Protocol of the Session on November 6, 2014

Login to download PDF

Meine Damen und Herren! Sitzung ist eröffnet.

Beginnen möchte ich heute mit zweifachen Glückwünschen. Diese richten sich an unsere Kolleginnen Brigitta Schulz und Sabine Steppat. Liebe Frau Schulz, liebe Frau Steppat, ich darf Ihnen ganz herzlich zu Ihrem heutigen Ehrentag gratulieren und Ihnen im Namen der Hamburgischen Bürgerschaft alles Gute wünschen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Wir setzen dann die

Aktuelle Stunde

von gestern fort und beginnen mit dem vierten Thema, das wegen Zeitablaufs nicht mehr behandelt werden konnte. Es wurde angemeldet von der SPD-Fraktion und lautet:

HSH Nordbank besteht EZB-Stresstest: Ermutigendes Signal auf weiter schwierigem Weg

Herr Quast von der SPD-Fraktion bekommt dazu das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die HSH Nordbank hat erwartungsgemäß den gemeinsamen Stresstest der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Bankenaufsicht für systemrelevante Banken in der Eurozone bestanden. Das ist eine gute Nachricht für Hamburg und Schleswig-Holstein, und darüber darf man sich auch freuen.

(Beifall bei der SPD)

Auf ein solches Ergebnis haben wir in den letzten Jahren hingearbeitet. Daher waren wir auch optimistisch, dass der Stresstest positiv ausgehen würde. Die Anteilseigner Hamburg und SchleswigHolstein haben stets zur Bank gestanden und diese mit Garantien gestützt, die wir zuletzt 2013 nach einem langen Abwägungsprozess auf wieder 10 Milliarden Euro erhöht hatten. Die Bank selbst hat in den letzten Jahren konsequentes Kostenmanagement betrieben, ihre Bilanzsumme erheblich reduziert und in erheblichem Umfang Altlasten abgebaut. Die von den Ländern abgesicherten Risiken sind von 185 Milliarden Euro auf unter 60 Milliarden Euro abgesunken. Die Garantien der Länder wirken nun, wie der EZB-Stresstest zeigt. Die harte Kernkapitalquote von 10 Prozent erhöht sich dank der Sunrise-Garantie um weitere 2,3 Prozent und liegt damit deutlich über der geforderten Mindestquote von 8 Prozent. Auch unter den simulierten Bedingungen eines extremen Stressszenarios

besteht die HSH Nordbank mit einer harten Kapitalkernquote von 6,1 Prozent. Das ist ein gutes Zeichen, ein ermutigendes Signal,

(Beifall bei der SPD)

vor allen Dingen, wenn man bedenkt, dass diesem Stresstest die Situation vom 31. Dezember 2013 zugrunde liegt und die Bank seitdem weitere strukturelle Verbesserungen durch Restrukturierungsfortschritte, Risikoabbau und neue Geschäfte vorgenommen hat.

Meine Damen und Herren! Der jetzt abgeschlossene Stresstest ist ein wichtiger Meilenstein für die Zukunft der HSH Nordbank. Gleichwohl sind lange nicht alle Probleme gelöst. Vor uns liegt das Beihilfeverfahren, in dem die EU-Kommission die Wiedererhöhung der Garantien der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein überprüfen wird. Dann stehen auch der Erfolg und die Erfolgsaussichten des neuen Geschäftsmodells auf dem Prüfstand. Aber auch der weitere Verlauf der Schifffahrtskrise wird entscheidend sein. Für eine Entwarnung ist es also zu früh. Da sind wir uns, glaube ich, alle einig.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben immer noch einen schwierigen Weg vor uns, den wir aber gemeinsam mit Kiel und der Bank gehen, weil die HSH Nordbank von erheblicher Bedeutung für Hamburg ist, denn es geht bei der HSH Nordbank auch immer um unsere Handlungsfähigkeit als Staat. "Die Gier der Vergangenheit", wie das "Hamburger Abendblatt" es bezeichnet hat, hat dazu geführt, dass sich die Bank von 2002 bis 2005 mit günstigerem Kapital vollgesogen und es für risikoreiche Kredite genutzt hat. Diese Gier hat nicht nur die Bank gefährdet, sondern sie ist nach wie vor ein Risiko in immer noch zweistelliger Milliardenhöhe für den Hamburger Haushalt. Mit der Zweitverlustgarantie ist es uns gelungen, die Bank zu stabilisieren, sodass sie sich seitdem neu ausrichten und Risiken abbauen konnte. Das haben wir von ihr erwartet, aber der Prozess dauert noch an.

Auch regionalwirtschaftlich ist die HSH Nordbank von großer Bedeutung für die maritime Wirtschaft in Hamburg und in der Metropolregion, wo die Bank sich immer noch erheblich engagiert. Auch über das "Maritime Cluster" hinaus hat Hamburg ein starkes standortpolitisches Interesse an einem hier verankerten Kreditinstitut. Auch deshalb engagieren wir uns für die HSH Nordbank und erwarten, dass die Bank sich weiter für ihre Stabilisierung, aber auch für die Wirtschaft in unserer Metropolregion engagiert.

(Beifall bei der SPD)

Das positive Ergebnis des Stresstests ist hierfür ein ermutigendes Signal auf einem weiter schwierigen Weg.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Dr. Heintze von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Quast, ich glaube, wir sind uns alle einig, dass das Ergebnis uns zumindest für den Moment Zeit zum Aufatmen gibt. Es gibt uns vor allem auch Zeit, uns klar darüber zu werden, wo wir stehen und wohin wir wollen. Nur ist diese Zeit nicht sonderlich lang, weil – dies ist schon richtig aufgezeigt worden – die HSH Nordbank und damit auch unser Haushalt und der Haushalt von Schleswig-Holstein in großen Teilen von sehr vielen externen Faktoren abhängen: Wie geht es weiter in der Schifffahrt? Funktioniert das Geschäftsmodell? Was braucht der Standort Hamburg von einer Nordbank? Was brauchen wir vielleicht auch nicht mehr?

Von daher: Ja, für die Stadt ist das ein gutes Ergebnis. Ja, wir müssen erst einmal keine weiteren Steuergelder mehr zur Verfügung stellen, denn darum geht es im Kern. Ja, die harte Arbeit der Vorstände und der Ausschüsse und ihr Ringen lohnen sich. Ja, das Geschäftsmodell ist in Teilen erfolgreich. Dennoch sagen wir als CDU, dass der Senat hier zu kurz springt und diese Zeit zum Aufatmen auf keinen Fall zum Anlass nehmen kann, um zu sagen, das funktioniert doch alles, und wenn es weiter irgendwie funktioniert, dann ist alles gut. Uns fehlt weiterhin die Gesamtvorstellung, wo dieser Senat eigentlich mit der Bank hin will. Ich glaube, wir sollten die Zeit zum Aufatmen nutzen, um dies endlich einmal zu formulieren, anstatt das Geschehen einfach nur zu kommentieren. Sie springen hier weiter zu kurz.

(Beifall bei der CDU)

Wer sich die Ergebnisse des Stresstests ansieht, der weiß auch, dass es eng war. Die Nordbank ist als Drittletzter durchs Ziel gegangen: bei der harten Kernkapitalquote 10 Prozent bei 8 geforderten, beim Basisszenario 9,41 von 8 Prozent und im Risikoszenario mit 6,06 Prozent nur knapp über der gesetzten Grenze von 5 Prozent. Und das alles nur, weil wir hier gemeinsam die richtige Aufstockung des Risikoschirms vorgenommen haben, die die Kommission aber noch gar nicht genehmigt hat. Von daher: Aufatmen ja, aber die genaue Beschäftigung mit diesem Ergebnis ist angebrachter denn je. Wir müssen zusehen, dass wir diese Bank krisenfest bekommen, und dafür fehlt mir bisher die Vision des Senats.

(Beifall bei der CDU)

Damit sind wir beim Geschäftsmodell. Das Geschäftsmodell funktioniert in Teilen, aber wenn wir darauf schauen, in welchen Teilen es funktioniert, dann sind das leider nicht die Teile, die als Kernbestandteil des Geschäftsmodells gesehen werden. Die Nordbank verdient ihr Geld im Moment mit Im

mobilien und Anlagefinanzierung, sie möchte aber Bank für den Mittelstand und den Unternehmer sein. Irgendetwas stimmt da nicht in der Umsetzung dieses Geschäftsmodells. Die Bank sagt weiterhin, sie sei wichtig für ein maritimes Gesamtkonzept am Standort, fokussiert sich aber auf die Beschäftigung mit dem Altbestand im Portfolio beim maritimen Thema. Das ist zu wenig. Man muss auch sehen, dass die Bank, wenn die neuen Gesetzesregelungen nach Basel III schon gelten würden, diesen Stresstest nicht bestanden hätte. Ich fordere Sie nachdrücklich auf – deshalb ist diese Aktuelle Stunde sehr wichtig –, endlich ein Konzept, auch für die maritime Wirtschaft am Standort, vorzulegen. Ich glaube nicht, dass wir wollen, dass es keine Schiffs- und Maritimfinanzierung in Hamburg mehr gibt. Das können wir nicht wollen. Ich fordere Sie auf, endlich das Konzept für den Standort und die Rolle, die die Bank dort spielen soll, vorzulegen und mit uns zu debattieren, um dann diese Bank zukunftsfähig zu machen und dem Standort Hamburg zu helfen. Das erfolgt nach wie vor nicht; das halten wir für falsch.

(Beifall bei der CDU)

Dieses Signal braucht die Wirtschaft. Da sind mir auch Forderungen nach Verkauf und Abwicklung deutlich zu voreilig. Ich kann nicht sagen, wir verkaufen und wickeln ab, wenn wir uns noch gar nicht darauf verständigt haben, wohin wir mit dieser Bank steuern wollen und was sie für den Standort tun kann. Natürlich kann eine Bank wie die Nordbank, vielleicht auch im Verbund mit der NORD/LB, ihren Beitrag leisten, um die Wirtschaft am Standort voranzubringen und die Arbeitsplätze in dieser Stadt nachhaltig zu sichern, nur muss man das diskutieren. Man muss endlich ein Konzept auf den Weg bringen und eine Vision, die das auch bewegt und konkret sagt, wo wir hin wollen. Ich gebe dem Finanzsenator recht, wenn er sagt, für den Moment sei es wichtig gewesen, diesen Stresstest zu bestehen. Das ist ohne Frage richtig und wir haben ihn bestanden. Ich möchte jetzt aber wissen, wo Sie mit dieser Bank hin wollen. Sie sitzen da nun einmal mit im Führungssessel, auch wenn Sie das manchmal gar nicht so gern haben. In einem Punkt können wir sicher sein: Das war zu knapp, um sich zurückzulehnen und weiterzumachen wie bisher. Und es ist sehr wichtig für den Standort Hamburg zu wissen, wohin wir mit der Bank wollen. Der nächste Stresstest kommt bestimmt, und dann müssen wir wissen, wo wir hin wollen. Daran sollten wir alle zügig arbeiten.

(Beifall bei der CDU)

Von der GRÜNEN Fraktion bekommt jetzt das Wort Herr Kerstan.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die HSH Nordbank hat den

Stresstest bestanden. Das ist eine gute Botschaft für Hamburg und insbesondere für den Hamburger Haushalt, denn angesichts der Schuldenbremse und knapper Kassen wäre es gegenüber den Menschen in dieser Stadt überhaupt nicht mehr vermittelbar, weitere Milliarden in diese Bank hineinstecken zu müssen. An dieser Klippe sind wir erst einmal vorbeigekommen; das ist eine gute Botschaft. Aber wir alle wissen, dass die Bank noch lange nicht über den Berg ist, denn in ihrem Kerngeschäftsbereich, der Schifffahrt, ist die Krise noch lange nicht vorbei, und auch die Risiken aus Altverträgen sind noch lange nicht abgearbeitet. Man muss sehr vorsichtig damit sein, den Prognosen der Bank zu glauben, dass das Geschäftsmodell damit erwiesenermaßen funktioniert habe. Denn seit fünf Jahren prognostiziert diese Bank jedes Jahr, im nächsten Jahr werde die Schifffahrtskrise vorbei sein. Die letzten fünf Jahre lag sie damit daneben. Es lauern noch erhebliche Risiken für den Hamburger Haushalt. Deshalb ist das Bestehen dieser Teiletappe keineswegs ein Anlass für Eigenlob und Selbstzufriedenheit aufseiten des Senats oder der SPD-Mehrheitsfraktion.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die größte Herausforderung für die Bank wird in den nächsten Monaten sein, ob die EU-Kommission die Erhöhung der Garantiesumme auf 10 Milliarden Euro genehmigen wird oder nicht. Das ist ein völlig unnötiges Risiko für den Hamburger Haushalt, und dieses Risiko hat einzig und allein die SPD zu verantworten,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Euer Vertrag!)

weil unter der Ägide dieses SPD-Senats die Garantiesumme um 3 Milliarden Euro abgesenkt worden ist. Das war angesichts einer immer noch schwelenden Schifffahrtskrise unverantwortlich, und es kann immer noch sein, dass Hamburg den Fehler dieses Senats sehr teuer bezahlen muss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich höre schon wieder Zwischenrufe, dass es da einen Vertrag gegeben habe.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Richtig!)

In der Tat, es gibt einen Vertrag, mit dem der Bank das Recht eingeräumt wurde, bei der Erreichung bestimmter Etappenziele die Garantiesumme abzusenken. Aber das ist ein Recht und keine Pflicht. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass eine Bank einmal so eben einen Antrag stellt, der den Eigentümer, nämlich Schleswig-Holstein und Hamburg, teuer zu stehen kommen kann, ohne dass das im Aufsichtsrat besprochen wurde. Der Vorstand einer solchen Bank wird ein solches Recht mit Sicherheit nicht ausüben, wenn die Eigentümer zu diesem Zeitpunkt nicht signalisiert haben, dass das in Ordnung ist.

(Jan Quast SPD: Das ist doch alles Quatsch!)

Insofern hilft der Verweis auf diesen Vertrag in keiner Weise, denn der Vorstand hätte diese Option nicht gezogen, wenn er kein Okay von diesem Senat bekommen hätte.

(Jan Quast SPD: Es geht um das Aktien- recht!)

Dieser Fehler ist und bleibt ein Fehler dieses SPDSenats. Ich hoffe wirklich, dass wir diese Genehmigung bekommen, und zwar ohne die Auflage weiterer Milliarden von der Stadt. Dieses Risiko haben Sie verursacht. Das hängt immer noch wie ein Damoklesschwert über dem Hamburger Haushalt und über den Steuerzahlern dieser Stadt. Dass es so ist, ist doch ganz eindeutig.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von Arno Münster SPD)

Im Jahr 2011 hat sich Olaf Scholz persönlich als Retter der HSH Nordbank feiern lassen, als die Garantie abgesenkt wurde. Es gab eine wunderbare Schlagzeile damals in den Medien: So hat Olaf Scholz die Nordbank gerettet. In diesem Tenor waren die Kommentierungen nach einem Pressegespräch des Bürgermeisters gehalten, als dieser einmalige Fehler begangen wurde. Vom Miteigentümer Schleswig-Holstein wurde das ein bisschen säuerlich aufgefasst. Die Schlagzeile der "Lübecker Nachrichten" am selben Tag lautete, dass der Hamburger Bürgermeister sich in den heimischen Medien feiern lasse – Verstimmung im Kieler Landtag und der Kieler Landesregierung. So funktioniert das mit diesem Bürgermeister. Wenn er meint, es seien Erfolge da, dann lässt er sich feiern. Wenn dann aber die Nachteile dieser Entscheidung drohen, nämlich entweder gar keine Genehmigung dieser Maßnahme – was eine Katastrophe für den Hamburger Haushalt wäre – oder milliardenschwere Auflagen, dann ist von diesem Bürgermeister nichts zu hören. Das ist unsolides Regieren und Verantwortungslosigkeit aufseiten der Regierungsbank. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)