Protokoll der Sitzung vom 20.01.2016

(Norbert Hackbusch)

Umweltbehörde eine Vereinbarung geschlossen und gesagt haben, in den Sommermonaten dürfe im Hafen nicht mehr ausgebaggert werden. Herr Seeler, da Sie wissen, vor welche Probleme das den Hamburger Hafen stellt, wäre ein bisschen mehr Nähe zur Realität, glaube ich, schon angebracht.

Die zwischen der HPA und der Umweltbehörde getroffene Vereinbarung wurde in Unkenntnis des Aufsichtsrats der HPA und damit in Unkenntnis unseres Wirtschaftssenators getroffen. Mit anderen Worten: Beide Behörden haben dies miteinander vereinbart, und die Probleme, vor denen wir jetzt stehen, sind im Wesentlichen Probleme mangelnder politischer Steuerung. Herr Tjarks, wenn Sie meine Anfrage zitieren, dann zitieren Sie doch bitte auch die Teile, die gar nicht erst beantwortet worden sind.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Dann kann ich es ja nicht zitieren!)

Das war überhaupt der größte Knaller.

Wissen Sie, welche Anfragen ich am allerliebsten lese? Die Anfragen, die ich am allerliebsten lese, kommen aus den Regierungsfraktionen; von dort kommen nämlich eigentlich gar keine. Wie viele haben Sie in dieser Legislaturperiode eingereicht? Eine. Wir haben sie vorher durchgestochen bekommen. Jetzt, kurz vor Weihnachten, sozusagen günstig ins mediale Tief, kommt eine vom Kollegen Petersen. Und siehe da, er fragt ab, ob der Aufsichtsrat damit befasst worden sei. Und siehe da: Nein, er ist nicht damit befasst worden. Dann habe ich in der eben von Ihnen zitierten Anfrage nachgefragt, warum er denn damit nicht befasst worden sei. Finden Sie die Antwort darauf? Ich habe sie nicht gefunden. Deswegen frage ich jetzt noch einmal nach. Wenn meine Frage wieder nicht beantwortet wird – vielleicht gehen Sie heute noch einmal darauf ein, Herr Senator Horch –, gibt es die nächste Beschwerde von mir. Denn auch das gehört zur Realität, dass Sie die Anfragen in diesem Bereich gar nicht beantworten. Warum ist also der Ältestenrat nicht befragt worden?

(Zurufe von Dr. Anjes Tjarks GRÜNE und der CDU)

Bisher kann ich mir das nicht erklären. Das ist mangelnde politische Steuerung, das ist mangelnde politische Aufsicht, und genau das stellt im Moment den Hamburger Hafen vor eines der größten Probleme der vergangenen Jahre.

(Beifall bei der FDP – Zuruf von Farid Müller GRÜNE)

Sie haben ursprünglich in diesem Konzept, das ohne Kenntnis irgendwelcher politischen Ebenen beschlossen wurde, auch erklärt, 2012/2013 komme ein Sedimentmanagementplan. Na gut, das ist jetzt nicht geschehen. Dann haben Sie uns im Septem

ber 2015 per Pressemitteilung Ihres Senats erklärt, Ende des Jahres 2015 sei dieser Sedimentmanagementplan sicherlich da. Gut, auch das ist nicht geschehen. Dann hat uns vorletzte Woche Herr Bösinger im Ausschuss erklärt, bis Ostern sei es wirklich so weit. Ob es jetzt ein Weihnachtsgeschenk geworden wäre oder ein Osterei, ist mir fast egal. Fakt ist, Sie lösen die Probleme nicht, Sie legen keinen Sedimentmanagementplan vor, und darunter leidet der Hamburger Hafen. Und in diese Diskussion hinein spricht der grüne Umweltminister von Schleswig-Holstein in die Fernsehkameras im Dezember, es gehe ihm auch ein wenig darum, dass sich der Hamburger Hafen mit seinen Interessen nicht immer durchsetze. Das, finde ich ehrlich gesagt ein starkes Stück. Wie Herr Niedmers erwähnt hat, ist der Hamburger Hafen der größte Arbeitgeber für das Land Schleswig-Holstein. Wenn sich Herr Habeck im September 2015, als uns der Schlick schon bis zum Hals stand, auf solche Äußerungen einlässt, dann muss ich wirklich sagen, dass er meiner Meinung nach die Debatte im Wesentlichen nicht verstanden hat.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das ist leider kein einmaliger Fall im Bereich Schlick, denn was Ihr grüner Umweltsenator kurz vor Weihnachten abgezogen hat, passt genau in dieses Schema, es passt ganz genau in dieses Schema.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Märchenstunde, Märchenstunde!)

Nein, es ist keine Märchenstunde, Herr Tjarks. Ich habe es extra abgefragt, und ich habe auch im Ausschuss Herrn Horch dazu befragt.

Herr Horch tut mir an der Stelle fast schon leid. Er sitzt da und ich muss ihm Fragen stellen, warum er nicht schnell genug mit dieser Fahrrinnenanpassung vorankommt. Eigentlich sehe ich ihm an, dass er selbst darunter leidet und davon genervt ist, dass ihm Sand, fast möchte ich sagen, Schlick ins Getriebe gestreut wird, denn er ist doch gar nicht derjenige, der dies zu verantworten hat. Erst ein Gespräch beim Staatsrat des Bürgermeisters, Herrn Dr. Krupp, führt dann dazu, dass es – Achtung, und das kann ich aus dem Ausschuss zitieren – vorher fachlich unterschiedliche Auffassungen gab und nach einem Gespräch der beiden Senatoren beim Staatsrat des Bürgermeisters, also einem politischen Gespräch, hinterher fachlich die gleiche Auffassung bestand.

(Ralf Niedmers CDU: Eine spannende Ge- sprächsstunde war das!)

Glauben Sie das eigentlich? Ich glaube es nicht, Herr Seeler.

(Juliane Timmermann SPD: Das ist keine Glaubensfrage!)

Die Probleme, die wir hier haben, sind hausgemacht. Diesen Satz habe ich mir nicht ausgedacht, obwohl ich ihn für richtig halte. Diesen Satz hat Herr Peters vergangene Woche in der von Ihnen genannten Ausschussanhörung gesagt. Es gehört dann auch zur Realität zu sagen, wir hätten hier Probleme, die nur aus Hamburg kommen. Und zur Fahrrinnenanpassung hat er gesagt, es entgingen uns jährlich zweistellige Wachstumsraten, was im Wesentlichen auf die Verzögerungen zurückzuführen sei. Natürlich kann ein Hafenentwicklungsplan etwas helfen. Natürlich braucht dieser Hafen einen Hafenentwicklungsplan, an dem er sich dann auch orientiert und nicht einen, der beschlossen wird, dann in der Schublade verschwindet und nicht mehr der Realität entspricht. Aber die Probleme, die wir im Moment haben, lösen wir tatsächlich nicht mit diesem Hafenentwicklungsplan.

Herr Seeler, wenn Sie Umfragen zitieren, die den Hamburger Hafen loben, dann ist das redlich und schön für den Standort. Allerdings müssen wir dazu auch sagen, dass dabei über die Vergangenheit geredet wird. Heue aber reden wir über die Zukunft des Hamburger Hafens. Dafür fehlt Ihnen eine Strategie. Herr Tjarks, es reicht nicht, darüber im Ausschuss zu reden, bis die Probleme gelöst sind, anstatt eine pflichtmäßige Befassung machen,

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Stellen Sie ein- mal andere Fragen!)

und dann zu sagen, nun habe man im Ausschuss darüber geredet und deswegen würden Sie gar nicht verstehen, warum wir das hier debattieren. So geht es nicht. Ihnen fehlt ein Konzept für den maritimen Standort, und solange das so bleibt und Sie mit den Punkten Fahrrinnenanpassung und Schlick nicht vorankommen, werden wir diese Punkte weiter anmelden und Ihnen auf den Nerv gehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kruse. Mir liegt jetzt nur noch eine Wortmeldung von Senator Horch vor. Oder gibt es noch eine weitere Wortmeldung? – Herr Professor Kruse von der AfD-Fraktion, dann haben Sie das Wort.

(Dr. Monika Schaal SPD: Erst mal die Gren- ze dicht!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Niedmers hat für die CDU einen Antrag vorgelegt und ihn begründet. Wir finden ihn überzeugend, und ich werde jetzt an dieser Stelle keinen Beitrag zum Sedimentmanagement, sondern zum Zeitmanagement abgeben, indem ich einfach nur Folgendes sage: Ich glaube, die Regierungsfraktionen wären gut beraten, bei diesem wichtigen Thema einer Über

weisung an den Ausschuss zuzustimmen, damit man das dort im Detail diskutieren kann. Meine Fraktion wird dem CDU-Antrag zustimmen, damit wir eine Überweisung an den Wirtschaftsausschuss erreichen. Darum würde ich Sie bitten, dem auch zuzustimmen, denn Sie haben gestern in dem speziellen Ausschuss gesagt, Sie bemühten sich, mehr Anträge zu überweisen, weil es dem parlamentarischen Treiben guttun würde. Hier wäre eine Gelegenheit, das zu tun. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AFD)

Vielen Dank, Herr Professor Kruse. – Jetzt hat das Wort Herr Senator Horch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man muss nicht besonders herausstellen, dass der Hamburger Hafen wirtschaftlich eine besondere Herausforderung für den Wirtschaftsstandort Hamburg ist, und ich darf Ihnen sagen, dass die Perspektiven für den Hamburger Hafen auch künftig hervorragend sind.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Für die jetzige Situation gibt es mehrere Gründe. Diese möchte ich Ihnen nach allem, was schon gesagt wurde, noch einmal kurz erläutern.

Aufgrund der internationalen Lage der Weltmärkte ist der Umschlag in der sogenannten Nordrange in Nordeuropa insgesamt zurückgegangen. Zudem ist der Wettbewerb zwischen den Häfen schärfer geworden. Wie Herr Seeler erläutert hat, haben wir starke Veränderungen in Rotterdam, in Antwerpen und auch in London Ports. Klar ist auch, das will ich nicht unterschlagen, dass die Fahrrinnenanpassung der unteren Außenelbe eine der ausschlaggebenden Voraussetzungen ist, den Hamburger Hafen entsprechend wettbewerbsfähig zu halten.

Das Planfeststellungsverfahren zur Fahrrinnenanpassung wird, wie auch in den Fragen aufgeführt, selbstverständlich geordnet und vollständig geführt. Das verlangen schon allein die dafür gesetzlichen Grundlagen, die wir über eine sehr lange Zeit erfüllt haben und auch weiter in der Endphase erfüllen werden. Ich bin weiterhin zuversichtlich, dass wir am Ende mit unserem umfassenden und auch ergänzenden Planfeststellungsverfahren unser Ziel für den Hamburger Hafen erreichen werden.

Auch bei der Wassertiefenhaltung im Hafen gibt es Rahmenbedingungen, egal, wann diese entstanden sind. Wir müssen uns auf bestimmte natürliche und rechtliche Rahmenbedingungen in unseren Handlungsspielräumen begrenzen. Das letzte Jahr war, wie auch heute festgestellt, ein Ausnahmejahr. Während der sehr geringen Oberwasserabflüsse auf der Elbe ist die Sedimentation im Hafen

(Michael Kruse)

besonders stark ausgefallen. Wir tun selbstverständlich alles, um diese Situation abzufangen und zu lösen. Wir haben im Jahr 2015 11 Millionen Kubikmeter Sediment aus Hafen und Fahrrinne gebaggert. Das sind – das haben wir heute auch schon gehört – 500 000 Kubikmeter pro Woche. Das ist eine unvorstellbare Menge; das hat es so in Hamburg noch nicht gegeben. Das heißt, es wurde alles zum Einsatz gebracht, was wir zur Lösung der Probleme aufbringen konnten.

Ende März 2016 werden wir die entsprechenden Solltiefen in allen wirtschaftlich relevanten Gebieten von Hafen und Fahrrinne, das heißt, der Hauptfahrrinne der Elbe, aber auch der sogenannten Delegationsstrecke im Hamburger Gebiet, hergestellt haben. Parallel dazu befinden wir uns in aktuellen Verhandlungen mit dem Bund und auch den Nachbarländern, im besonderen Maße mit Schleswig-Holstein, um dieses Sedimentmanagement auf eine lange verlässliche Grundlage zu stellen.

Jeden Tag eine neue Abfrage an uns über den Verhandlungsstand bringt uns im Hamburger Hafen nicht weiter.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich greife noch einige Punkte aus Ihrem Zehnpunkteprogramm auf. Auch die Deponierung von Baggergut an Land löst das Problem nicht im Ansatz. Dieses Verfahren ist nämlich nur für geringe Mengen sogenannter schwer belasteter Sedimente geeignet. Große Sedimentmengen an Land zu bringen ist völlig illusorisch. Dafür reichen weder die Kapazitäten noch weitere Deponien aus, die mit Namen wie Moorburg genannt werden, und zudem ist das Ganze extrem teuer.

Angesichts dieser schwierigen Lage hat die HPA die eigentlich beabsichtigte Hafengelderhöhung für 2016 ausgesetzt. Wenn Konkurrenten das getan haben, hat Hamburg hier ein wichtiges Signal gesetzt, damit wir auch die Sorgen, die wir nicht verheimlichen wollen, verstehen, und ich glaube, bezüglich der Wettbewerbsfähigkeit war das eine absolut richtige Entscheidung.

In jedem Bereich kann man natürlich immer mehr Geld, insbesondere für den Hafen fordern. Ob am Ende diese Forderungen zielführend sind, bezweifle ich ganz erheblich. Was die Finanzierung des Hafens angeht, werden die wichtigsten Projekte für den Hafen und die Schifffahrt auch in Zukunft angestrebt. Natürlich – das ist auch für dieses Haus und für alle unsere Handlungen wichtig – muss man immer gut haushalten. Das war schon immer so. Das heißt, dass wir die zur Verfügung stehenden Mittel möglichst effektiv und sinnvoll einsetzen. Das tun wir, das haben wir in den vergangenen Jahren getan, und das werden wir auch weiterhin tun.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich möchte nicht behaupten, dass die Zeiten für den Hafen einfach sind. Das hat einige wesentliche Gründe, die ich noch einmal kurz ansprechen möchte, nämlich die weltwirtschaftliche Lage, der bekannte Hintergrund unserer Haupthandelspartner in China, in Asien und auch in Russland. Sie beeinflussen im Wesentlichen die geringeren Mengen, die wir im Hafen umschlagen. Das ist die Wettbewerbssituation mit unseren Häfen in Nordeuropa bezüglich Antwerpen und Rotterdam, wie Herr Seeler es erläutert hat. Hafenbereiche in Zeebrügge wurden geschlossen, enorme Expansionen in Rotterdam und in Thames Port wurden vorgenommen. Das hat starken Einfluss auf die Ladungsverteilung und die Wettbewerbssituation. Nebenbei gab es auch aufgrund der Allianzen der Reedereien Verlagerungen der Direktanläufe der Ostsee, was natürlich auch einen Einfluss auf Hamburg hat. Das muss aber im Gesamtkontext der weltwirtschaftlichen Lage sowie der Entwicklung der osteuropäischen Länder gesehen werden.

Die jetzt geschürte Alarmstimmung, die wir heute mehrfach aufgenommen haben, ist aus meiner Sicht für den Hamburger Hafen nicht hilfreich. Man könnte sogar sagen, dass es dem Hamburger Hafen, ohne Dinge zu vertuschen oder zu verheimlichen, schadet.

Mit Blick auf die großen von uns unternommenen Anstrengungen ist mir manche Äußerung sehr unverständlich. Vergessen Sie bitte nicht, welch negatives und falsches Bild wir den internationalen Partnern des Hamburger Hafens vermitteln und dadurch auch unserem Standort erheblich schaden.

(Thilo Kleibauer CDU: Aber Herr Peters war im Ausschuss anderer Meinung!)

Daher appelliere ich an alle, den Hafen nicht gezielt schlechtzureden; das ist auch im Interesse Hamburgs. Hamburg ist und bleibt Deutschlands wichtigster Hafen und sichert Beschäftigung für viele Zehntausende Menschen in der Metropolregion Hamburg und auch darüber hinaus. Der Hamburger Hafen ist stark. Wir haben einen hohen lokalen Anteil wie kein zweiter Hafen. Wir haben hervorragende infrastrukturelle Anbindungen, besonders der Bahn, aber auch straßenseitig, sowie in den Verbindungen nach Skandinavien und Osteuropa. Also von der Seite her den Hamburger Hafen nicht zukunftsfähig aufgestellt zu wissen ist falsch.

Zum Abschluss möchte ich immer wieder jeden dazu einladen, unseren Hafenentwicklungsplan in seiner Gesamtfassung von Anfang bis Ende zu lesen. Es geht um den Universalhafen; das war schon immer so, auch, als noch viel mehr über Container gesprochen wurde. Unsere Ausgangssituation ist in allen Belangen auf Wertschöpfung, auf industrielle Ansiedlung und auf Beschäftigung ausgerichtet und somit auf dem richtigen Wege.