Protokoll der Sitzung vom 24.09.2014

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines ehrenamtlichen Mitglieds der Kreditkommission – Drs 20/12875 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Schule und Berufsbildung – Drs 20/12876 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines Mitglieds und eines stellvertretenden Mitglieds des Ausschusses der Regionen der Europäischen Union – Drs 20/12968 –]

Die Fraktionen haben hierzu vereinbart, dass die drei Wahlen in einem Wahlgang durchgeführt werden können. Die drei Stimmzettel liegen Ihnen vor. Sie enthalten bei den Namen jeweils Felder für Zu

(Farid Müller)

stimmung, Ablehnung und Enthaltung. Sie dürfen auf jedem Stimmzettel bei jedem Namen ein Kreuz machen, aber bitte nur eines. Mehrere Kreuze beziehungsweise kein Kreuz bei einem der Namen machen die Wahl dieses Kandidaten ungültig. Auch weitere Eintragungen oder Bemerkungen würden zur Ungültigkeit des jeweiligen Stimmzettels führen.

Bitte nehmen Sie nun Ihre Wahlentscheidungen vor. Ich darf sodann die Schriftführer bitten, mit dem Einsammeln zu beginnen.

(Die Wahlhandlungen werden vorgenom- men.)

Sind alle Stimmzettel eingesammelt? – Das ist der Fall. Dann ist der Wahlgang geschlossen. Die Wahlergebnisse werden ermittelt und vereinbarungsgemäß zu Protokoll gegeben.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 42, Drucksache 20/13003, Antrag der CDU-Fraktion: 100 000Euro-Affäre Blankau – Hochdotiertes Aufsichtsratsmandat für Vorstand eines öffentlichen Unternehmens: Senat muss Stellung nehmen.

Hierzu liegen Ihnen als Drucksachen 20/13123 und 20/13143 Anträge der Fraktionen der SPD und der CDU vor.

[Antrag der CDU-Fraktion: 100.000-Euro-Affäre Blankau – Hochdotiertes Aufsichtsratsmandat für Vorstand eines öffentlichen Unternehmens: Senat muss Stellung nehmen – Drs 20/13003 –]

[Antrag der SPD-Fraktion: Vorgaben des Hamburger Corporate Governance Kodex und des Transparenzgesetzes Schritt für Schritt im Bereich der öffentlichen Unternehmen umsetzen und durchsetzen – Drs 20/13123 –]

[Antrag der CDU-Fraktion: 100.000-Euro-Affäre Blankau – Senat muss Akten vorlegen – Drs 20/13143 –]

Die Drucksache 20/13003 möchte die CDU-Fraktion an den Ausschuss öffentliche Unternehmen überweisen. Herr Kleibauer hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Entscheidung von Senatorin Blankau, eine hochbesoldete Nebentätigkeit des SAGA-Vorstandsvorsitzenden bei einem privaten Wettbewerber zuzulassen, hat für Empörung und viele Diskussionen gesorgt, so auch bei der letzten Bürgerschaftssitzung. Bis heute gibt es viele offene Fragen und keine einzige Erklärung von

Senatorin Blankau in dieser Sache. Das kann nicht sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und bei Robert Bläsing FDP)

Ich begrüße ausdrücklich, dass Herr Basse vor zwei Wochen die Konsequenzen gezogen hat und seinen Rückzug vom Aufsichtsratsmandat angekündigt hat, aber man muss sich seine Erklärung genau durchlesen. Die Niederlegung des Mandats erfolgte nicht etwa, weil die Nebentätigkeit falsch oder grenzwertig war, sondern nur, um zu verhindern, dass Frau Senatorin Blankau in Misskredit gerät. Das ist zu wenig, und das heißt doch, hier soll nur versucht werden, die Diskussion einer Debatte zu stoppen. Den Gefallen werden wir Ihnen nicht tun, liebe SPD.

(Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und bei Robert Bläsing FDP und Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Sie haben zur heutigen Debatte auch einen Antrag vorgelegt, in dem Sie schreiben, man müsse den Hamburger Corporate Governance Kodex nur weiterhin und besser umsetzen und die Verträge anpassen. Herr Dressel, Herr Kienscherf, dass genau das passiert, erzählt uns Finanzsenator Tschentscher schon seit zwei Jahren. Das ist zu wenig und berücksichtigt eine Tatsache nicht. Es gibt hier vielleicht ein Regelungsproblem, aber in erster Linie doch eine sehr schwerwiegende Fehlentscheidung eines Senatsmitglieds.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GRÜNE, Robert Bläsing FDP und Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Bei aller Kritik daran – die Kritik ist auch richtig –, dass Frau Senatorin Blankau dies allein entschieden hat, wird auch kritisiert, wie sie entschieden hat und warum sie das genehmigt hat. Das blenden Sie in diesem Antrag völlig aus.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GRÜNE)

Wir reden nicht über irgendeine kleine Klitsche in der Stadt, wir reden über die SAGA GWG, eines der größten, zentralen und wichtigsten öffentlichen Unternehmen, das für jeden Senat von großer und strategischer Bedeutung war.

(Dirk Kienscherf SPD: Sie wollten das mal verkaufen, das Unternehmen!)

Ausgerechnet in diesem Unternehmen, Herr Kienscherf, wird der Aufsichtsrat nach Gutsherrenart geführt. Das kann doch nicht sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Entscheidungen werden im Alleingang gefällt, und der Senatorin fällt noch nicht einmal ein, den Auf

(Erster Vizepräsident Frank Schira)

Wahlergebnisse siehe Anlage, Seite 7157 ff

sichtsrat – den gibt es doch, das ist eine AG, sodass wir das Aktienrecht berücksichtigen müssen – darüber zu informieren. Der sollte drei Monate später bei der nächsten Sitzung informiert werden. Auf diese Weise kann man doch nicht mit Interessenkonflikten und Nebentätigkeiten umgehen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei den GRÜNEN)

In den Antworten auf Schriftliche Kleine Anfragen behaupten Sie dann schlankweg, dass bei der SAGA GWG alle gesellschaftsrechtlichen Regeln eingehalten wurden; das ist falsch. Im Juni 2011 wurde der Hamburger Corporate Governance Kodex in der Geschäftsordnung und der Geschäftsanweisung des Aufsichtsrats der SAGA GWG festgeschrieben. Er wurde als gleichberechtigtes Regelungswerk aufgenommen. Dann kann man nicht sagen, dass man sich an alle diese Regeln gehalten hat. In diesem Fall hat man sich nicht daran gehalten, Herr Dressel.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Interessanterweise gibt es auch eine Mustergeschäftsanweisung der Finanzbehörde für Aufsichtsräte öffentlicher Unternehmen. Darin steht seit 2010 genau das Gleiche wie im Hamburger Corporate Governance Kodex:

"Mitglieder der Geschäftsführung dürfen Nebentätigkeiten, insbesondere Aufsichtsratsmandate außerhalb des Unternehmens, nur mit Zustimmung des Aufsichtsrates übernehmen."

Wir haben ein Beteiligungsmanagement in der Finanzbehörde, und die schauen nicht einmal bei den großen Unternehmen nach, ob diese Regelung überhaupt umgesetzt wird. Warum weichen denn die Regelungen bei der SAGA GWG und vielleicht auch bei anderen Unternehmen genau davon ab? Die Finanzbehörde müsste doch gerade bei der BSU, wo wir viele und große Unternehmensbeteiligungen haben, genauer hinsehen.

(Beifall bei der CDU)

Es bleiben für uns sehr viele Unklarheiten bestehen. Nach den Angaben des Senats wurde Frau Blankau von Herrn Basse am 25. Juli, ein schöner Freitag mitten in der Urlaubszeit, angemailt, und am gleichen Tag hat sie ihm die Genehmigung erteilt. Es fand keinerlei Prüfung einer Interessenkollision statt, es war eine Ad-hoc-Entscheidung binnen weniger Stunden. Die Senatorin hat offenbar nur auf den Okay-Button in ihrem E-Mail-Postfach gedrückt. Warum fallen solche Entscheidungen unter einem solchen Zeitdruck? Meine Damen und Herren, das kann nicht sein.

(Beifall bei der CDU)

Die Darstellung, dass alle Beteiligten nichts von der Höhe der Vergütung wussten, erscheint nicht nachvollziehbar. Es ist doch interessant, dass sie über andere Details sehr genau Bescheid wussten. Sie wussten genau, dass Herr Basse für den Finanzausschuss im Aufsichtsrat der Deutschen Annington vorgesehen war; dafür hätte er auch noch 20 000 Euro extra im Jahr bekommen. Diese Details wussten Sie, aber die Höhe der Vergütung war Ihnen nicht bekannt. Das ist doch mehr als nicht nachvollziehbar. Und der Erste Bürgermeister wurde von der Senatskanzlei am 20. oder 21. August über das Aufsichtsratsmandat informiert, aber über die Höhe der Vergütung will er auch erst aus der Zeitung im September erfahren haben. Das versteht kein Mensch. Ich habe bislang gedacht, dass wenigstens in der Senatskanzlei Leute arbeiten, die mitdenken, Herr Dressel.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Ein letzter Punkt, den ich auch sehr interessant finde. Als die Diskussion aufkam, hieß es vonseiten der SAGA GWG gleich, es gebe überhaupt keine Schnittmengen, keine Geschäftsbeziehungen zu der Deutschen Annington und sie hätten überhaupt nicht vor, das zu tun. Wenn man sich dann ansieht, dass wir bei der SAGA GWG Beteiligungsunternehmen haben, die erheblich zum Ergebnis der SAGA GWG beitragen, und dass an diesen Unternehmen auch die Deutsche Annington beteiligt ist und man dort in gemeinsamen Gremien sitzt, dann muss man auch das berücksichtigen. Diese Fragen, diese Themen müssen unbedingt geklärt werden.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GRÜNE und Robert Bläsing FDP)

Es gab noch andere Schriftliche Kleine Anfragen. Heute kam die Antwort auf eine Anfrage der SPD. Es ist nicht die einzige Nebentätigkeit, die Sie, Frau Senatorin, für Vorstände der SAGA GWG genehmigt haben. Ich will die anderen an dieser Stelle nicht kritisieren, weil die sich schon sachlich unterscheiden, aber in allen anderen Fällen wussten Sie vorher von der Höhe der Vergütung. Nur in diesem Fall haben Sie nicht danach gefragt? Das kann nicht sein, hier müssen Sie für Transparenz sorgen, hier müssen Sie die Fakten auf den Tisch legen.

(Hans-Detlef Roock CDU: Das glaubt doch kein Mensch!)

Diese Abläufe müssen weiter aufgeklärt werden. Deshalb sind wir sehr dafür, dass wir uns hiermit weiter befassen. Wenn ich die Ereignisse Revue passieren lasse und mir den Genehmigungsablauf vorstelle, dann habe ich, ehrlich gesagt, erhebliche Zweifel daran, ob wir in dieser Konstellation – Frau Blankau als Aufsichtsratsvorsitzende bei der SAGA

GWG und Herr Basse als Vorstandsvorsitzender – einfach fröhlich weitermachen können wie bisher.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GRÜNE und Dr. Walter Scheuerl fraktions- los)

Das Wort hat Herr Dr. Dressel von der SPD-Fraktion.