"Der Senat wird ersucht, die ab 2015 im Etat der Behörde für Wissenschaft und Forschung frei werdenden Mittel für das BAföG in voller Höhe"
"und ausschließlich für die Grundfinanzierung der Hochschulen (insbesondere zur Verhinderung von Studienplatzabbau) sowie zur Forschungsförderung zu verwenden."
Wenn es dazu kommen sollte, sehr geehrter Herr Finanzsenator, dass darüber hinaus noch weitere Mittel für den Einzelplan 3.2 zur Verfügung gestellt werden, begrüßen wir das außerordentlich. Nur, es ist nicht unsere Rolle als Oppositionsfraktion, Ihnen so viel Vertrauen entgegenzubringen, dass wir auf unseren Antrag verzichten, weil Sie das hier so erklärt haben. Wir haben uns sehr darüber gefreut, dass es zu diesem Verhandlungsergebnis in Berlin gekommen ist, und wir sehen auch dem, was Sie eben angekündigt haben, mit Freude entgegen – mal schauen, was hinterher tatsächlich dabei her
umkommt. Aber wir würden auch Sie, liebe SPD, sehr bitten, unserem Antrag zuzustimmen, weil er der weitergehende ist. Wenn Sie die frei werdenden Mittel in der Behörde für Wissenschaft und Forschung dort haben wollen – es geht nicht um die Mittel, die in der Schulbehörde frei werden, Herr Holster, da ist es an Ihnen, einen gleichlautenden Antrag zu verfassen –, dann würden wir Ihnen…
Wenn Sie Ihre Ankündigung zur Grundlage machen, dann könnte das sehr wohl sein, aber das wissen wir zum heutigen Zeitpunkt noch nicht. Es wäre für Sie doch ein Leichtes, unserem Antrag heute zuzustimmen, um dann in den Haushaltsberatungen noch eins obendrauf zu setzen. Wir können gespannt sein. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Senator, das, was wir von Ihnen gehört haben, war schon um Klassen besser als die Bleiwüste des SPD-Antrags und dieser vorgetragene Wahlkampfleporello von Herrn Holster. Die Ausführungen zur Mischfinanzierung teile ich vollkommen, aber wir sind misstrauisch geworden. Sie haben gesagt, es werde etwas mehr als 50 Millionen Euro geben. Erst einmal ist das eine Ankündigung; wir werden das im Papier nachlesen. Das alleine sagt nur noch nichts über den Kern dieses Antrags, denn auf mehr als 50 Millionen Euro kann ich auch auf ganz andere Art und Weise kommen; Herr Kühn wies auf die ganzen Investitionsmittel hin. Ihre Äußerung, dass es mehr als 50 Millionen Euro sein werden, war sehr allgemein gehalten. Sie könnten dem ganzen Problem doch abhelfen, indem Sie sagen: Ich, Finanzsenator Tschentscher, sage hiermit zu, alle Mittel, die wir in den Bereichen Schule und Hochschule einsparen, dem jeweiligen Bereich ungeschmälert zur Verfügung zu stellen. Diesen Satz hätte ich von Ihnen erwartet, der ist aber leider nicht gekommen. – Vielen Dank.
Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung. Wir beginnen mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE aus Drucksache 20/12150. Diesen
Wer möchte also Ziffer 1 des Antrags der LINKEN seine Zustimmung geben? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? –Ziffer 1 ist mehrheitlich abgelehnt.
Wer möchte Ziffer 2 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch Ziffer 2 ist mehrheitlich abgelehnt.
Wer möchte sich dann noch Ziffer 3 anschließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch Ziffer 3 ist mehrheitlich abgelehnt.
Wer möchte sich nun dem Antrag der GRÜNEN aus Drucksache 20/12033 anschließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch dieser Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.
Wer möchte diesem seine Zustimmung geben? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag angenommen.
Damit kommen wir zum Tagesordnungspunkt 33, Drucksache 20/12035, Antrag der FDP-Fraktion: Durchlässigkeit im Hamburger Schulsystem in der Mittelstufe ermöglichen.
[Antrag der FDP-Fraktion: Durchlässigkeit im Hamburger Schulsystem in der Mittelstufe ermöglichen – Drs 20/12035 –]
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kerstan, wie ich Ihrem Zuruf entnehme, freuen Sie sich auf das Thema. Ich freue mich auch darauf, legen wir also los.
Wir haben heute schon einige sehr nette Zitate gehört, von Rosa Luxemburg bis Jürgen Habermas. Ich habe mich auch bemüht, eines zu finden. Ich zitiere heute eine Frau Ebner-Eschenbach, die vor 100 Jahren Folgendes geschrieben hat:
Diese Erkenntnis der österreichischen Autorin gilt ganz besonders für Kinder und Jugendliche. Sie entwickeln sich unterschiedlich und das gerade in der Pubertät. Eben noch gute Schüler, haben sie plötzlich andere Interessen als Schule und lassen
nach. Andere entwickeln großen Ehrgeiz und ziehen an. Während die einen mehr Zeit brauchen, kann es anderen nicht schnell genug gehen. Diese unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeiten muss Schule annehmen, aufnehmen und zum Erfolg führen. Die FDP-Fraktion legt Ihnen heute einen Antrag zur Durchlässigkeit zwischen den weiterführenden Schulen vor. Damit können wir dieses wichtige Ziel erreichen. Zwar schließt das geltende Schulgesetz die Durchlässigkeit nicht grundsätzlich aus, aber sie scheint politisch nicht gewollt zu sein.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz erläutern, warum man mit der Durchlässigkeit gleich mehrere positive Effekte erzielen kann. Erstens: Sie nimmt den Druck von der Entscheidung Gymnasialempfehlung ja oder nein. Zweitens: Sie verhindert die immer stärker werdende Tendenz zur Abschulung nach Klasse 6. Drittens: Sie stärkt das Zwei-Säulen-Modell. Die Stadtteilschule wird mehr Akzeptanz erfahren, weil der Weg ins Gymnasium bei entsprechender Leistung jederzeit offensteht, wie es auch umgekehrt gilt. Kleine Stellschrauben entfalten große Wirkung, man muss nur an ihnen drehen wollen.
Aber was passiert bei uns? Senator Rabe verhindert derzeit die Durchlässigkeit, die zur Stärkung der individuellen Entwicklung der Schüler wichtig ist. Noch in der letzten Schulausschusssitzung haben Sie, Herr Senator, uns deutlich gezeigt, dass Sie das Problem nicht ernst nehmen, obwohl es von vielen angesprochen wurde. Genau in der Zeit, in der Kinder und Jugendliche große Entwicklungssprünge machen, nämlich zwischen der sechsten und der zehnten beziehungsweise elften Klasse, ist ein Schulformwechsel de facto nicht mehr vorgesehen. Stattdessen wird eine einmal getroffene Schulwahl zementiert, und genau das darf nicht sein.
Diese Praxis ignoriert die Lebenswirklichkeit vieler Schüler in dieser Stadt. Wir brauchen mehr Flexibilität. Wir brauchen die Möglichkeit, individuellen Entwicklungen während der gesamten Schulzeit Rechnung zu tragen.
Der Anlass unseres Antrags ist, wie wir wissen, aktueller denn je. Mit jeder Anmelderunde steigt die Anzahl der Gymnasialempfehlungen, und immer mehr Eltern wählen für ihr Kind auch ohne Gymnasialempfehlung ein Gymnasium, denn die Sorge scheint groß, dass eine einmal getroffene Entscheidung nicht mehr verändert werden kann. Dass diese Abschottung der beiden weiterführenden Schulformen schädlich ist, bestätigen uns Praktiker aus Gymnasien und Stadtteilschulen.
Auch die Rückmeldungen, die die Schulen anlässlich der G8/G9-Debatte gegeben haben – und das sollte sich Senator Rabe vielleicht doch einmal anhören; er hört nicht zu, aber das tut er selten –, haben dies verdeutlicht. Eine Forderung taucht dort nämlich immer wieder auf: Wir brauchen wieder mehr Durchlässigkeit zwischen den Schulformen. Wir haben es in der letzten Schulausschusssitzung gehört, und wir haben alle gelesen, dass die Schulen darauf drängen. Die jetzige Praxis führt nämlich zu einer sehr paradoxen Situation: Die Zahl der sogenannten Abschulungen nach Klasse 6 steigt an. Die Stadtteilschulen müssen sogenannte – ein noch schlimmeres Wort als Abschulung – Rückläuferklassen einrichten. In diesen Rückläuferklassen befinden sich dann Kinder aus den Gymnasien, die sich als gescheitert betrachten. Und das ist so ziemlich das Allerschlimmste, was überhaupt passieren kann.
Das sind dann nämlich vielfach Schüler, die sozusagen vorsorglich abgeschult wurden, weil die Lehrer wissen, welche Alternative sonst auf sie zukommen würde.
(unterbrechend) : Meine Damen und Herren! Ich bitte auf allen Bänken in diesem Plenarsaal um etwas mehr Aufmerksamkeit für die Rednerin. – Bitte fahren Sie fort.
Anna-Elisabeth von Treuenfels FDP (fortfah- rend): Weil die Lehrer also wissen, welche Alternative sonst auf die Schüler zukommen würde: nämlich keine Möglichkeit zur Klassenwiederholung, Nachhilfeprogramme, deren Erfolg meist zweifelhaft ist, ein Aufrücken bis Klasse 10 und dann vielleicht ein böses Erwachen. Die Befürworter der Abschottung der einzelnen Schulformen nennen das euphemistisch "Gymnasien übernehmen die Verantwortung für ihre Schüler". Tatsächlich aber wird der Druck auf die Schüler verlagert, und zwar auf die Schüler in der Grundschule, wenn es heißt, Gymnasium ja oder nein, und in den Klassen 5 und 6, wenn sich die Frage stellt, ob das Kind auf dem Gymnasium bleiben kann.
Meine Damen und Herren! Nehmen wir das Elternwahlrecht doch einmal ernst. Es darf sich nicht nur auf eine Entscheidung nach der vierten Klasse beschränken. Die Eltern sollten auch später ein Wahlrecht haben, es nutzen und sich dabei von den Lehrern ihrer Kinder beraten lassen.
Natürlich bedarf es hierzu vernünftiger Kriterien, auf die sich Eltern und Lehrer verlassen können. Mit unserem Antrag fordern wir den Senat auf, solche Kriterien mit uns zu beraten.
Die Grundsätze des Schulgesetzes müssen endlich ernst genommen und dürfen nicht durch eine gegenteilige Praxis der Behörde ausgehebelt werden, damit ein Stück mehr Freiheit zugunsten der Hamburger Schülerinnen und Schüler und ihrer Eltern in unseren Schulen Einzug hält. So nähmen wir Ebner-Eschenbachs Erkenntnis ernst, dass sehr geringe Unterschiede manchmal sehr große Verschiedenheiten begründen. Deswegen hoffe ich, dass Sie unseren Antrag annehmen. – Vielen Dank.