt haben, und bei der Zwischenfrage eben von Frau Möller ernsthaft überweise, dann muss ich doch den Eindruck haben, dass wir natürlich darüber reden. Ich kann für meine Fraktion deutlich sagen, dass das nicht der Weg ist, den wir gehen wollen. Wir bleiben dabei: Es gibt nur ein rechtsstaatliches Verfahren, das jeden Einzelnen bewertet, und es gibt kein Gruppenrecht. Das muss klar und deutlich sein, und das, Herr Dr. Schäfer, haben Sie eben nicht deutlich gemacht.
(Kazim Abaci SPD: Doch, das hat er gesagt! – Jens Kerstan GRÜNE: Auch Gruppenlö- sungen sind rechtsstaatlich!)
In einem Punkt lag der Kollege Schäfer sehr richtig. Sie haben nämlich mit keinem einzigen Wort, lieber Kollege Kerstan, nur ein einziges Mal überhaupt begründet, was denn die gemeinsamen Merkmale sind, die genau diese Gruppe definieren. Was ist diese Gruppe denn? Dass es Gruppen gibt, für die Sie demonstrieren, ist kein Merkmal, ganz im Gegenteil. Wir haben doch in der letzten Woche im Innenausschuss darüber debattiert. Wir haben uns vom Innensenator berichten lassen über die Fälle, die bereits vorliegen, und wir haben interessante Erkenntnisse gewonnen. Das hat relativ wenig mit dem zu tun hat, was bisher in der Öf
Es geht doch darum, dass wir Menschen mit einer einzelnen und persönlichen Fluchtgeschichte haben. Die muss bewertet werden, und danach werden die Ausländerbehörde, der Senat und alle beteiligten Verfahren in einem Rechtsstaat handeln. Nichts anderes passiert hier. Das müssen wir durch einen Bürgerschaftsbeschluss und durch eine weitere Debatte im Ausschuss nicht noch einmal neu darstellen.
Da hätte ich mir von der SPD ein klares und deutliches Signal gewünscht und nicht diese Art von Pirouetten,
die offensichtlich eher der Befriedigung Ihrer eigenen Fraktion dienen als dem, was Sie wirklich machen wollen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Möller, Sie haben es eben erwähnt, ebenso Herr van Vormizeele, dass wir uns in diesem Haus in der Aktuellen Stunde der letzten Sitzung und auch in den zurückliegenden Sitzungen des Innenausschusses viele Stunden lang mit diesem Thema befasst haben, und völlig zu Recht. Wir haben alle Aspekte vielfältig und teilweise wiederholt betrachtet. Auch der FDP geht es wie Herrn van Vormizeele und der CDU. Wir sehen wirklich keine neuen Aspekte, die eine Überweisung – das nehme ich vorweg – an den Innenausschuss rechtfertigen würden.
Ihr Petitum 1 zeigt, dass Sie die Debatten, die sehr erfreulich, sachlich und qualifiziert waren im Innenausschuss, offenbar nicht richtig verstanden haben, denn die Ermessensspielräume, die zu nutzen Sie fordern für eine Gruppenlösung, sind gering und unterliegen Voraussetzungen – das wurde bereits genannt –, die hier nicht gegeben sind. Dies hat aus unserer Sicht auch der Senat mehrfach und nachvollziehbar dargelegt. Das geltende Recht lässt eine privilegierte Behandlung von Gruppen nur unter engen Tatbestandsvoraussetzungen zu, die hier nicht vorliegen. Es ist zudem völlig widersprüchlich, wenn sich die selbsternannte Lampedusa-Gruppe einerseits über ihren angeblichen Reiseweg definiert und Privilegien fordert, die Betroffenen sich andererseits aber beharrlich weigern, ihren Reiseweg in einem rechtsstaatlichen Verfahren offenzulegen. Wir begrüßen es dabei natürlich, dass sich immer mehr Mitglieder dieser Gruppe der Einzelprüfung unterziehen. Unserer Meinung nach darf es keine Flüchtlinge erster und zweiter Klasse geben.
Flüchtlinge aus einer Gruppe dürfen nicht wegen lautstarken Auftretens denjenigen gegenüber privilegiert werden, die sich offen und ehrlich einem rechtsstaatlichen Verfahren stellen.
Die Nummer 2 Ihres Petitums begrüßen wir insofern, als hier deutlich gemacht wird, dass es sich nicht um ein eigentliches Hamburger Thema, sondern vor allen Dingen um ein bundespolitisches Thema handelt. So richtig dieser Ansatz ist, so ist die Innenministerkonferenz für Fragen internationaler Politik und Abkommen nicht der geeignete Adressat für diese Initiative und Ihr Antrag einfach nicht zielführend. Beschlussfähig ist dieser Teil des Petitums also nicht, da er Fragen der EU-Verträge mit Schengen und den jeweiligen Vertragsstaaten in nicht sachgerechter Weise vermischt.
Das gilt leider auch für Punkt 3 des Petitums. Hier kommt hinzu, dass Sie Ihre aus unserer Sicht richtige Intention so vage und unkonkret formulieren, dass jeder dieses interpretieren kann, wie er will. Aus dem Petitum eines Antrags sollte jedoch klar hervorgehen, was der Antragsteller denn eigentlich will. Darüber könnte man dann beraten und eine Entscheidung treffen.
Aus all diesen Gründen stimmen wir, wie schon erwähnt, einer Überweisung an den Innenausschuss nicht zu. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Was hat die Menschen am letzten Samstag in so großer Zahl bewegt, an der Demonstration für ein Bleiberecht für die Lampedusa-Flüchtlinge und für eine ganz andere Flüchtlingspolitik teilzunehmen?
Es war die größte Demonstration in den letzten Jahren in Hamburg. Wir in den linken Sitzreihen der Bürgerschaft haben uns gefreut, und Sie in der Mitte und rechts müssen sich Gedanken über dieses Ereignis machen.
Herr Voet van Vormizeele, Ihre schon ziemlich perfide Interpretation in der letzten Bürgerschaftssitzung, die Unterstützer und Unterstützerinnen würden Flüchtlinge für ihre eigenen, ganz anderen Zwecke instrumentalisieren, müssen Sie spätestens nach dem Samstag korrigieren.
Schade, dass Sie die Gelegenheit versäumt haben. Wir sollten das Ereignis dieser nicht alltäglichen, großen Demonstration von Solidarität dazu nutzen, der Lösung des Konflikts, der die Stadt bewegt, einen Schritt näherzukommen.
Ich werde mich dem Antrag der GRÜNEN über einen Umweg nähern. Ich glaube, es war ein Kommentator des "Hamburger Abendblatts", der den Konflikt schon früh als Konflikt zwischen Humanität und Recht und Gesetz charakterisierte, nicht ganz zutreffend, aber im Wesentlichen schon, wie ich finde. Unter dem Gesichtspunkt des Rechts kann der Senat handeln, wie er handelt. Er kann den Lampedusa-Flüchtlingen, die auf der Suche nach einer Lebensperspektive einen langen Weg hinter sich haben, die zutiefst erschöpft sind, zerrieben zwischen Angst und Lebenswillen, zwischen Hoffnungslosigkeit und Hoffnung – ich betone, der Senat kann –, rechtlich das Bleiberecht verwehren. Er kann, aber er muss es nicht. Er kann nämlich, Frau Möller hat darauf hingewiesen, den Ermessensspielraum ausnutzen. Das fordert der Antrag und das unterstützen wir.
Für die Zivilgesellschaft, jedenfalls für große Teile von ihr, ist der andere Gesichtspunkt, der der Humanität, maßgeblich. Und zu ihm müssen Sie sich verhalten, statt ihn kalt zu ignorieren oder gar zu diffamieren.
Warum ist die Solidarität gerade in Hamburg so stark? Hamburg ist eine Metropole, wenn auch eine kleine. Das heißt, dass sie in der einen oder anderen Weise ein Knotenpunkt der Weltwirtschaft ist. Das Interessante daran ist, dass sich in der Metropole die ganze Welt in kleinem Maßstab wiederfindet. Nahezu alle Fragen des Zusammenlebens in der Welt, des gesellschaftlichen Zusammenlebens der Menschheit, finden sich hier wieder als Fragen des Zusammenlebens in der Stadt, als Fragen der Stadtgesellschaft.
An der Demonstration am Samstag haben außerordentlich viele junge Menschen teilgenommen, Schülerinnen und Schüler und Studierende. Ich glaube, und darauf bin ich auch stolz, dass insbesondere die Schule ein außerordentlich wichtiger Ort ist für die Erfahrung des Zusammenlebens von Menschen verschiedenster Herkunft und mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund. Was glauben Sie eigentlich, was es mit Schülern und Schülerinnen macht, wenn ihresgleichen, Schüler und Schülerinnen wie sie, ihre Freundinnen und Freunde, aus ihrer Mitte gerissen und abgeschoben werden oder abgeschoben werden sollen, weil das Gesetz es so will? Es sind Fabiola, Melania und
Anna, Chleb, Ayodele und andere, die aufgrund des Engagements der Schülerinnen und Schüler bleiben konnten, und es sind nicht wenige junge Menschen, deren Abschiebung ein Loch in die Klassengemeinschaften gerissen hat.
Die Erfahrung des trotz aller Konflikte und Probleme selbstverständlichen interkulturellen Zusammenlebens, die zuallererst in den Kitas und Schulen gemacht wird und auf die viele Menschen in dieser Stadt nicht mehr verzichten wollen, ist ein Grundpfeiler der Humanität und der Solidarität mit den Lampedusa-Flüchtlingen.
Einen zweiten Grundpfeiler der Humanität möchte ich mit einem Zitat von Willy Brandt umreißen. Er schrieb 1980 im Vorwort zum Nord-Süd-Bericht – ich zitiere –:
"Unser Bericht gründet sich auf das wohl einfachste gemeinsame Interesse: Dass die Menschheit überleben will und – wie man hinzufügen könnte – auch die moralische Pflicht zum Überleben hat. Dies wirft nicht nur die klassischen Fragen nach Krieg und Frieden auf, sondern schließt auch ein, wie man den Hunger in der Welt besiegt, wie man das Massenelend überwindet und die herausfordernden Ungleichheiten in den Lebensbedingungen zwischen Reichen und Armen."