Protokoll der Sitzung vom 18.06.2014

Es wird Sie vielleicht überraschen, dass wir sämtlichen Punkten zustimmen werden – kein Wunder, die sind bei uns abgeschrieben worden.

(Beifall bei der FDP)

Ist doch so, oder, Frau Heyenn?

(Dora Heyenn DIE LINKE: Wenn Sie das sa- gen, wird es wohl richtig sein!)

Zum Teil wörtlich. Punkt 1 bei der CDU ist nahezu wörtlich bei uns abgeschrieben, Punkt 2 ist dann sinngemäß übernommen worden. Das ist auch in Ordnung, wir finden es toll, wenn die CDU von der FDP lernt. Das hätten Sie mal vor ein paar Jahren auf der höheren Ebene öfters machen sollen, dann wäre auch die Bundesregierung besser weggekommen.

(Beifall bei der FDP)

Nun zum Antrag der GRÜNEN Fraktion: Auch dort nehmen wir es als Kompliment, dass die GRÜNEN immerhin fünf Punkte bei uns abgeschrieben haben. Die Punkte 5, 6, 7, 14 und 21 sind mehr oder weniger von der FDP abgeschrieben. Selbstverständlich freuen wir uns, selbstverständlich stimmen wir Ihrem Antrag an diesen Stellen zu. Die anderen Punkte lehnen wir ab; bei Punkt 2 werden wir uns enthalten.

Liebe Frau Heyenn, ich habe Sie gerade gelobt, weil Sie Ihre Anträge rechtzeitig vorgelegt haben. Das finden wir wirklich gut. Aber dennoch – ich bitte um Verständnis – werden wir sie alle ablehnen.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Alle?)

(Dr. Wieland Schinnenburg)

Was Sie da beantragen, ist eine Rolle rückwärts in die Siebzigerjahre, und wir sind froh, dass wir das überwunden haben.

(Beifall bei der FDP)

Nun zur Gesamtbilanz der Novelle: Es ist kein großer Wurf, nach drei Jahren wurde eine Maus geboren. Teilweise ist es ein Schritt zurück, und das Mäuschen ist krank. Das ist schlecht für das Mäuschen, aber noch viel schlimmer für die Hamburger Hochschulen.

Meine Damen und Herren! Diesen Gesetzentwurf können wir nur ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Frau Heyenn von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Schinnenburg hat es eben schon gesagt: Nach zweieinhalb Jahren hat die Behörde für Wissenschaft und Forschung einen Entwurf vorgelegt, der die Weiterentwicklung des Hochschulrechts beinhalten soll. Dabei ist die zu Oppositionszeiten angekündigte und eigentlich auch notwendige Kehrtwende zurück zur demokratischen Hochschule ausgeblieben. Stattdessen setzt die Hochschulgesetzesnovelle in der Grundstruktur den Weg der unternehmerischen Hochschule mit engen betriebswirtschaftlichen Strukturvorstellungen für die marktkonforme Normierung von Forschung und Studium, Lehre und Verwaltung fort. Ein reformerischer Leitgedanke ist allenfalls ansatzweise zu erkennen.

Ich möchte nicht wie Herr Schinnenburg deutlich machen, welche Anträge wir ablehnen und welche wir annehmen, ich möchte für unsere Anträge werben. Zunächst also zu unserem Antrag zum Hochschulrat. Der Hochschulrat wurde 2003 von Jörg Dräger installiert, und seither wurde eigentlich ständig Kritik geübt. Die meiste Kritik an diesem Gremium kam von der Opposition, und es wurde versprochen, den Hochschulrat abzuschaffen. Nun haben wir eben von Herrn Kühn gehört – wir haben es auch im Ausschuss von Frau Senatorin Stapelfeldt gehört –, dass Sie bewusst für die Beibehaltung des Hochschulrats sind. Leider haben Sie uns nie verraten warum, und auch die Experten, die in den Anhörungen für die Beibehaltung des Hochschulrats plädierten, konnten auf mehrmaliges Nachfragen, warum der Hochschulrat beibehalten werden müsse und was er könne, was die Gremien der Hochschulen nicht können, leider keine Antwort geben. Deshalb sind wir dafür, den Hochschulrat abzuschaffen. Das sollte unbedingt vollzogen werden. Die Aufgaben müssen wieder zurück in die Hochschule verlagert werden. Dafür bitten wir um Zustimmung.

(Beifall bei der LINKEN)

Unser zweiter Antrag befasst sich mit den Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Wie Sie alle wissen, werden diese inflationär in allen möglichen Gremien, Fakultäten und Seminaren getroffen. Eigentlich sind Ziel- und Leistungsvereinbarungen dazu da, die Hochschulen zu steuern. Sie sollen dazu beitragen, dass Forschung und Lehre verbessert werden. Tatsache ist aber, dass die Kritik an den Zielund Leistungsvereinbarungen immer weiter zunimmt. Das besondere Problem dabei ist, dass die Ziel- und Leistungsvereinbarungen weder transparent noch demokratisch sind und dass sie noch nicht einmal einseitige Verträge sind, sondern Vorgaben vom Senat, die umgesetzt werden müssen. Sie helfen kein Stück, Lehre und Forschung zu verbessern. Deshalb sind wir dafür, dass mit diesem Zauber endlich aufgehört wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Unser dritter Antrag beschäftigt sich mit dem Verwaltungskostenbeitrag. Dazu haben wir schon mehrere Anfragen an den Senat gerichtet und vor einigen Monaten auch schon Anträge gestellt. Es ist sehr erfreulich, dass seit dem Wintersemester 2013 die Studiengebühren in Hamburg abgeschafft worden sind, aber die Vorstellung, dass dadurch das Studium kostenlos geworden sei, ist falsch. Wir haben nach wie vor hohe Semesterbeiträge, und wir haben einen Verwaltungskostenbeitrag, der sich zunehmend zur versteckten Studiengebühr entwickelt. Wir sind dafür, dass dieser Verwaltungskostenbeitrag abgeschafft wird. Auch die in Paragraf 6b des Hamburgischen Hochschulgesetzes geregelte Pflicht, kostendeckende Gebühren bei Studienangeboten der Weiterbildung zu erheben, ist abzulehnen, da die wissenschaftliche Weiterbildung eine gesetzliche Aufgabe der staatlichen Hochschulen ist. Auch da sind wir also für die Abschaffung.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben uns auch mit der dritten Ebene beschäftigt, was die Rechte der Fakultätsräte betrifft. Wir sind dafür, diese Rechte zu stärken. Deshalb sollten die Dekane und Dekaninnen direkt von den Fakultätsräten gewählt werden. Wir sind auch für die Abschaffung der Findungskommission, die dazwischengeschaltet wird. Das wäre ein guter Beitrag für mehr Demokratie in der Hochschule. Auch da bitten wir um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der LINKEN)

Zur dritten Ebene haben wir einen umfangreicheren Antrag vorgelegt. Der Punkt ist, dass das bisherige explizite Verbot der sogenannten dritten Ebene im Hamburgischen Hochschulgesetz die Freiheit von Forschung und Lehre beschneidet. Das hat auch das Bundesverfassungsgericht so gesagt; Herr Kleibauer hat darauf hingewiesen. Es widerspricht essentiellen demokratischen Grundprinzipien. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf

(Dr. Wieland Schinnenburg)

hebt zwar dieses Gebot von nach Gruppen zusammengesetzten Verwaltungsorganen für die Institute auf, andererseits höhlen Sie die Bestimmungen, dieses Recht für verfasste Mitbestimmung, aus, da die Kompetenzen, die an solche Gremien übertragen werden sollen, neben der Organisation des Lehrbetriebes darin bestehen sollen, Vorschläge für die Studien- und Prüfungsordnung, für die Lehrverpflichtung und die Zusammensetzung von Berufungsausschüssen zu unterbreiten. Ferner soll die Einrichtung solcher Gremien nicht gesetzlich verankert werden, das ist eine Kann-Bestimmung. Paragraf 92 ist unserer Auffassung nach daher so abzuändern, dass die dritte Ebene zwingend vorgeschrieben und mit Kompetenzen versehen wird.

Als Letztes haben wir das Thema Zwangsexmatrikulation. Wir haben es hier mit einer Verschärfung der Regelung zur Exmatrikulation zu tun. Für alle die, die sich nicht im Wissenschaftsausschuss damit beschäftigt haben: Schon jetzt ist vorgesehen, dass die einzelnen Hochschulen Exmatrikulationen aussprechen können. Was wir im Gesetzentwurf vorfinden, ist eine Verschärfung. Ich möchte einmal zitieren, was der Vertreter des DGB in der Expertenanhörung zur Verschärfung der Zwangsexmatrikulationsbestimmungen gesagt hat – ich zitiere Olaf Schwede –:

"Eine Verschärfung des Gesetzes von 2003 ist hier überflüssig. Wir fordern Sie dazu auf, zumindest die entsprechende Verschärfung aus dem Gesetzesentwurf zu streichen. Damit würden nach wie vor die Hochschulen die Möglichkeit behalten, hier Regelungen zu treffen. Eine Verschärfung ist aus unserer Sicht auf jeden Fall unnötig."

So weit der DGB.

Und der Experte, der für DIE LINKE in die Ausschusssitzung gegangen ist, Professor Dr. FischerAppelt, hat im Zusammenhang mit der Exmatrikulation folgende Gründe angeführt – ich zitiere –:

"Erstens: Hochschulmitglieder als Studierenden wird dadurch eher Angst gemacht als eine Erleichterung geschaffen in der Erreichung des Studienendes. Zweitens: Die Kapazitäten werden dadurch nicht beansprucht, dass sie länger studieren. Drittens: Es könnte auch sein, dass man die Lebensbedürfnisse der heutigen Generation noch mehr als früher beachten muss. Es können sich ja auch ein paar Abgeordnete einmal selber angucken. Die haben berufliche Verpflichtungen und private, die sie bis an den Rand 'Das geht nicht mehr' beanspruchen und die es schwer machen, in einer bestimmten Regelstudienzeit zu studieren. Mit anderen Worten und generalisiert: Wir haben an den Hochschulen ein Teilzeitstudium. Das ist noch nicht richtig eingeführt in Deutschland, aber es kann auch doppelt so

lange dauern wie bisher. Im Blick daraus würde ich empfehlen, das auch nicht zu tun."

So weit Herr Fischer-Appelt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein Wort noch zur Experimentierklausel. Das hörte sich auf den ersten Blick ganz gut an. Wir haben noch einmal darüber nachgedacht. Die Tatsache, dass Absolventen mit einem Bachelorabschluss keinen Beruf ergreifen können, gilt nicht nur für Lehramtsstudierende, sondern auch für Psychologen und Chemiker. Ein Chemiker mit Bachelorabschluss hat eine schlechtere Qualifikation als ein chemisch-technischer Assistent. Wenn jetzt ausschließlich für Lehramtsstudierende die Möglichkeit geschaffen wird, einen Masterstudienplatz zu bekommen, wischt das beiseite, dass wir ein grundsätzliches Problem haben. Alle, die einen Bachelor haben und einen Masterplatz bekommen wollen, sollen auch einen bekommen. Von dieser Forderung gehen wir nicht ab, und deswegen sind wir gegen die Experimentierklausel.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist regelhaft vorgesehen, dass zwischen der ersten und der zweiten Lesung Zeit sein sollte. Diese Zeit ist dazu gedacht, dass man noch einmal darüber nachdenkt. Wir hatten eine ausführliche Expertenanhörung und eine ausführliche öffentliche Anhörung. Wir haben den Eindruck, dass sowohl der Senat als auch die SPD-Fraktion sich noch nicht genug Zeit genommen haben, um darüber nachzudenken. Deshalb möchten wir Ihnen die Gelegenheit geben, noch einmal 14 Tage in sich zu gehen und an der einen oder anderen Stelle den Änderungsvorschlägen der Opposition zu folgen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Christa Goetsch und Dr. Eva Gümbel, beide GRÜ- NE)

Das Wort bekommt Senatorin Dr. Stapelfeldt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor gut einem Jahr habe ich den Referentenentwurf zur Weiterentwicklung des Hochschulrechts in den Senat eingebracht. Daraufhin hat es ein breit angelegtes Beteiligungsverfahren gegeben. Dabei war mir von Anfang an wichtig, dass es einen offenen, transparenten und im Dialog gestalteten Beteiligungsprozess gibt. So ist selbstverständlich den Gewerkschaften und den Berufsverbänden im Rahmen des gesetzlichen Beteiligungsverfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Darüber hinaus wurden gleichzeitig die Hochschulen und auch die Landeskonferenz der Hamburger Asten,

(Dora Heyenn)

die Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der Frauen- und Gleichstellungsbüros sowie die Handels- und die Handwerkskammer im Rahmen eines schriftlichen Beteiligungsverfahrens um Stellungnahmen gebeten. In diesem Zuge sind etwa 50 Stellungnahmen eingegangen, der überwiegende Teil davon aus den Hochschulen. Mit Beginn des letzten Wintersemesters haben wir eine vierwöchige moderierte Online-Diskussion des Gesetzentwurfs gestartet. In dieser Zeit haben über 2500 Personen die Seite besucht und fast 200 von ihnen Kommentare und Beiträge geleistet. Im Oktober 2013 hat die Wissenschaftsbehörde eine ganztägige Arbeitskonferenz organisiert mit 100 Repräsentanten der Studierenden und anderer Gruppen aus den Hochschulen und der LaKoG. In den vier Arbeitsgruppen wurden alle wesentlichen Aspekte des Hochschulgesetzes bearbeitet. Die schriftlichen Stellungnahmen und natürlich auch die Online-Beiträge und die Ergebnisse der Arbeitskonferenz sind alle im Internet zugänglich gemacht worden. Sie sind auch in der Drucksache, die Ihnen als Senatsmitteilung vorliegt, dargestellt. In dieser Drucksache wurde transparent dargestellt, welche Einwände und Vorschläge es gegeben hat und welche Vorschläge aus welchen Gründen nicht übernommen wurden. Selbstverständlich, liebe Frau Heyenn, haben wir uns in dem Prozess der Meinungsbildung zu diesem Gesetz im Senat sehr intensiv mit allen Vorschlägen, auch denen aus der Sachverständigenanhörung, auseinandergesetzt.

(Beifall bei der SPD)

Das ist bei einem Gesetzgebungsvorhaben eine Selbstverständlichkeit. Wenn man Beteiligungsverfahren durchführt, dann muss man offen dafür sein, gute und überzeugende Änderungsvorschläge aufzunehmen, und diese Offenheit haben wir gehabt, denn das haben wir getan.

Was sind nun die wesentlichen Ziele des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfs? Mit dem Gesetzentwurf sollen die hamburgischen Hochschulen in ihrer Leistungsfähigkeit in Forschung und Lehre gestärkt werden. Das Hochschulrecht wird an die Rechtsprechung zur gesetzlichen Ausgestaltung der Hochschulorganisation, insbesondere den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2010, angepasst. Die Differenzierung sowie die Profilbildung der hamburgischen Hochschulen und deren Kooperationen und Vernetzungen sollen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gefördert werden. Der Senat verbessert zudem die Partizipation der Hochschulmitglieder an den hochschulinternen Entscheidungsprozessen. Der Gesetzentwurf fördert und fordert auch eine Austauschkultur innerhalb der Hochschulen ein und schafft klare Verantwortlichkeiten.

(Beifall bei der SPD)

Eine hochschulübergreifende Planung muss den Bedarfen und Aufgaben des Staats gerecht werden, sodass Planung, Steuerung und Kontrolle ausgewogen und mit Rückkopplungsmöglichkeiten versehen sein müssen. Deshalb nimmt der Senat mit dem Entwurf seine politische Verantwortung für die Schaffung einer Infrastruktur zur Weiterentwicklung der Wissenschaft in Hamburg ernst. Wir haben für die beiden großen Hochschulen, die Universität und die Hochschule für Angewandte Wissenschaften, die Handlungsfähigkeit der Fakultäten in Lehre und Forschung verbessert.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß, dass die Hochschulen mit diesem Entwurf vor einer Bewältigung alter und neuer Aufgaben stehen und teilweise auch vor Strukturveränderungen, aber ich bin zuversichtlich. Ich weiß aus vielen Gesprächen mit Mitgliedern der hamburgischen Hochschulen, dass Veränderungen für eine besser sichtbare Lehr- und Forschungsinfrastruktur notwendig sind. Der Senat stellt sich mit diesem Entwurf seiner politischen Verantwortung. Er justiert zwischen Freiheit der Hochschulen und Verantwortung für das Studium, für eine gute Lehre und Forschung sowie der erforderlichen Transparenz neu.