Protocol of the Session on November 6, 2014

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(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Das Gleiche gilt jetzt für die Absenkung der Garantiesumme bei der HSH Nordbank. Es ist doch wirklich bezeichnend – rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln –, dass dieser Senat inmitten einer der größten Schifffahrtskrisen einer Schifffahrtsbank die Absenkung der Garantien im Aufsichtsrat genehmigt – denn anders ist dieser Antrag des Vorstandes nicht zu genehmigen –, um dann nur ein Jahr später dazu gezwungen zu werden, diese mit milliardenhohen Risiken für den Hamburger Haushalt wieder zu erhöhen. Auch in diesem Punkt hätte ich mir ein bisschen mehr Bescheidenheit und Selbstkritik gewünscht anstatt Belehrungen der Opposition.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich würde mich freuen – das ist allerdings ein Hinweis an die Oppositionspartei CDU, aber auch an die Mehrheitsfraktion –, wenn wir über die HSH Nordbank nicht als einen wichtigen Standortfaktor reden würden. Ich wäre schon glücklich, wenn diese Bank die nächsten Jahre überlebt und sich damit milliardenhohe Risiken für den Haushalt abbauen, auch ohne dass sie irgendetwas für den Standort tut. Die Frage, ob man sie für diesen Standort braucht, ist immer noch offen, aber im Moment ist das Entscheidende – das als Hinweis an die anscheinend so große Haushalts- und Wirtschaftspartei FDP –, diese Bank so lange am Leben zu halten, bis die milliardenschweren Verpflichtungen für den Hamburger Haushalt ausgelaufen sind. Jemand, der hier wie FDP und linke Marktradikale – ein lustiges Bündnis in diesem Punkt – die Abwicklung dieser Bank fordert,

(Finn-Ole Ritter FDP: Herr Hackbusch ist marktradikal, das ist schon fast eine Beleidi- gung!)

der hat anscheinend die Finanzkrise und die Risiken, die dort für den Hamburger Haushalt lauern, nicht begriffen. Ich kann einfach nur froh darüber sein, dass Sie in diesem Punkt keine größere Rolle spielen. Für Hamburg wäre das nämlich ein Verhängnis, meine Damen und Herren. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Dr. Kluth von der FDP-Fraktion bekommt erneut das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Beitrag von Finanzsenator Tschentscher hat im Grunde noch einmal den Finger in die Wunde gelegt, wo die Diskussion um die HSH Nordbank krankt. Herr Senator Tschentscher, es reicht nicht aus, sich hier die Argumentation der Bank zu eigen zu machen und vorzutragen. Die Bank hat ein eigenes Organisationserhaltungsinteresse, und das ist etwas ganz anderes als das öffentliche und politische Interesse, das wir in der Bürgerschaft verfolgen müssen. Ich glaube auch, dass dadurch kritische Punkte, die wir offen ansprechen und diskutieren müssen, nicht ausreichend beleuchtet werden und die Positionen zu positiv dargestellt werden. Ich möchte das an drei Beispielen deutlich machen.

Erstens: Die HSH Nordbank hat sich Anfang des Jahres dafür gelobt, dass im ersten Quartal das Ergebnis vor Steuern bei 354 Millionen Euro lag, und das war nach Aussage der Bank deutlich mehr als im Vorjahr mit 71 Millionen Euro. Als Ursachen für diese Entwicklung wurden operative Erfolge der Kernbank, eine fortschreitende organisatorische Verbesserung und ein verringerter Aufwand bei der Risikovorsorge angegeben – so die Ursachen laut Bank und das ist einfach falsch. Die Bank stellt die Ursachenzusammenhänge für das erste Quartalsergebnis völlig falsch dar, und das schreibt sich beim Halbjahresergebnis fort. Mit anderen Worten: Die HSH Nordbank führt die Öffentlichkeit in diesem Punkt schlicht hinter die Fichte. Das positive Ergebnis der Bank im ersten Quartal 2014 und auch das Halbjahresergebnis sind im Wesentlichen Folge eines Forderungsverzichtes der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein in Höhe von zusammen 487 Millionen Euro, nämlich den beihilferechtlichen Kompensationszahlungen. Das ist ein Mechanismus, der sich aus der Beihilfeentscheidung der EU-Kommission ergibt. Was bedeutet das? Ohne diesen Forderungsverzicht hätte die Bank rote Zahlen geschrieben, und zwar sowohl zum 31. März 2014 als auch zum 30. Juni.

Zweitens: Fakt ist weiter, dass Hamburg und Schleswig-Holstein nicht in der Lage waren, eine internationale Bank oder einen Finanzfonds davon zu überzeugen, sich zur Stärkung der Eigenkapitalquote an der HSH Nordbank zu beteiligen. Das lässt nur einen Schluss zu: Das Geschäftsmodell

(Jens Kerstan)

ist für den Kapitalmarkt zu akzeptablen Risiken nicht attraktiv. Mit anderen Worten fällt die Bank beim Private-Investor-Test schlicht durch.

Und drittens: Wir haben bis heute – trotz Nachfragen an den Senat auch im Ausschuss – keine weiteren Informationen über das Klagverfahren erhalten, das Investoren um Flowers vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die erste Beihilfeentscheidung führen. Die Behandlung des Themas HSH Nordbank durch diesen Senat und diesen Finanzsenator ist schlicht unzureichend und unangemessen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Nun bekommt Herr Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist schon eine erstaunliche Konstellation hier mit der FDP und uns.

(Gabi Dobusch SPD: Das muss dir doch zu denken geben!)

Das muss man ehrlicherweise zugeben, und man sollte vielleicht einmal darüber nachdenken, warum das so ist,

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

denn das Erstaunliche dabei ist, dass wir die einzigen Parteien sind, die das Dilemma, in dem wir gegenwärtig stecken, nicht mit verursacht haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt da eine gewisse Geschichte mit der FDP und Schleswig-Holstein, da bin ich mir nicht so sicher. Hören Sie sich deswegen einfach einmal in Ruhe unsere Argumente an, denn immerhin ist dies eines der kritischsten Momente, die es gegenwärtig gibt.

Das Erste: Warum soll es diese Bank geben? Herr Kerstan hat gesagt, ihm sei es egal, warum es sie gebe, hoffentlich werde es immer weniger.

(Jens Kerstan GRÜNE: Genau!)

Das können wir auch gleich noch betrachten, aber das Erste ist das Positive. Die Argumentation ist, dass wir eine regionale Bank für Unternehmer brauchen. Aber kein Einziger in der Diskussion könnte bei den Geschäften, die die HSH Nordbank in den letzten Jahren getätigt hat, sagen, dies sei erfüllt. Sie macht keine Geschäfte vor allem auf regionaler Ebene. Sie tätigt ihr Neugeschäft im Wesentlichen im Zusammenhang mit Immobilien und einigen Windparks und so weiter, und das weltweit beziehungsweise europaweit. Dementsprechend erfüllt sie die eigentliche Aufgabe, die sie hat, nicht, und das muss man kritisch hier diskutieren können, das muss man doch auch gemeinsam feststellen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist kein Schlechtreden, sondern das ist einfach ein vernünftiges Nachfragen, was dort geschieht, und das muss man.

Das Zweite ist diese Hoffnung, die Herr Kerstan hat und von der ich weiß, dass viele in dieser Stadt sie hegen nach dem Motto: Jeden Tag, den es die HSH Nordbank gibt, wird das Risiko, das wir damit tragen, geringer. Herr Tschentscher hat es dadurch ausgedrückt, dass er auf die Gewährträgerhaftung hingewiesen hat, die von 65 Milliarden Euro auf 21 Milliarden Euro gesunken ist. Das war das wesentliche Argument, das uns auf den Tisch gelegt worden ist im Zusammenhang mit der Rettung der Bank. Lassen Sie uns das einmal genau betrachten, das hört sich auch gut an. Diese Zahlen, die Herr Tschentscher genannt hat – nächstes Jahr sind es 3 Milliarden Euro –, könnten einen beruhigen. Aber womit wird das gegenwärtig bezahlt? Mit 10 Milliarden Euro Garantie, die direkt ziehen, bevor irgendjemand anderes irgendetwas da herausziehen kann, und mit 40 Milliarden Euro Risikokapital im Zusammenhang mit der Bank. Und da die Freie und Hansestadt Hamburg praktisch Besitzerin des Ganzen ist – oder zu jeweils 50 Prozent gemeinsam mit Schleswig-Holstein –, trägt die Stadt sowieso alle Lasten, die dort nicht erfüllt werden können. Daher ist das eine Schönrechnerei, denn die Verantwortung dafür bleibt, weil die Bank nicht in der Lage ist, diese Kredite vernünftig umzufinanzieren – das könnte Herr Tschentscher hier noch einmal darstellen –, und die Stadt übernimmt weiterhin die Haftung dafür. Dementsprechend ist es leider nicht so, dass mit jedem Tag die Verantwortung der Stadt und das Geld, das wir dort drin haben, abnehmen, sondern die Stadt muss die Bank, die mit einem Vorstand in voller Montur agiert, jeden Tag voll neu bezahlen, und das ist insgesamt ein Minusbereich, weil die Verantwortung nicht abgebaut wird.

Dementsprechend ist das genau das Moment, das wir hier bilanzieren müssen. Und ich bin mir sicher, dass man unter einer vernünftigen Verantwortung, wenn man sich die finanziellen Mittel der Stadt und die Situation der Mitarbeiter anschaut, besser mit der Bank umgehen könnte als mit einem gewissen größenwahnsinnigen Vorstand, so wie wir es gegenwärtig beobachten können. Es ist unsere politische Verantwortung – jedes Einzelnen von Ihnen –, das zu beurteilen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Damit ist die Aktuelle Stunde beendet, und wir kommen zu den Debatten.

Ich darf Punkt 48 unserer Tagesordnung aufrufen,

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

Drucksache 20/13408, das ist ein Antrag der SPDFraktion: Hamburg braucht eine langfristige Strategie zur Erhaltung seiner Brücken!

[Antrag der SPD-Fraktion: Hamburg braucht eine langfristige Strategie zur Erhaltung seiner Brücken! – Drs 20/13408 –]

Diese Drucksache möchte die GRÜNE Fraktion gern an den Verkehrsausschuss überweisen. Wird das Wort gewünscht? – Frau Koeppen von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst, meinen Dank an Herrn Wersich und die CDU-Fraktion auszusprechen. Nach den verbalen Entgleisungen und den persönlichen Angriffen in der gestrigen Verkehrsdebatte ist es ein richtiges Zeichen von Ihnen, dass heute Herr Roock die Debatte für die CDU führt und wir nun hoffentlich zu einer sachlichen Arbeit zurückkehren können.

(Beifall bei der SPD)

Der Erhalt der Hamburger Infrastruktur ist eine Mammutaufgabe, und es wäre wünschenswert, wenn der Senat und die SPD-Fraktion diese Aufgabe gemeinsam mit der Opposition lösen könnten. Nach der Einführung des systematischen Erhaltungsmanagements für Hamburgs Straßen ist es nur der konsequente Weg, nun auch ein Erhaltungsmanagement für Brücken und Tunnelbauwerke einzuführen.

(Beifall bei der SPD)

Nach dem großen Brand von 1842 in Hamburg wurden viele wichtige Brückenbauwerke, die bis dato aus Holz errichtet wurden, zerstört. Es galt nun, in Hamburg neue und vor allen Dingen solide Brücken zu konstruieren. Diese Aufgabe wurde von Johann Hermann Maack, dem damaligen Bauinspektor der Baudeputation Hamburg, betreut. Er selbst entwarf 37 Brückenkonstruktionen in seiner 30-jährigen Tätigkeit, unter anderem die Adolphsbrücke und die Reesendammbrücke. Insbesondere die Lombardsbrücke ist hier zu nennen, die in der Zeit von 1865 bis 1868 erstellt wurde und noch heute,

(André Trepoll CDU: Wann kommen Sie denn zu 2014?)

fast 150 Jahre später, Hamburgs Stadtbild prägt. Heute fahren Zigtausend Kraftfahrzeuge und zahlreiche Züge über die Lombardsbrücke, und die Konstruktion von Maack hält dieser Belastung immer noch stand. Große Würdigungen sind ihm nicht zuteil geworden,

(André Trepoll CDU: War der denn CDU?)

dabei hat er mit seinen Brückenkonstruktionen maßgeblich zur Entwicklung Hamburgs zur Weltstadt beigetragen. Vielleicht liegt es daran, dass mehr nach Rekorden Ausschau gehalten wird. Mit insgesamt 2500 Brücken hat Hamburg nach New York die meisten Brückenbauwerke auf der Welt.

Diese Stützen, diese Brücken sind die Grundvoraussetzung für den Erhalt der Leistungsfähigkeit unserer Stadt, aber sie sind in die Jahre gekommen. Ein weiterer, beträchtlicher Teil von Hamburgs Brücken musste nach dem Zweiten Weltkrieg im letzten Jahrhundert wieder aufgebaut werden.

(André Trepoll CDU: Es geht voran!)

Dies bedeutet auch, dass mehr als die Hälfte dieser Brücken ihre theoretische Nutzungsdauer erreicht haben und in den nächsten Jahren umfassende Sanierungsarbeiten anfallen werden. Durch zunehmenden Verkehr ist die Beanspruchung der Bauwerke stark gestiegen. Ihr Erhalt ist eine generationenübergreifende Aufgabe, die in den kommenden Jahren vorrangig Berücksichtigung finden muss, um eine dauerhafte Sicherstellung einer guten und verlässlichen Verkehrsanbindung der Stadt und ihres Hafens sicherzustellen.

(Beifall bei der SPD – Vizepräsidentin Bar- bara Duden übernimmt den Vorsitz.)