Protokoll der Sitzung vom 12.02.2020

Vorschlägen nicht, nicht diesem, aber auch nicht weiteren.

Ich möchte mich heute eigentlich nicht in die Reihe derer mit den letzten Reden einreihen, weil ich es ja noch einmal versuche. Aber natürlich kann es sein, dass es trotzdem die letzte Rede ist. Mich hat heute etwas sehr bewegt – das klang eben übrigens auch bei der letzten Debatte an –, was meine frühe politische Sozialisierung betrifft. Als ich jung war, hatten wir diesen Ost-West-Konflikt; NATODoppelbeschluss ist schon erwähnt worden. Es gab diesen wunderbaren Spruch "Lieber rot als tot". Für mich als damals 18-Jährigen war klar: weder rot noch tot. Helmut Schmidt und auch die bürgerlichen Parteien von CDU und FDP haben recht behalten. Deswegen hoffe ich auch heute, dass noch gilt: weder rot noch tot. Nicht: lieber links als rechts, sondern lieber: weder noch. Dafür stehe ich, für diese persönliche Freiheit werde ich in Zukunft kämpfen, als Bürger oder vielleicht auch wieder als Abgeordneter. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Wersich. – Als Nächste erhält das Wort Frau Demirel von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gibt einen guten Grund, warum Vereinsverbotsverfahren von der Exekutive und nicht von der Legislative durchgeführt werden, und es gibt einen guten Grund, warum unsere verfassungsmäßige Ordnung hohe Hürden für Verbotsverfahren setzt. Verbote sollen in einer Demokratie kein Spielball der politischen Auseinandersetzung sein, vielmehr gibt es klare rechtsstaatliche Verfahren, nach denen ein Vereinsverbot auszuloten ist.

Bei der Vorbereitung eines Verbotsverfahrens ist ein besonderes Augenmerk auf die Beibringung von Belegen zu richten. Ob der Verein die Voraussetzungen für ein Verbot erfüllt, ist aufgrund einer Gesamtschau aller relevanten Tatsachen und einer Gesamtwürdigung des Beweismaterials zu beurteilen. Bisherige Erkenntnisse und Belege für diese Annahme des Verbots reichen uns nicht aus. Das weiß Herr Nockemann als ehemaliger Innensenator eigentlich genau; ich weiß nicht, ob er noch im Raum ist – ja, dort sitzt er.

Natürlich ist das IZH eine problematische Gemeinde, die das Verhältnis der Stadt zu ihrem Staatsvertragspartner Schura mehr als nur einmal auf eine harte Probe gestellt hat. Wir haben es an dieser und anderer Stelle klargestellt, dass wir antisemitische und israelfeindliche Ausfälle auf keinen Fall tolerieren werden. In der Tat, wir werden im Rahmen der Revision der Staatsverträge dafür sorgen müssen, dass wirksame Mechanismen für den

(Ekkehard Wysocki)

Umgang mit solchen problematischen Situationen geschaffen werden. Dies alles rechtfertigt aber noch kein rechtsstaatliches Verbotsverfahren. Würden entsprechende Erkenntnisse vorliegen, wäre der Senat hier schon lange tätig geworden.

Ansonsten kann ich nur davor warnen, an dieser Stelle mit dem permanenten Wiederholen populistischer Anträge Stimmung oder Wahlkampf zu machen. Dies geht insbesondere auch an die Adresse von FDP und CDU: Spielen Sie dieses durchsichtige Spiel mit der AfD bitte nicht. Sie haben gesehen, was für Schaden es verursachen kann.

Wir werden diesen Antrag ablehnen. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Demirel. – Als Nächste erhält das Wort Frau Schneider für die Fraktion DIE LINKE.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich lege jetzt einmal beiseite, was ich mir zu dem Antrag aufgeschrieben hatte; das ist von Herrn Wysocki und von Frau Demirel im Wesentlichen gesagt worden. Mit Herrn Wersich stimme ich nicht so ganz überein, aber das macht ja nichts.

Ich möchte deshalb gleich zu dem zweiten Teil meiner Rede kommen, und zwar gestatten Sie auch mir als einer Roten, lieber Dietrich, einige Abschiedsworte. Die Erfahrungen, die ich hier machen konnte, habe ich noch lange nicht verarbeitet. Deshalb möchte ich nur zwei Punkte sagen, die mir heute wichtig sind.

Erstens habe ich nicht wenige Kolleginnen und Kollegen aus anderen demokratischen Fraktionen schätzen gelernt, nicht unbedingt, weil ich ihre Positionen teile – das kommt vielleicht auch schon einmal vor, aber nicht so oft –, sondern vor allem, weil ich es schätze, wenn in unseren Debatten Argumente entwickelt werden, Argumente, die zwingen, die eigene Position zu überdenken, zu überprüfen und manchmal auch zu verändern, jedenfalls ein bisschen. Ich schätze es, wenn man aus Debatten anders herauskommt, als man hineingegangen ist.

An Debatten, in denen ernsthaft Argumente ausgetauscht werden, gab es einige in den zwölf Jahren, in denen ich nun in der Bürgerschaft gewesen bin. Das waren Sternstunden. Leider gibt es davon nicht zu viele, und das ist mein zweiter Punkt.

Ich glaube, als Parlament tun wir uns keinen Gefallen, wenn ein zentrales Argument die Mehrheitsverhältnisse sind, wenn Regierungsmehrheiten aus einer Position der Macht heraus agieren, wenn sie Vorschläge, Anträge, Alternativen der Opposition

verwerfen, weil es nicht ihre eigenen sind, um sie dann – manchmal – irgendwann in etwas anderen Formulierungen aufzunehmen. Meine Erfahrung ist leider zu oft, dass Fraktionen, die die Mehrheit bilden, Opposition geringschätzen, übrigens entgegen der hamburgischen Verfassung, in der die besondere Bedeutung der Oppositionen ja ausdrücklich erwähnt wird,

(Beifall bei der LINKEN und bei André Tre- poll CDU)

und dass sie Oppositionsinitiativen geringschätzig behandeln, egal übrigens, um welche Konstellationen es sich jeweils handelt; ich glaube, das ist nicht ein Problem von einzelnen Fraktionen, sondern ein bisschen ein systemisches Problem. Ich glaube, dass man damit aber dem Parlamentarismus keinen Gefallen tut, schon gar nicht in Zeiten, in denen überall in der Bundesrepublik Deutschland in allen Parlamenten eine Partei in die Parlamente eingezogen ist, die den Parlamentarismus zu desavouieren versucht. Ich weiß dafür keine Lösung. Aber vielleicht denken Mehrheitsfraktionen, wer immer die Regierung demnächst auch stellt, darüber einmal nach. Es fällt keiner Mehrheit ein Zacken aus der Krone, wenn sie auch einmal Oppositionsanträge übernimmt, wenn sie nicht wirklich Argumente dagegen anführt.

Ich bedanke mich bei allen, die sich nun angesprochen fühlen, für oft konfliktreiche, aber dennoch oder auch deshalb oft auf Respekt basierende Zusammenarbeit. Und ich möchte noch ganz zum Schluss einen besonderen Dank an die Bürgerschaftskanzlei richten; ich könnte hier auch noch Ratsdiener und alles Mögliche anführen. Ich möchte aber ausdrücklich der Bürgerschaftskanzlei danken. Als ich in die Bürgerschaft einzog, war ich der festen Überzeugung, dass kein einziges Protokoll es schafft, irgendeine Debatte halbwegs – wie soll ich sagen? – so darzulegen, kurz und knapp so wiederzugeben, wie sie geführt worden ist. Ich habe meine Meinung revidieren müssen. Das spricht für die Qualität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Bürgerschaftskanzlei. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken.

(Beifall bei allen Fraktionen und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Vielen Dank, Frau Schneider. – Als Nächster erhält das Wort zu diesem Tagesordnungspunkt Herr Jarchow von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Christiane Schneider! Vorab auch mein herzlicher Dank für die immer wirklich angenehme Zusammenarbeit. Wir waren nicht immer einer Meinung, das wird sich wahrscheinlich auch künftig nicht ändern, aber ich habe

(Phyliss Demirel)

die Art und Weise, wie wir darum gekämpft haben, immer geschätzt. Dafür bedanke ich mich.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Im Gegensatz zu Frau Schneider kann ich Ihnen noch nicht versprechen, dass dies meine letzte Rede ist.

(Beifall bei der FDP und bei Jörg Hamann CDU)

Das wird der Wähler entscheiden.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Und die Wäh- lerin! Sie sollten nicht die Frauen vergessen! Das erhöht die Wahlchancen!)

Hoffentlich entscheiden es die Wählerinnen. Ja, genau. Das ist richtig.

Als wahrscheinlich vorletzter Redner dieser Legislaturperiode möchte ich auch nicht lange zu diesem Thema reden. Ich möchte Ihnen nur kurz unsere Position sagen.

Erstens – es wird vielleicht einige von Ihnen überraschen –: Wir lehnen den Antrag der AfD ab. Ich sage das ausdrücklich, auch für die Kollegen, die das immer wieder bezweifeln. Das Problem an dem Antrag der AfD ist unter anderem – es wiederholt sich zu alten Anträgen –, dass Sie ein Verbotsverfahren fordern, das so nicht funktioniert; das ist schon gesagt worden.

Als FDP steht für uns im Gegensatz zur AfD der Dialog mit und zwischen den Religionen im Vordergrund. Dieser muss klar und offen geführt werden. Wiederholte Verbotsverfahren helfen da nicht weiter.

Meine Damen und Herren! Wir wollen ein Vorziehen der Überprüfung des Staatsvertrags, das haben wir immer gesagt, unter anderem wegen der Verhaltensweisen des IZH als Mitglied der Schura. Aber ansonsten lehnen wir den Antrag der AfD ab. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU, den GRÜNEN und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Jarchow. – Als Nächster erhält das Wort der fraktionslose Abgeordnete Dr. Flocken.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das ist auch die letzte Rede!)

Herr Präsident, sehr verehrte Volksvertreter (m/w/d)! Viele fragen sich: Wie kann es sein, dass Menschen heute unter der Regenbogenfahne aufmarschieren und morgen jene pampern, die in ihrer Heimat Schwule an Baukränen baumeln lassen? Das gemeinsame Interesse von GRÜNEN und Mohammedanern an Kindern überzeugt als wichtiger Grund nicht,

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das ist ein Ord- nungsruf! Das ist ein Ordnungsruf! Was soll das denn hier? Unfassbar! – Zurufe)

und Ihre Reden haben nichts zur Aufklärung dieser Frage beigetragen.

Lassen Sie mich drei Ursachen anführen. Erstens: Wir alle haben als Kleinkinder das Zauberwort gelernt,

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Gehen Sie nach Hause!)

durch das wir von den Erwachsenen fast alles bekommen können. Auch Mohammedaner haben früh ein Zauberwort gelernt. Es heißt Rassismus. Die Drohung, jemanden als Rassisten zu diffamieren, wirkt Wunder. Mohammedaner können so fast alles von uns bekommen, was sie begehren.

(Zuruf: Aufhören!)

Zweitens: Brutalität und Rücksichtslosigkeit. Enthauptungsvideos des mohammedanischen Staates und 1 000 erschossene Demonstranten allein im Herbst in Teheran

(Heike Sudmann DIE LINKE: Reden Sie jetzt gerade zum Thema?)

senden eine Botschaft, die jeder versteht: Wir sind entschlossen, für unsere Ziele über Leichenberge zu gehen.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Da oben sitzt ein Präsident, der auch mal einen Ord- nungsruf erteilen kann!)