Auch hier handelt es sich um eine von der SPDFraktion angemeldete Kurzdebatte mit je zwei Minuten Redezeit pro Debattenbeitrag. Wer wünscht das Wort? – Herr Tabbert erhält es für die SPDFraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zeugen spielen bei Gericht meist eine zentrale Rolle. In meiner juristischen Ausbildung habe ich gelernt, dass Zeugen vor allem Pflichten haben, die Erscheinungspflicht, die Aussage- und Wahrheitspflicht und ausnahmsweise auch die Eidespflicht. Ein Verstoß dagegen kann schwere rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Angesichts ihrer Bedeutung ha
ben Zeugen zwar auch Rechte wie Aussagen- und Zeugnisverweigerungsrechte oder, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, ein Recht auf Ausschluss der Öffentlichkeit oder ein Recht auf einen Zeugenbeistand, allerdings ist in der Abteilung Zeugenrechte noch eine ganze Menge Luft nach oben. Hinzu kommen mehrere in den letzten Jahren verabschiedete Gesetze, die die Bedeutung der Zeugenbetreuung immer wichtiger erscheinen lassen: 2015 das 3. Opferrechtsreformgesetz und das Gesetz zur psychosozialen Prozessbegleitung. Damit wurden die Zeugen- und Opferrechte im Strafverfahren gestärkt. Besonders vulnerablen Personengruppen wurde so die Möglichkeit geschaffen, vor, während und nach einer Hauptverhandlung eine besonders qualifizierte Begleitung zu erfahren.
Mit dem Hamburgischen Resozialisierungs- und Opferhilfegesetz, das Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist, haben wir die Existenz der Zeugenberatungsstelle rechtlich abgesichert. Sie berät über den Ablauf von Gerichtsverhandlungen, unterstützt bei Fragen, Unsicherheiten und Ängsten. Sie sorgt dafür, dass Zeugen in den Genuss von zeugenschonenden Maßnahmen gelangen. Sie begleitet Zeuginnen und Zeugen im Gerichtssaal, sie organisiert auch die psychosoziale Prozessbegleitung. Im November wird es die Zeugenberatungsstelle am Landgericht seit 25 Jahren geben. Seit Februar 1994 unterstützen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zeugenberatungsstelle zusammen mit vielen wichtigen Freien Trägern Zeuginnen und Zeugen. Die Beratung und die Begleitung sind kostenlos. Ganz besonders wichtig ist das Angebot für Betroffene von Sexual- und Gewaltdelikten.
An dieser Stelle möchte ich meinen herzlichen Dank und Respekt für diese gute und wichtige Arbeit aussprechen, einige Mitarbeiterinnen befinden sich heute hier im Publikum.
Ich hoffe, ich konnte die Bedeutung und das gewachsene Aufgabenspektrum der Zeugenberatungsstelle hinreichend deutlich machen. Deshalb stocken wir die Zeugenberatungsstelle personell auf. Ich glaube, es wäre ein gutes Signal, wenn wir dieses Gesetz einstimmig verabschieden könnten. – Vielen Dank.
Herr Abgeordneter, es handelte sich um zwei Minuten beziehungsweise 120 Sekunden, Sie haben es leicht übertrieben, aber wir sagen einmal, die Danksagung ist für eine gute Sache, da geben wir noch einmal etwas bei. – Als Nächster kommt Herr Gladiator für die CDUFraktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist die wichtigste Aufgabe des Staates, seine Bürger vor Straftaten, vor Kriminalität zu schützen.
Aber dort, wo dieser Schutzauftrag nicht erfüllt werden kann, dort, wo die Prävention versagt hat und es zu Straftaten gekommen ist, ist es auch die Pflicht des Staates, den Opfern bestmöglich und wirksam zu helfen. Der Rechtsstaat darf eben nicht nur die Täter im Blick haben, er muss gerade vor allem auch die Opfer im Blick haben, sich um diese kümmern. Die Opfer von Straftaten dürfen nicht allein gelassen werden, sie brauchen von Anfang an eine vernünftige und umfassende Unterstützung.
Das gilt, das wurde eben gesagt, gerade auch dann, wenn sie vor Gericht als Zeugen aussagen, denn dann sind sie einer besonders hohen Belastung ausgesetzt. Oft durchleben und durchleiden sie dabei die Tat gewissermaßen ein zweites Mal, und sie stellen sich auch nicht selten den häufig sehr detaillierten Fragen im Gerichtssaal. Das ist vor allem für Opfer von Sexual- und Gewaltdelikten eine besondere Herausforderung, mit der sie nicht allein gelassen werden dürfen. Die Zeugenberatungsstelle leistet hier eine wichtige und wirklich unverzichtbare Unterstützung, eine Arbeit, die immens wichtig ist.
Aus diesem Grund, und das Signal der Einstimmigkeit kriegen wir da hoffentlich hin, begrüßen wir den vorliegenden Antrag. Wir unterstützen die personelle Verstärkung, denn der Bedarf ist zweifelsohne da, vermutlich ist er noch größer, als er mit diesem Antrag erfüllt wird, aber wir unterstützen den Antrag aus voller Überzeugung. Das reicht jedoch aus unserer Sicht nicht aus, wir wollen einen stärkeren und umfassenderen Opferschutz mit einem Opferschutzbeauftragten, wie es ihn in Nordrhein-Westfalen seit Dezember 2017 gibt. An dieser Stelle muss man es sagen, es ist bedauerlich, dass SPD und GRÜNE das bis heute ablehnen
und keinen Opferschutzbeauftragten für alle Kriminalitätsopfer schaffen wollen. Sie wollen ihn heute – und das ist ein erster richtiger Schritt, aber reicht nicht aus – für Terroropfer und Opfer von Großschadensereignissen schaffen. Wir werden weiter dafür kämpfen, dass es eine Anlaufstelle für Opfer aller Kriminalitätsformen in Hamburg gibt, daran werden wir weiterarbeiten. – Vielen Dank.
Herr Gladiator, Sie waren nicht ganz so intensiv wie Herr Tabbert, aber es waren trotzdem mehr als 120 Sekunden. –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es wurde zwar schon gesagt, aber ich möchte es doch noch einmal betonen, dass die Zeugenberatungsstelle eine sehr wichtige Aufgabe erfüllt, denn gerade beim Landgericht geht es um schwere Straftaten, Gewaltdelikte und auch Sexualdelikte. Von solchen Straftaten betroffene Menschen haben deshalb schwere Übergriffe gegen Leib oder Leben erlitten oder mussten auch als Außenstehende grausame Szenen mit ansehen. Das sind traumatisierende Gewalterfahrungen, und es ist schwer, über solche Erlebnisse zu sprechen und dann eben auch die für die Aufklärung der Straftaten wichtige Rolle als Zeuginnen und Zeugen wahrzunehmen. Deshalb ist eben die Zeugenberatungsstelle so wichtig als Unterstützung. Damit sie das schaffen kann, diese Unterstützungsleistung zu erbringen, muss sie eben entsprechend ausgestattet werden.
Es gibt sie bereits seit 25 Jahren, und es geht da nicht nur um Rechtsberatung und Beistand und Begleitung, sondern auch darum, den Zeuginnen und Zeugen die Angst vor dem Täter zu nehmen, denn dem Täter oder der Täterin begegnet man im Gerichtssaal wieder. Das ist auch eine sehr schwierige Erfahrung, weil man da direkt noch einmal mit den Geschehnissen konfrontiert wird und dann auch noch als Zeugin oder Zeuge dazu aktiv Stellung nehmen muss. Das kann den Zeuginnen und Zeugen leider nicht erspart bleiben, denn diese lückenlose Aufklärung vor Gericht ist notwendig, und dabei kommt es auf die Zeugenaussagen an. Denn der Rechtsstaat muss die Straftaten ahnden können und dafür müssen sie aufgeklärt werden, auch im Interesse des Opferschutzes.
Wenn jedoch die Zeuginnen und Zeugen sich schon in diese für sie sehr unangenehme Situation begeben müssen, dann sollten sie dabei wenigstens Unterstützung erhalten und in einem möglichst angstfreien Raum auch zulasten des anwesenden Täters aussagen. Deshalb ist es wichtig, die Zeugenberatungsstelle so auszustatten, dass sie ihre Unterstützungsfunktion weiter wahrnehmen kann. Dazu muss genügend Personal vorhanden sein, und darauf zielt dieser Antrag ab. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Hier haben wir wieder ein Beispiel dafür, dass Opposition wirkt: Mit unserer Großen Anfrage
zur Zeuginnen- und Zeugenbetreuung, Drucksache 21/15081 aus Dezember 2018, haben wir auf die Unterbesetzung im Bereich der Zeuginnen- und Zeugenbetreuung hingewiesen, ebenso im Nachgang. Die Zahl der abgewiesenen Anträge auf Zeuginnen- und Zeugenbetreuung stieg von 2014 bis 2018 auf das Dreifache, von 23 auf 77. Dass Sie das jetzt auch wahrnehmen und ändern wollen, begrüßen wir.
Ob allerdings die zwei Stellen mit Bezahlung nach E9 ausreichen, ist die nächste Frage, obwohl das eine Verdopplung der Stellenkapazität darstellt; das ist schon einmal sehr gut. Aber zudem müsste die Infrastruktur gestärkt werden in einigen der Gerichte, und auch Sprachmittlerinnen und -mittler müssten verstärkt eingebunden werden. Da bitten wir noch einmal um Nachbesserung.
"empfinden die Einstufung in E9 meist als eher nachteilig und beurteilen die Gehaltsaussicht als nicht sehr attraktiv. Aus diesem Grund fällt es Arbeitgebern im Bereich des Öffentlichen Dienstes zunehmend schwer, offene Stellen zu besetzen und überhaupt qualifizierte Berufseinsteiger zu finden."
Ich hoffe, das ist in diesem Fall nicht so – oder Sie machen sich noch einmal Gedanken über eine andere Gehaltsstufe. Eine angemessene.
Dass die Zeuginnen- und Zeugenbetreuung und auch die psychosoziale Prozessbegleitung sehr sinnvoll und wichtig sind und ausgebaut werden müssen, ich glaube, darüber sind wir uns alle einig. Deshalb unterstützen wir den Antrag. Es ist sinnvoll, erst einmal anzufangen mit kleinen Schritten, sodass wir dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt insbesondere gegen Frauen und häusliche Gewalt, der Istanbul-Konvention, kurz gesagt, und insbesondere dem Artikel 19, auf den sich die Vertragsparteien dort geeinigt haben, nachkommen. Das ist wichtig. Deshalb: guter erster Schritt. Vielleicht weiter so und weitere Schritte gemeinsam diskutieren.
(Zuruf: Jetzt dürft ihr auch klatschen! – Bei- fall bei der LINKEN, vereinzelt bei den GRÜ- NEN und bei Urs Tabbert SPD)
Für die FDP-Fraktion erhält nun Frau Freuen…, Entschuldigung, Frau von Treuenfels-Frowein das Wort. Ich war irritiert durch den verspäteten Beifall der LINKEN.
Ich freue mich, dass Sie meinen Namen gelernt haben, nachdem DIE LINKE verspäteten Beifall gespendet hat.
Uns ist, das wissen Sie, der Opferschutz immer ein zentrales Thema gewesen, und das nicht erst im Wahlkampf. Deswegen begrüßen wir natürlich die personelle Aufstockung der Zeugenbetreuungsstellen am Hamburger Landgericht. Wir finden super, dass das passiert. Das ist ein sehr gutes Programm, und wir freuen uns, dass Sie das auf den Weg bringen.
Dennoch fordern wir weiterhin – und dabei bleiben wir auch – einen Opferschutzbeauftragten als zentralen Ansprechpartner. Ich glaube, das tue ich hier jetzt schon fast seit acht Jahren, ich gebe es aber nicht auf und werde es auch weiterhin fordern. Denn wir meinen, dass ein Opferschutzbericht und effektive Präventionsmaßnahmen durch ihn weitaus besser koordiniert sein könnten. Ich habe also die Hoffnung, wenn Rot-Grün nun schon einmal damit begonnen hat, den Opferschutz weiter zu stärken, dass Sie sich möglicherweise auch diesem Antrag nähern könnten und einen Opferschutzbeauftragten in Hamburg installieren; ich werde es weiterhin beantragen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Täterschutz stehen in der Regel Batterien von Rechtsanwälten bereit, die Opfer sind meist auf sich gestellt – ein unhaltbarer Zustand. Deswegen gilt für die AfD seit jeher Opferschutz vor Täterschutz. Aus diesem Grund ist es für uns eigentlich ein Skandal, dass es in Hamburg immer noch keinen Opferschutzbeauftragten gibt.