Protokoll der Sitzung vom 23.01.2014

(Dora Heyenn DIE LINKE: Hat auch keiner gesagt!)

Es existiert und wird entsprechend nicht anzuzweifeln sein, auch nicht Ihrerseits.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Das hat ja auch keiner!)

Frau Schneider, ich bitte darum. Sie haben im Innenausschuss versprochen, dass es eine Gegendarstellung in der "Bild"-Zeitung geben werde. Ich habe sie bis heute noch nicht gelesen, Frau Schneider. Insbesondere Ihre Ausbrüche bei der Demo sind alle protokolliert, und wir warten nach wie vor auf eine Gegendarstellung.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenbemerkung von Frau Schneider?

Immer gern.

Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass die "Bild"-Zeitung eine Unterlassungsverpflichtungserklärung unterschrieben hat.

Das stimmt doch gar nicht.

(Zurufe und Heiterkeit bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Die "Bild"-Zeitung hat gesagt, dass sie Zeugen für Ihre Aussage habe und daran interessiert sei, dieses nicht weiter eskalieren zu lassen. Das ist die Aussage der "Bild"-Zeitung. Die "Bild"-Zeitung hat diese zurückgenommen und gesagt, sie verhalte sich ruhig und lasse das nicht weiter eskalieren. Aber die Behauptung erhält sie aufrecht. Sie haben dem Innenausschuss eine Gegendarstellung versprochen, und das machen Sie nicht.

(Beifall bei der SPD)

Ich will in Richtung CDU noch etwas zur Roten Flora sagen. Man muss nicht so tun, als sei die Rote Flora ein Ort, wo es jeden Tag Gewalt gibt. Nach dem Verfassungsschutzbericht gibt es dort eine Minderheit, die gewaltorientiert ist. Die gibt es wahrscheinlich an anderen Stellen in dieser Stadt auch. Ansonsten ist die Rote Flora ein Stadtteilkulturzentrum. Es wird dort sehr viel Musik gemacht. Ich weiß nicht, ob Sie dorthin gehen. Man muss auch einmal hingehen und nicht immer wie ein Blinder von der Farbe sprechen. Dort gibt es eine Motorradwerkstatt, eine Volxküche und, und, und.

(Zuruf von Olaf Ohlsen CDU)

Es ist ein schräger Laden, mein lieber Olaf, das weiß ich auch, aber er existiert in dieser Stadt. Und deshalb sollten wir auch das Kind nun nicht mit dem Bade ausschütten, weil wir sonst einer Radikalisierung der Szene Vorschub leisten. Das würde ich nicht gut finden.

(Beifall bei der SPD)

Nicht erst aufgrund der erschreckenden Angriffe auf Beamtinnen und Beamte der Polizei im Dezember vergangenen Jahres gebührt hier den Einsatzkräften der Hamburger Polizei unsere Solidarität und die Anerkennung seitens der Politik und der Bevölkerung. Das sage ich in Richtung der Gewerkschaftsvertreter oben auf der Tribüne.

(Beifall bei der SPD)

Die Wertschätzung darf sich nicht nur auf Worte beschränken, Herr Wersich, sondern es müssen auch Taten folgen. Insbesondere den sozialen Rahmenbedingungen der Polizistinnen und Polizisten müssen wir angemessen Rechnung tragen. Deshalb begrüßen wir ausdrücklich die Entscheidung des Senats, die Hamburger Polizei – auch in Anerkennung der mit den Einsätzen im vergangenen Dezember verbundenen Belastung – mit 10 Millionen Euro noch einmal deutlich finanziell zu stärken.

(Beifall bei der SPD)

Dann wird es interessant. Das ist doch keine CDUForderung gewesen, sondern diese Maßnahme reiht sich natürlich ein in eine Kette vieler positiver Entscheidungen zur Stärkung der Hamburger Polizei, die der Senat und die SPD-Fraktion seit Beginn dieser Wahlperiode getroffen haben.

(Beifall bei der SPD)

Dass die CDU nun die aktuelle Maßnahme als ihren Erfolg verbucht, ist angesichts der Hinterlassenschaften der CDU und des schwarz-grün geführten Senats schon sehr verwunderlich. Anders als bei CDU und Schwarz-Grün wird es mit der SPD keine Stellenstreichungen im Vollzug und auch keine Wachenschließungen geben. Wir haben die Anerkennungsmöglichkeit bei den posttraumatischen Belastungen der Polizei verbessert,

um der Gefährlichkeit des Einsatzdienstes Rechnung zu tragen.

(Glocke)

Ihre Redezeit, Herr Abgeordneter, ist zu Ende.

Schade, dann muss ich einen kurzen Schlusssatz machen. Bei allem Verständnis, Herr Wersich, aber wir brauchen in puncto Innenpolitik von Ihnen keine Belehrungen. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Voet van Vormizeele.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will mit dem Schlusssatz des Kollegen Münster anfangen. Lieber Herr Kollege Münster, Sie sollten sich die Reden des Kollegen Wersich zu Hause ausdrucken. Sie brauchen verdammt viel Belehrung bei Ihrer Art von Politik, die Sie in Hamburg machen.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Eva Gümbel GRÜNE)

Ich finde es faszinierend, über welche Themen wir momentan reden. Angesichts einer Welle der Gewalt, wie wir sie vor Weihnachten erlebt haben, fangen wir nun an, wieder neue Flüchtlingsdebatten zu führen oder über Gentrifizierung zu reden. Mir ist wichtig, dass wir in der Stadt über diese Art von Gewalt reden, die die Menschen getroffen hat, die tagtäglich draußen stehen und für uns und unser Werte- und Rechtssystem ihren Kopf hinhalten. Diese Debatte müssen wir führen und wir müssen sie auch darüber, wie die Gewalt angelegt worden ist, liebe Kollegen gerade von der LINKEN. Sie erwecken ein bisschen den Eindruck, dass es Menschen gab, die friedlich demonstrieren wollten und dann auf einmal dort hineingeraten sind. Es gab Menschen, und zwar viele Hunderte bis Tausende, die am 21. Dezember angereist sind und die bewusst Gewalt ausüben wollten. Das waren keine Menschen, die politische Probleme diskutieren wollten, die wollten Gewalt ausüben. Sie hatten Mittel dafür dabei und sind mit elf Reisebussen aus ganz Deutschland und dem Ausland angereist. Das sind keine friedlichen Diskutanten, das sind Gewalttäter, die unsere staatliche Ordnung mit Gewalt beseitigen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Die Leidtragenden waren in allererster Linie die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in dieser Stadt, denen in den Tagen um die Weihnachtsfeiertage herum eine unglaubliche Brutalität entge

gengebracht wurde, Menschen, denen ein Stein ins Gesicht geworfen worden ist. Da geht es nicht mehr um irgendwelche Kleinigkeiten, da geht es um die bewusste Ausübung der Gewalt zum Zwecke, einen anderen Menschen auch zu töten. Das müssen wir so auch einmal benennen und sagen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD und der FDP)

Dann kommen wir zu der Frage, lieber Herr Innensenator, was denn eigentlich der Senat getan hat. Sie haben sich heute hingestellt und gesagt, Sie seien stolz darauf, wie die Bürger in dieser Stadt hinter der Polizei stünden. Das bin ich auch. Aber, lieber Herr Neumann, viele Bürger haben in den letzten Tagen gerade deshalb ihre Solidarität bekundet, weil sie das Gefühl haben, dass der Senat dieser Stadt nicht hinter der Polizei steht, dass der Senat die Polizei in den letzten Wochen und Monaten zum größten Teil allein gelassen hat.

(Beifall bei der CDU)

Wer sich Anfang Dezember in der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses angehört hat – und die Kollegen können das jetzt nachlesen, weil wir seit gestern das Wortprotokoll haben –, was die Vertreter der Gewerkschaften dort in einer unheimlichen Deutlichkeit über den Zustand der Hamburger Polizei, über die tiefe Frustration, über das tiefe Maß an Unzufriedenheit darüber, wie der Senat mit der Hamburger Polizei umgeht, gesagt haben, der weiß, wie es um die Polizisten steht. Und der weiß auch, wie sehr die Damen und Herren von der Polizei sich verlassen fühlen.

Jetzt hören wir vom Senat, man habe gelernt. Beförderungen machen wir, wir packen schnell noch einmal 10 Millionen Euro aus. Jetzt gibt es das alles obendrauf.

(Erster Vizepräsident Frank Schira über- nimmt den Vorsitz.)

Vor wenigen Wochen hat dieser Innensenator die Bitte der Gewerkschaften, die Unterschriften von zweieinhalbtausend Polizeibeamten übergeben zu dürfen, die ein solches Beförderungsmodell gefordert haben, trotz Anwesenheit des Senators in der Innenbehörde abgelehnt. Da gab es noch nicht einmal Gesprächsbereitschaft. Und dieser Senat stellt sich dieser Tage hin und sagt, mit 10 Millionen Euro habe er alle Probleme in der Hamburger Polizei gelöst. Das stimmt nicht, das ist der falsche Weg, liebe Kollegen der SPD.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Eva Gümbel GRÜNE)

Wer nicht erkennt, dass die Polizeibeamten in dieser Stadt sich nicht mehr ausreichend vertreten fühlen von diesem Senat und dass das nicht mit einmalig 10 Millionen Euro zu regeln ist, der hat das Problem nicht erkannt. Wir brauchen an vielen,

(Arno Münster)

vielen Ecken strukturelle Problemlösungen und nicht mal eben 10 Millionen Euro zwischendurch. Und dazu gehört eben auch eine klare Führung.

Herr Neumann, nach Ihren Worten haben Sie sich bei der Frage der Gefahrengebiete nachträglich dazu bereit erklärt, das zu akzeptieren. Wir können nachher über Gefahrengebiete rauf und runter diskutieren und werden eine Menge unterschiedlicher Meinungen hören, aber es geht nicht, dass bei einer so schwerwiegenden Maßnahme, die massiv in die Grundrechte eingreift, die Politik den Eindruck erweckt, das sei ein Verwaltungsakt. Das ist formal richtig, aber glauben Sie wirklich, dass die Menschen in dieser Stadt Ihnen glauben, ein Innensenator sei bei einer solchen Frage nicht beteiligt gewesen?

(Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

Entweder wollten Sie es nicht sein, weil Sie sich davor gefürchtet haben, diese Entscheidung zu treffen, oder aber die Struktur ist inzwischen so an Ihnen vorbei geartet, dass weder Sie noch der Polizeipräsident wissen, was dort eigentlich getan wird.

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN)

Dazu passt auch die bemerkenswerte Antwort auf eine Frage in einem Interview, die Sie vor einigen Wochen gegeben haben. Eine große Zeitung fragte: Herr Innensenator, wie sieht es aus mit dem Polizeipräsidenten – wir wissen alle, dass er in absehbarer Zeit das Pensionsalter erreicht –, wie lange ist dieser Mann noch Polizeipräsident in einer für die Polizei fast existentiellen Krisenlage? Antwort des Innensenators: Der Präsident ist so lange Präsident, wie er Präsident ist. Klarer hätten Sie die Gelegenheit nicht wahrnehmen können, unseren Polizeipräsidenten ins Abseits zu stellen. Das ist keine Führung, das heißt, unsere Polizei steht alleine da – nichts anderes.