Protokoll der Sitzung vom 23.10.2019

Ja, um Ihnen genau das ins Stammbuch zu schreiben. Deswegen hören Sie mal ein bisschen zu.

Herr Buschhüter, Sie haben die S4 erwähnt. Dann lassen Sie uns doch einmal über die S4 sprechen, die 2011 ihre erste Musterfahrt hatte. 2008 sollte sie laufen. 2019 ist, außer dass Sie auf dem Papier weitergekommen sind, noch nichts von einem Bau zu sehen, und wer darauf wettet, dass 2020 der Baubeginn sein wird, ist ganz schnell ein armer Mann. Und das Ganze in Verbindung mit dem Fehmarnbelt. Reden Sie doch einmal darüber. Die Spatzen pfeifen es schon von den Dächern, und Sie ignorieren so etwas hier geflissentlich und halten sich an so einem Thema auf.

Oder: Erinnert sich noch einer an die Busbeschleunigung? Die läuft doch auch noch irgendwo. Was machen Sie mit den nächsten 100 Millionen Euro, wieder 6 Minuten auf der nächsten Buslinie irgendwo gewinnen?

(Dorothee Martin SPD: Das hatten wir letz- tens im Verkehrsausschuss, hör doch mal zu!)

Lassen wir doch darüber einmal öffentlich diskutieren. Nein, stattdessen solch Schönwetterthemen.

(Zuruf von Jens-Peter Schwieger SPD)

Diebsteich, U5, Staustadt Hamburg, echte Kapazitätserweiterung auf dem Hauptbahnhof oder die Gestaltung des HVV-Tarifs – ich habe in der letzten Verkehrsausschusssitzung angeregt: Lassen Sie uns darüber einmal eine öffentliche Debatte führen. Der Senat möge bitte einmal eine öffentliche Debatte darüber anstoßen, was uns der ÖPNV wert ist. Wie teuer oder wie preiswert sollten die Fahrkarten sein, mit wie viel Steuergeld wollen wir das bezuschussen? Das sind Diskussionen, die hier geführt werden müssen, aber genau das findet nicht statt, Sie stellen lieber solche Anträge wie diesen. Das wären alles interessante Themen, bei denen Lösungsansätze bisher fehlen, nicht solche Kindergeburtstagsthemen wie dieses, das Sie für heute angemeldet haben. Wir erweitern die Kapazität eine S-Bahn-Linie – o Gott, sollen wir das tatsächlich machen? Es ist lächerlich, so etwas zur Debatte anzumelden.

Dem Antrag stimmen wir selbstverständlich zu; geht ja auch gar nicht anders, weil es eine Selbstverständlichkeit ist, über die man hier gar nicht reden muss. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Herr Senator Westhagemann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe natürlich sehr intensiv zugehört und es waren ja viele richtige Dinge dabei. Gerade wenn ich heute in Richtung Bergedorf schaue, kann man mit der Qualität, die wir dort gerade haben, natürlich noch nicht zufrieden sein. Deswegen arbeiten wir ja auch mit Hochdruck daran. Ich kann nicht einen Zustand beklagen, wenn ich nicht daran arbeite, das abzustellen.

(Zurufe von der CDU)

Wenn man das richtig betrachtet, und da muss man auch fair bleiben, bauen wir dort eine neue Strecke und es wird digitalisiert. Man darf auch nicht den Eindruck erwecken, unsere S-Bahn funktioniere überhaupt nicht. Da muss man einfach feststellen, dass die Verfügbarkeit, und die kann man ablesen, ja immerhin bei 74 Prozent liegt. Natürlich sind, das gebe ich zu, Bergedorf und der Süden im Moment ein bisschen betroffen. Aber, Herr Gladiator, ich sage Ihnen ganz ehrlich: Den Zustand bedauern, hilft dem Bürger nicht weiter, sondern du musst ihn abstellen.

(Dennis Thering CDU: Das tun Sie doch nicht!)

Und dafür stehen wir. Wir stellen diesen Zustand ab.

(Beifall bei der SPD)

Das Zweite, und deswegen finde ich diesen Antrag heute auch besonders gut, er bekommt ja auch viel Zustimmung. Ich sage Ihnen auch, warum. Weil wir frühzeitig sagen müssen: Wo wollen wir denn hin? Wollen wir mit kleinen Zügen fahren, wollen wir mit Vollzügen fahren oder wollen wir mit Langzügen fahren? Das setzt voraus, dass wir frühzeitig planen können und dann der Industrie sagen können: Wir brauchen diese Art von Zügen. Und diese Grundlage schaffen wir uns gerade. Deswegen ist genau sinnvoll, was gesagt wurde: Kommen wir von der Nachfragesituation mal endlich in die Angebotssituation. Das machen wir gerade, und das ist auch sehr sinnvoll. Das heißt, wenn ich das frühzeitig mache, dann weiß ich auch ungefähr, worauf man sich einstellen kann.

Und über die Stromversorgung habt ihr schon gesprochen. Wenn ich heute sagen würde, ich will nur mit kleinen Zügen fahren, da glauben Sie doch im Traum nicht daran, dass Ihnen einer eine Stromversorgung hinlegt. Die kriegst du in der Ausschreibung schon gar nicht durch, wenn du sagst, du willst noch eine Reserve haben für Langzüge. Nein, das muss man dann auch kostenoptimal einsetzen, und deswegen bin ich sehr dankbar – das ist noch der Hinweis zu den Langzügen –, dass wir

(Detlef Ehlebracht)

jetzt in der Lage sind, planen zu können und frühzeitig diese Energieversorgung dann auch sicherzustellen.

Und dann will ich noch dazu sagen: Oberbillwerder – es ist doch ausgezeichnet, dass wir jetzt den Antrag bekommen, sodass wir frühzeitig in die Gespräche gehen und dann hoffentlich sicherstellen können, dass wir dann diese Züge auch so verfügbar haben, wie wir sie benötigen. Und ich gebe ja zu, dass der Lieferant Bombardier Probleme hat, aber dafür kann die Politik nichts. Da würde ich ja sogar die Deutsche Bahn in Schutz nehmen. Aber wir haben die Leute von Bombardier nach Stellingen geholt, wo wir die Software gerade testen, und wir machen wirklich gute Fortschritte.

Wir haben natürlich auch noch andere Themenfelder. Ich stehe dafür gerade, dass sich die Qualitätsprobleme, die wir gerade noch haben, künftig abstellen. Und deswegen ist es für mich sehr wichtig gewesen, heute in dieser Debatte intensiv zuzuhören. Wir schwenken um, von der Nachfrage zum Angebot. Damit können wir eine saubere Planung machen. Und was wir am Ende des Tages natürlich auch noch sicherstellen: dass wir die ausreichenden Mittel zur Verfügung stellen können. Und dann, glaube ich, sind wir auf einem guten Weg. So schlecht ist unser Mobilitätsangebot nun wirklich nicht, das muss man auch immer wieder betonen. Ein Außenstehender würde sagen: In Hamburg funktioniert ja gar nichts.

(Dennis Thering CDU: Da hat er recht!)

Und das stimmt auf keinen Fall. Wir haben eine leistungsfähige U-Bahn, S-Bahn, Busse, und damit können wir eigentlich zufrieden sein. Aber man kann immer noch verbessern. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Buschhüter bekommt das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ein paar Punkte muss ich, glaube ich, doch noch einmal klarstellen. Weil der erste Redebeitrag von Herrn Gladiator – ich habe gesehen, Sie haben sich noch einmal zu Wort gemeldet – erstaunlich …

(André Trepoll CDU: Gut! Erstaunlich gut!)

Nein, erstaunlich substanzlos eigentlich.

Sie müssen doch einmal erkennen, dass sowohl Herr Bill als auch ich und Herr Westhagemann eben aufgezeigt haben, wo wir mittel- und langfristig hin wollen. Wir haben eine Vision gezeichnet

(Dennis Thering CDU: Die geht nur nicht auf!)

von unseren verkehrspolitischen Vorstellungen für die Zukunft, dabei für die Bergedorfer Strecke gesehen, dass dort Handlungsbedarf besteht, und fangen jetzt damit an, damit es rechtzeitig in Ordnung gebracht ist mit der Stromversorgung. Sie haben sich nur im Klein-Klein verloren. Es ist okay, wenn man über die Bergedorfer Strecke spricht, auch die Probleme anzusprechen, aber eine Vision, was Sie eigentlich für die Zukunft vorhaben, haben Sie überhaupt nicht gezeichnet. Das gilt für Sie und das gilt für die gesamte übrige Opposition. Das finde ich sehr bedauerlich.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Mich wundert eigentlich auch, wie man eine Debatte nicht für nötig halten kann – das richtet sich an Herrn Ehlebracht – aber trotzdem fünf Minuten vorn steht und uns die Zeit raubt. Wenn Sie sich an der Debatte nicht beteiligen wollen, dann lassen Sie es, statt nur solche Sachen zu erzählen, wie Sie es heute getan haben. Das war echt überflüssig.

(Beifall bei der SPD)

Eine letzte Sache möchte ich noch sagen, weil ich glaube, da braucht Herr Gladiator noch ein bisschen Aufklärung. Sie versuchen, die Probleme der S-Bahn Hamburg, speziell auf der Bergedorfer Strecke, allein beim Senat abzuladen. Das ist wirklich ein plumper Versuch, Verantwortlichkeiten zu verwischen. Es ist doch folgendermaßen: Die SBahn fährt auf den Gleisen der DB Netz, das ist eine Eisenbahn des Bundes, und für die Infrastruktur ist ganz eindeutig der Bund zuständig. Also wenn wir Defizite bei der Infrastruktur haben, bei klappernden Weichen, die nicht funktionieren, bei Signalen und so weiter, dann ist in allererster Linie erst einmal der Bund gefragt, und es ist die Frage, welche Bedeutung und welche Aufmerksamkeit der Bund seinem Unternehmen Deutsche Bahn eigentlich zukommen lässt.

(Zurufe von der CDU)

Nein. Sie können sich das ganz genau angucken.

(Zurufe von der CDU)

Wir haben eine ganz klare Aufgabenteilung. Wir haben die Deutsche Bahn AG mit ihrer Infrastruktur, und – in Hamburg kann man den Unterschied ja genau sehen – wir haben die Hochbahn, wo wir all diese Probleme nicht haben. Ja, warum nicht? Weil der Eigentümer dieses Unternehmens, was genauso im hundertprozentigen Eigentum der Stadt ist wie die Deutsche Bahn im hundertprozentigen Besitz des Bundes ist, ganz anders führt und ausstattet.

(Dennis Thering CDU: Dann sprich mal mit Olaf!)

(Senator Michael Westhagemann)

Also der Bundesverkehrsminister ist seit zehn Jahren oder so …

(Zuruf von der CDU: Und der Finanzminis- ter?)

Der Verkehrsminister hat Verantwortung für die Deutsche Bahn und der kommt seit zehn Jahren von der CSU.

(Dennis Thering CDU: SPD macht nichts!)

Und jetzt will ich Ihnen noch etwas sagen, weil Sie auch über die Fahrzeugsituation auf der Bergedorfer Strecke gesprochen haben. Da ist was dran. Aber wir können einmal schauen, woran das liegt. Wir haben eben über die Infrastruktur geredet. Der andere große Teil ist der Betrieb. Der Betrieb regelt sich mit dem Vertrag über die Entgelte, die hier gezahlt werden. Da ist in der Tat die Stadt Hamburg in der Verantwortung. Sie bekommt das geliefert, was sie bei der S-Bahn bestellt. Der jetzige Verkehrsvertrag ist im letzten Jahr in Kraft getreten, Ende letzten Jahres, er wurde 2013 vom SPD-Senat ausgehandelt und enthielt überhaupt erstmals die Bestelloption für neue Fahrzeuge, für den Ersatz der alten Baureihen. Der vorherige Verkehrsvertrag wurde 2007 geschlossen und war nur für zehn Jahre gültig. Und schauen Sie da einmal hinein, da werden Sie überhaupt nichts zu neuen Fahrzeugen finden, überhaupt kein Problembewusstsein dafür, dass diese alte Baureihe vielleicht ausgetauscht werden müsste. Es ist Ihre Verantwortung als CDU, dass mit dem Verkehrsvertrag von 2007, der 2009 in Kraft trat, unter Verantwortung Ihres CDU-Senats keinerlei Beschlüsse gefasst wurden, keine Bestellungen getätigt wurden für neue oder zusätzliche Fahrzeuge. Daran hatten wir bis 2018 zu leiden, und erst mit dem neuen Vertrag und der Auslieferung neuer Fahrzeuge sind wir überhaupt in die Vorhand gekommen, da endlich etwas Neues zu liefern. Dass Bombardier einem dann noch in die Suppe spuckt und derart schlechte Fahrzeuge liefert, die nicht von vornherein wirklich einsatzfähig sind,

(Dennis Thering CDU: Genau! Alle sind schuld, nur Sie nicht! – Zurufe)

das ist eine andere Frage. Aber auch das wird in Ordnung gebracht, das hat uns Herr Westhagemann eben gesagt. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – André Trepoll CDU: Sie sind ja unfehlbarer als der Papst! – Zurufe)

Herr Gladiator, Sie haben das Wort für die CDU-Fraktion.