Protocol of the Session on May 7, 2014

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Sie haben damals eine Chance vertan, Normalverdiener zu entlasten.

Meine Damen und Herren! Die SPD steht zusammen mit dem Koalitionspartner im Bund dafür, den Bundeshaushalt strukturell auszugleichen, so ist es vereinbart, und wir stehen in Hamburg in der Verantwortung, den Haushalt bis 2019 ebenfalls auszugleichen. Wir wollen eine verantwortungsvolle Finanz- und Haushaltspolitik, die erfolgreich den Dreiklang schafft: mehr Investitionen in Infrastruktur und Bildung, die Schuldenbremse einhalten und mittlere und kleinere Einkommen entlasten. So viel zu unserem Wahlprogramm, Herr Bläsing.

In diesen Dreiklang ordnen wir auch die Diskussion um den Abbau der kalten Progression ein. Aber Steuererleichterungen – und dazu gehört die Abmilderung der kalten Progression – dürfen nicht zulasten öffentlicher Investitionen gehen. Wir brauchen Kompensationen, und genau darüber wird im Bund zurzeit diskutiert. Dazu bedarf es keiner weiteren Initiative durch die FDP, das funktioniert auch so. Deswegen ist Ihr Antrag überflüssig, und wir werden ihn ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Dr. Heintze von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bläsing, ich befürchte, es wird ziemlich anstrengend, wenn Sie künftig hier immer die Reden halten, die Sie im Bund nicht mehr halten dürfen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Und ich würde mich sehr freuen, wenn wir in diesen Reden zumindest auch einmal den HamburgBezug herausgestellt bekommen, der fehlte nämlich völlig.

Unabhängig davon haben Sie den Koalitionsvertrag nicht richtig gelesen. Ich empfehle Ihnen Seite 63, das Kapitel zur Planungssicherheit für Steuerzahler, in das aus unserer Sicht – und die Position der CDU ist an dieser Stelle klar – auch das Thema kalte Progression gehört. Wir hätten uns im ersten Aufschlag hier als CDU etwas mehr gewünscht. Die haushaltspolitischen Sprecher der Länder haben das vor wenigen Tagen in Hamburg noch einmal einvernehmlich betont. Wir wünschen uns da mehr, denn wir glauben schon, dass Steuergerechtigkeit und Abbau der kalten Progression zusammengehören.

Es gibt aber auch Bewegung bei der SPD, das sehen wir sehr wohl, und deswegen bin ich mir relativ sicher, dass wir im Bund eine gute Lösung finden,

die dann auch auf Hamburg wirkt. Wir arbeiten gemeinsam daran; von daher kann Ihr Antrag auch nicht schaden, und wir stimmen ihm zu.

Dennoch kurz zwei Sätze zur SPD. Ich glaube, Herr Quast, uns unterscheidet eines: Für mich ist der Abbau der kalten Progression keine Steuersenkung, sondern die Verhinderung einer kommenden Steuererhöhung und einer kommenden Steuermehrbelastung. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu, und ich finde nicht, dass wir diese Tatsache verdrehen sollten. Es geht nicht darum, Steuern zu senken, sondern Ungerechtigkeiten zu verhindern, um künftige automatische Steuererhöhungen und Mehrbelastungen zu vermeiden. Dafür steht die CDU und dafür kämpfen wir. Deswegen unterstützen wir den Antrag der FDP.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dann bekommt jetzt Frau Dr. Gümbel das Wort von der GRÜNEN Fraktion.

Das war ein rasanter Abgang, Herr Heintze.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich hatte eigentlich gedacht – wahrscheinlich ist das auch so –, dass wir uns alle einig sind, dass wir gern alle die kalte Progression abgeschafft hätten. So weit, so gut. Ich glaube, das steht in allen Wahlprogrammen. In der gesellschaftlichen Debatte – auch das wurde schon gesagt – gibt es einen breiten Konsens, von den Gewerkschaften bis hin zu den Arbeitgeberverbänden. Die Frage ist nur, wie man die Folgen eines Abbaus der kalten Progression in den Griff bekommt, und zwar nicht bei den kleinen oder mittleren Einkommen, die wir alle entlasten wollen, sondern eben beim Staat. Und da muss ich mich etwas wundern über die FDP. Sie tut nämlich so, als ob man auf diese jährlichen 3 Milliarden Euro verzichten könne.

(Finn-Ole Ritter FDP: Wenn man seriös plant!)

Das ist jedoch zumindest fraglich, wenn man seriös plant. Sie plakatieren in Hamburg Slogans wie "Kultur nicht kaputtsparen" – das finden wir richtig – und "Mehr Investitionen in den Straßenbau".

(Finn-Ole Ritter FDP: Dafür sind wir ja be- kannt!)

Genau.

Wenn Sie aber jetzt die kalte Progression auf diesem Wege abschaffen wollen, wie Sie das in Ihrem Antrag ausführen, nämlich ohne Gegenfinanzierung, dann nehmen Sie natürlich der öffentlichen Hand diese Mittel. Und das, ich glaube, da sind wir uns in der Analyse auch alle einig, ist doch der Grund, weshalb die Abschaffung der kalten Progression bisher immer gescheitert ist.

(Jan Quast)

(Katja Suding FDP: Nein!)

Die öffentlichen Haushalte von Bund und Ländern stehen vor genau dieser Aufgabe, in den nächsten Jahren Neuverschuldung abzubauen, auch das ist klar. Die Steuereinnahmen sind bereits in der Gesamtheit der Finanzplanung der Haushalte eingeplant, das haben meine Vorredner auch gesagt. Vor diesem Hintergrund ist doch relativ klar, dass die in Ihrem Antrag ausgeführten 17,5 Milliarden Euro, auf die sich das nämlich bis zum Jahr 2017 summieren würde, ein gewaltiges Problem darstellen. Natürlich haben wir, wenn wir uns den Abbau der kalten Progression anschauen, das Problem, dass auf der anderen Seite öffentliche Leistungen eben nicht an anderer Stelle abgebaut werden.

Steuergerechtigkeit – auch das ist klar – bedeutet immer auch Verteilungsgerechtigkeit bei den öffentlichen Lasten. Eine Entlastung bei den unteren und mittleren Einkommen sollte – auch dafür habe ich in diesem Parlament schon einige Stimmen gehört – von den Spitzeneinkommen getragen werden. Da hat sich jetzt die Große Koalition in Berlin oder zumindest die SPD in eine etwas missliche Situation hineinmanövriert, indem der Koalitionsvertrag dies ausschließt und das insofern jetzt keine Möglichkeit mehr darstellt. Deshalb sind wir sehr gespannt, was der Finanzminister vorlegen wird. Das Konzept wird wohl möglicherweise bald kommen, und dann kann man weiterreden.

Wir hätten gern einem Antrag zugestimmt. Wir tun es nicht, sondern enthalten uns, denn wir finden, dass es nicht darum gehen kann, nur den Abbau der kalten Progression zu fordern, wie das letztlich alle tun. Man muss klar darlegen, wie man das macht, ohne Sozialabbau zu betreiben. Und das, Herr Bläsing, hätte ich mir von Ihnen an dieser Stelle gewünscht. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN – Robert Bläsing FDP: Sie müssen sich doch nicht die große Politik zu eigen machen!)

Von der Fraktion DIE LINKE hat das Wort Herr Hackbusch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Diese Debatte irritiert mich völlig. In verschiedener Hinsicht läuft es vollkommen anders, als wir erwartet haben. Die CDU stimmt plötzlich der Abschaffung der kalten Progression zu. Die SPD, gemeinsam im Bund in der Großen Koalition, ist dagegen.

(Jan Quast SPD: Da haben Sie aber nicht zugehört!)

Die GRÜNEN stimmen mit der Begründung, sie seien eigentlich dafür, nicht dafür, weil – ich weiß es noch nicht so genau – irgendwie das Geld nicht ausreicht. Wenn wir gemeinsam feststellen, dass die kalte Progression das ungerechteste Moment

ist, das es bei der Steuerbelastung in dieser Stadt und in diesem Land gibt, dann müssen wir doch gemeinsam dafür stimmen, dass es abgeschafft wird. Da gibt es doch gar kein Hin und Her.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und bei Dr. Walter [fraktionslos])

Ich will Ihnen ausführen, was dort gegenwärtig geschieht. Die kalte Progression – ich will nicht noch einmal erklären, was das heißt – bedeutet, dass die kleinen und mittleren Einkommen, die sowieso die Hauptlast der Steuerbelastung in diesem Land tragen, und zwar besonders nach den Steuerentwicklungen, die Rot-Grün uns verschafft hat, jetzt noch einmal zukünftig die Steuerlast tragen sollen. Wenn wir gemeinsam feststellen, dass es ungerecht ist, dass das im Wesentlichen über die Lohnsteuer geht, dann müssen wir doch auch gemeinsam dafür stimmen, dass dies abgeschafft wird.

(Finn-Ole Ritter FDP: Für die Gegenfinanzie- rung gibt es die Vermögensteuer!)

Gegenfinanzierung muss es natürlich auch geben. Herr Ritter, Sie reden die ganze Zeit, aber ich bin hier am Mikrofon.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Zuruf von Finn-Ole Ritter FDP)

Es ist natürlich völlig unglaubwürdig, wenn die FDP plötzlich für die kleinen und mittleren Einkommen streitet. Das nimmt Ihnen keiner ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich freue mich sehr, dass die FDP denkt, sie könne mit sozialen Themen Stimmen bekommen. Das erfreut mein linkes Herz sehr. Aber das wird nicht funktionieren, und deswegen lassen Sie es lieber. Machen Sie das, was Sie bisher immer gemacht haben, die wichtigen Unternehmensgruppen in dieser Stadt und in diesem Land zu unterstützen. Vielleicht reicht das dann irgendwann wieder für Ihre Prozente. Das wird die Debatte der nächsten Monate sein. Wie kann man so verrückt sein, eine Schuldenbremse in die Verfassung Hamburgs zu setzen,

(Beifall bei der LINKEN)

wenn man nicht weiß, wie man das bezahlt, und dann in die Logik verfallen, dass jeder sagt, wo man kürzen müsse. Wir haben eine Mehrheit in diesem Lande, nicht für eine neue Politik, aber immerhin für diese kleine Angelegenheit, die Vermögensteuer einzuführen, die Erbschaftsteuer zu verbessern und höhere Spitzensteuersätze anzusetzen. Das ist es, was wir gemeinsam aufgreifen müssen, und das schaffen wir doch.

(Beifall bei der LINKEN)

Warum denn nicht? SPD, wach auf. – Tschüs.

(Beifall bei der LINKEN)

(Dr. Eva Gümbel)

Gibt es weitere Wortmeldungen, meine Damen und Herren? – Dann stimmen wir über den Antrag ab.

Wer möchte dem FDP-Antrag seine Zustimmung geben? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann hat der Antrag keine Mehrheit gefunden.

Wir kommen zu unserer letzten Debatte, Punkt 75, Drucksache 20/11604, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Sofortmaßnahmen zur Stabilisierung der Arbeit im ASD.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Sofortmaßnahmen zur Stabilisierung der Arbeit im ASD – Drs 20/11604 –]