Protokoll der Sitzung vom 02.07.2014

Vielen Dank.

Herr Senator Rabe, Sie haben gerade gesagt, es gäbe nationale und internationale Studien, die belegen würden, dass die Leistungen an den Hamburger Gymnasien zulegen würden. Können Sie uns hier und jetzt eine nationale und eine internationale Studie dieser Art nennen?

(Sören Schumacher SPD: Wir sind hier doch nicht bei "Wer wird Millionär?"!)

Die PISA-Studien sind zweifellos internationale Studien, wenn ich es richtig sehe. Und vor Kurzem habe ich selbst noch als Kultusminister die IQB-Studie des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen in der Humboldt-Universität vorgestellt. Sie können die Ergebnisse gern nachlesen.

(Beifall bei der SPD)

Die zweite These: Wenn das so ist, dann sollten wir mit Reformen behutsam sein. Wir haben jetzt etwas vorgeschlagen, was diese Behutsamkeit erfüllt. Bei den Klausuren gab es schon immer die Vorgabe, zwei Klausuren pro Woche und nicht mehr. Das steht in jedem Bildungsplan. Es wurde nur nicht überall eingehalten, deswegen wollen wir das jetzt verbindlich regeln. Auch bei den Unterrichtsstunden gibt es klare Vorgaben. Wir weisen nur so viele Lehrer zu, dass diese Unterrichtsstundenzahl möglich ist. Von daher ist das im Kern gar nichts Neues, hier wird von uns behutsam das, was sowieso da sein sollte, was aber in der Vielfalt des Hamburger Schulsystems vielleicht hin und wieder verloren geht, nur noch einmal verbindlich geregelt. Das finde ich durchaus vernünftig, weil wir behutsam bei der Schulqualität ansetzen, aber nicht alles umstürzen.

Nun zur These 3: Darüber mache ich mir Sorgen. Wir haben, seit wir über das Volksbegehren diskutieren, den dritten, vierten oder fünften CDU-Antrag zu immer demselben Thema, und zwar nicht nur von der CDU. Und jedes Mal haben diese Anträge zum Kern, die gesamte gymnasiale Schulwelt komplett neu zu erfinden. Was lese ich da nicht alles. Vor Kurzem wollten Sie das Wahlrecht G8 und G9 an den Gymnasien einführen. Es stand sogar im "Hamburger Abendblatt" mit einer großen Mitteilung, dass Sie das gern machen würden. Sie waren nicht die einzige Fraktion, aber Sie waren eine davon. Dann habe ich gehört, wir sollten alle Schulen zu voll gebundenen Ganztagsschulen machen. Dann höre ich jetzt von der CDU, dass es mehr Geld und mehr Stellen geben müsse. Es ist übrigens sehr spannend, dass bei dieser Debatte Herr Heintze nicht anwesend ist.

(Finn-Ole Ritter FDP: Da ist er doch!)

Ach, da ist er, Entschuldigung. Dann freue ich mich, Herr Heintze.

Ob Sie dabei zugehört haben, wäre schon eine Frage. Ihre Kollegin hat gerade 120 weitere Stellen für die Gymnasien gefordert, jeweils einen Verwaltungsleiter und jeweils noch einen Sozialpädagogen. Ich frage mich schon, wo die 10 Millionen Euro herkommen. Erst wird groß über Sparen geredet, und dann wird plötzlich eine Debatte später alles vergessen.

(Beifall bei der SPD)

Zum Schluss, wir haben es gehört: Sitzenbleiben wieder einführen oder doch nicht, Noten in der Grundschule. Ich darf daran erinnern – Herr Scheuerl war dabei und auch Herr Heinemann, Entschuldigung, es war Herr Freistedt, jetzt bin ich auch ehrlich –,

(Finn-Ole Ritter FDP: Das erste Mal, es sei Ihnen gegönnt!)

dass bei unseren Schulkonsensgesprächen genau der Kompromiss war, in Klasse 3 das zu ermöglichen, was heute gilt. Deswegen sage ich ganz offen: Wenn eine Schulform richtig funktioniert – und damit komme ich zu These 4 –, dann sollten wir uns jetzt nicht wie wild mit Ideen überschlagen, jeden Tag eine neue Idee durchs Dorf treiben und diese Schulform und alle ihre Anhänger vollkommen verunsichern. Ich bitte die CDU dringend, wenn Sie weiterhin das Bedürfnis haben, Ihre Fehler von früher zu korrigieren, dann tun Sie das nicht hier am Beispiel des Gymnasiums, geben Sie sich ein bildungspolitisches Programm oder Ähnliches. Aber uns während dieser Zeit des Volksbegehrens in jeder Bürgerschaftsdebatte mit Änderungsideen zu überfluten, wird der Sache und der Leistung der Hamburger Gymnasien nicht gerecht. Meine Bitte: Halten Sie mal die Füße still und bleiben Sie cool. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, können wir zur Abstimmung kommen.

Wer zunächst einer Überweisung der Drucksachen 20/11991 und 20/12017 sowie 20/12326 an den Schulausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist abgelehnt.

Ich lasse über die Anträge in der Sache abstimmen. Wir beginnen mit dem Antrag der CDU-Fraktion aus der Drucksache 20/12017. Diesen möchten die Fraktionen der GRÜNEN und der FDP ziffernweise abstimmen lassen.

Wer sodann die Ziffern 1, 5 und 8 des CDU-Antrags aus der Drucksache 20/12017 annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wer Ziffer 2 folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch Ziffer 2 ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wer sich Ziffer 3 anschließt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Ziffer 3 ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wer den Ziffern 4 und 6 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenpro

be. – Enthaltungen? – Auch die Ziffern 4 und 6 sind mit Mehrheit abgelehnt.

Wer die Ziffer 7 beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch Ziffer 7 ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wer dann dem SPD-Antrag aus der Drucksache 20/12326 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Mit Mehrheit angenommen.

Schließlich zum Antrag der CDU-Fraktion aus der Drucksache 20/11991. Hier möchte die FDP-Fraktion Ziffer 1 separat abstimmen lassen.

Wer also zunächst der Ziffer 1 des CDU-Antrags zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Ziffer 1 ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wer dann noch den Ziffern 2 und 3 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch die Ziffern 2 und 3 sind mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zu den Punkten 66 und 68 der heutigen Tagesordnung, den Drucksachen 20/12189 und 20/12191, Antrag der GRÜNEN Fraktion: CSD 2014 – Hamburgs Polizei zeigt Flagge mit dem Antrag der GRÜNEN Fraktion: Auch Hamburg braucht einen Aktionsplan gegen Homound Transphobie.

Zur Drucksache 20/12189 liegt Ihnen als Drucksache 20/12307 ein Antrag der FDP-Fraktion vor.

[Antrag der GRÜNEN Fraktion: CSD 2014 – Hamburgs Polizei zeigt Flagge – Drs 20/12189 –]

[Antrag der FDP-Fraktion: Erfassung von Hasskriminalität gegen die sexuelle Orientierung in der polizeilichen Kriminalstatistik – Drs 20/12307 –]

[Antrag der GRÜNEN Fraktion: Auch Hamburg braucht einen Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie – Drs 20/12191 –]

Die SPD-Fraktion möchte die Drucksachen 20/12189 und 20/12307 an den Innenausschuss sowie die Drucksache 20/12191 an den Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Müller von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am 31. Juli 2013 kam es zum ersten Anschlag auf das Lesben- und Schwulen

zentrum Magnus Hirschfeld in Hamburg-Winterhude seit seiner Errichtung. Die Polizei geht von einem homophoben Tatmotiv aus. Darüber hinaus gab es im Umfeld des Christopher Street Day 2013 mehrere Überfälle mit schweren Körperverletzungen auf mutmaßlich lesbische, schwule und transsexuelle Hamburgerinnen und Hamburger. Das hat natürlich in der Öffentlichkeit und bei den Betroffenen zu erheblicher Unruhe und Verunsicherung geführt, weshalb wir heute, einen Monat vor dem Christopher Street Day 2014, dieses Thema und auch die Frage, wie man damit politisch umgeht, auf die Tagesordnung setzen.

Ein anderes Thema, das aber den gleichen Hintergrund hat, ist uns vor ein paar Wochen vom NDR verkündet worden. Tatsächlich gibt es auch in dieser Stadt Ärzte, die Menschen mit einer anderen sexuellen Neigung für krank befinden und ihnen Therapien anbieten. Der große Skandal ist nicht, dass das geschieht, sondern dass die Kosten dafür auch noch von den Kassen übernommen werden. Einer der Wortführer dieser Ärztinnen und Ärzte ist Herr Dr. Gero Winkelmann, Vorsitzender des Bundes katholischer Ärzte, die ein sehr ausgeklügeltes System für diese Art von Heilung entwickelt haben, damit Kassen das selbstverständlich bezahlen. Was ihn da bewegt, hat er sehr deutlich öffentlich gesagt. Er sieht in Homosexuellen Leute, die eine "schwere Last" tragen und will ihnen diese Last nehmen, damit sie nicht mehr unter Druck stehen, sich "sexuell so benehmen" zu müssen. Er hat noch andere Dinge gesagt, die ich hier aus Rücksicht lieber nicht über das Mikrofon verbreiten möchte. Aber das zeigt, dass Homophobie nicht nur in körperlicher Gewalt ausartet, sondern dass sie bereits bei solcher Geisteshaltung anfängt und bei solchen Angeboten an Eltern, die ihre Kinder gern "heilen" lassen möchten.

Nun kann man fragen, was da los ist. Wir haben doch eine wachsende Akzeptanz seit Jahren. Es gibt fast die rechtliche Gleichstellung, es gibt ein Antidiskriminierungsgesetz, es gibt tatsächlich mehr Sichtbarkeit von lesbisch/schwulem Leben. Wie ist dieses Paradoxon aufzulösen, dass es gleichzeitig Hass und Gewalt gibt? Die ersten Erklärungen gehen dahin, dass gerade diese neue Sichtbarkeit durch steigende Akzeptanz die Radikalisierung der Ablehnung hervorruft bei einer Minderheit, aber immerhin eine Minderheit, die durchaus sehr viel Schaden anrichten kann.

Wir haben deswegen zwei Vorschläge gemacht, wie man dieser Problematik begegnen könnte, denn ich glaube, niemand in diesem Haus möchte, dass sich Dinge, wie wir sie voriges Jahr in Hamburg erleben mussten, wiederholen. Deswegen haben wir einen Antrag eingebracht, der einerseits davon handelt, was vonseiten der Polizei geschehen könnte, und der andererseits die Verunsicherung der Community aufnimmt. Wir schlagen vor, dass die Polizei als Zeichen, dass wir an ihrer Sei

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

te stehen, zum CSD flaggt. Wir werfen aber auch die Frage auf, ob die Ansprechpartner für Lesben und Schwule ausreichend stark gestützt sind, ob die Erfassung in der Statistik für die politisch motivierte Kriminalität, abgekürzt PMK, in Hamburg sinnvoll ist oder ob man es ähnlich wie in Berlin machen sollte. Natürlich muss man auch darüber reden, wie alles zusammen zu einem besseren Konzept werden kann, damit Polizei und sexuelle Minderheiten in dieser Stadt dieses Problem auf dieser Ebene besser in den Griff bekommen.

Wir wollen aber nicht nur in Bezug auf Symptome Vorschläge machen, sondern wir haben auch einen Vorschlag gemacht, wie man die Ursachen von Homophobie, Hass und Gewalt angeht. Wir mussten gar nicht sehr weit schauen, denn in vielen Bundesländern, in Nordrhein-Westfalen, Berlin, Bremen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Hessen, hat man das bereits angegangen. Alle haben einen Aktionsplan gegen Homophobie aufgelegt. Wir schlagen vor, dass das auch in Hamburg passieren sollte. Das ist ein Weg, bei dem mit Verbänden und der Zivilgesellschaft gemeinsam überlegt wird, wie man an die Ursache dieses Hasses, der offenbar mehr und mehr entsteht, herangehen kann. Auf der anderen Seite, auch das steht in unserem Antrag, wollen wir in Hamburg an bestehende Projekte anknüpfen, bei denen es keinen Dissens in diesem Hause gibt, nämlich an den Schulen. Hier droht ein sehr vernünftiges Projekt, in dessen Zentrum die Aktivität des MagnusHirschfeld-Centrums und des Lehrerfortbildungsinstituts steht, in diesem Jahr auszulaufen. Wir wollen dafür werben, dass dieses Projekt weitergeführt und im nächsten Haushalt verankert wird.

Meine Damen und Herren! Wir freuen uns, dass die Anträge an den Ausschuss überwiesen werden. Wir werben dafür, Hamburgs Lesben, Schwule und Transsexuelle in Zukunft nicht allein zu lassen, sondern dass sich dieses Haus im Gegenteil auf die Seite dieser Minderheiten stellt und klar sagt, dass wir Hass und Gewalt nicht in dieser Stadt haben wollen. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Urs Tab- bert SPD und Dr. Roland Heintze CDU)

Das Wort bekommt Herr Kühn von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Müller, ohne Frage will ich mich dem Beginn Ihrer Rede anschließen. Das, was im vergangenen Jahr passiert ist, der Anschlag auf das MHC und die drei gewalttätigen Körperverletzungen beim CSD, verurteilen alle Fraktionen in diesem Hause. Ich glaube, darin besteht absolute Einigkeit.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Wir werden auch alle Anträge, zwei Ihrer Fraktion und den der FDP-Fraktion, an den Innenausschuss überweisen. Ich finde es gut, dass sie dort umfassend diskutiert werden. Sie gestatten mir aber ein paar Anmerkungen, Herr Müller, weil ich durchaus finde, dass einiges in Hamburg schon viel besser läuft und viel umfangreicher stattfindet, als Sie es eben dargestellt haben.

Ich will einen von Ihnen angesprochenen Punkt aufgreifen, nämlich die Erfassung der Taten. Dazu gibt es auch einen Antrag der FDP; hier ist die Darstellung der Sachlage ebenfalls nicht ganz sauber, so will ich es einmal vorsichtig formulieren, denn die Erfassung der Straftaten ist bundeseinheitlich geregelt. Einzelne Bundesländer machen hier keinen Unterschied, auch Berlin nicht. Was in Berlin aber seit Jahren geschieht, ist, dass dort Einrichtungen einen Fragebogen entwickelt haben und mit diesem offensiv in der Community unterwegs sind, zum einen, um den Betroffenen stärker zu signalisieren, dass sie nicht allein sind, zum anderen, um Opfer solcher Taten zu ermutigen, diese Taten auch anzuzeigen. Das ist aber aus der Community in Berlin heraus organisiert. Das ist in dem Sinne keine Aktion der Stadt oder des Landes Berlin, ein wichtiger Unterschied. Insofern gibt es bei der Statistik keine andere Vorgehensweise. Ich finde aber sehr wohl, dass Hamburg sich ein Beispiel nehmen sollte und wir mit der Community besser ins Gespräch über ein ähnliches Modell wie in Berlin kommen sollten. Seit einigen Jahren ist es dort erfolgreich und führt interessanterweise auch zu anderen Zahlen. Ohne Frage steht eines fest, nämlich, dass die Zahlen, die im Moment in den Statistiken auftauchen, kein reales Bild ergeben. Darauf können wir uns, glaube ich, alle ohne Probleme verständigen.

Ein Punkt ist mir noch wichtig, weil der immer untergeht. In Hamburg hat die Staatsanwaltschaft einen Oberstaatsanwalt benannt, der beispielsweise Verbänden und Verbandsvertretern gerade in Fällen von Hasskriminalität zur Verfügung steht. Auch hier hat Hamburg, wie gesagt, schon einiges geleistet.

Ein nicht einfacher Punkt ist Ihre Forderung nach Beflaggung des Polizeipräsidiums. Ich finde, dass wir in den vergangenen Jahren doch einen großen Schritt nach vorn getan haben. Ich kann mich noch an die Zeiten der CDU-Alleinregierung erinnern, als es unter Bürgermeister Ole von Beust problematisch genug war, eine Regenbogenflagge am Rathaus, dem politischen Zentrum dieser Stadt, zu hissen. Davon sind wir Gott sei Dank mittlerweile weit entfernt, denn es wird in Hamburg nicht nur das Rathaus beflaggt,